ANHANG V VO (EG) 2009/761

C.25. AEROBE MINERALISATION IN OBERFLÄCHENWASSER SIMULATIONSTEST ZUR BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT

1.
METHODE

Diese Methode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 309 (2004) (1).

1.1.
EINLEITUNG

Mit diesem Test sollen der zeitliche Verlauf des biologischen Abbaus einer niedrig konzentrierten Prüfsubstanz in aerobem natürlichem Wasser gemessen und die Beobachtungen als kinetische Geschwindigkeit quantifiziert werden. Dieser Simulationstest besteht aus einem im Labor durchgeführten Schüttelkolben-Batch-Test, in dem die Rate des aeroben biologischen Abbaus organischer Substanzen in Proben natürlichen Oberflächenwassers (Süßwasser, Brackwasser oder Meerwasser) ermittelt wird. Der Test beruht auf ISO/DIS 14592-1 (2) und beinhaltet außerdem Elemente der Prüfmethoden C.23 und C.24 (3)(4). Bei langer Testdauer wird anstelle der Batch-Untersuchung ein semikontinuierlicher Test durchgeführt, um den Abbau der Testorganismen zu verhindern. Das Hauptziel des Simulationstests besteht in der Mineralisation der Prüfsubstanz in Oberflächenwasser; aufgrund der Mineralisation wird dann die Abbaukinetik beschrieben. Ein fakultatives untergeordnetes Ziel des Tests besteht in der Ermittlung von Informationen zum primären Abbau und zur Bildung wesentlicher Transformationsprodukte. Die Bestimmung der Transformationsprodukte sowie nach Möglichkeit die Quantifizierung der jeweiligen Konzentrationen sind besonders wichtig bei Substanzen, die sehr langsam mineralisiert werden (z. B. wenn die Halbwertszeiten für den Abbau sämtlicher 14C-Rückstände mehr als 60 Tage betragen). Zur Bestimmung und Quantifizierung wichtiger Transformationsprodukte sollten aus analytischen Gründen die Prüfsubstanzen im Allgemeinen in höheren Konzentrationen (z. B. > 100 μg/l) verwendet werden. Niedrige Konzentrationen sind in diesem Test Konzentrationen (z. B. von weniger als 1 μg/l auf 100 μg/l), die so gering sind, dass sichergestellt ist, dass die Kinetik des biologischen Abbaus im Test die in der natürlichen Umgebung zu erwartende Kinetik widerspiegelt. Gegenüber der Gesamtmasse an biologisch abbaubaren Kohlenstoffsubstraten, die in im Test verwendetem natürlichem Wasser vorkommen, fungiert die niedrig konzentrierte Prüfsubstanz als untergeordnetes Substrat. Dies bedeutet, dass die zu erwartende Kinetik des biologischen Abbaus als Kinetik erster Ordnung einzustufen ist (Kinetik „ohne Wachstum” ) und dass die Prüfsubstanz durch „Cometabolismus” abgebaut werden kann. Eine Kinetik erster Ordnung impliziert, dass die Abbaurate (mg/l/Tag) proportional zur im Laufe der Zeit abnehmenden Substratkonzentration ist. Bei echter Kinetik erster Ordnung ist die Konstante der spezifischen Abbaurate (k) unabhängig von der Dauer und von der Konzentration. Die Konstante k ändert sich also während eines Versuchs nicht nennenswert, und wesentliche Änderungen treten auch nach Konzentrationssteigerungen von einem Versuch zum nächsten nicht auf. Per Definition entspricht die Konstante der spezifischen Abbaurate der relativen Konzentrationsänderung pro Zeiteinheit: k = (1/C) · (dC/dt). Unter den vorgegebenen Bedingungen ist im Allgemeinen eine Kinetik erster Ordnung zu erwarten; unter gewissen Bedingungen kann jedoch auch eine sonstige Kinetik gegeben sein. Abweichungen von der Kinetik erster Ordnung können z. B. festzustellen sein, wenn die Geschwindigkeit der biologischen Transformation stärker durch ein Massentransfer-Phänomen wie z. B. die Diffusionsrate als durch die Geschwindigkeit der biologischen Reaktion begrenzt wird. Die Daten können jedoch nahezu immer durch eine Pseudo-Kinetik erster Ordnung beschrieben werden, wobei eine konzentrationsabhängige Konstante für die Abbaurate angenommen wird. Informationen zur biologischen Abbaubarkeit der Prüfsubstanz bei höheren Konzentrationen (z. B. aufgrund von Standard-Screening-Tests) sowie Informationen zur abiotischen Abbaubarkeit, zu Transformationsprodukten und zu maßgeblichen physikalisch-chemischen Merkmalen sollten vor dem Test verfügbar sein, um den Versuch planen und die Ergebnisse auswerten zu können. Die Verwendung von mit 14C-markierten Prüfsubstanzen und die Bestimmung der Phasenverteilung von 14C am Ende des Tests ermöglichen die Bestimmung der biologischen Endabbaubarkeit. Bei nicht markierten Prüfsubstanzen kann der biologische Endabbau nur geschätzt werden, wenn eine höhere Konzentration getestet wird und alle wesentlichen Transformationsprodukte bekannt sind.

1.2.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Primärer biologischer Abbau: Strukturänderung (Transformation) einer chemischen Substanz durch Mikroorganismen infolge des Verlusts der chemischen Identität. Funktionaler biologischer Abbau: Strukturänderung (Transformation) einer chemischen Substanz durch Mikroorganismen infolge des Verlusts eines spezifischen Merkmals. Aerober biologischer Endabbau: Zersetzung einer chemischen Substanz durch Mikroorganismen unter Sauerstoffeinwirkung in Kohlendioxid und Wasser sowie in Mineralsalze sonstiger vorhandener Elemente (Mineralisation) und Erzeugung neuer Biomasse und organischer mikrobiologischer Biosyntheseprodukte. Mineralisation: Zersetzung einer chemischen Substanz oder eines organischen Materials durch Mikroorganismen unter Sauerstoffeinwirkung in Kohlendioxid und Wasser sowie in Mineralsalze sonstiger vorhandener Elemente. „Lag” -Phase: Zeitraum vom Beginn eines Tests bis zur Anpassung der abbauenden Mikroorganismen und bis der biologische Abbau einer chemischen Substanz oder eines organischen Materials einen nachweisbaren Umfang angenommen hat (z. B. 10 % des maximalen theoretischen biologischen Abbaus bzw. je nach Genauigkeit des Messverfahrens auch weniger). Maximaler Umfang des biologischen Abbaus: In Prozent erfasster Umfang des biologischen Abbaus einer chemischen Substanz oder eines organischen Materials in einem Test, über den hinaus während des Tests kein weiterer biologischer Abbau mehr erfolgt. Primärsubstrat: Zusammenstellung natürlichen Kohlenstoffs und natürlicher Energiequellen, in der eine mikrobiologische Biomasse wachsen und kultiviert werden kann. Sekundärsubstrat: Niedrig konzentrierte Substratkomponente, durch deren Abbau den maßgeblichen Mikroorganismen im Vergleich zur Kohlenstoff- und Energieversorgung infolge des Abbaus der wesentlichen Substratkomponenten (Primärsubstrate) nur unerhebliche Mengen an Kohlenstoff und Energie zugeführt werden. Konstante der Abbaurate: Konstante der Abbaukinetik erster Ordnung k (d–1); diese Konstante gibt Aufschluss über die Geschwindigkeit von Abbauprozessen; bei Batch-Versuchen wird k aufgrund des anfänglichen Abschnitts der Abbaukurve geschätzt, die am Ende der „Lag” -Phase ermittelt wird. Halbwertszeit, t1/2 (d): Parameter zur Beschreibung der Geschwindigkeit einer Reaktion erster Ordnung; Zeitabstand, der einem Konzentrationsrückgang um den Faktor 2 entspricht. Der Zusammenhang zwischen der Halbwertszeit und der Konstante der Abbaurate lässt sich mit der Formel t1/2 = ln2/k beschreiben. Abbauzeit, DT50 (d): Parameter zur Quantifizierung des Ergebnisses von Tests zur Ermittlung der biologischen Abbaubarkeit; Zeitintervall einschließlich der „Lag” -Phase, in dem ein biologischer Abbau von 50 % erreicht wird. Nachweisgrenze (LOD = Limit of Detection) und Quantifizierungsgrenze (LOQ = Limit of Quantification): Als Nachweisgrenze (LOD) wird die Konzentration einer Substanz bezeichnet, unter der die Substanz nicht mehr von analytischen Artefakten unterschieden werden kann. Als Quantifizierungsgrenze (LOQ) gilt die Konzentration einer Substanz, unter der die Konzentrationen nicht mehr mit annehmbarer Genauigkeit bestimmt werden kann. Gelöster organischer Kohlenstoff (DOC = Dissolved organic Carbon): Der Anteil des in einer Wasserprobe enthaltenen organischen Kohlenstoffs, der nicht durch die spezifizierte Phasentrennung entfernt werden kann (etwa durch 15-minütiges Zentrifugieren mit 40000 ms–2 oder durch Membranfiltration mit einer Porengröße von 0,2 μm-0,45 μm). TOA (Total organic 14C Activity): 14C-Gesamtaktivität von organischem Kohlenstoff DOA (Dissolved organic 14C Activity): 14C-Aktivität von gelöstem organischem Kohlenstoff POA (Particulate organic 14C Activity): 14C-Aktivität von als Feststoff vorliegendem organischem Kohlenstoff

