Präambel VO (EG) 95/3051

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 84 Absatz 2,

gestützt auf den geänderten Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem Verfahren des Artikel 189c des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die Gemeinschaft ist tief betroffen von den Schiffsunfällen, bei denen Menschen ums Leben kamen.

Am 4. November 1993 wurde der Internationale Code für Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs und zur Verhütung der Meeresverschmutzung, nachstehend „ISM-Code” genannt, in Anwesenheit der Mitgliedstaaten von der Internationalen Seeschiffahrtsorganisation (CIMO) durch Entschließung A.741(18) vom 4. November 1993 angenommen. Durch seine Aufnahme in das Internationale Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See wird er ab dem 1. Juli 1998 auf Ro-Ro-Fahrgastschiffe Anwendung finden.

Dies ist eine von mehreren Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit auf See. Der ISM-Code ist seiner Natur nach nicht rechtsverbindlich, es handelt sich lediglich um eine Empfehlung.

Die Sicherheit des menschlichen Lebens auf See kann durch eine strenge und verbindliche Anwendung des ISM-Codes nachhaltig verbessert werden.

Für die Gemeinschaft hat die sichere Betriebsführung von Roll-on/Roll-off-Fahrgastfährschiffen (Ro-Ro-Fähren) absolute Priorität. Die einheitliche und kohärente Durchführung der ISM-Codes in allen Mitgliedstaaten kann einen Schritt in Richtung auf den sicheren Schiffsbetrieb von Ro-Ro-Fähren darstellen.

In seiner Entschließung vom 22. Dezember 1994 über die Sicherheit von Ro-Ro-Fähren(4) hat der Rat die Kommission ersucht, einen Vorschlag zur unterbreiten, damit der ISM-Code nach Maßgabe des Völkerrechts auf sämtliche Ro-Ro-Fähren im Linienverkehr zwischen europäischen Häfen vorzeitig und zwingend angewandt wird.

Eine strenge und verbindliche Anwendung des ISM-Codes ist erforderlich, um sicherzustellen, daß Unternehmen, die Ro-Ro-Fähren im Seeverkehr betreiben, im bordseitigen wie auch im landseitigen Betriebsteil ein System für die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen einrichten und vorschriftsmäßig aufrechterhalten.

Ein Vorgehen auf Gemeinschaftsebene ist am ehesten geeignet, die zwingende und vorzeitige Durchführung des ISM-Codes und eine wirksame Kontrolle seiner Anwendung zu gewährleisten und gleichzeitig eine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen Gemeinschaftshäfen und zwischen Ro-Ro-Fähren zu vermeiden. Nur eine Verordnung, die unmittelbar anwendbar ist, kann eine solche Durchführung sicherstellen. Zur vorzeitigen Durchführung ist es erforderlich, daß die Verordnung ab dem 1. Juli 1996 gilt.

Bei der zwingenden und vorzeitigen Anwendung des ISM-Codes auf alle Ro-Ro-Fähren unabhängig von deren Flagge wird auch berücksichtigt, daß unter Nummer 2 der IMO-Entschließung A.741(18) die Regierungen nachdrücklich um eine möglichst rasche Anwendung des ISM-Codes mit Vorrang unter anderem für Passagierschiffe ersucht werden.

Für die Sicherheit der Schiffe sind in erster Linie die Flaggenstaaten verantwortlich; die Mitgliedstaaten sind in der Lage sicherzustellen, daß die Fähren unter ihrer Flagge und die sie betreibenden Unternehmen angemessene Vorschriften für den sicheren Schiffsbetrieb erfüllen. Die Sicherheit aller Ro-Ro-Fähren, unabhängig von deren Flagge, die einen Linienverkehr von Häfen der Mitgliedstaaten aus durchführen oder durchzuführen wünschen, kann indessen nur gewährleistet werden, wenn die Mitgliedstaaten die nachweisliche Erfüllung der Sicherheitsvorschriften zur Voraussetzung für den Betrieb eines Linienverkehrs von ihren Häfen aus machen.

Unternehmen, die Ro-Ro-Fähren ausschließlich in geschützten Gewässern zwischen Häfen desselben Mitgliedstaats betreiben, stellen ein begrenzteres Risiko dar und müßten einen im Verhältnis größeren Verwaltungsaufwand auf sich nehmen als andere Unternehmen; für sie sollte daher eine einstweilige Ausnahmeregelung gelten.

Es ist erforderlich, die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen die Vorschriften des ISM-Codes umgesetzt werden, und die Bedingungen für die Ausstellung und Überprüfung des Zeugnisses über die Erfüllung der einschlägigen Vorschriften und des Zeugnisses über die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen festzulegen.

Die Mitgliedstaaten könnten es als erforderlich erachten, die Erfüllung ihrer Pflichten aus dieser Verordnung Fachorganisationen zu übertragen oder diese hinzuzuziehen. Um ein einheitliches und angemessenes Kontrollniveau zu gewährleisten, ist zu verlangen, daß es sich dabei nur um die Fachorganisationen handelt, die den Anforderungen der Richtlinie 94/57/EG des Rates vom 22. November 1994 über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden(5) entsprechen.

Ein Mitgliedstaat muß die Möglichkeit haben, den Betrieb bestimmter Ro-Ro-Fähren, die von seinen Häfen auslaufen, auszusetzen, wenn bei diesen Schiffen seiner Auffassung nach das Risiko einer ernsten Gefahr für das Leben von Menschen, das Eigentum oder die Umwelt besteht; dies gilt vorbehaltlich einer im Rahmen eines Regelungsausschusses zu treffenden Entscheidung, nach der die Mitgliedstaaten sich richten müssen.

Ein vereinfachtes Verfahren unter Beteiligung eines Regelungsausschusses ist notwendig, damit die Verordnung unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf internationaler Ebene angepaßt werden kann.

Die schnelle Einführung dieser Sicherheitsvorschriften bringt für Griechenland wegen der sehr großen Zahl von dort niedergelassenen Gesellschaften, die Fahrgastfährschiffe unter griechischer Flagge ausschließlich zwischen griechischen Häfen betrieben, besondere technische und administrative Probleme mit sich. Hierfür sollte deshalb eine zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung vorgesehen werden, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, daß Linienpassagier- und -fährdienste zwischen griechischen Häfen bis zum 1. Januar 2004 von der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage)(6) eingeführten Dienstleistungsfreiheit ausgenommen sind —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. C 298 vom 11. 11. 1995, S. 23, und der am 15. Juni 1995 übermittelte Änderungsvorschlag (ABl. Nr. C 298 vom 11. 11. 1995, S. 31).

(2)

ABl. Nr. C 236 vom 11. 9. 1995, S. 42.

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 1995 (ABl. Nr. C 166 vom 3. 7. 1995, S. 55), gemeinsamer Standpunkt vom 28. September 1995 (ABl. Nr. C 297 vom 10. 11. 1995, S. 1) und Beschluß des Europäischen Parlaments vom 29. November 1995 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)

ABl. Nr. C 379 vom 31. 12. 1994, S. 8.

(5)

ABl. Nr. L 319 vom 12. 12. 1994, S. 20.

(6)

ABl. Nr. L 364 vom 12. 12. 1992, S. 7.

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