Präambel VO (EG) 96/385

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 113,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Nach multilateralen Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde am 21. Dezember 1994 das „Übereinkommen über die Einhaltung normaler Wettbewerbsbedingungen in der gewerblichen Schiffbau- und Schiffsreparatur-industrie” (im folgenden „Schiffbau-Übereinkommen” genannt) geschlossen.
(2)
In dem Schiffbau-Übereinkommen wurde anerkannt, daß wegen der besonderen Merkmale der Kaufgeschäfte bei Schiffen die Ausgleichs- und Antidumpingzölle, die in Artikel VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) 1994, in dem Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen und in dem Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des GATT 1994 im Anhang des Abkommens über die Errichtung der Welthandelsorganisation vorgesehen sind, in der Praxis nicht anwendbar sind. Angesichts der Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz gegen Verkäufe von Schiffen unter ihrem Normalwert, die eine Schädigung verursachen, vorzusehen, wurde der Kodex gegen schädigende Preisgestaltung im Schiffbau (im folgenden „IPI-Kodex” genannt) vereinbart, der zusammen mit den entsprechenden Grundsätzen Anhang III des Schiffbau-Übereinkommens bildet.
(3)
Der IPI-Kodex stützt sich hauptsächlich auf das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des GATT 1994, weicht aber davon ab, wenn dies durch die besondere Natur der Kaufgeschäfte bei Schiffen gerechtfertigt ist. Es empfiehlt sich daher, die Bestimmungen des IPI-Kodex in Gemeinschaftsrecht umzusetzen, soweit möglich auf der Grundlage des Wortlauts der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern(3).
(4)
Das Schiffbau-Übereinkommen und die darauf beruhenden Rechtsvorschriften sind für das Gemeinschaftsrecht von wesentlicher Bedeutung.
(5)
Zur Aufrechterhaltung des durch das Schiffbau-Übereinkommen hergestellten Gleichgewichts der Rechte und Pflichten sollte die Gemeinschaft Maßnahmen gegen jede schädigende Preisgestaltung im Schiffbau ergreifen, da der Verkauf von Schiffen unter ihrem Normalwert dem betreffenden Wirtschaftszweig der Gemeinschaft Schaden zufügt.
(6)
Was die Werften einer Vertragspartei des Schiffbau-Übereinkommens betrifft, so kann die Gemeinschaft nur dann eine Untersuchung über den Verkauf eines Schiffes einleiten, wenn der Käufer ein Gemeinschaftskäufer ist und sofern es sich nicht um ein Kriegsschiff handelt.
(7)
Es sollten klare und ausführliche Regeln für die Ermittlung des Normalwertes festgelegt werden; insbesondere sollte sich die Ermittlung, soweit möglich, auf einen repräsentativen Verkauf eines gleichartigen Schiffs im normalen Handelsverkehr im Ausfuhrland stützen. Es ist zweckmäßig zu definieren, unter welchen Umständen ein Inlandsverkauf als mit Verlust getätigt angesehen und nicht berücksichtigt und der Verkauf eines gleichartigen Schiffs an ein Drittland oder der rechnerisch ermittelte Normalwert zugrunde gelegt werden kann. Ferner sollte eine angemessene Verteilung der Kosten, einschließlich in Situationen der Produktionsaufnahme, vorgesehen werden. Bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwertes ist es ferner notwendig, die Methode anzugeben, die für die Bestimmung der Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und den Gewinn anzuwenden ist, der in diesem Normalwert enthalten sein muß.
(8)
Um das neue Instrument zur Bekämpfung schädigender Preisgestaltung korrekt anwenden zu können, muß die Kommission die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um in den großen Mischkonzernen bzw. Holding-Gesellschaften der Drittländer die Rechtmäßigkeit der Verbuchung kostenmindernder Faktoren bei der Beurteilung der Zusammensetzung der Gestehungskosten zu überprüfen.
(9)