1.3.
ANWENDBARKEIT DER PRÜFMETHODE

Dieser Simulationstest ist bei nicht flüchtigen oder leicht flüchtigen organischen Substanzen durchzuführen, die bei niedrigen Konzentrationen getestet werden. Bei Verwendung von zur Atmosphäre offenen Kolben (z. B. nur mit einem Wattepropf verschlossen) können Substanzen mit Henry-Konstanten von unter etwa 1 Pa · m3/mol (ca. 10–5 atm · m3/mol) in der Praxis als nicht flüchtig betrachtet werden. Mit geschlossenen Kolben mit einem gewissen Luftraum können leicht flüchtige Substanzen (mit Henry-Konstanten < 100 Pa · m3/mol bzw. < 10–3 atm · m3/mol) verlustfrei getestet werden. Bei mit 14C markierten Substanzen können Verluste auftreten, wenn beim Abtrennen des CO2 nicht die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. In diesen Fällen muss unter Umständen CO2 in einem internen Absorber mit Alkali gebunden oder ein externes CO2-Absorbersystem verwendet werden (direkte 14CO2-Bestimmung, wie in Anhang 3 beschrieben). Damit die Kinetik des biologischen Abbaus bestimmt werden kann, muss die Konzentration der Prüfsubstanz unter der Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz liegen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die in der Fachliteratur genannten Werte für die Wasserlöslichkeit erheblich höher sein können als die Löslichkeit der Prüfsubstanz in natürlichen Gewässern. Fakultativ kann die Löslichkeit von Prüfsubstanzen mit besonders schlechter Wasserlöslichkeit auch unter Verwendung von Material aus den zu prüfenden natürlichen Gewässern bestimmt werden. Die Methode kann zur Simulierung des biologischen Abbaus in von groben Partikeln freiem Oberflächenwasser ( „pelagischer Test” ) oder in trübem Oberflächenwasser z. B. an einem Wasser-/Sediment-Übergang ( „Test mit suspendierten Sedimenten” ) eingesetzt werden.

1.4.
PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der Test wird als Batch-Test durchgeführt, indem die Prüfsubstanz entweder ausschließlich mit Oberflächenwasser ( „pelagischer Test” ) oder in mit suspendierten Feststoffen/Sedimenten mit 0,01 bis 1 g/l Trockengewicht aufbereitetem Oberflächenwasser ( „Test mit suspendierten Sedimenten” ) inkubiert wird, um ein Wasservolumen mit suspendierten Feststoffen oder neu suspendierten Sedimenten zu simulieren. Die Konzentration der suspendierten Feststoffe/Sedimente im unteren Bereich dieses Intervalls ist typisch für die meisten Oberflächengewässer. Die Testkolben werden im Dunkeln bei Umgebungstemperatur unter Schütteln bei aeroben Bedingungen inkubiert. Die Prüfsubstanz sollte in mindestens zwei Konzentrationen verwendet werden, um die Abbaukinetik zu bestimmen. Die Konzentrationen sollten sich um den Faktor 5 bis 10 voneinander unterscheiden und den in der Umwelt zu erwartenden Konzentrationsbereich abdecken. Die maximale Konzentration der Prüfsubstanz sollte höchstens 100 µg/l betragen; maximale Testkonzentrationen unter 10 µg/l sind jedoch zu bevorzugen, um sicherzustellen, dass beim biologischen Abbau eine Kinetik erster Ordnung gegeben ist. Die niedrigste Konzentration sollte höchstens 10 µg/l betragen; niedrigste Konzentrationen von 1-2 μg/l oder von weniger als 1 μg/l sind zu bevorzugen. Im Allgemeinen kann eine angemessene Analyse derart niedriger Konzentrationen mit handelsüblichen mit 14C markierten Substanzen durchgeführt werden. Aus analysetechnischen Gründen kann die Konzentration der Prüfsubstanz häufig nicht mit der erforderlichen Genauigkeit gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz in einer Konzentration von ≤ 100 µg/l vorliegt (siehe Abschnitt 1.7.2 Absatz 2). Höhere Konzentrationen der Prüfsubstanz (> 100 µg/l und gelegentlich > 1 mg/l) können zur Bestimmung und zur Quantifizierung wichtigerer Transformationsprodukte sowie dann verwendet werden, wenn ein spezifisches Analyseverfahren mit niedriger Nachweisgrenze nicht verfügbar ist. Wenn hohe Konzentrationen einer Prüfsubstanz getestet werden sollen, können die Ergebnisse unter Umständen nicht zur Schätzung der Konstante des Abbaus erster Ordnung und zur Schätzung der Halbwertszeit verwendet werden, weil der Abbau wahrscheinlich nicht der Kinetik erster Ordnung folgt. Nach dem Abbau werden in geeigneten Zeitabständen entweder die 14C-Restwerte oder die Restkonzentration der Prüfsubstanz gemessen, wenn eine spezifische chemische Analyse erfolgt. Die 14C-Markierung der stabilsten Molekülbereiche gewährleistet, dass die Gesamtmineralisation bestimmt wird; erfolgt die Markierung mit 14C bei weniger stabilen Molekülbereichen oder werden spezifische Analyseverfahren eingesetzt, kann nur der primäre biologische Abbau ermittelt werden. Der stabilste Bereich beinhaltet jedoch nicht zwangsläufig den funktionsrelevanten Teil des Moleküls (der einem spezifischen Merkmal wie z. B. der Toxizität oder der Bioakkumulation zugeordnet werden kann). In diesem Fall ist unter Umständen die Verwendung einer im funktionsrelevanten Teil mit 14C markierten Prüfsubstanz angemessen, wenn die Aufhebung eines spezifischen Merkmals überwacht werden soll.

1.5.
INFORMATIONEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

Für diesen Test können sowohl radioaktiv markierte als auch nicht markierte Prüfsubstanzen verwendet werden. Die Markierung mit 14C wird empfohlen; markiert werden sollten im Allgemeinen die stabilsten Bereiche der jeweiligen Moleküle (siehe auch Abschnitt 1.4). Bei Substanzen mit mehreren aromatischen Ringen sollte vorzugsweise mindestens ein Kohlenstoffmolekül pro Ring mit 14C markiert werden. Außerdem sollte vorzugsweise mindestens ein Kohlenstoffmolekül auf beiden Seiten leicht abbaubarer Brücken mit 14C markiert werden. Die chemische und/oder radiochemische Reinheit der Prüfsubstanz sollte > 95 % sein. Bei radioaktiv markierten Substanzen ist eine spezifische Aktivität von mindestens ca. 50 μCi/mg (1,85 MBq) zu bevorzugen, um die 14C-Messungen in Tests mit niedrigen Ausgangskonzentrationen zu erleichtern. Zu den Prüfsubstanzen sollten folgende Informationen verfügbar sein:

Löslichkeit in Wasser (Methode A.6);

Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln (mit Lösungsmitteln behandelte Substanzen oder Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit),

Dissoziationskonstante (pKa), wenn die betreffende Substanz zur Protonierung oder Deprotonierung neigt (OECD TG 112) (5);

Dampfdruck (Methode A.4] und Henry-Konstante;

chemische Stabilität in Wasser und im Dunkeln (Hydrolyse) (Methode C.7).

Wenn Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit in Meerwasser getestet werden, kann die Kenntnis der Aussalzungskonstante (oder „Setschenow-Konstante” ) Ks von Vorteil sein; diese Konstante wird mit folgender Formel definiert: log (S/S’) = Ks Cm; dabei stehen S und S’ für die Löslichkeit der Substanz in Süßwasser bzw. in Meerwasser und Cm für die molare Salzkonzentration. Wenn der Test als „Test mit suspendierten Sedimenten” durchgeführt wird, sollten auch die folgenden Informationen vorliegen:

n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Methode A.8);

Adsorptionskoeffizient (Methode C.18);

Außerdem können die folgenden Informationen hilfreich sein:

Umweltkonzentration (wenn bekannt oder geschätzt);

Toxizität der Prüfsubstanz für Mikroorganismen (Methode C.11);

leichte und/oder inhärente biologische Abbaubarkeit (Methoden C.4 A-F, C.12, C.9, OECD TG 302 (5));

aerobe bzw. anaerobe biologische Abbaubarkeit im Boden sowie Studien zur Sediment-/Wasser-Transformation (Methoden C.23, C.24).

