ANHANG I VO (EU) 2011/1035

Allgemeine Anforderungen bezüglich der Erbringung von Flugsicherungsdiensten

1.
TECHNISCHE UND BETRIEBLICHE FÄHIGKEITEN UND EIGNUNG

Die Flugsicherungsorganisationen müssen in der Lage sein, bezogen auf ein vernünftigerweise anzunehmendes Gesamtnachfrageniveau in einem bestimmten Luftraum, Dienste sicher, effizient, kontinuierlich und nachhaltig zu erbringen. Dazu unterhalten sie eine angemessene technische und betriebliche Kapazität und entsprechendes Fachwissen.

2.
ORGANISATIONSSTRUKTUR UND MANAGEMENT

2.1.
Organisationsstruktur

Die Flugsicherungsorganisationen richten eine Organisationsstruktur ein, die die sichere, effiziente und kontinuierliche Erbringung von Flugsicherungsdiensten unterstützt, und verwalten die Organisation gemäß dieser Struktur. In der Organisationsstruktur sind festzulegen:
a)
Befugnisse, Pflichten und Verantwortung der benannten Stelleninhaber, insbesondere des für Funktionen im Zusammenhang mit Sicherheit, Qualität, Gefahrenabwehr, Finanzen und Personal zuständigen Managementpersonals;
b)
Beziehung und Unterstellungsverhältnisse zwischen verschiedenen Teilen und Prozessen der Organisation.

2.2.
Organisationsmanagement

2.2.1.
Geschäftsplan

Die Flugsicherungsorganisationen arbeiten einen Geschäftsplan für einen Mindestzeitraum von fünf Jahren aus. Der Geschäftsplan
a)
legt die Gesamtziele der Flugsicherungsorganisation und ihre Strategie zu deren Erreichung im Einklang mit ihren längerfristigen Plänen und einschlägigen Anforderungen der Union fest, die für die Entwicklung der Infrastruktur oder sonstiger Technologie von Belang sind;
b)
enthält gegebenenfalls geeignete Leistungsziele bezüglich Sicherheit, Kapazität, Umwelt und Kosteneffizienz.
Die in den Buchstaben a und b genannten Informationen müssen gegebenenfalls mit dem in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 genannten Leistungsplan auf nationaler Ebene oder auf Ebene funktionaler Luftraumblöcke in Einklang stehen und gegebenenfalls, insoweit Sicherheitsdaten betroffen sind, mit dem Sicherheitsprogramm des Staates, das in Richtlinie 3.1.1 von Anhang 19 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt in Einklang stehen. Die Flugsicherungsorganisationen liefern auf Sicherheits- und Geschäftsaspekte bezogene Begründungen für größere Investitionsvorhaben, gegebenenfalls einschließlich Schätzungen der Auswirkungen auf die in Nummer Buchstabe b genannten Leistungsziele, und mit Angabe der Investitionen, die sich aus rechtlichen Erfordernissen im Zusammenhang mit der Umsetzung des SESAR (Single Euroepan Sky ATM Research) — Programms ergeben.

2.2.2.
Jahresplan

Die Flugsicherungsorganisationen legen einen Jahresplan für das nachfolgende Jahr vor, in dem die Angaben des Geschäftsplans weiter ausgeführt werden und der Änderungen am Geschäftsplan erläutert. Der Jahresplan umfasst gegebenenfalls folgende Vorgaben bezüglich Dienstleistungsniveau und -qualität, wie etwa das erwartete Niveau in Bezug auf Kapazität, Sicherheit, Umwelt und Kosteneffizienz:
a)
Informationen zur Einrichtung neuer Infrastruktur oder zu anderen Entwicklungen und eine Erklärung dazu, wie diese zur Verbesserung der Leistung der Flugsicherungsorganisation, einschließlich des Niveaus und der Qualität der Dienste, beitragen werden;
b)
Leistungskennzahlen, die mit dem in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 genannten Leistungsplan auf nationaler Ebene oder auf Ebene funktionaler Luftraumblöcke in Einklang stehen und anhand deren das Niveau und die Qualität der Dienste vernünftig beurteilt werden können;
c)
Informationen über vorgesehene Maßnahmen zur Minderung der im Sicherheitsplan der Flugsicherungsorganisation angegebenen Sicherheitsrisiken, einschließlich Sicherheitskennzahlen zur Überwachung des Sicherheitsrisikos und gegebenenfalls geschätzte Kosten von Minderungsmaßnahmen;
d)
die erwartete kurzfristige Finanzlage der Flugsicherungsorganisation sowie etwaige Änderungen des Geschäftsplans oder Auswirkungen auf letzteren.

2.2.3.
Leistungsbezogener Teil der Pläne

Gemäß den von der zuständigen Behörde in Übereinstimmung mit nationalem Recht festgelegten Bedingungen stellt die Flugsicherungsorganisation den Inhalt des leistungsbezogenen Teils des Geschäftsplans und des Jahresplans der Kommission auf Antrag zur Verfügung.

3.
SICHERHEITS- UND QUALITÄTSMANAGEMENT

3.1.
Sicherheitsmanagement

Die Flugsicherungsorganisationen verwalten die Sicherheit aller ihrer Dienste. Dabei haben sie formelle Schnittstellen mit allen Beteiligten einzurichten, die unmittelbar Einfluss auf die Sicherheit ihrer Dienste haben können. Die Flugsicherungsorganisationen arbeiten Verfahren für das Sicherheitsmanagement bei Einführung neuer funktionaler Systeme oder der Änderung bestehender funktionaler Systeme aus.

