Präambel VO (EG) 96/2200

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 42 und 43,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Infolge des Zusammenwirkens verschiedener veränderter Gegebenheiten befindet sich der Obst- und Gemüsesektor gegenwärtig in einer neuen Lage, an die sich die Erzeuger anpassen müssen. Daher ist eine Neuausrichtung der Grundregeln der gemeinsamen Marktorganisationen für diesen Sektor gerechtfertigt. Da diese gemeinsame Marktorganisation seit ihrer Einführung zahlreiche Änderungen erfahren hat, sollte aus Gründen der Übersichtlichkeit eine neue Verordnung erlassen werden.
(2)
Es ist angebracht, die wesentlichen Bestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr. 3285/83 des Rates vom 14. November 1983 zur Festlegung der Grundregeln für die Ausdehnung bestimmter von den Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse erlassenen Vorschriften(4), (EWG) Nr. 1319/85 des Rates vom 23. Mai 1985 zur Verstärkung der Kontrollen der Anwendung der Gemeinschaftsregelung für Obst und Gemüse(5), (EWG) Nr. 2240/88 des Rates vom 19. Juli 1988 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zu Artikel 16b der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse hinsichtlich Pfirsichen, Zitronen und Orangen(6), (EWG) Nr. 1121/89 des Rates vom 27. April 1989 zur Einführung von Interventionsschwellen für Äpfel und Blumenkohl(7) und Nr. 1198/90 des Rates vom 7. Mai 1990 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Zitruskartei(8) in die neue Verordnung zu übernehmen. Daher sind die genannten Verordnungen aufzuheben.
(3)
Zweck der Einstufung der Erzeugnisse nach gemeinschaftlichen verbindlichen Normen für Obst und Gemüse für den innergemeinschaftlichen Handel und die Ausfuhr nach dritten Ländern ist es einerseits, lauteren Handel und Markttransparenz sicherzustellen, und andererseits, von diesem Markt Erzeugnisse fernzuhalten, deren Qualität unzureichend ist. Die Einhaltung dieser Normen leistet somit einen Beitrag zur Steigerung der Rentabilität der Erzeugung.
(4)
Der Einfachheit halber sollten Normen für Obst und Gemüse, die für den Markt von einer bestimmten Bedeutung sind, festgelegt werden, wobei die im Rahmen der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UN-ECE) festgesetzten Normen zu berücksichtigen sind. Die Bedingungen für die Anpassung der internationalen Normen an die spezifischen Erfordernisse der Gemeinschaft sollten geschaffen werden.
(5)
Die Normung kann sich nur dann voll auswirken, wenn sie, von Ausnahmen abgesehen, auf allen Stufen der Vermarktung und bereits in der Erzeugungsregion angewandt wird. Für eine Reihe von Transaktionen, die entweder sehr selten bzw. punktuell oder am Beginn des Vermarktungswegs oder bei zur Verarbeitung bestimmten Erzeugnissen getätigt werden, sollten jedoch Ausnahmen möglich sein. Der Möglichkeit einer Versorgungsknappheit oder eines außergewöhnlich reichhaltigen Angebots ist ebenfalls Rechnung zu tragen. Zur Sicherstellung der durch die Normen geforderten Qualität muß der Besitzer der Erzeugnisse für die Einhaltung der Normen verantwortlich sein. Die Anforderungen, die der Verbraucher an die Eigenschaften von Obst und Gemüse stellt, machen es insbesondere notwendig, daß auf den Etiketten der Ursprung des Erzeugnisses, bis zum Einzelhändler einschließlich, nachvollziehbar ist.
(6)
Die Erzeugung und Vermarktung von Obst und Gemüse muß den ökologischen Belangen, sowohl bei den Anbauverfahren als auch bei der Handhabung der verwendeten Materialien sowie bei der Beseitigung der aus der Produktion genommenen Erzeugnisse Rechnung tragen, insbesondere was den Gewässerschutz, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Landschaftspflege anbelangt.
(7)
Die Erzeugerorganisationen als Träger der gemeinsamen Marktorganisation gewährleisten deren dezentrales Funktionieren. Angesichts einer immer stärkeren Konzentration der Nachfrage erweist sich die Bündelung des Angebots durch diese Organisationen mehr denn je als wirtschaftlich notwendig, um die Marktstellung der Erzeuger zu stärken. Diese Bündelung soll auf freiwilliger Basis erfolgen und sich dank des Umfangs und der Effizienz der Dienste, die eine Erzeugerorganisation ihren Mitgliedern bieten kann, als zweckmäßig erweisen. Die Lieferungen von Erzeugnissen an spezialisierte Erzeugerorganisationen, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung bestanden, werden davon nicht berührt.
(8)
