Artikel 10 VO (EG) 2009/1072

Verfahren bei Schutzmaßnahmen

(1) Im Fall einer ernsten Marktstörung im innerstaatlichen Verkehr innerhalb eines bestimmten geografischen Gebiets, die auf die Kabotage zurückzuführen ist oder durch sie verschärft wird, kann sich jeder Mitgliedstaat an die Kommission wenden, damit Schutzmaßnahmen getroffen werden; der Mitgliedstaat macht der Kommission dabei die erforderlichen Angaben und teilt ihr mit, welche Maßnahmen er gegenüber den in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Verkehrsunternehmern zu treffen gedenkt.

(2) Im Sinne des Absatzes 1 bezeichnet der Ausdruck

— „ernste Marktstörung im innerstaatlichen Verkehr innerhalb eines bestimmten geografischen Gebiets” das Auftreten spezifischer Probleme auf diesem Markt, die zu einem möglicherweise anhaltenden deutlichen Angebotsüberhang führen können, der das finanzielle Gleichgewicht und das Überleben zahlreicher Unternehmen im Güterkraftverkehr gefährden könnte;

— „geografisches Gebiet” ein Gebiet, das das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder einen Teil davon umfasst oder sich auf das gesamte Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten oder auf einen Teil davon erstreckt.

(3) Die Kommission prüft den Fall insbesondere anhand der einschlägigen Daten und entscheidet nach Anhörung des gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) eingesetzten Ausschusses innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags des Mitgliedstaats, ob Schutzmaßnahmen erforderlich sind, und ordnet diese gegebenenfalls an.

Diese Maßnahmen können beinhalten, dass das betreffende geografische Gebiet zeitweilig vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen wird.

Die gemäß diesem Artikel getroffenen Maßnahmen dürfen höchstens sechs Monate in Kraft bleiben; ihre Geltungsdauer kann unter denselben Geltungsbedingungen einmal verlängert werden.

Die Kommission teilt den Mitgliedstaaten und dem Rat die gemäß diesem Absatz getroffenen Entscheidungen unverzüglich mit.

(4) Beschließt die Kommission Schutzmaßnahmen, die einen oder mehrere Mitgliedstaaten betreffen, so sind die zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten gehalten, gegenüber den in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Verkehrsunternehmern Maßnahmen gleicher Wirkung zu ergreifen; sie setzen die Kommission davon in Kenntnis. Diese Maßnahmen gelten spätestens ab demselben Zeitpunkt wie die von der Kommission angeordneten Schutzmaßnahmen.

(5) Jeder Mitgliedstaat kann den Rat binnen 30 Tagen nach der Mitteilung mit einem von der Kommission nach Absatz 3 getroffenen Beschluss befassen. Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit innerhalb von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt, zu dem er von einem Mitgliedstaat befasst wurde, oder, im Fall der Befassung durch mehrere Mitgliedstaaten, ab dem Zeitpunkt der ersten Befassung einen anders lautenden Beschluss fassen.

Für den Beschluss des Rates gelten die Geltungsbedingungen nach Absatz 3 Unterabsatz 3. Die zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten sind gehalten, gegenüber den in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Verkehrsunternehmern Maßnahmen gleicher Wirkung zu ergreifen; sie setzen die Kommission hiervon in Kenntnis. Beschließt der Rat innerhalb der in Unterabsatz 2 genannten Frist nicht, so wird der Beschluss der Kommission endgültig.

(6) Ist die Kommission der Auffassung, dass die Geltungsdauer der nach Absatz 3 getroffenen Maßnahmen verlängert werden muss, so unterbreitet sie dem Rat einen Vorschlag; der Rat beschließt hierüber mit qualifizierter Mehrheit.

(7) Zusätzlich zu den Absätzen 1 bis 6 des vorliegenden Artikels und abweichend von Artikel 4 der Richtlinie 92/106/EWG können Mitgliedstaaten, wenn das zur Vermeidung von Missbrauch der letztgenannten Bestimmung durch unbegrenzte und ununterbrochene Verkehrsdienste in Form von Zu- oder Ablaufverkehren auf der Straße innerhalb eines Aufnahmemitgliedstaats als Bestandteil des kombinierten Verkehrs zwischen Mitgliedstaaten erforderlich ist, vorsehen, dass Artikel 8 der vorliegenden Verordnung für Verkehrsunternehmer im Fall solcher Zu- oder Ablaufverkehre auf der Straße innerhalb dieses Mitgliedstaats Anwendung findet. Für derartige Zu- und/oder Ablaufverkehre auf der Straße können die Mitgliedstaaten einen längeren als den in Artikel 8 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Zeitraum von sieben Tagen und einen kürzeren als den in Artikel 8 Absatz 2a der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Zeitraum von vier Tagen vorsehen. Die Anwendung von Artikel 8 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung auf derartige Beförderungen berührt nicht die Anforderungen, die sich aus der Richtlinie 92/106/EWG ergeben. Mitgliedstaaten, die von der im vorliegenden Absatz vorgesehenen Abweichung Gebrauch machen, unterrichten hiervon die Kommission, bevor sie ihre einschlägigen einzelstaatlichen Maßnahmen anwenden. Sie überprüfen diese Maßnahmen mindestens alle fünf Jahre und unterrichten die Kommission über die Ergebnisse dieser Überprüfung. Sie machen die Vorschriften, einschließlich der jeweiligen Fristen, in transparenter Weise öffentlich zugänglich.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.