Artikel 29 VO (EG) 94/2100
Erteilung von Zwangslizenzen
(1) Das Amt gewährt einer oder mehreren Personen auf Antrag Zwangslizenzen, jedoch nur aus Gründen des „öffentlichen Interesses” , und wenn der Verwaltungsrat gemäß Artikel 36 konsultiert wurde.
(2) Auf Antrag eines Mitgliedstaats, der Kommission oder einer auf Gemeinschaftsebene arbeitenden Organisation, die von der Kommission registriert ist, kann eine Zwangslizenz entweder einer Gruppe von Personen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, oder einem Einzelnen innerhalb eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder gemeinschaftsweit gewährt werden. Die Zwangslizenz darf nur aus Gründen des öffentlichen Interesses gewährt werden, und wenn der Verwaltungsrat zugestimmt hat.
(3) Das Amt legt bei Gewährung der Zwangslizenz im Rahmen der Absätze 1, 2, 5 oder 5a die Art der davon erfassten Rechte und der zugehörigen angemessenen Bedingungen sowie die besonderen Anforderungen gemäß Absatz 2 fest. Die angemessenen Bedingungen müssen die Interessen aller Inhaber von Sortenschutzrechten berücksichtigen, die von der Gewährung der Zwangslizenz betroffen wären. Die angemessenen Bedingungen können eine mögliche zeitliche Begrenzung oder die Zahlung einer angemessenen Lizenz als geeigneter Vergütung an den Inhaber umfassen sowie bestimmte Verpflichtungen, die zu erfüllen sind, damit die Zwangslizenz genutzt werden kann.
(4) Bei Ablauf jedes Jahres nach der Gewährung der Zwangslizenz gemäß den Absätzen 1, 2, 5 oder 5a und im Rahmen der in Absatz 3 genannten möglichen zeitlichen Begrenzung kann jede der beteiligten Parteien beantragen, dass die Entscheidung über die Gewährung der Zwangslizenz aufgehoben oder geändert wird. Solch ein Antrag kann nur darauf gestützt werden, dass sich die Umstände, unter denen die Entscheidung getroffen wurde, in der Zwischenzeit geändert haben.
(5) Eine Zwangslizenz kann dem Inhaber auf Antrag für eine im Wesentlichen abgeleitete Sorte gewährt werden, wenn die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllt sind. Die angemessenen Bedingungen gemäß Absatz 3 umfassen die Zahlung einer angemessenen Lizenz als geeigneter Vergütung an den Inhaber der Ausgangssorte.
(5a) Dem Inhaber eines Patents für eine biotechnologische Erfindung wird auf Antrag eine Zwangslizenz für die nicht ausschließliche Nutzung einer geschützten Pflanzensorte gemäß Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie 98/44/EG gegen Zahlung einer angemessenen Lizenz als geeigneter Vergütung unter der Voraussetzung erteilt, dass der Patentinhaber Folgendes nachweisen kann:
- i)
- er hat den Inhaber des Sortenschutzrechts vergeblich um Erteilung einer vertraglichen Lizenz ersucht und
- ii)
- die Erfindung stellt einen bedeutenden technischen Fortschritt von erheblichem wirtschaftlichem Interesse gegenüber der geschützten Pflanzensorte dar.
Wurde einem Inhaber eine Zwangslizenz gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 98/44/EG für die nicht ausschließliche Nutzung einer patentierten Erfindung erteilt, damit er in der Lage ist, sein gemeinschaftliches Sortenschutzrecht zu erwerben oder zu verwerten, so wird dem Patentinhaber dieser Erfindung auf Antrag zu angemessenen Bedingungen eine nicht ausschließliche gegenseitige Zwangslizenz zur Verwertung der Sorte erteilt.
Der Geltungsbereich der Lizenz oder der gegenseitigen Lizenz im Sinne dieses Absatzes ist auf die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, in denen ein gültiges Patent für dasselbe Sachgebiet besteht, beschränkt.
(6) Die Durchführungsvorschriften gemäß Artikel 114 können bestimmte andere Beispiele der in den Absätzen 1, 2 und 5a genannten Lizenzen des öffentlichen Interesses anführen und legen darüber hinaus genaue Angaben über die Umsetzung der Bestimmungen der Absätze 1 bis 5a fest.
(7) Die Mitgliedstaaten können keine Zwangslizenzen an einem gemeinschaftlichen Sortenschutzrecht gewähren.
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