Präambel VO (EG) 2008/744

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 36 und 37,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds(2) enthält die Vorschriften für die gemeinschaftlichen Strukturinterventionen im Fischereisektor. In Titel IV Kapitel I der genannten Verordnung sind insbesondere die Bedingungen festgelegt, unter denen die Mitgliedstaaten eine Finanzhilfe des Europäischen Fischereifonds (EFF) für die Maßnahmen zur Anpassung der Fischereiflotten der Gemeinschaft erhalten können.
(2)
Das Ziel des EFF ist es, einen Beitrag zu Initiativen zu leisten, die seit der Reform der gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) von 2002 eingeleitet wurden, um den Druck auf die Fischbestände zu verringern und gleichzeitig nachhaltige soziale und wirtschaftliche Bedingungen für die Branche zu gewährleisten.
(3)
Angesichts der wirtschaftlichen Lage in jüngster Zeit, insbesondere nach dem drastischen Anstieg der Treibstoffpreise, müssen nun dringend zusätzliche Maßnahmen für eine raschere Anpassung der Fischereiflotten der Gemeinschaft an die derzeitige Lage getroffen werden, die darauf ausgerichtet sind, nachhaltige soziale und wirtschaftliche Bedingungen für die Branche zu gewährleisten. Diese Maßnahmen sollten zur Verwirklichung der allgemeinen Ziele gemäß Artikel 33 des Vertrags und der GFP-Ziele, die in der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik(3) festgelegt sind, beitragen. Die Maßnahmen sollten in diesem Zusammenhang sowohl die unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Härten abfedern als auch das Problem der strukturbedingten Überkapazität in Angriff nehmen.
(4)
Es muss sichergestellt werden, dass diese Maßnahmen allen Mitgliedstaaten in gleichem Maße zugänglich sind und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen Flotten vermieden werden. Sie sollten daher auf Gemeinschaftsebene konzipiert und koordiniert werden.
(5)
Daher ist eine Gemeinschaftsinitiative erforderlich, die bestimmte Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 ergänzt und befristete Abweichungen von einigen Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 1198/2006 zulässt. Diese Initiative sollte spezifische Maßnahmen allgemeiner Natur sowie die Umsetzung von Flottenanpassungsprogrammen in den Mitgliedstaaten vorsehen, mit denen wirksam gegen die derzeitigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorgegangen und gleichzeitig die langfristige Lebensfähigkeit des Fischereisektors sichergestellt werden kann.
(6)
In Anbetracht des Ausnahmecharakters der Maßnahmen und der wirtschaftlichen Härten, die sie abfedern sollen, sollte die Geltungsdauer der Maßnahmen auf den kürzestmöglichen Zeitraum befristet werden, in dem die angestrebten Ziele erreicht werden können.
(7)
Die Mitgliedstaaten sollten die Maßnahmen im Zusammenhang mit ihrem operationellen Programm im Rahmen des EFF durchführen und aus den ihnen hierfür zugewiesenen Mitteln finanzieren.
(8)
Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die mit diesen Mitteln geförderten Maßnahmen durch bestimmte ausschließlich aus nationalen Beiträgen ohne Beteiligung von gemeinschaftlichen Finanzinstrumenten finanzierte Maßnahmen ergänzen dürfen. Da angesichts der ernsten Lage im Fischereisektor dringender Handlungsbedarf besteht, sollten die Artikel 87, 88 und 89 des Vertrags auf diese Maßnahmen, die strukturelle Verbesserungen und die langfristige wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Sektors zum Ziel haben, keine Anwendung finden. Um mögliche Wettbewerbsverzerrungen und Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu begrenzen, sollten für die Maßnahmen bestimmte Beschränkungen gelten.
(9)
Diese Verordnung sollte einen Beitrag der Gemeinschaft zu Maßnahmen für die endgültige und vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit, für Investitionen an Bord zur Verringerung der Treibstoffabhängigkeit des Fischereifahrzeugs, für sozioökonomische Ausgleichszahlungen sowie für bestimmte Aktionen allgemeinerer Art vorsehen. Damit die Wirksamkeit dieser Maßnahmen gewährleistet ist und die Mitgliedstaaten die verfügbaren Mittel möglichst voll ausschöpfen können, sollten die Schwellen für die private Beteiligung an der Finanzierung der Maßnahmen gesenkt werden.
(10)
Als Beitrag zur Umstrukturierung sollte die Möglichkeit der vorübergehenden Einstellung der Fangtätigkeit vorgesehen werden. Die vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit sollte insbesondere auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage durch Unterstützung der Wiederauffüllung der Bestände und Förderung günstigerer Vermarktungsbedingungen abzielen. Hierzu sollten die Mitgliedstaaten darin bestärkt werden, die Dauer der vorübergehenden Einstellung an Gesichtspunkte der Biodynamik, der saisonalen Schwankungen und der Marktdynamik zu knüpfen. In Anbetracht der wirtschaftlichen Krise muss auch die Gewährung der Entschädigung an diejenigen Fischer erleichtert werden, die ihre Fangtätigkeit bereits vor der Verabschiedung der vorliegenden Verordnung vorübergehend eingestellt haben.
(11)