1.6.
REFERENZSUBSTANZ

Als Referenzsubstanz sollte eine unter aeroben Bedingungen im Allgemeinen leicht abzubauende Substanz (z. B. Anilin oder Natriumbenzoat) verwendet werden. Gewöhnlich werden Anilin und Natriumbenzoat in weniger als zwei Wochen.abgebaut. Mit den Referenzsubstanzen soll sichergestellt werden, dass die mikrobiologische Aktivität des Testwassers in einem bestimmten Rahmen liegt, d. h. dass das Wasser eine aktive mikrobiologische Population enthält.

1.7.
QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.
Wiederfindungsraten

Unmittelbar nach der Zugabe der Prüfsubstanz sollte durch Messungen der 14C-Aktivität bzw. — bei nicht markierten Substanzen — durch chemische Analysen in jeweils mindestens zwei Proben jeweils die Ausgangs-Testkonzentration geprüft werden. Die entsprechenden Messungen geben Aufschluss über die Anwendbarkeit und über die Wiederholbarkeit der Analysemethode sowie über die Homogenität der Verteilung der Prüfsubstanz. Im Allgemeinen wird in den anschließenden Datenanalysen eher die gemessene 14C-Ausgangsaktivität oder die Prüfsubstanzkonzentration gemessen als die Nennkonzentration, da bei den Messungen der 14C-Ausgangsaktivität oder der Prüfsubstanzkonzentration die auftretenden Sorptions- und Dosierungsfehler kompensiert werden. Bei mit 14C markierten Prüfsubstanzen wird der Umfang der Wiederfindung am Ende des Versuchs als Massenbilanz angegeben (siehe Abschnitt 1.8.9.4 letzter Absatz). Im Idealfall sollte die Massenbilanz bei radioaktiver Markierung im Bereich 90 % bis 110 % liegen; die erforderliche Analysegenauigkeit sollte bei nicht markierten Prüfsubstanzen durch eine anfängliche Wiederfindung von 70 % bis 110 % gegeben sein. Diese Bereiche sollten jedoch als Idealbereiche betrachtet und nicht als Kriterien für die Annehmbarkeit eines Tests angenommen werden. Die Analysegenauigkeit kann für die Prüfsubstanz auch bei einer niedrigeren Konzentration als der Ausgangskonzentration sowie für wichtigere Transformationsprodukte bestimmt werden.

1.7.2.
Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysemethode

Die Wiederholbarkeit der zur Quantifizierung der Prüfsubstanz sowie ggf. der Transformationsprodukte eingesetzten Analysemethode (einschließlich der Methoden zur Überprüfung der Wirksamkeit der Erstextraktion) sollte durch fünf Wiederholungsanalysen der einzelnen Extrakte des Oberflächenwassers geprüft werden. Die Nachweisgrenze (LOD) der zur Analyse der Prüfsubstanz und der Transformationsprodukte verwendeten Methode sollte nach Möglichkeit bei mindestens 1 % der in das Testsystem eingebrachten Ausgangsmenge liegen. Die Quantifizierungsgrenze (LOQ) sollte kleiner oder gleich 10 % der verwendeten Konzentration sein. Die chemischen Analysen vieler organischer Substanzen und der jeweiligen Transformationsprodukte setzen häufig voraus, dass die Prüfsubstanz in verhältnismäßig hohen Konzentrationen (d. h. > 100 μg/l) eingebracht wird.

1.8.
BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.8.1.
Apparatur

Der Test kann in konischen oder zylindrischen Kolben mit geeignetem Fassungsvermögen (z. B. 0,5 oder 1,0 l) durchgeführt werden, die mit Silikon- oder Gummistopfen verschlossen sind; alternativ können auch Serumflaschen mit CO2-dichten Deckeln (z. B. mit Butylkautschuk-Septum) verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Durchführung der Tests mit mehreren Kolben und in der Entnahme des gesamten Inhalts von jeweils mindestens zwei Kolben je Probenintervall (siehe Abschnitt 1.8.9.1 letzter Absatz). Für nicht flüchtige Prüfsubstanzen, die nicht radioaktiv markiert wurden, sind gasdichte Stopfen oder Deckel nicht erforderlich. Lose Wattepfropfen, die eine Verunreinigung aus der Luft verhindern, können verwendet werden (siehe Abschnitt 1.8.9.1 Absatz 2). Leicht flüchtige Substanzen sollten in einem Biometersystem unter leichten Rühren der Wasseroberfläche getestet werden. Um sicherzustellen, dass keine Verunreinigung durch Bakterien erfolgt, können die Gefäße auch durch Erwärmen oder durch Autoklavieren vor der Verwendung sterilisiert werden. Außerdem wird die folgende Standard-Laborausrüstung verwendet:

ein Schütteltisch oder Magnetrührer zum kontinuierlichen Rühren der Testkolben;

eine Zentrifuge;

ein pH-Messgerät;

ein Trübungsmesser für nephelometrische Trübungsmessungen;

ein Ofen oder eine Mikrowelle zur Bestimmung der Trockengewichte;

Geräte zur Membranfiltration;

ein Autoklav oder ein Ofen zur Sterilisierung der Glasgeräte durch Erwärmen;

Instrumente zur Handhabung von mit 14C markierten Substanzen;

Geräte zur Quantifizierung der 14C-Aktivität der Proben aus CO2-Abscheidelösungen sowie ggf. aus Sedimentproben;

Analysegeräte zur Bestimmung der Prüfsubstanz (und der Referenzsubstanz), wenn spezifische chemische Analysen (z. B. mit einem Gaschromatographien oder durch HPLC) vorgenommen werden.

1.8.2.
Stammlösungen der Prüfsubstanz

Zur Herstellung von Stammlösungen der Prüfsubstanzen und der Referenzsubstanzen wird entionisiertes Wasser verwendet (siehe Abschnitt 1.8.7 Absatz 1). Das entionisierte Wasser sollte frei von Substanzen sein, die auf Mikroorganismen toxisch wirken könnten; außerdem sollte der Anteil an gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) höchstens 1 mg/l betragen (6).

1.8.3.
Entnahme und Transport von Oberflächenwasser

Die Stellen, an denen das Oberflächenwasser entnommen wird, sollten grundsätzlich abhängig vom Zweck des jeweiligen Tests ausgewählt werden. Bei der Auswahl von Entnahmestellen sind mögliche Einträge aus Landwirtschaft, Industrie und Haushalten zu berücksichtigen. Wenn bekannt ist, dass eine aquatische Umgebung in den letzten vier Jahren mit der Prüfsubstanz oder mit analog aufgebauten Substanzen verunreinigt wurde, sollte dort nur dann Wasser für die Tests entnommen werden, wenn ausdrücklich die Abbauraten an bereits belasteten Stellen untersucht werden sollen. An der Entnahmestelle sollten der pH-Wert und die Temperatur des Wassers gemessen werden. Die Tiefe, in der das Wasser entnommen wurde, sowie das Aussehen der Wasserproben (z. B. Farbe und Trübung) sollten ebenfalls protokolliert werden (siehe Abschnitt 3). Die Sauerstoffkonzentration und/oder das Redoxpotenzial in Wasser und in der Sedimentoberfläche sollten gemessen werden, um die aerobe Qualität der Proben nachzuweisen, wenn diese nicht aufgrund des Aussehens oder bereits vorliegender Erfahrungen mit der Entnahmestelle offensichtlich bzw. bekannt sind. Das Oberflächenwasser sollte in einem gründlich gespülten Behälter transportiert werden. Während des Transports sollte die Probentemperatur die Testtemperatur nicht erheblich überschreiten. Bei einer Transportdauer von mehr als 2-3 Stunden wird eine Kühlung auf 4 °C empfohlen. Die Wasserprobe darf nicht gefroren sein.

1.8.4.
Lagerung und Vorbereitung des Oberflächenwassers

Der Test sollte vorzugsweise binnen eines Tages nach der Probenahme begonnen werden. Die ggf. erforderliche Lagerung des Wassers sollte auf ein Minimum beschränkt werden; Lagerzeiten von mehr als vier Wochen sind unter keinen Umständen annehmbar. Die Wasserprobe sollte bis zur Verwendung bei einer Temperatur von 4 °C aufbewahrt werden. Vor der Verwendung sollten grobe Teilchen entfernt werden (z. B. durch Filtration durch einen Nylonfilter mit einer Maschenweite von 100 μm oder mit einem groben Papierfilter oder durch Ausfällung).