Als Voraussetzung für die Anerkennung durch den Mitgliedstaat muß eine Erzeugerorganisation, die zur Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Marktorganisation beitragen soll, eine Reihe von Bedingungen erfüllen, die sie sich selbst und ihren Mitgliedern in ihrer Satzung auferlegt. Erzeugergruppierungen, die als Erzeugerorganisationen im Sinne dieser Verordnung anerkannt werden möchten, sollten eine Übergangszeit erhalten, während derer ihnen eine gemeinschaftliche oder einzelstaatliche Unterstützung gewährt werden kann, sofern diese Gruppierungen die ihnen selbst auferlegten Verpflichtungen erfüllen.
(9)
Es sollte eine Übergangszeit für die Erzeugerorganisationen vorgesehen werden, die bereits als solche gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72(9) anerkannt sind, jedoch die Anerkennungsbedingungen gemäß der vorliegenden Verordnung nicht sofort erfüllen können. Solche Organisationen müssen sich als umstellungsfähig erweisen.
(10)
Damit das Verantwortungsbewußtsein der Erzeugerorganisationen vor allem hinsichtlich ihrer finanziellen Entscheidungen gestärkt wird und die ihnen gewährten öffentlichen Mittel für zukunftsweisende Aufgaben eingesetzt werden, sollten die Bedingungen für die Verwendung dieser Mittel festgelegt werden. Dafür bietet sich die Kofinanzierung der von den Erzeugerorganisationen eingerichteten Betriebsfonds an.
(11)
Die Existenzsicherung und das reibungslose Funktionieren der Betriebsfonds erfordern, daß die Erzeugerorganisationen die gesamte betroffene Produktion ihrer Mitglieder übernehmen.
(12)
Zur Eindämmung der Gemeinschaftsausgaben darf die Beihilfe für die Erzeugerorganisationen, die einen Betriebsfonds einrichten, einen bestimmten Höchstbetrag nicht überschreiten.
(13)
In Regionen, in denen die Erzeuger nur in geringem Umfang organisiert sind, sollten zusätzliche, einzelstaatliche Finanzbeihilfen gewährt werden dürfen. Im Falle von strukturell besonders benachteiligten Mitgliedstaaten sollte die Gemeinschaft diese Beihilfen im Wege des gemeinschaftlichen Förderkonzepts zurückerstatten können.
(14)
Zur weiteren Stärkung der Arbeit der Erzeugerorganisationen bzw. ihrer Vereinigungen und zur erwünschten Stabilisierung des Marktes sollten die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, die von den Erzeugerorganisationen oder deren Vereinigungen einer Region für ihre Mitglieder erlassenen Regeln, insbesondere hinsichtlich der Erzeugung, der Vermarktung und des Umweltschutzes, unter bestimmten Bedingungen auf alle ihr nicht angeschlossene Erzeuger der betreffenden Region ausdehnen zu können. Bestimmte mit der Ausdehnung dieser Regelung zusammenhängende Kosten sollten unter Beibringung von Belegen den betreffenden Erzeugern in Rechnung gestellt werden können, wenn ihnen diese Regeln zugute kommen.
(15)
Branchenverbände, die auf Betreiben einzelner oder bereits zusammengeschlossener Wirtschaftsteilnehmer gegründet wurden und einen wesentlichen Teil verschiedener Teilbereiche des Obst- und Gemüsesektors umfassen, dürften dazu beitragen, den Marktverhältnissen besser Rechnung zu tragen und die Entwicklung wirtschaftlicher Verhaltensweisen zu fördern, um Kenntnis und Organisation der Erzeugung, Aufmachung und Vermarktung der Erzeugnisse zu verbessern. Da die Arbeit dieser Branchenverbände allgemein der Verwirklichung der Ziele des Artikels 39 des Vertrages und insbesondere dieser Verordnung dienen können, empfiehlt es sich nach Festlegung der betreffenden Aufgaben, daß die Mitgliedstaaten diejenigen Verbände besonders anerkennen können, die den Nachweis einer hinreichenden Repräsentativität erbringen und an der Verwirklichung der vorgenannten Ziele arbeiten. Die Bestimmungen über die Ausdehnung der von den Erzeugerorganisationen oder ihren Vereinigungen erlassenen Regeln und die Aufteilung der mit dieser Ausdehnung verbundenen Kosten sollten aufgrund der Ähnlichkeit der verfolgten Ziele auch branchenübergreifend gelten.
(16)
Zur Stabilisierung der Notierungen sollten die Erzeugerorganisationen am Markt tätig werden können und insbesondere entscheiden dürfen, daß bestimmte Erzeugnismengen zu bestimmten Zeiten nicht in Verkehr gebracht werden. Auf diese Rücknahmen soll jedoch nicht als Vermarktungsalternative ausgewichen werden können. Ihre Gemeinschaftsfinanzierung sollte daher nur für einen bestimmten Teil der Erzeugung sichergestellt und auf eine geringe gemeinschaftliche Entschädigung begrenzt werden, unbeschadet der Verwendung von Betriebsfondsmitteln für diesen Zweck. Der Einfachheit halber sollte eine einheitliche, lineare Gemeinschaftsentschädigung für jedes Erzeugnis gewährt werden. Um für alle Erzeugnisse den gleichen Rückgang zu erzielen, sind gewisse Differenzierungen erforderlich.