Bei der Ermittlung des Normalwertes für Länder ohne Marktwirtschaft erscheint es zweckmäßig, Regeln für die Wahl des geeigneten Drittlandes mit Marktwirtschaft festzulegen, das zu diesem Zweck heranzuziehen ist, und für den Fall, daß ein angemessenes Drittland nicht ermittelt werden kann, vorzusehen, daß der Normalwert auf andere angemessene Weise bestimmt werden kann.
(10)
Es ist der Begriff „Ausfuhrpreis” zu definieren und anzugeben, welche Berichtigungen in den Fällen vorzunehmen sind, in denen dieser Preis unter Zugrundelegung des ersten Preises am freien Markt errechnet werden muß.
(11)
Um einen gerechten Vergleich zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert zu ermöglichen, sollten die Faktoren einschließlich der Vertragsstrafen aufgelistet werden, die die Preise und die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen können.
(12)
Es sind klare und ausführliche Leitlinien für die Faktoren festzulegen, die für die Feststellung ausschlaggebend sein können, ob der Verkauf, der Gegenstand der schädigenden Preisgestaltung ist, eine bedeutende Schädigung verursacht hat oder eine Schädigung zu verursachen droht. Bei dem Nachweis, daß der Preis des betreffenden Verkaufs für die Schädigung eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verantwortlich ist, sollten die Auswirkungen anderer Faktoren und insbesondere die jeweiligen Marktbedingungen in der Gemeinschaft berücksichtigt werden.
(13)
Es empfiehlt sich, den Begriff „Wirtschaftszweig der Gemeinschaft” in bezug auf die Fähigkeit, ein gleichartiges Schiff zu bauen, zu definieren und vorzusehen, daß die mit Ausführern verbundenen Parteien aus dem Wirtschaftszweig ausgeschlossen werden können; der Begriff „verbunden” ist zu definieren.
(14)
Es ist festzulegen, welche formellen und materiellen Voraussetzungen für die Stellung eines Antrags wegen schädigender Preisgestaltung zu erfüllen sind, inwieweit dieser von dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft unterstützt werden sollte und welche Informationen dieser Antrag über den Käufer des Schiffes, die schädigende Preisgestaltung, die Schädigung und den ursächlichen Zusammenhang enthalten sollte. Außerdem sind die Verfahren für die Ablehnung von Anträgen oder die Einleitung einer Untersuchung festzulegen.
(15)
Ist der Käufer eines Schiffes, das Gegenstand einer schädigenden Preisbildung ist, im Gebiet einer anderen Vertragspartei des Schiffbau-Übereinkommens niedergelassen, so kann der Antrag auch ein Ersuchen um Einleitung einer Untersuchung durch die Behörden dieser Vertragspartei enthalten. Dieses Ersuchen wird den Behörden dieser Vertragspartei übermittelt, soweit es gerechtfertigt ist.
(16)
Eine Untersuchung kann gegebenenfalls auch auf schriftlichen Antrag der Behörden einer Vertragspartei des Schiffbau-Übereinkommens nach Maßgabe dieser Verordnung und unter den im Schiffbau-Übereinkommen vorgesehenen Voraussetzungen eingeleitet werden.
(17)
Es ist festzulegen, wie die interessierten Parteien davon unterrichtet werden, welche Informationen die Behörden benötigen, wie ihnen ausreichend Gelegenheit gegeben wird, alle einschlägigen Beweise vorzulegen, und wie sie uneingeschränkt Gelegenheit erhalten, ihre Interessen zu verteidigen. Außerdem sind die Regeln und Verfahren klar festzulegen, die bei der Untersuchung einzuhalten sind, insbesondere, daß interessierte Parteien innerhalb bestimmter Fristen sich selbst melden, ihren Standpunkt darlegen und ihre Informationen vorlegen müssen, wenn diese Standpunkte und Informationen berücksichtigt werden sollen. Ferner sollte festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen eine interessierte Partei Zugang zu Informationen anderer interessierter Parteien erhalten und zu den Informationen Stellung nehmen kann. Bei der Sammlung der Informationen sollten die Mitgliedstaaten und die Kommission zusammenarbeiten.
(18)