1.8.5.
Vorbereitung von mit Sedimenten aufbereitetem Wasser (fakultativ)

Für den Test mit dem suspendierten Sediment wird ein Oberflächensediment zu den Kolben mit dem wie in Abschnitt 1.8.4 beschrieben zur Abtrennung grober Teilchen gefilterten natürlichen Wasser hinzugegeben, um eine Suspension herzustellen; die Konzentration der suspendierten Feststoffe sollte zwischen 0,01 und 1 g/l betragen. Das Oberflächensediment sollte aus der Stelle stammen, aus der auch die Wasserprobe genommen wurde. Abhängig von der jeweiligen aquatischen Umgebung kann das Oberflächensediment entweder durch einen hohen Anteil an organischem Kohlenstoff (2,5-7,5 %) und durch eine feine Textur oder durch einen geringen Anteil an organischem Kohlenstoff (0,5-2,5 %) und eine grobe Textur gekennzeichnet sein (3). Das Oberflächensediment kann wie folgt hergestellt werden: Mit einem durchsichtigen Kunststoffröhrchen werden mehrere Sedimentkerne gezogen; unmittelbar nach der Probenahme werden anschließend die oberen aeroben Schichten abgeschnitten (von der Oberfläche bis zu einer Tiefe von maximal 5 mm) und zusammengegeben. Die so hergestellte Sedimentprobe sollte in einem Behälter mit großem Luftraum transportiert werden, um die aerobe Umgebung des Sediments aufrechtzuerhalten. (Bei einer Transportdauer von mehr als 2-3 Stunden ist das Sediment auf 4 °C zu kühlen.) Die Sedimentprobe sollte dann im für den Test zu verwendenden Wasser im Verhältnis 1:10 suspendiert und bis zur Verwendung belüftet bei einer Temperatur von 4 °C gelagert werden. Die ggf. erforderliche Lagerung des Sediments sollte auf ein Minimum beschränkt werden; Lagerzeiten von mehr als vier Wochen sind unter keinen Umständen annehmbar.

1.8.6.
Semikontinuierliches Verfahren (fakultativ)

Eine längere Inkubation (über mehrere Monate) kann erforderlich sein, wenn ein erheblicher Abbau der Prüfsubstanz erst nach einer langen Verzögerung messbar ist. Wenn die Notwendigkeit einer längeren Inkubation aus früheren Tests einer Substanz bekannt ist, kann der Test mit einem semikontinuierlichen Verfahren begonnen werden, bei dem regelmäßig ein Teil des im Test verwendeten Wassers bzw. der Suspension erneuert wird (siehe Anhang 2). Alternativ kann auch der normale Batch-Test zu einem semikontinuierlichen Test abgewandelt werden, wenn binnen einer Testdauer von etwa 60 Tagen im Batch-Test (siehe Abschnitt 1.8.8.3 Absatz 2) kein Abbau der Prüfsubstanz festgestellt wurde.

1.8.7.
Zugabe der Prüfsubstanz (bzw. der Referenzsubstanz)

Bei Substanzen mit hoher Wasserlöslichkeit (> 1 mg/l) und geringer Flüchtigkeit (Henry-Konstanten < 1 Pa · m3/mol oder < 10–5 atm · m3/mol) kann eine Stammlösung in entionisiertem Wasser hergestellt werden (siehe Abschnitt 1.8.2); die jeweils erforderliche Menge der Stammlösung wird zu den Prüfgefäßen hinzugegeben, bis die gewünschte Konzentration erreicht ist. Das Volumen einer hinzugefügten Stammlösung sollte auf das geringstmögliche Maß begrenzt werden (möglichst < 10 % des endgültigen Flüssigkeitsvolumens). Ein weiteres Verfahren besteht in der Auflösung der Prüfsubstanz in einem größeren Volumen des im Test verwendeten Wassers; diese Möglichkeit kommt als Alternative zur Verwendung organischer Lösungsmittel in Betracht. Wenn zwingend erforderlich, sollten Stammlösungen nicht flüchtiger Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit unter Einsatz eines flüchtigen organischen Lösungsmittels hergestellt werden; die Menge des zum Testsystem hinzugegebenen Lösungsmittels sollte jedoch maximal 1 % (v/v) betragen und die mikrobiologische Aktivität nicht beeinträchtigen. Außerdem sollte das Lösungsmittel keine Auswirkungen auf die Stabilität der Prüfsubstanz im Wasser haben. Das Lösungsmittel sollte bis zu einem äußerst geringen Volumen so weit abgetrennt werden, dass die DOC-Konzentration des im Test verwendeten Wassers bzw. der verwendeten Suspension nicht erheblich erhöht wird. Dies sollte durch eine substanzspezifische Analyse bzw. nach Möglichkeit durch eine DOC-Analyse sichergestellt werden (6). Dabei ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Menge des übertragenen Lösungsmittels auf das absolut erforderliche Minimum begrenzt wird; außerdem muss gewährleistet sein, dass sich die vorhandene Prüfsubstanz im Endvolumen des im Test verwendeten Wassers auflösen kann. Für die Einbringung der Prüfsubstanz in die Prüfgefäße können auch andere Verfahren verwendet werden (siehe Quellen (7) und (8)). Wenn zur Einbringung der Prüfsubstanz ein organisches Lösungsmittel verwendet wird, sollten Lösungsmittelkontrollen mit dem im Test verwendeten Wasser (ohne weitere Zusätze) sowie das im Test verwendete Wasser unter Zugabe einer Referenzsubstanz in ähnlicher Weise wie die aktiven Prüfgefäße behandelt werden, zu denen die Prüfsubstanz in einem Trägerlösungsmittel hinzugegeben wurde. Mit den Lösungsmittelkontroollen sollen anhand des Abbaus der Referenzsubstanz mögliche Beeinträchtigungen der mikrobiologischen Population durch das Lösungsmittel untersucht werden.

1.8.8.
Prüfbedingungen

1.8.8.1.
Testtemperatur

Die Inkubation sollte (vorzugsweise) im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung und kontrollierter Temperatur (± 2 °C) erfolgen; dies kann die in der betreffenden Außenumgebung gegebene Temperatur oder eine Standardtemperatur von 20-25 °C sein. Die in der Außenumgebung gegebene Temperatur kann entweder die tatsächliche Probentemperatur zum Zeitpunkt der Probenahme oder eine durchschnittliche Temperatur in der Außenumgebung der Entnahmestelle sein.

1.8.8.2.
Vermischung

Durch Vermischung unter kontinuierlichem Schütteln oder Rühren muss sichergestellt werden, dass die Teilchen und Mikroorganismen suspendiert bleiben. Außerdem begünstigt die ständige Mischung den Sauerstoffeintrag aus dem Luftraum über der Flüssigkeit und somit die Aufrechterhaltung angemessener aerober Bedingungen. Dazu können die Kolben auf einen Schütteltisch (mit einer Frequenz von etwa 100 Umdrehungen pro Minute) gebracht oder mit einem Magnetrührer gerührt werden: Die Proben sind in einem kontinuierlichen Prozess zu schütteln. Das Schütteln oder Rühren muss möglichst vorsichtig erfolgen; trotzdem muss eine homogene Suspension aufrechterhalten werden.

1.8.8.3.
Testdauer

Die Testdauer sollte im Allgemeinen höchstens 60 Tage betragen, wenn nicht das semikontinuierliche Verfahren unter regelmäßiger Erneuerung der Testsuspension eingesetzt wird (siehe Abschnitt 1.8.6 und Anhang 2). Die Testdauer des Batch-Tests kann jedoch auf maximal 90 Tage ausgedehnt werden, wenn binnen der ersten 60 Tage der Abbau der Prüfsubstanz begonnen hat. Der Abbau wird in geeigneten Zeitabständen aufgrund der 14C-Restaktivität oder der gebildeten 14CO2-Menge (siehe Abschnitt 1.8.9.4) und/oder durch chemische Analyse (Abschnitt 1.8.9.5) überwacht. Die Inkubationsdauer muss so lange sein, dass der Abbauprozess bewertet werden kann. Der Abbau sollte vorzugsweise in einem Umfang von über 50 % erfolgt sein; bei langsam abbauenden Substanzen muss der Umfang des Abbaus hinreichend sein (im Allgemeinen mehr als 20 %), um die Schätzung einer Konstante der kinetischen Abbaurate zu ermöglichen. Der pH-Wert und die Sauerstoffkonzentration des Testsystems sind regelmäßig zu messen, wenn nicht aus ähnlichen Tests mit Wasser- und Sedimentproben, die aus derselben Stelle entnommen wurden, Erfahrungen vorliegen und diese Messungen daher nicht mehr erforderlich sind. Unter gewissen Bedingungen kann der Metabolismus von Primärsubstraten in stark erhöhten Konzentrationen im Wasser bzw. im Sediment dazu führen, dass so viel CO2 entwickelt und so viel Sauerstoff abgebaut wird, dass sich die Versuchsbedingungen während der Testdauer erheblich ändern.