(17)
Die Interventionsmaßnahmen können sich nur dann voll auswirken, wenn die aus dem Markt genommenen Erzeugnisse dem gewöhnlichen Marktkreislauf dieser Erzeugnisse nicht wieder zugeführt werden. Um die Vernichtung der zurückgenommenen Erzeugnisse so weit wie möglich zu vermeiden, sollten verschiedene Arten von Bestimmungen oder Verwendungen festgesetzt werden, die diese Bedingung erfüllen.
(18)
Dank der neuen Verwaltung der Rücknahmen können zugleich die geltenden Bestimmungen hinsichtlich der Auswirkungen der Schwellenüberschreitung abgeschafft werden. Es empfiehlt sich jedoch, sie im Grundsatz vorübergehend beizubehalten und die Kommission zu ermächtigen, sie erforderlichenfalls anzuwenden.
(19)
Die Verordnung (EG) Nr. 3290/94(10) sieht erforderliche Anpassungen und Übergangsmaßnahmen im Agrarsektor zur Anwendung der im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde geschlossenen Übereinkommen vor, insbesondere hinsichtlich der neuen Regelung des Handels mit dritten Ländern im Sektor Obst und Gemüse. Die Bestimmungen des Anhangs XIII der genannten Verordnung wurden in diese Verordnung übernommen. Werden jedoch zur Verarbeitung bestimmte Erzeugnisse in die Gemeinschaft eingeführt, so handelt es sich nicht um Konsignationsware. In diesem Fall sollte der Einfuhrpreis anhand anderer Kriterien als anhand des pauschalen Einfuhrwertes festgelegt werden können. Es empfiehlt sich, die betreffende Bestimmung zu ergänzen.
(20)
Die Regeln der gemeinsamen Marktorganisation sind von allen Wirtschaftsteilnehmern, für die sie gelten, zu erfüllen, wenn nicht die Wirkung der genannten Regeln mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, sie es hinsichtlich der Verwendung der öffentlichen Mittel, sei es hinsichtlich des Wettbewerbs der Wirtschaftsteilnehmer untereinander, verfälscht werden soll. Daher sollte eine besondere gemeinschaftliche Inspektorengruppe für den Sektor eingesetzt werden. Aus haushaltstechnischen Gründen und der Effizienz halber sollte sich diese Inspektorengruppe aus Beamten der Kommission und gegebenenfalls anderen Bediensteten zusammensetzen. Es müssen ferner gemeinschaftliche Sanktionen vorgesehen werden, um sicherzustellen, daß die neue Regelung gemeinschaftsweit einheitlich angewandt wird.
(21)
Unabdingbare Voraussetzung für eine effiziente Marktverwaltung ist die genaue Kenntnis des Marktes. Daher sollten entsprechende Maßnahmen getroffen werden.
(22)
Das Funktionieren des Binnenmarktes würde durch die Gewährung bestimmter Beihilfen beeinträchtigt. Daher sollten die Bestimmungen des Vertrages, die eine Prüfung der von den Mitgliedstaaten gewährten Beihilfen sowie ein Verbot der mit dem Gemeinsamen Markt nicht zu vereinbarenden Beihilfen ermöglichen, auf den dieser Verordnung unterfallenden Sektor angewandt werden können.
(23)
Die gemeinsame Marktorganisation dieses Sektors sollte zugleich in geeigneter Weise den Zielen der Artikel 39 und 110 des Vertrages Rechnung tragen.
(24)
Zur einfacheren Durchführung der Vorschriften dieser Verordnung sollte ein Verfahren vorgesehen werden, das eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen eines Verwaltungsausschusses herbeiführt.
(25)
Angesichts der besonders ungünstigen Lage des Haselnußsektors muß für während der Wirtschaftsjahre 1997/98, 1998/99 und 1999/2000 geerntete Haselnüsse eine Pauschalbeihilfe gewährt werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. C 52 vom 21. 2. 1996, S. 1.

(2)

ABl. Nr. C 96 vom 1. 4. 1996, S. 269.

(3)

ABl. Nr. C 82 vom 19. 3. 1996, S. 21.

(4)

ABl. Nr. L 325 vom 22. 11. 1983, S. 8. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 220/92 (ABl. Nr. L 24 vom 1. 2. 1992, S. 7).

(5)

ABl. Nr. L 137 vom 27. 5. 1985, S. 39. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 404/93 (ABl. Nr. L 47 vom 25. 2. 1993, S. 1).

(6)

ABl. Nr. L 198 vom 26. 7. 1988, S. 9. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1327/95 (ABl. Nr. L 128 vom 13. 6. 1995, S. 8).

(7)

ABl. Nr. L 118 vom 29. 4. 1989, S. 21. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1327/95.

(8)

ABl. Nr. L 119 vom 11. 5. 1990, S. 59.

(9)

Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (ABl. Nr. L 118 vom 20. 5. 1972, S. 1). Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1363/95 (ABl. Nr. L 132 vom 16. 6. 1995, S. 8).

(10)

ABl. Nr. L 349 vom 31. 12. 1994, S. 105. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1193/96 (ABl. Nr. L 161 vom 29. 6. 1996, S. 1).

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