Präambel VO (EG) 2008/766

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 135 und 280,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Rechnungshofs(*),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(**),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates(***) hat die früheren Rechtsvorschriften verbessert, indem insbesondere die Speicherung von Daten in der Gemeinschaftsdatenbank ZIS (Zollinformationssystem) ermöglicht worden ist.
(2)
Nichtsdestoweniger hat die Erfahrung seit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 515/97 gezeigt, dass die Nutzung des ZIS allein für Zwecke der Feststellung und Unterrichtung, der verdeckten Registrierung oder der gezielten Kontrolle der Zielsetzung dieses Systems, die Verhinderung, Ermittlung und Bekämpfung von Handlungen, die der Zoll- oder der Agrarregelung zuwiderlaufen, zu unterstützen, nicht umfassend Rechnung trägt.
(3)
Die Veränderungen aufgrund der Erweiterung der Europäischen Union auf 27 Mitgliedstaaten erfordern ein Überdenken der gemeinschaftlichen Zollzusammenarbeit in einem weiteren Rahmen und auf der Grundlage angepasster Rechtsvorschriften.
(4)
Der Beschluss 1999/352/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 28. April 1999 zur Errichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF)(****) und das Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich(*****), errichtet durch Rechtsakt des Rates vom 26. Juli 1995(******), haben den allgemeinen Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission im Hinblick auf die Verhinderung, Untersuchung und Verfolgung von Verstößen gegen Gemeinschaftsbestimmungen verändert.
(5)
Das Ergebnis einer strategischen Analyse soll den Verantwortlichen auf höchster Ebene helfen, die Maßnahmen, die Zielsetzungen und die Politik der Betrugsbekämpfung festzulegen sowie bei der Planung der Aktivitäten und der Zuteilung der notwendigen Ressourcen, die für das Erreichen der festgelegten operativen Ziele notwendig sind, behilflich sein.
(6)
Das Ergebnis einer operationellen Analyse im Hinblick auf Tätigkeiten, Mittel oder Absichten von bestimmten Personen oder Unternehmen, die der Zoll- oder der Agrarregelung zuwiderlaufen oder zuwiderzulaufen scheinen, soll den Zollbehörden und der Kommission dabei behilflich sein, angemessene Vorkehrungen für besondere Fälle zu treffen, um die im Bereich der Betrugsbekämpfung festgelegten Ziele erreichen zu können.
(7)
Gegenwärtig dürfen nach der Verordnung (EG) Nr. 515/97 personenbezogene Daten, die von einem Mitgliedstaat in das ZIS eingegeben wurden, nur in andere EDV-Systeme kopiert werden, wenn die vorherige Zustimmung des ZIS-Partners vorliegt, der diese Daten in das System eingegeben hat, und nur unter den Bedingungen, die dieser ZIS-Partner nach Artikel 30 Absatz 1 festgelegt hat. Die Änderung der Verordnung hat zum Ziel, vom Prinzip der vorherigen Zustimmung nur dann abzuweichen, wenn die Daten dazu bestimmt sind, von den für das Risikomanagement zuständigen nationalen Behörden und Kommissionsdienststellen zur Steuerung der Kontrolle von Warenbewegungen verarbeitet zu werden.
(8)
Es ist geboten, den geltenden Rechtsrahmen durch Regelungen über die Schaffung eines Aktennachweissystems für Zollzwecke zu ergänzen, das abgeschlossene und laufende Fälle erfasst. Die Schaffung dieser Datenbank geht zurück auf die Initiative im Rahmen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Zollbereich, die zur Annahme des Rechtsakts des Rates vom 8. Mai 2003 betreffend die Erstellung des Protokolls zur Änderung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich hinsichtlich der Einrichtung eines Aktennachweissystems für Zollzwecke(*******) geführt hat.
(9)
Zur Stärkung der Zusammenarbeit im Zollbereich zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission ist unbeschadet anderer Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 517/97 sicherzustellen, dass gewisse Daten zur Erreichung der Ziele jener Verordnung ausgetauscht werden können.
(10)
Außerdem ist es erforderlich, eine höhere Komplementarität mit den Maßnahmen zu erzielen, die auf dem Gebiet der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Zollbereich und der Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Stellen der Europäischen Union sowie anderen internationalen und regionalen Organisationen durchgeführt werden. Dies folgt auch aus der Entschließung des Rates vom 2. Oktober 2003 über eine Strategie für die Zusammenarbeit im Zollwesen(********) und dem Beschluss des Rates vom 6. Dezember 2001 zur Ausweitung des Mandats von Europol auf die im Anhang zum Europol-Übereinkommen aufgeführten schwerwiegenden Formen internationaler Kriminalität(*********).