Es ist notwendig, vorzusehen, daß die Verfahren unabhängig davon, ob eine Abgabe wegen schädigender Preisgestaltung auferlegt wird oder nicht, binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung beziehungsweise dem Zeitpunkt der Auslieferung des Schiffes, falls letzterer der spätere Zeitpunkt ist, abgeschlossen werden. Untersuchungen oder Verfahren sollten eingestellt werden, wenn die Spanne der schädigenden Preisgestaltung geringfügig ist.
(19)
Die Untersuchung kann ohne Einführung einer Abgabe wegen schädigender Preisgestaltung abgeschlossen werden, wenn der Verkauf des Schiffes, das Gegenstand der schädigenden Preisgestaltung ist, definitiv und bedingungslos rückgängig gemacht wird oder eine alternative gleichwertige Abhilfemaßnahme angenommen wird. Es ist jedoch notwendig, besonders darauf zu achten, daß die Erreichung des mit dieser Verordnung verfolgten Ziels nicht gefährdet wird.
(20)
Sind alle in dieser Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, so ist der Werft, die durch den Verkauf eines Schiffes mit schädigender Preisgestaltung dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft Schaden zugefügt hat, durch Beschluß eine Abgabe wegen schädigender Preisgestaltung aufzuerlegen, deren Höhe der Spanne der schädigenden Preisgestaltung entspricht. Es sollten klare und ausführliche Regeln für die Durchführung dieses Beschlusses festgelegt werden einschließlich aller zu dessen Vollstreckung erforderlichen Maßnahmen, insbesondere der Verhängung von Gegenmaßnahmen, falls die Werft die Abgabe wegen schädigender Preisgestaltung nicht innerhalb der festgesetzten Frist zahlt.
(21)
Es sind klare Regeln für den Fall festzulegen, daß Schiffen, die von einer Werft gebaut wurden, für die Gegenmaßnahmen verhängt wurden, die Rechte für das Laden und Löschen in Gemeinschaftshäfen verweigert werden.
(22)
Die Verpflichtung zur Zahlung der Abgabe wegen schädigender Preisgestaltung erlischt erst dann, wenn diese Abgabe vollständig gezahlt worden ist oder die Geltungsdauer der Gegenmaßnahmen abgelaufen ist.
(23)
Aufgrund dieser Verordnung getroffene Maßnahmen sollten nicht im Widerspruch zum Interesse der Gemeinschaft stehen.
(24)
Die Gemeinschaft muß sich bei den Maßnahmen, die sie nach dieser Verordnung trifft, der Notwendigkeit eines raschen und wirksamen Handelns bewußt sein.
(25)
Ferner sind in regelmäßigen Zeitabständen und bestimmten Phasen der Untersuchung Konsultationen in einem Beratenden Ausschuß vorzusehen. Der Ausschuß sollte sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und einem Vertreter der Kommission, der den Vorsitz führt, zusammensetzen.
(26)
Es sind Kontrollbesuche zur Überprüfung der Informationen zu der schädigenden Preisgerstaltung und der Schädigung vorzusehen, wobei diese Kontrollbesuche von einer ordnungsgemäßen Beantwortung der Fragebogen abhängen sollten.
(27)
Es ist vorzusehen, daß für Parteien, die nicht in zufriedenstellender Weise an der Untersuchung mitarbeiten, andere Informationen für die Sachaufklärung herangezogen werden können und daß derartige Informationen für die Parteien weniger günstig sein können, als wenn sie an der Untersuchung mitgearbeitet hätten.
(28)
Eine vertrauliche Behandlung von Informationen ist vorzusehen, um Geschäftsgeheimnisse nicht zu verbreiten.
(29)
Es ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung der betroffenen Parteien über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen vorzusehen, die unter gebührender Berücksichtigung des Entscheidungsprozesses in der Gemeinschaft innerhalb einer Frist stattfinden muß, die den Parteien die Verteidigung ihrer Interessen ermöglicht —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. C 13 vom 18. 1. 1996, S. 10.

(2)

ABl. Nr. C 17 vom 22. 1. 1996.

(3)

Siehe Seite 1 dieses Amtsblatts.

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