1.8.9.
Verfahren

1.8.9.1.
Vorbereitung der Kolben für den pelagischen Test

Ein geeignetes Volumen des im Test zu verwendenden Wassers wird in die Testkolben gebracht; die Kolben sind bis zu etwa einem Drittel zu füllen. Eine Füllmenge von etwa 100 ml darf nicht unterschritten werden. Auch wenn mehrere Kolben verwendet werden (um ggf. auch den gesamten Inhalt eines Kolbens prüfen zu können), beträgt das Volumen des zu verwendenden Wassers etwa 100 ml, da sich zu geringe Probenvolumina auf die Dauer der „Lag” -Phase auswirken könnten. Die Prüfsubstanz wird aus einer Stammlösung hinzugegeben, wie in den Abschnitten 1.8.2 und 1.8.7 beschrieben. Die Prüfsubstanz sollte in mindestens zwei Konzentrationen verwendet werden, die sich mindestens um den Faktor 5 bis 10 unterscheiden; anhand dieser Konzentrationen sollte die Abbaukinetik bestimmt und die Konstante der kinetischen Abbaurate ermittelt werden. Die beiden ausgewählten Konzentrationen sollten unter 100 µg/l liegen und sich vorzugsweise im Bereich < 1-10 µg/l bewegen. Die Kolben sind mit für Luft und für CO2 undurchlässigen Stopfen oder Deckeln zu verschließen. Bei nicht flüchtigen und nicht mit 14C markierten Prüfchemikalien können lose Wattepropfen zum Schutz vor Verunreinigungen aus der Luft verwendet werden (siehe Abschnitt 1.8.1), wenn alle wichtigeren Abbauprodukte bekanntermaßen nicht flüchtig sind und wenn die CO2-Konzentration indirekt bestimmt wird (siehe Anhang 3). Die Kolben werden bei der jeweils ausgewählten Temperatur inkubiert (siehe Abschnitt 1.8.8.1). Proben zur chemischen Analyse oder für 14C-Messungen sind am Anfang des Tests zu entnehmen (d. h. noch vor Beginn des biologischen Abbaus; siehe Abschnitt 1.7.1); anschließend folgen während der Testdauer weitere Probenahmen in geeigneten Zeitabständen. Die Probenahme kann entweder durch Entnahme von Teilproben (z. B. 5-ml-Aliquoten) aus den einzelnen Wiederholungen oder durch Entnahme jeweils des gesamten Inhalts eines Kolbens bei der Probenahme erfolgen. Die Mineralisation der Prüfsubstanz kann wahlweise direkt oder indirekt bestimmt werden (siehe Anhang 3). In der Regel werden während der Abbauphase (d. h. nach Ende der „Lag” -Phase) mindestens fünf Probenahmestellen benötigt, um die Konstante der Abbaurate zuverlässig bestimmen zu können, wenn nicht bei rasch abbaubaren Substanzen begründet werden kann, dass drei Probenahmestellen hinreichend sind. Bei Substanzen, die nicht schnell abgebaut werden, können leicht weitere Messungen während der Abbauphase vorgenommen werden; daher sollten mehr Datenpunkte zur Bestimmung von k verwendet werden. Ein bestimmter zeitlicher Rahmen für die Probenahme kann nicht vorgegeben werden, da sich der biologische Abbau von Fall zu Fall unterschiedlich vollzieht; bei langsamem Abbau wird allerdings empfohlen, wöchentlich eine Probe zu entnehmen. Wenn die Prüfsubstanz rasch abbaubar ist, sollten Proben während der ersten drei Tage einmal täglich und anschließend jeden zweiten oder dritten Tag entnommen werden. Unter gewissen Umständen (z. B. bei sehr rasch hydrolysierenden Substanzen) müssen Proben unter Umständen stündlich genommen werden. Eine Vorstudie vor Durchführung des eigentlichen Tests wird empfohlen, um die geeigneten Intervalle für die Probenahme zu bestimmen. Wenn Proben für weitere spezifische Analysen verfügbar sein müssen, sollten mehr Proben entnommen und dann am Ende des Versuchs in rückläufiger Reihenfolge (d. h. die letzten Proben zuerst) die zu analysierenden Proben ausgewählt werden. (Hinweise zur Stabilität der Proben während der Lagerung sind Abschnitt 1.8.9.5 Absatz 2 zu entnehmen.).

1.8.9.2.
Anzahl der Kolben und Proben

Testkolben werden in folgendem Umfang benötigt:

Testkolben; mindestens jeweils zwei Kolben für jede Konzentration der Prüfsubstanz (vorzugsweise mindestens 3) bzw. mehrere Testkolben pro Konzentration, wenn jeweils der gesamte Kolbeninhalt als Probe genommen werden soll (Kurzbezeichnung FT);

Testkolben für die Berechnung der Massenbilanz; jeweils mindestens zwei Kolben pro Testkonzentration (Kurzbezeichnung FM);

Testkolben für die unbehandelte Blindprobe (ohne Prüfsubstanz); mindestens ein Blindproben-Testkolben ausschließlich mit dem im Test verwendeten Wasser (Kurzbezeichnung FB);

Testkolben für die Referenzkontrolle; zwei Kolben mit der Referenzsubstanz (z. B. Anilin oder Natriumbenzoat in einer Konzentration von 10 µg/l) (Kurzbezeichnung FC); mit der Referenzkontrolle soll sichergestellt werden, dass eine gewisse mikrobiologische Mindestaktivität gegeben ist. Wenn ohne Weiteres praktikabel, kann eine radioaktiv markierte Referenzsubstanz verwendet werden. Diese Möglichkeit kommt auch in Betracht, wenn der Abbau der Prüfsubstanz durch chemische Analysen überwacht werden soll);

Testkolben für die sterile Kontrolllösung; ein oder zwei Kolben mit im Test verwendetem sterilisiertem Wasser zur Untersuchung eines möglichen abiotischen Abbaus oder sonstiger nicht biologischer Abtrennungen der Prüfsubstanz (Kurzbezeichnung FS); die biologische Aktivität kann durch Autoklavieren (121 °C; 20 min) des im Test verwendeten Wassers oder durch Zugabe eines Giftstoffs (z. B. Natriumazid (NaN3) in einer Konzentration von 10-20 g/l, Quecksilberchlorid (HgCl2) in einer Konzentration von 100 mg/l oder Formalin in einer Konzentration von 100 mg/l) oder durch Gammabestrahlung beendet werden. HgCl2 sollte als Sonderabfall entsorgt werden. Bei Wasser mit starker Segmentzugabe sind sterile Bedingungen schwer herzustellen; in diesem Fall wird mehrfaches Autoklavieren (z. B. dreimal) empfohlen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich das Sorptionsverhalten durch Autoklavieren ändern kann.

Testkolben für die Lösungsmittelkontrolllösungen mit dem im Test zu verwendenden Wasser und mit dem zu verwendenden Wasser in Verbindung mit der Referenzsubstanz; jeweils zwei Kolben, die mit der gleichen Lösungsmittelmenge behandelt und demselben Verfahren unterzogen wurden, wie die Kolben mit der Prüfsubstanz; mit diesen Lösungen sollen aufgrund des Abbaus der Referenzsubstanz mögliche Beeinträchtigungen durch das Lösungsmittel bestimmt werden.

Bei der Gestaltung des Prüfprotokolls sollte die relative Bedeutung häufigerer Wiederholungen bei einer höheren Anzahl an Probenahmen berücksichtigt werden. Die genaue Anzahl der erforderlichen Kolben hängt von der jeweiligen Methode zur Messung des Abbaus ab (siehe Abschnitt 1.8.9.1 Absatz 3 und Abschnitt 1.8.9.4 sowie Anhang 3). Aus allen Testkolben sollten bei der Probenahme jeweils zwei Teilproben (z. B. 5-ml-Aliquoten) genommen werden. Wenn mehrere Kolben eingesetzt werden, um den gesamten Inhalt eines Kolbens als Probe verwenden zu können, sollten mindestens zwei Kolben pro Probenahme entnommen werden (siehe Abschnitt 1.8.9.1 Absatz 1).

1.8.9.3.
Vorbereitung der Kolben für Tests mit suspendierten Sedimenten (fakultativ)

Die erforderliche Menge des im Test zu verwendenden Wassers und das ggf. erforderliche Sediment werden zum Prüfgefäß hinzugegeben (siehe Abschnitt 1.8.5). Die Vorbereitung der Kolben für Tests mit suspendierten Sedimenten unterscheidet sich nicht von der Vorbereitung für den pelagischen Test (siehe Abschnitte 1.8.9.1 und 1.8.9.2). Vorzugsweise sind Serumflaschen oder ähnlich geformte Kolben zu verwenden. Die geschlossenen Kolben werden horizontal auf eine Schüttelvorrichtung gesetzt. Offene Kolben zur Untersuchung von nicht mit 14C markierten und nicht flüchtigen Substanzen müssen selbstverständlich aufrecht eingesetzt werden. In diesem Fall werden ein Magnetrührer sowie der Einsatz von glasbeschichteten Magnetrührstäben empfohlen. Wenn erforderlich, sind die Flaschen zu belüften, um die erforderlichen aeroben Bedingungen herzustellen.

