IFRIC INTERPRETATION 20 VO (EG) 2008/1126

Abraumkosten in der Produktionsphase eines Tagebaubergwerks

VERWEISE

Rahmenkonzept für die Rechnungslegung(1)

IAS 1 Darstellung des Abschlusses

IAS 2 Vorräte

IAS 16 Sachanlagen

IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte

HINTERGRUND

1
Im Tagebau können es Unternehmen für erforderlich halten, Bergwerkabfall (Abraumschicht) zu beseitigen, um Zugang zu mineralischen Erzvorkommen zu erhalten. Diese Tätigkeit zur Beseitigung der Abraumschicht wird als Abraumtätigkeit bezeichnet.
2
Während der Erschließungsphase des Tagebaus (d. h. vor Produktionsbeginn) werden die Abraumkosten in der Regel als Teil der abschreibungsfähigen Kosten für die Anlage, die Erschließung und den Bau des Bergwerks aktiviert. Diese aktivierten Kosten werden systematisch abgeschrieben oder amortisiert. Dazu wird in der Regel nach Produktionsbeginn auf die Produktionseinheit-Methode zurückgegriffen.
3
Während der Produktionsphase kann eine Bergbaugesellschaft die Abraumschicht beseitigen und es können ihr Abraumkosten entstehen.
4
Beim während der Abraumtätigkeit in der Produktionsphase beseitigten Material muss es sich nicht unbedingt zu 100 % um Abfall handeln. Oftmals handelt es sich um eine Mischung aus Erzen und Abfall. Das Verhältnis Erze zu Abfall kann von einem unwirtschaftlichen niedrigen Prozentsatz bis hin zu einem profitablem hohen Prozentsatz reichen. Die Beseitigung von Material mit einem niedrigen Verhältnis von Erzen zu Abfall kann verwendbares Material hervorbringen, das für die Vorratsproduktion genutzt werden kann. Diese Beseitigung kann auch Zugang zu tieferen Materialschichten mit einem höheren Quotienten von Erzen zu Abfall verschaffen. Ein Unternehmen kann aus der Abräumtätigkeit folglich zwei Vorteile ziehen: nutzbare Erze, die auf die Vorratsproduktion verwandt werden können, und ein verbesserter Zugang zu weiteren Materialmengen, die in künftigen Perioden abgebaut werden.
5
In dieser Interpretation wird auf den Zeitpunkt sowie die Art und Weise einer gesonderten Rechnungslegung für diese beiden aus der Abraumtätigkeit entstehenden Vorteile und die Art und Weise der erstmaligen Bewertung sowie darauf folgender Bewertungen eingegangen.

ANWENDUNGSBEREICH

6
Diese Interpretation ist auf die Abfallbeseitigungskosten anzuwenden, die beim Tagebau während der Produktionsphase des Bergwerks entstehen ( „Produktionsabraumkosten” ).

FRAGESTELLUNGEN

7
In dieser Interpretation werden folgende Fragestellungen behandelt:

(a)
Ansatz der Produktionsabraumkosten als Vermögenswert;
(b)
erstmalige Bewertung der aktivierten Abraumtätigkeit; und
(c)
Folgebewertungen der aktivierten Abraumtätigkeit.

BESCHLUSS

Ansatz der Produktionsabraumkosten als Vermögenswert

8
In dem Maße, in dem der Vorteil aus der Abraumtätigkeit in Form einer Vorratsproduktion realisiert wird, bilanziert das Unternehmen die Kosten dieser Abraumtätigkeit gemäß IAS 2 Vorräte. In dem Maße, in dem der Vorteil in einem verbesserten Zugang zu Erzen besteht, setzt das Unternehmen diese Kosten als langfristigen Vermögenswert an, sofern die Kriterien von Paragraph 9 erfüllt sind. In dieser Interpretation wird der langfristige Vermögenswert als „aktivierte Abraumtätigkeit” bezeichnet.
9
Ein Unternehmen erfasst eine aktivierte Abraumtätigkeit nur dann, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

(a)
es ist wahrscheinlich, dass der sich aus der Abraumtätigkeit ergebende künftige wirtschaftliche Vorteil (verbesserter Zugang zur Erzmasse) dem Unternehmen zugute kommt;
(b)
das Unternehmen kann den Bestandteil der Erzmasse erkennen, für die der Zugang verbessert wurde; und
(c)
die Kosten, die mit der Abraumtätigkeit in Bezug auf diesen Bestandteil einhergehen, können verlässlich bewertet werden.