(11)
Um die Kohärenz zwischen den von der Kommission, den anderen Einrichtungen und Stellen der Europäischen Union und anderen internationalen und regionalen Organisationen durchgeführten Maßnahmen zu fördern, sollte die Kommission zur Veranstaltung von Fortbildungsmaßnahmen und Leistung jeder Form von Unterstützung mit Ausnahme finanzieller Unterstützung für die Verbindungsbeamten von Drittländern und von europäischen oder internationalen Organisationen und Stellen einschließlich des Austauschs bewährter Verfahren mit diesen Einrichtungen sowie z. B. mit Europol und der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex) befugt sein.
(12)
Es erscheint sachgerecht, in der Verordnung (EG) Nr. 515/97 die Bedingungen für die Durchführung von gemeinsamen Zollaktionen im gemeinschaftsrechtlichen Bereich festzulegen. Der Ausschuss nach Artikel 43 der Verordnung (EG) Nr. 515/97 sollte die Befugnis erhalten, das Mandat für gemeinsame Zollaktionen der Gemeinschaft festzulegen.
(13)
Weiterhin muss bei der Kommission eine ständige Infrastruktur geschaffen werden, damit gemeinsame Zollaktionen während des ganzen Kalenderjahres koordiniert werden können und für die Zeit der Ausführung einer oder mehrerer Einzelaktionen für Vertreter der Mitgliedstaaten sowie gegebenenfalls auch für Verbindungsbeamte aus Drittländern und von europäischen oder internationalen Organisationen und Stellen, wie insbesondere Europol, der Weltzollorganisation (WZO) und Interpol, die Möglichkeit zur Mitarbeit geschaffen wird.
(14)
Zur Behandlung der das ZIS betreffenden Aufsichtsfragen sollte der Europäische Datenschutzbeauftragte mindestens einmal jährlich eine Sitzung mit den nationalen Datenschutzbehörden einberufen.
(15)
Es muss, vorbehaltlich der Rolle von Europol, für die Mitgliedstaaten möglich sein, diese Infrastruktur gleichermaßen für gemeinsame Zollaktionen im Rahmen der Zusammenarbeit im Zollbereich nach den Artikeln 29 und 30 des Vertrags über die Europäische Union zu nutzen. In diesem Fall sollten die gemeinsamen Zollaktionen im Rahmen des von der zuständigen Ratsarbeitsgruppe für die Zollzusammenarbeit nach Titel VI des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Mandats durchgeführt werden.
(16)
Die Entwicklung neuer Märkte, die wachsende Internationalisierung des Warenaustauschs sowie die schnelle Steigerung des Volumens, einhergehend mit der immer rascheren Warenbeförderung, machen es zudem notwendig, dass die Zollverwaltungen mit diesen Entwicklungen Schritt halten, um nicht der europäischen Wirtschaftsentwicklung zu schaden.
(17)
Letztlich besteht das Ziel darin, dass alle Wirtschaftsbeteiligten in der Lage sind, alle notwendigen Unterlagen bereits im Voraus zu übermitteln, und dass ihre Verwaltungsverfahren mit den Zollbehörden vollständig elektronisch ablaufen. In der Zwischenzeit wird die gegenwärtige Situation mit den unterschiedlichen Entwicklungsstadien nationaler Systeme der elektronischen Datenverarbeitung fortbestehen und es ist notwendig, die Mechanismen der Betrugsbekämpfung zu verbessern, denn Verkehrsverlagerungen können weiterhin auftreten.
(18)
Zur Bekämpfung des Betrugs ist es daher notwendig, zusammen mit der Reform und Modernisierung der Zollverfahren eine Möglichkeit zu schaffen, auf die Informationen so unmittelbar wie möglich zurückzugreifen. Auch im Hinblick auf das Ziel, die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Aufdeckung von Warenbewegungen, die Vorgängen dienen können, die der Zoll- oder der Agrarregelung zuwiderlaufen, und bei der Feststellung von Transportmitteln, einschließlich Containern, die zu diesem Zweck verwendet werden, zu unterstützen, sollten die Daten, die von den weltweit wichtigsten öffentlichen und privaten Dienstleistern stammen, die Teil der internationalen Lieferkette sind, in einem europäischen zentralen Datenregister gesammelt werden.
(19)