1.8.9.4.
Radiochemische Bestimmungen

Die entstandene 14CO2-Menge wird indirekt und direkt gemessen (siehe Anhang 3). Indirekt wird der 14CO2-Anteil aufgrund der Differenz zwischen der anfänglichen 14C-Aktivität des im Test verwendeten Wassers bzw. der verwendeten Suspension und der gesamten Restaktivität zum Zeitpunkt der Probenahme bestimmt, nachdem die Probe auf einen pH-Wert von 2-3 angesäuert und das enthaltene CO2 abgetrennt wurde. Auf diese Weise wird anorganischer Kohlenstoff entfernt, und die Restaktivität ergibt sich aus dem gemessenen organischen Material. Die indirekte 14CO2-Bestimmung kommt nicht in Betracht, wenn während der Transformation der Prüfsubstanz wichtigere flüchtige Transformationsprodukte entstehen (siehe Anhang 3). Nach Möglichkeit sollte die 14CO2-Bildung direkt gemessen werden; die Messung sollte bei der Probenahme für mindestens einen Testkolben erfolgen. So können die Massenbilanz und der biologische Abbau überprüft werden; diese Vorgehensweise beschränkt sich allerdings auf Tests mit verschlossenen Kolben. Wenn das entstandene 14CO2 während des Tests direkt gemessen wird, sollten bei Beginn des Tests mehrere Kolben für diesen Zweck vorgesehen werden. Die direkte 14CO2-Bestimmung wird empfohlen, wenn während der Transformation der Prüfsubstanz wichtigere flüchtige Transformationsprodukte entstehen. Bei jeder Messung werden die zusätzlichen Testkolben auf einen pH-Wert von 2-3 angesäuert, und das 14CO2 wird in einem internen oder externen Absorber gebunden (siehe Anhang 3). Fakultativ können auch die Konzentrationen von mit 14C markierten Prüfsubstanzen sowie von wichtigeren Transformationsprodukten durch Radiochromatographie (z. B. Dünnschichtchromatographie, RAD-TLC) oder HPLC unter radiochemischem Nachweis bestimmt werden. Die Phasenverteilung der verbliebenen Radioaktivität (siehe Anhang 1) und die verbliebene Prüfsubstanz sowie die noch vorhandenen Transformationsprodukte können ebenfalls bestimmt werden. Am Ende des Tests sollte die Massenbilanz durch direkte 14CO2-Messung mit eigenen Testkolben bestimmt werden, aus denen während des Tests die benötigten Proben entnommen werden.

1.8.9.5.
Spezifische chemische Analyse

Wenn eine empfindliche spezifische Analysemethode verfügbar ist, kann der primäre biologische Abbau statt durch radioaktive Markierung auch aufgrund einer Messung der gesamten Restkonzentration der Prüfsubstanz ermittelt werden. Wird eine radioaktiv markierte Prüfsubstanz eingesetzt (um die Gesamtmineralisation zu messen), können spezifische chemische Analysen parallel durchgeführt werden, um weitere hilfreiche Informationen zu erhalten und das Verfahren bewerten zu können. Ferner können spezifische chemische Analysen zur Messung der beim Abbau der Prüfsubstanz gebildeten Transformationsprodukte eingesetzt werden; dies wird für Substanzen empfohlen, bei denen die Mineralisation mit Halbwertszeiten von über 60 Tagen erfolgt ist. Die Konzentration der Prüfsubstanz und die Transformationsprodukte sollten jeweils bei der Probenahme gemessen und protokolliert werden (als Konzentration und als Prozentanteil). Im Allgemeinen sollten die Transformationsprodukte bestimmt werden, die bei ≥ 10 % der verwendeten Konzentration jeweils bei der Probenahme nachgewiesen werden; ansonsten ist in angemessener Weise zu begründen, warum die Transformationsprodukte nicht bestimmt wurden. Transformationsprodukte, deren Konzentration während der Studie kontinuierlich ansteigt, sollten ebenfalls bestimmt werden, selbst wenn die jeweiligen Konzentrationen den genannten Höchstwert nicht überschreiten, da aus diesen Transformationsprodukten auf eine Persistenz geschlossen werden könnte. Analysen der Transformationsprodukte in sterilen Kontrolllösungen sollten in Erwägung gezogen werden, wenn eine rasche abiotische Transformation der Prüfsubstanz (z. B. durch Hydrolyse) für möglich gehalten wird. Die Notwendigkeit einer Quantifizierung und Bestimmung von Transformationsprodukten sollte im Einzelfall geprüft werden; die entsprechenden Begründungen sind zu protokollieren. Extraktionen unter Verwendung organischer Lösungsmittel sollten gemäß den Anweisungen zum betreffenden Analyseverfahren durchgeführt werden. Alle Proben sollten bei 2 bis 4 °C luftdicht gelagert werden, wenn die Analyse binnen 24 Stunden (vorzugsweise) durchgeführt wird. Für eine längere Lagerung sollten die Proben auf Temperaturen unter –18 °C gefroren oder chemisch konserviert werden. Eine Ansäuerung zur Konservierung der Proben wird nicht empfohlen, da angesäuerte Proben unter Umständen instabil sind. Wenn die Proben nicht binnen 24 Stunden analysiert und länger gelagert werden, sollte eine Untersuchung zur Stabilität unter Lagerungsbedingungen durchgeführt werden, um die Stabilität der maßgeblichen Chemikalien bei einer Temperatur von –18 °C oder bei sonstiger Konservierung der Chemikalien nachzuweisen. Erfolgt die Analyse unter Extraktion mit einem Lösungsmittel oder durch Festphasenextraktion (SPE), sollte die Extraktion unmittelbar nach der Probenahme oder nach maximal 24-stündiger Lagerung der gekühlten Probe vorgenommen werden: Je nach Empfindlichkeit der Analysemethode können größere Probenvolumina erforderlich sein als in Abschnitt 1.8.1 genannt. Der Test kann auf bequeme Weise mit Testvolumina von einem Liter in Kolben mit einem Volumen von 2-3 Litern durchgeführt werden, aus denen dann Proben mit einem Volumen von etwa 100 ml entnommen werden.

2.
DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

2.1.
BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

2.1.1.
Grafische Darstellung der Daten

Die Zeitpunkte der Probenahme sind jeweils auf volle Stunden zu runden (sofern die betreffenden Substanzen nicht binnen Minuten oder weniger Stunden abgebaut werden); eine Rundung auf Tage ist nicht zulässig. Die geschätzte Restaktivität der Prüfsubstanzen (mit 14C markierte Substanzen) bzw. die Restkonzentration (nicht markierte Substanzen) ist bezogen auf den zeitlichen Verlauf sowohl linear als auch semilogarithmisch darzustellen (siehe Abbildungen 1a und 1b). Wenn ein Abbau erfolgt ist, sind die Ergebnisse der Kolben FT mit den Ergebnissen der Kolben FS zu vergleichen. Wenn die Mittelwerte der Ergebnisse der Kolben mit der Prüfsubstanz (FT) und der sterilen Kolben (FS) um weniger als 10 % voneinander abweichen, kann davon ausgegangen werden, dass der festgestellte Abbau vorwiegend abiotisch erfolgt. Wird in den Kolben FS ein geringerer Abbau beobachtet, können die Zahlen verwendet werden, um die bei den Kolben FT ermittelten Werte zu korrigieren (durch Subtraktion) und entsprechend den Umfang des biologischen Abbaus zu schätzen. Wenn fakultative Analysen der wichtigeren Transformationsprodukte vorgenommen werden, sollten ergänzend zur grafischen Darstellung des Abbaus der Prüfsubstanz auch die Entstehung und der Abbau dieser Transformationsprodukte grafisch dargestellt werden. Die Dauer der „Lag” -Phase tL wird aufgrund der Abbaukurve (semilogarithmische Darstellung) durch Extrapolierung des linearen Abschnitts bis zum Abbau null oder alternativ durch Bestimmung der Zeit bis zu einem Abbau von etwa 10 % geschätzt (siehe Abbildungen 1a und 1b). Aus der semilogarithmischen Darstellung sind die Konstante der Rate erster Ordnung (k) sowie die betreffende Standardabweichung durch lineare Regression der ln (14C-Restaktivität oder Prüfsubstanzkonzentration) bezogen auf den zeitlichen Verlauf zu schätzen. Insbesondere bei 14C-Messungen sind ausschließlich Daten aus dem anfänglichen linearen Bereich der Kurve im Anschluss an die beendete „Lag” -Phase zu verwenden; dabei sollten vorzugsweise eher einige wenige repräsentative Daten als umfangreichere, aber unsicherere Daten ausgewählt werden. Unsicherheitsfaktoren sind unter anderem auch die der empfohlenen direkten Messung der 14C-Restaktivität inhärenten Fehler (siehe folgende Erläuterungen). Unter Umständen kann die Berechnung von zwei unterschiedlichen Konstanten für die Abbaurate erforderlich sein, wenn der Abbau in zwei Phasen erfolgt. In diesem Fall werden zwei getrennte Phasen der Abbaukurve definiert. Für die Kolben mit den einzelnen Wiederholungen sollten die Konstante der Abbaurate (k) und die Halbwertszeit (t½ = ln2/k) berechnet werden, wenn aus einem Kolben mehrere Teilproben entnommen werden; alternativ können die Durchschnittswerte verwendet werden, wenn jeweils der vollständige Inhalt eines Kolbens als Probe entnommen wird (siehe Abschnitt 1.8.9.2 letzter Absatz). Beim erstgenannten Verfahren sollten die Konstante der Abbaurate und die Halbwertszeit für alle Kolben mit den einzelnen Wiederholungen sowie ein Durchschnittswert mit einer Standardabweichung protokolliert werden. Bei hohen Prüfsubstanzkonzentrationen kann die Abbaukurve beträchtlich von einer Gerade abweichen (semilogarithmische Darstellung), und die Kinetik erster Ordnung ist unter Umständen nicht gültig. Die Definition einer Halbwertszeit wäre daher nicht sinnvoll. Für einen begrenzten Datenbereich kann jedoch die Pseudo-Kinetik erster Ordnung angenommen und die Halbwertszeit des Abbaus DT50 (Dauer bis zu einem Abbau von 50 %) geschätzt werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der zeitliche Verlauf des Abbaus über den ausgewählten Datenbereich hinaus nicht mit DT50 prognostiziert werden kann, da dieser Parameter ausschließlich einen vorgegebenen Datensatz beschreibt. Analyse-Tools zur einfacheren statistischen Berechnung und zur Kurvenanpassung sind allgemein zugänglich; der Einsatz dieser Software wird empfohlen. Wenn spezifische chemische Analysen durchgeführt werden, sind die Konstanten der Abbaurate und die Halbwertszeiten des primären Abbaus wie oben beschrieben für die Gesamtmineralisation zu schätzen. Gelegentlich können Datenpunkte aus der gesamten Abbauphase verwendet werden, wenn der Prozess durch den primären Abbau eingeschränkt wird. (Im Gegensatz zu Messungen der 14C-Aktivität werden diese Messungen direkt durchgeführt.) Wenn mit 14C markierte Substanzen verwendet werden, sollte eine Massenbilanz ausgedrückt als Prozentanteil der eingesetzten Ausgangskonzentration zumindest am Ende des Tests protokolliert werden.