Zur Umstellung des Fischereisektors auf Fangmethoden mit geringerem Treibstoffverbrauch empfiehlt es sich, die Ersetzung von Ausrüstungen an Bord von Fischereifahrzeugen zu erleichtern, damit neue, weniger treibstoffintensive Fangmethoden angewandt werden können. In diesem Zusammenhang sollten zusätzliche Möglichkeiten für Beiträge zu Investitionen an Bord von Fischereifahrzeugen geboten werden.
(12)
Die Gemeinschaft sollte auch einen Beitrag zu kollektiven Aktionen leisten, durch die für die Eigner von Fischereifahrzeugen Fachwissen für die Erstellung von Energiebilanzen für einzelne Fischereifahrzeuge und Sachverständigengutachten zur Erstellung von Umstrukturierungs-/Modernisierungsplänen und Flottenanpassungsprogrammen bereitgestellt werden. Außerdem sollten Finanzmittel für Pilotprojekte zur Verfügung gestellt werden, die der Senkung des Energieverbrauchs von Fischereifahrzeugen, Motoren, Ausrüstungen und Fanggeräten dienen.
(13)
Im Hinblick auf die langfristige Lebensfähigkeit des Fischereisektors sollte ein neues Instrument eingeführt werden, das es den Mitgliedstaaten erlaubt, Kapazitäten abzubauen und die Rentabilität der Flotten zu erhöhen. Dies könnte in Form von Flottenanpassungsprogrammen für solche Flotten umgesetzt werden, bei denen die Energiekosten im Durchschnitt mindestens 30 % der Produktionskosten ausmachen. Mithilfe dieser Flottenanpassungsprogramme sollte ein Kapazitätsabbau der betreffenden Flotten, ausgedrückt in BRZ und kW, um mindestens 30 % erzielt werden.
(14)
Für Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der Flottenanpassungsprogramme durchführen, um die langfristige Lebensfähigkeit einer oder mehrerer ihrer Flotten durch Kapazitätsabbau sicherzustellen, sollten günstigere Bedingungen gelten.
(15)
Die Mitgliedstaaten müssen darin bestärkt werden, ihre Regelungen für eine endgültige Einstellung der Fangtätigkeit auszuweiten, um ihre Flotten an die verfügbaren Ressourcen anzupassen. Daher empfiehlt es sich, weitere Möglichkeiten für Beiträge zur endgültigen Stilllegung vorzusehen. Um die Umstrukturierung zu erleichtern, sollten für die unter die Flottenanpassungsprogramme fallenden Fischer und Eigner von Fischereifahrzeugen weitere Möglichkeiten für eine vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit vorgesehen werden.
(16)
Außerdem sollten die Mitgliedstaaten, die ein Flottenanpassungsprogramm verabschiedet haben, Maßnahmen zur teilweisen Stilllegung durchführen dürfen, mit denen eine kosteneffizientere Verwendung der Mittel gewährleistet wird, die für den Kapazitätsabbau und die Verringerung des Energieverbrauchs der betreffenden Flotte zur Verfügung stehen. Bei diesen Maßnahmen zur teilweisen Stilllegung sollte es Eignern von Fischereifahrzeugen, die eines oder mehrere ihrer Schiffe stilllegen, gestattet sein, einen Teil der stillgelegten Kapazität für kleinere Fischereifahrzeuge mit geringerem Energieverbrauch wiederzuverwenden. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die im Rahmen des Flottenanpassungsprogramms stillgelegte Gesamtkapazität in begrenztem Umfang neuen Fischereifahrzeugen zuweisen dürfen. In diesem Fall sollten Mittel nur für den Teil der Kapazität zur Verfügung gestellt werden, der endgültig stillgelegt wurde.
(17)
Die Pflichten der Mitgliedstaaten bei der Verwaltung und Kontrolle nach Artikel 70 der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 und die Berichtigungsmechanismen nach Artikel 97 der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 sollten auch im Rahmen der vorliegenden Verordnung zum Tragen kommen.
(18)
Die Nichterfüllung des in den Flottenanpassungsprogrammen vorgeschriebene Mindestprozentsatzes für den Kapazitätsabbau von 30 % oder die Nichtbeachtung der Vorschriften zur vorübergehenden und endgültigen Einstellung der Fangtätigkeit oder teilweisen Stilllegung der Flotte gelten als Unregelmäßigkeiten nach Artikel 97 der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006.
(19)
In Anbetracht der Dringlichkeit der Lage und des unmittelbaren Handlungsbedarfs in allen Mitgliedstaaten sollte der Prozentsatz der gemeinschaftlichen Kofinanzierung aus dem EFF für die im Rahmen dieser Initiative verabschiedeten Maßnahmen auf 95 % angehoben werden. In diesem Zusammenhang ist außerdem von Bedeutung, dass die Mittel den Mitgliedstaaten innerhalb kürzerer Fristen zur Verfügung gestellt werden, als sie normalerweise gelten, und dass die Ausgaben ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung förderfähig sind.
(20)
Wegen der Dringlichkeit der Lage ist es unerlässlich, eine Ausnahme von der Sechswochenfrist nach Abschnitt I Nummer 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften beigefügten Protokolls über die Rolle der einzelstaatlichen Parlamente in der Europäischen Union zu gewähren —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Stellungnahme vom 10. Juli 2008 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)

ABl. L 223 vom 15.8.2006, S. 1.

(3)

ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 59. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 865/2007 (ABl. L 192 vom 24.7.2007, S. 1).

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