10
Die aktivierte Abraumtätigkeit wird als Zusatz oder Verbesserung eines vorhandenen Vermögenswerts bilanziert. Dies bedeutet, dass die aktivierte Abraumtätigkeit als Teil eines vorhandenen Vermögenswerts bilanziert wird.
11
Die Klassifizierung der aktivierten Abraumtätigkeit als materieller oder immaterieller Vermögenswert hängt von dem vorhandenen Vermögenswert ab. Dies bedeutet, die Wesensart dieses vorhandenen Vermögenswerts bestimmt, ob das Unternehmen die aktivierte Abraumtätigkeit als materiell oder immateriell einstuft.

Erstmalige Bewertung der aktivierten Abraumtätigkeit

12
Das Unternehmen kann die aktivierte Abraumtätigkeit erstmalig zu den Anschaffungskosten bewerten. Dabei handelt es sich um die akkumulierten Kosten, die unmittelbar aufgrund der Abraumtätigkeit anfallen, die den Zugang zum identifizierten Erzbestandteil verbessert, zuzüglich einer Allokation unmittelbar zuweisbarer Gemeinkosten. Gleichzeitig zur Produktionsabraumtätigkeit können einige Nebentätigkeiten stattfinden, die aber für den geplanten Fortgang der Produktionsabraumtätigkeit nicht erforderlich sind. Die Kosten dieser Nebentätigkeiten sind nicht in die Kosten der aktivierten Abraumtätigkeit einzubeziehen.
13
Für den Fall, dass die Kosten der aktivierten Abraumtätigkeit und der Vorratsproduktion nicht gesondert bestimmt werden können, weist das Unternehmen die Produktionsabraumkosten sowohl der Vorratsproduktion als auch der aktivierten Abraumtätigkeit unter Rückgriff auf eine Allokationsbasis zu, die sich auf die jeweilige Produktionsmaßnahme stützt. Diese Produktionsmaßnahme ist für den identifizierten Erzmassenbestandteil zu berechnen und als Benchmark zu verwenden, um zu bestimmen, in welchem Umfang die zusätzliche Tätigkeit stattgefunden hat, die auf die Schaffung künftiger Vorteile ausgerichtet war. Beispiele solcher Maßnahmen sind:

(a)
Kosten der Vorratsproduktion im Vergleich zu den erwarteten Kosten;
(b)
Volumen des beseitigten Abfalls im Vergleich zum erwarteten Volumen in Bezug auf ein bestimmtes Volumen der Erzproduktion; und
(c)
Mineralgehalt des abgebauten Erzes im Vergleich zum erwarteten Mineralgehalt des noch abzubauenden Erzes in Bezug auf eine bestimmte Quantität des produzierten Erzes.

Folgebewertungen der aktivierten Abraumtätigkeit

14
Nach dem erstmaligen Ansatz wird die aktivierte Abraumtätigkeit entweder zu ihren Anschaffungskosten oder zu ihrem neu bewerteten Betrag abzüglich Abschreibung oder Amortisation und abzüglich Wertminderungsaufwand auf die gleiche Art und Weise erfasst wie der vorhandene Vermögenswert, deren Bestandteil sie ist.
15
Die aktivierte Abraumtätigkeit wird über die erwartete Nutzungsdauer des identifizierten Erzmassenbestandteils, zu dem sich der Zugang durch die Abraumtätigkeit verbessert, systematisch abgeschrieben oder amortisiert. Sofern keine andere Methode zweckmäßiger ist, ist die Produktionseinheit-Methode anzuwenden.
16
Die erwartete Nutzungsdauer des identifizierten Erzmassenbestandteils, der zur Abschreibung oder zur Amortisation der aktivierten Abraumtätigkeit genutzt wird, unterscheidet sich von der erwarteten Nutzungsdauer, die zur Abschreibung oder zur Amortisation des Bergwerks selbst oder der mit seiner Nutzungsdauer in Verbindung stehenden Vermögenswerte verwendet wird. Eine Ausnahme hiervon ist der seltene Fall, in dem die Abraumtätigkeit den Zugang zur gesamten verbleibenden Erzmasse verbessert. Dieser Fall kann z. B. gegen Ende der Nutzungsdauer des Bergwerks eintreten, wenn der identifizierte Erzmassenbestandteil den letzten Teil der abzubauenden Erzmasse ausmacht.

Fußnote(n):

(1)

Hiermit ist das im Jahr 2010 und damit zum Zeitpunkt der Ausarbeitung dieser Interpretation herausgegebene Rahmenkonzept für die Finanzberichterstattung gemeint.

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