Artikel 1 VO (EU) 2010/1093

Errichtung und Tätigkeitsbereich

(1) Mit dieser Verordnung wird eine Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) (im Folgenden „Behörde” ) errichtet.

(2) Die Behörde handelt im Rahmen der ihr durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse und innerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2002/87/EG, der Richtlinie 2008/48/EG(1), der Richtlinie 2009/110/EG, der Verordnung (EU) Nr. 575/2013(2), der Richtlinie 2013/36/EU(3), der Richtlinie 2014/49/EU(4), der Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(5), der Richtlinie (EU) 2015/2366(6) des Europäischen Parlaments und des Rates und, soweit diese Gesetzgebungsakte sich auf Kredit- und Finanzinstitute sowie die zuständigen Behörden, die diese beaufsichtigen, beziehen, der einschlägigen Teile der Richtlinie 2002/65/EG, einschließlich sämtlicher Richtlinien, Verordnungen und Beschlüsse, die auf der Grundlage dieser Gesetzgebungsakte angenommen wurden, sowie aller weiteren verbindlichen Rechtsakte der Union, die der Behörde Aufgaben übertragen. Die Behörde handelt ferner im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates(7).

Die Behörde wird auch im Rahmen der ihr durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse und innerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) und der Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) tätig, soweit jene Richtlinie und jene Verordnung auf Wirtschaftsbeteiligte des Finanzsektors und auf für deren Aufsicht zuständige Behörden anwendbar ist. Ausschließlich zu diesem Zweck führt die Behörde die Aufgaben durch, die der durch die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(10) errichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) oder der durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(11) errichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) durch einen rechtlich bindenden Rechtsakt der Union übertragen worden sind. Bei der Durchführung solcher Aufgaben konsultiert die Behörde diese Europäischen Aufsichtsbehörden und unterrichtet diese laufend über ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit Unternehmen, bei denen es sich um „Finanzinstitute” im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 oder „Finanzmarktteilnehmer” im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 handelt.

(3) Die Behörde wird in den Tätigkeitsbereichen von Kreditinstituten, Finanzkonglomeraten, Wertpapierfirmen, Zahlungsinstituten und E-Geld-Instituten im Zusammenhang mit Fragen tätig, die nicht unmittelbar von den in Absatz 2 genannten Gesetzgebungsakten abgedeckt werden, einschließlich Fragen der Unternehmensführung sowie der Rechnungsprüfung und Rechnungslegung, wobei sie nachhaltigen Geschäftsmodellen und der Einbeziehung ökologischer, sozialer und die Governance betreffender Faktoren Rechnung trägt, vorausgesetzt solche Maßnahmen sind erforderlich, um die wirksame und kohärente Anwendung dieser Gesetzgebungsakte sicherzustellen.

(4) Die Bestimmungen dieser Verordnung berühren nicht die Befugnisse der Kommission, die ihr insbesondere aus Artikel 258 AEUV erwachsen, um die Einhaltung des Unionsrechts zu gewährleisten.

(5) Das Ziel der Behörde besteht darin, das öffentliche Interesse zu schützen, indem sie für die Wirtschaft der Union, ihre Bürger und Unternehmen zur kurz-, mittel- und langfristigen Stabilität und Wirksamkeit des Finanzsystems beiträgt. Die Behörde trägt im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zu Folgendem bei:

a)
Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts, insbesondere mittels einer soliden, wirksamen und kohärenten Regulierung und Überwachung;
b)
Gewährleistung der Integrität, Transparenz, Effizienz und des ordnungsgemäßen Funktionierens der Finanzmärkte;
c)
Ausbau der internationalen Koordinierung der Aufsicht;
d)
Verhinderung von Aufsichtsarbitrage und Förderung gleicher Wettbewerbsbedingungen;
e)
Gewährleistung, dass die Übernahme von Kredit- und anderen Risiken angemessen reguliert und beaufsichtigt wird;
f)
Verbesserung des Kunden- und Verbraucherschutzes;
g)
Verbesserung der Angleichung der Aufsicht im gesamten Binnenmarkt und
h)
Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.

Zu diesen Zwecken leistet die Behörde einen Beitrag zur Gewährleistung der kohärenten, effizienten und wirksamen Anwendung der in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Gesetzgebungsakte, fördert die Angleichung der Aufsicht und gibt gemäß Artikel 16a Stellungnahmen für das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission ab.

Bei der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben berücksichtigt die Behörde insbesondere die Systemrisiken, die von Finanzinstituten ausgehen, deren Zusammenbruch Auswirkungen auf das Finanzsystem oder die Realwirtschaft haben kann.

Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben handelt die Behörde unabhängig, objektiv und in nichtdiskriminierender und transparenter Weise im Interesse der Union als Ganzes und beachtet, wann immer dies relevant ist, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Behörde ist rechenschaftspflichtig, handelt integer und stellt sicher, dass alle Interessenvertreter fair behandelt werden.

Inhalt und Form der Tätigkeiten und Maßnahmen der Behörde, insbesondere Leitlinien, Empfehlungen, Stellungnahmen, Fragen und Antworten sowie die Entwürfe von Regulierungsstandards und Durchführungsstandards stehen in voller Übereinstimmung mit den anwendbaren Bestimmungen dieser Verordnung und der in Absatz 2 genannten Gesetzgebungsakte. Soweit nach diesen Bestimmungen zulässig und relevant, tragen die Tätigkeiten und Maßnahmen der Behörde gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Art, dem Umfang und der Komplexität der Risiken, die sich aus der von den Tätigkeiten und Maßnahmen der Behörde betroffenen Geschäftstätigkeit von Finanzinstituten, Unternehmen, anderen Subjekten oder Finanztätigkeiten ergeben, gebührend Rechnung.

(6) Die Behörde errichtet — als integralen Bestandteil der Behörde — einen Ausschuss, der sie in der Frage berät, wie ihre Tätigkeiten und Maßnahmen unter vollständiger Einhaltung der geltenden Vorschriften spezifischen Unterschieden, die innerhalb des Sektors in Bezug auf Art, Umfang und Komplexität von Risiken, Geschäftsmodelle und -praktiken sowie die Größe von Finanzinstituten und von Märkten bestehen, Rechnung tragen sollten, soweit diese Faktoren im Rahmen der betreffenden Vorschriften relevant sind.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).

(2)

Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(3)

Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(4)

Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 149).

(5)

Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 214).

(6)

Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 35).

(7)

Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).

(8)

Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73).

(9)

Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1781/2006 (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 1).

(10)

Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48).

(11)

Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.