2.1.2.
Restaktivität

Beim biologischen Abbau des mit 14C markierten Anteils einer organischen Substanz wird das 14C größtenteils in 14CO2 umgewandelt; ein weiterer Anteil des 14C wird beim Wachstum der Biomasse und/oder bei der Synthese extrazellulärer Metaboliten verbraucht. Entsprechend wird der Kohlenstoff auch bei biologischem „Endabbau” einer Substanz nicht zu 100 % in 14CO2 umgewandelt. Das in den durch Biosynthese gebildeten Produkten enthaltene 14C wird anschließend infolge „sekundärer Mineralisation” langsam als 14CO2 freigesetzt. Aus diesen Gründen weisen grafische Darstellungen der organischen 14C-Restaktivität (gemessen nach der Abtrennung des CO2) oder des erzeugten 14CO2 bezogen auf den zeitlichen Verlauf auch nach Abschluss des Abbaus noch „Tailings” auf. Dies erschwert die Auswertung der Daten unter kinetischen Gesichtspunkten; daher sollte im Allgemeinen nur der erste Abschnitt der Kurve (nach dem Ende der „Lag” -Phase und vor Erreichen eines Abbaus von etwa 50 %) für die Schätzung der Abbaurate-Konstante berücksichtigt werden. Beim Abbau der Prüfsubstanz ist die gesamte 14C-Restaktivität immer höher als die 14C-Aktivität in Verbindung mit der verbliebenen noch unveränderten Prüfsubstanz. Wird die Prüfsubstanz durch eine Reaktion erster Ordnung abgebaut und erfolgt eine Mineralisation einer konstanten Fraktion α in CO2, beträgt die anfängliche Steigung der 14C-Abbaukurve (Gesamtanteil an organischem 14C bezogen auf den zeitlichen Verlauf) das αfache der Steigung der entsprechenden Kurve der Prüfsubstanzkonzentration (bzw. genauer gesagt des mit 14C markierten Anteils der Prüfsubstanz). Die Konstante der Abbaurate wird ausgehend von unkorrigierten Messungen der 14C-Gesamtaktivität daher eher mit einem Sicherheitszuschlag berechnet. Verfahren zum Schätzen der Prüfsubstanzkonzentrationen aus der gemessenen radiochemischen Aktivität aufgrund verschiedener vereinfachender Annahmen wurden in der Literatur beschrieben (2)(9)(10)(11). Diese Verfahren sind bei rasch abbaubaren Substanzen am leichtesten anzuwenden.

2.2.
AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE

Wenn festgestellt wird, dass k unabhängig von der hinzugegebenen Konzentration ist (d. h. wenn die berechnete Konstante k bei unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfsubstanz etwa gleich ist), kann angenommen werden, dass die Konstante des Abbaus erster Ordnung repräsentativ für die betreffenden Testbedingungen sowie für die Wasserprobe und die Testtemperatur ist. In welchem Umfang die Ergebnisse verallgemeinert oder auf andere Systeme extrapoliert werden können, ist von Fachleuten zu beurteilen. Wenn eine hohe Prüfsubstanzkonzentration eingesetzt wird und der Abbau daher nicht nach der Kinetik erster Ordnung verläuft, können die Daten nicht zur direkten Schätzung einer Rate für den Abbau erster Ordnung oder einer entsprechenden Halbwertszeit verwendet werden. Aus einem Test mit einer hohen Prüfsubstanzkonzentration abgeleitete Daten können jedoch trotzdem für eine Schätzung des Umfangs der Gesamtmineralisation und/oder für den Nachweis und die Quantifizierung von Transformationsprodukten geeignet sein. Wenn statt des biologischen Abbaus die Raten sonstiger Verlustprozesse bekannt sind (z. B. Hydrolyse- oder Verflüchtigungsdaten), können diese Daten von der im Test festgestellten Nettoverlustrate abgezogen werden, um die Rate des biologischen Abbaus zu schätzen. Hydrolysedaten können z. B. aus sterilen Kontrollen oder aus Paralleltests mit höheren Prüfsubstanzkonzentrationen ermittelt werden. Die indirekte und die direkte Bestimmung von 14CO2 (Abschnitt 1.8.9.4 und Anhang 3) kommt ausschließlich für die Messung des Umfangs der Mineralisation der Prüfsubstanz in CO2 in Betracht. Die Analyse der Konzentrationen von mit 14C markierten Prüfsubstanzen und der Bildung wichtigerer Transformationsprodukte kann durch Radiochromatographie (RAD-TLC) oder HPLC erfolgen (Abschnitt 1.8.9.4 Absatz 3). Voraussetzung für eine direkte Schätzung der Halbwertszeit ist, dass keine wichtigeren Transformationsprodukte (definiert als ≥ 10 % der eingesetzten Menge der Prüfsubstanz) enthalten sind. Wenn wichtigere Transformationsprodukte in einem größeren Umfang als im vorstehenden Satz genannt vorkommen, ist eine detaillierte Auswertung der Daten vorzunehmen. Die detaillierte Auswertung kann Testwiederholungen und/oder Bestimmungen der Transformationsprodukte beinhalten (siehe Abschnitt 1.8.9.5 Absatz 1), wenn das Verhalten der Transformationsprodukte nicht aufgrund von Erfahrungswerten (z. B. Informationen zu den Abbauwegen) mit angemessener Zuverlässigkeit beurteilt werden kann. Da das Verhältnis des in der Prüfsubstanz enthaltenen und in CO2 umgewandelten Kohlenstoffs nicht immer gleich ist (weitgehend von der Konzentration der Prüfsubstanz und sonstiger vorhandener Substrate sowie von den Testbedingungen und den jeweiligen Mikroorganismen abhängig), lässt dieser Test (im Gegensatz zu einem DOC-Die-Away-Test) eine direkte Schätzung des biologischen Endabbaus nicht zu; das Ergebnis ist jedoch ähnlich dem Ergebnis einer Respirometer-Untersuchung. Der Umfang der Mineralisation wird entsprechend kleiner oder gleich dem Mindestumfang des biologischen Endabbaus sein. Um ein umfassenderes Bild vom biologischen Endabbau (Mineralisation und Aufnahme in die vorhandene Biomasse) zu erhalten, sollte am Ende des Tests die Phasenverteilung des 14C analysiert werden (siehe Anhang 1). Das in den vorhandenen Feststoffen enthaltene 14C beinhaltet das in die Bakterienmasse aufgenommene 14C sowie das in organische Partikel sorbierte 14C.