Der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten unterliegt der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr(**********) sowie der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation)(***********), die vollständig auf die Dienste für die Informationsgesellschaft anwendbar sind. Diese Richtlinien stellen bereits einen gemeinschaftlichen Rechtsrahmen im Bereich der personenbezogenen Daten dar und es ist daher nicht notwendig, diesen Punkt in der vorliegenden Verordnung zu behandeln, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und insbesondere den freien Verkehr der personenbezogenen Daten zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Diese Verordnung muss gemäß den Vorschriften für den Schutz personenbezogener Daten durchgeführt und angewendet werden, insbesondere was den Austausch und die Speicherung der Informationen zur Unterstützung von Maßnahmen zur Verhütung und Aufdeckung von Betrug betrifft.
(20)
Ein Austausch personenbezogener Daten mit Drittländern sollte erst erfolgen, wenn überprüft worden ist, dass die Datenschutzbestimmungen im Empfängerland einen den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts entsprechenden Schutz bieten.
(21)
Seit der Annahme der Verordnung (EG) Nr. 515/97 wurde die Richtlinie 95/46/EG von den Mitgliedstaaten in das jeweilige nationale Recht umgesetzt und die Kommission hat eine unabhängige Behörde eingerichtet, die damit beauftragt ist, die Einhaltung der Freiheiten und Grundrechte der Personen durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr(************) sicherzustellen. Daher sollten die Überwachungsregelungen zum Schutz personenbezogener Daten angeglichen und die Bezugnahme auf den Europäischen Bürgerbeauftragten, unbeschadet seiner Befugnisse, durch eine Bezugnahme auf den Europäischen Datenschutzbeauftragten ersetzt werden.
(22)
Die zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 515/97 erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(*************) erlassen werden.
(23)
Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, zu beschließen, welche Daten in das ZIS aufgenommen werden, und zu bestimmen, zu welchen Maßnahmen in Verbindung mit der Anwendung der Agrarregelung Informationen in das ZIS einzugeben sind. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 515/97, auch durch Ergänzung um neue nicht wesentliche Bestimmungen, bewirken, sind diese Maßnahmen nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen.
(24)
Der Bericht über die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 515/97 sollte in den Bericht aufgenommen werden, der dem Europäischen Parlament und dem Rat alljährlich über die Maßnahmen vorgelegt wird, die zur Durchführung von Artikel 280 des Vertrags getroffen wurden.
(25)
Die Verordnung (EG) Nr. 515/97 sollte entsprechend geändert werden.
(26)
Da das Ziel der vorliegenden Verordnung, nämlich die Koordinierung der Bekämpfung von Betrug und anderen illegalen Aktivitäten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaft, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahmen besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(27)
Diese Verordnung beachtet die Grundrechte und Prinzipien, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(**************) bekräftigt wurden. Insbesondere zielt diese Verordnung darauf ab, die umfassende Wahrung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten (Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) zu garantieren.
(28)
Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 konsultiert und hat am 22. Februar 2007 eine Stellungnahme(***************) abgegeben —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(*)

ABl. C 101 vom 4.5.2007, S. 4.

(**)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 19. Februar 2008 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 23. Juni 2008.

(***)

ABl. L 82 vom 22.3.1997, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 36).

(****)

ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 20.

(*****)

ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 34.

(******)

ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 33.

(*******)

ABl. C 139 vom 13.6.2003, S. 1.

(********)

ABl. C 247 vom 15.10.2003, S. 1.

(*********)

ABl. C 362 vom 18.12.2001, S. 1.

(**********)

ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(***********)

ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37. Geändert durch die Richtlinie 2006/24/EG (ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 54).

(************)

ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(*************)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(**************)

ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.

(***************)

ABl. C 94 vom 28.4.2007, S. 3.

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