2.3.
VALIDITÄT DES TESTS

Wenn die Referenzsubstanz binnen des erwarteten Zeitraums nicht abgebaut wird (bei Anilin und Natriumbenzoat gewöhnlich unter zwei Wochen), ist die Validität des Tests zu bezweifeln und weiter zu überprüfen; alternativ kann der Test auch mit einer frischen Wasserprobe wiederholt werden. Bei einem ISO-Ringtest der Methode, an dem sieben europäische Labors beteiligt waren, lagen die angepassten Abbaurate-Konstanten zwischen 0,3 und 1,7 d–1 bei durchschnittlich 0,8 d–1, einer Temperatur von 20 °C und einer Standardabweichung von ±0,4 d–1 (t½ = 0,9 Tage). Typisch waren „Lag” -Phasen von 1 bis 7 Tagen. Für das untersuchte Wasser wurde eine bakterielle Biomasse von 103 — 104 KBE (koloniebildenden Einheiten) pro ml protokolliert. Die Abbauraten in nährstoffreichen mitteleuropäischen Gewässern waren höher als in nordischen oligotrophen Gewässern; dies könnte auf die unterschiedlichen Trophiezustände oder auf eine vorherige Belastung mit chemischen Stoffen zurückzuführen sein. Die Gesamtwiederfindung (Massenbilanz) am Ende des Versuchs sollte zwischen 90 % und 110 % bei radioaktiv markierten Substanzen liegen; bei nicht radioaktiv markierten Substanzen sollte die anfängliche Rückgewinnung am Anfang des Versuchs zwischen 70 % und 110 % betragen. Die angegebenen Bereiche sind als Idealbereiche zu verstehen und sollten nicht als Kriterien für die Annehmbarkeit eines Tests betrachtet werden.

3.
PRÜFBERICHT

Der Typ der Studie (z. B. pelagischer Test oder Test mit suspendiertem Sediment) ist im Prüfbericht klar anzugeben; außerdem enthält der Bericht mindestens folgende Informationen: Prüfsubstanz und Referenzsubstanz(en):

Common Names (allgemeine Bezeichnungen und Handelsnamen), systematische chemische Namen (möglichst IUPAC- und/oder CAS-Bezeichnungen), CAS-Nummern, Strukturformeln (bei Einsatz radioaktiv markierter Substanzen zur Beschreibung der Position des 14C) sowie maßgebliche physikalisch-chemische Merkmale der Prüfsubstanz und der Referenzsubstanz (siehe Abschnitte 1.5 und 1.6),

systematische chemische Namen, CAS-Nummern, Strukturformeln (bei Verwendung radioaktiv markierter Substanzen zur Beschreibung der Position des 14C) sowie maßgebliche physikalisch-chemische Merkmale der Prüfsubstanz und der Referenzsubstanz, die als Standards für den Nachweis und die Quantifizierung von Transformationsprodukten angenommen werden,

Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfsubstanzen und der Referenzsubstanzen,

radiochemische Reinheit markierter Chemikalien und (ggf.) spezifische Aktivität.

Oberflächenwasser: Für Wasserproben sind mindestens die folgenden Informationen anzugeben:

Standort und Beschreibung der Entnahmestelle möglichst einschließlich Informationen über frühere Verunreinigungen,

Datum und Zeitpunkt der Probenahme,

Nährstoffe (N gesamt; Ammonium, Nitrit, Nitrat, P gesamt; gelöstes Orthophosphat),

Tiefe der Probenahme,

Aussehen der Probe (z. B. Farbe und Trübung),

DOC und TOC,

BOD,

Temperatur und pH-Wert an der Entnahmestelle zum Zeitpunkt der Probenahme,

Sauerstoff- oder Redoxpotenzial (erforderlich nur dann, wenn die aerobe Qualität nicht offensichtlich ist),

Salzgehalt oder Leitfähigkeit (bei Meer- und Brackwasser),

suspendierte Feststoffe (bei trüben Proben),

nach Möglichkeit sonstige maßgebliche Informationen über die Entnahmestelle zum Zeitpunkt der Probenahme (z. B. aktuelle oder frühere Daten zur Fließgeschwindigkeit von Flüssen oder Meeresströmungen, in der Nähe befindliche Abwassereinleitungen und Typ der Abwässer, Witterungsbedingungen vor dem Zeitpunkt der Probenahme),

fakultativ:

mikrobiologische Biomasse (z. B. AODC (Acridine Orange Direct Count oder KBE (koloniebildende Einheiten)),

anorganischer Kohlenstoff,

Chlorophyll-a-Konzentration als spezifisches Maß für die Algenbiomasse.

Bei Tests mit suspendierten Sedimenten sollten außerdem die folgenden Informationen zu den Sedimenten angegeben werden:

Tiefe der Sedimententnahm,

Aussehen des Sediments (farbig, schlammig, schluffig oder sandig),

Textur (z. B. % grober Sand, feiner Sand, Schluff und Ton),

Trockengewicht in g/l der suspendierten Feststoffe, TOC-Konzentration oder Gewichtsverlust nach Entzündung als Maß für den Anteil an organischem Material,

pH-Wert,

Sauerstoff- oder Redoxpotenial (erforderlich nur dann, wenn die aerobe Qualität nicht offensichtlich ist).

Testbedingungen:

Zeitabstand zwischen Probenahme und Verwendung im Labortest; Dauer der Probenlagerung und Vorbereitung der Proben; Zeitpunkte der Durchführung der Tests,

Menge der verwendeten Prüfsubstanz, Testkonzentration und Referenzsubstanz,

Methode zur Einbringung der Prüfsubstanz einschließlich ggf. verwendeter Lösungsmittel,

Volumen des verwendeten Oberflächenwassers und (wenn verwendet) der Sedimente sowie jeweils zur Analyse entnommenes Probenvolumen,

Beschreibung des eingesetzten Testsystems,

wenn der Test nicht im Dunkeln durchgeführt werden muss, Informationen zur Qualität des „diffusen Lichts” ;

Informationen zu den Methoden zur Herstellung steriler Kontrollen (z. B. Temperatur, Dauer und Anzahl der Autoklavierungen),

Inkubationstemperatur,

Informationen zu Analyseverfahren und Methoden für radiochemische Messungen sowie zur Prüfung der Massenbilanz und für Messungen der Phasenverteilung (wenn durchgeführt),

Anzahl der Wiederholungen.

Ergebnisse:

Wiederfindung in Prozent (siehe Abschnitt 1.7.1),

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysemethoden einschließlich der Nachweisgrenze (LOD) und der Quantifizierungsgrenze (LOQ) (siehe Abschnitt 1.7.2),

Darstellung aller gemessenen Daten (einschließlich der Zeitpunkte der Probenahmen) sowie der berechneten Werte in Tabellen und entsprechenden Abbaukurven; für jede Testkonzentration und für jeden Kolben mit einer Wiederholungslösung sind für die logarithmische Darstellung der lineare Korrelationskoeffizient der Steigung sowie die geschätzte „Lag” -Phase und eine Konstante für die Pseudo-Rate erster Ordnung (wenn möglich) und die entsprechende Abbauzeit (bzw. die Halbwertszeit t50) anzugeben,

die entsprechenden Werte sind als Durchschnittswerte der in den einzelnen Wiederholungen festgestellten Ergebnisse zu protokollieren (z. B. Dauer der „Lag” -Phase, Konstante der Abbaurate und Abbauzeit (bzw. t50),

das System ist aufgrund der Beschaffenheit der Abbaukurve sowie unter Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen der Testkonzentration als angepasst oder als nicht angepasst zu bewerten,

Ergebnisse der Endmassenbilanz und Ergebnisse der Messungen zur Bestimmung der Phasenverteilungen (wenn vorhanden);

Anteil des mineralisierten 14C sowie — bei spezifischen Analysen — Endumfang des primären Abbaus,

(ggf.) Nachweis, Molkonzentration und Prozentanteil zugegebener wichtigerer Transformationsprodukte (siehe Abschnitt 1.8.9.5 Absatz 1),

(ggf.) angenommener Transformationsweg,

Diskussion der Ergebnisse.

4.
LITERATUR

1.
OECD TG 309 (2004) Aerobic Mineralisation in surface water — Simulation Biodegradation Test.
2.
ISO/DIS 14592-1 (1999) Water quality — Evaluation of the aerobic biodegradability of organic compounds at low concentrations — Part 1: Shake flask batch test with surface water or surface water/sediment suspensions.
3.
Prüfmethode C.23. Aerobic and anaerobic transformation in soil.
4.
Prüfmethode C.24. Aerobic and anaerobic transformation in aquatic sediments.
5.
OECD (1993). Leitlinien für die Prüfung von Chemikalien OECD, Paris.
6.
ISO 8245 (1999). Water quality — Guidelines on the determination of total organic carbon (TOC) and dissolved organic carbon (DOC).
7.
ISO 10634 (1995). Water quality — Guidance for the preparation and treatment of poorly water-soluble organic compounds for the subsequent evaluation of their biodegradability in an aqueous medium.
8.
OECD-Entwurf (2000). Guidance Document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No 22.
9.
Simkins, S. und Alexander, M. (1984). Models for mineralization kinetics with the variables of substrate concentration and population density. Appl. Environ. Microbiol. 47, S. 394-401.
10.
Ingerslev, F. und N. Nyholm. (2000). Shake-flask test for determination of biodegradation rates of 14C-labeled chemicals at low concentrations in surface water systems. Ecotoxicol. Environ. Saf. 45, S. 274-283.
11.
ISO/CD 14592-1 (1999). Ring test report: Water Quality — Evaluation of the aerobic biodegradability of organic compounds at low concentrations part 1 — report of 1998/1999 ring-test. Shake flask batch test with surface water or surface water/sediment suspensions.

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