3.2.
System für das Qualitätsmanagement

Die Flugsicherungsorganisationen müssen ein Qualitätsmanagementsystem eingerichtet haben, das alle von ihnen erbrachten Flugsicherungsdienste abdeckt und den folgenden Grundsätzen entspricht. Das System hat
a)
die Qualitätspolitik so festzulegen, dass die Bedürfnisse der verschiedenen Nutzer so gut wie möglich erfüllt werden;
b)
ein Qualitätssicherungsprogramm mit Verfahren einzurichten, mit denen überprüft werden kann, dass alle Tätigkeiten gemäß den anzuwendenden Anforderungen, Standards und Verfahren durchgeführt werden;
c)
das Funktionieren des Qualitätsmanagementsystems durch Handbücher und Überwachungsunterlagen nachzuweisen;
d)
Managementvertreter zu ernennen, die die Einhaltung von Verfahren zur Gewährleistung sicherer und effizienter Betriebspraktiken und die Angemessenheit dieser Verfahren überwachen;
e)
Überprüfungen des eingerichteten Qualitätsmanagementsystems und gegebenenfalls von Abhilfemaßnahmen durchzuführen.
Ein durch eine ordnungsgemäß akkreditierte Organisation ausgestelltes EN-ISO-9001-Zeugnis, das die Flugsicherungsdienste der Flugsicherungsorganisation abdeckt, ist als ausreichender Nachweis der Einhaltung anzusehen. Auf Anforderung der zuständigen Behörde hat die Flugsicherungsorganisation ihr Einverständnis zur Offenlegung der Dokumentation in Bezug auf die Zertifizierung zu geben. Flugsicherungsorganisationen können Sicherheits-, Gefahrenabwehr- und Qualitätsmanagementsysteme in ihr Managementsystem einbetten.

3.3.
Betriebshandbücher

Die Flugsicherungsorganisationen stellen Betriebshandbücher, die sich auf die Erbringung ihrer Dienste beziehen und zur Nutzung durch das Betriebspersonal und zu dessen Anleitung dienen, bereit und halten sie auf dem aktuellen Stand. Sie stellen sicher, dass
a)
Betriebshandbücher Anweisungen und Informationen enthalten, die das Betriebspersonal zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt;
b)
einschlägige Teile der Betriebshandbücher dem betreffenden Personal zugänglich sind;
c)
das Betriebspersonal unverzüglich über Änderungen der Betriebshandbücher, die seine Aufgaben betreffen, sowie deren Inkrafttreten informiert wird.

4.
GEFAHRENABWEHR

Die Flugsicherungsorganisationen richten ein System für das Gefahrenabwehrmanagement ein, um
a)
den Schutz ihrer Einrichtungen und ihres Personals zu gewährleisten, sodass unrechtmäßige Eingriffe in die Erbringung von Flugsicherungsdiensten verhindert werden;
b)
den Schutz der Betriebsdaten, die sie erhalten oder erzeugen oder auf sonstige Weise nutzen, zu gewährleisten, so dass der Zugang dazu auf Befugte beschränkt ist.
Im Gefahrenabwehrsystem sind festzulegen:
a)
Verfahren zur Bewertung des Gefährdungsrisikos und dessen Minderung, Überwachung und Verbesserung der Gefahrenabwehr, Überprüfungen der Gefahrenabwehr und Verbreitung der daraus gezogenen Lehren;
b)
die zur Erkennung von Sicherheitsmängeln und zur Alarmierung des Personals durch geeignete Sicherheitswarnungen vorgesehenen Mittel;
c)
die Mittel zur Eindämmung der Auswirkungen von Sicherheitsmängeln und zur Ermittlung von Abhilfemaßnahmen und Minderungsverfahren, um eine Wiederholung zu verhindern.
Die Flugsicherungsorganisationen gewährleisten, dass ihr Personal gegebenenfalls sicherheitsüberprüft ist, und stimmen sich mit den zuständigen zivilen und militärischen Behörden ab, um den Schutz ihrer Einrichtungen, ihres Personals und ihrer Daten zu gewährleisten. Die Sicherheits-, Qualitäts- und Gefahrenabwehrmanagementsysteme können als integriertes Managementsystem konzipiert und betrieben werden.

5.
PERSONAL

Die Flugsicherungsorganisationen setzen angemessen qualifiziertes Personal ein, um die Erbringung von Flugsicherungsdiensten auf sichere, effiziente, kontinuierliche und nachhaltige Weise zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang legen sie Richtlinien für die Personaleinstellung und -ausbildung fest.

6.
FINANZKRAFT

6.1.
Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

Die Flugsicherungsorganisationen müssen in der Lage sein, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, unter anderem die fixen und variablen Betriebskosten sowie die Investitionskosten tragen zu können. Sie verwenden ein angemessenes Kostenrechnungssystem. Sie belegen ihre Befähigung anhand des Jahresplans (siehe Nummer 2.2.2) und, soweit aufgrund ihres Rechtsstatus praktikabel, anhand von Bilanzen und Buchhaltungsunterlagen.

6.2.
Finanzprüfung

Gemäß Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 weisen die Flugsicherungsorganisationen nach, dass sie regelmäßig einer unabhängigen Finanzprüfung unterliegen.

7.
HAFTUNGS- UND VERSICHERUNGSDECKUNG

Die Flugsicherungsorganisationen haben über Vorkehrungen zur Deckung ihrer gesetzlichen Haftung zu verfügen. Die zur Deckung der Haftung verwendete Methode muss dem in Frage stehenden möglichen Verlust und Schaden angemessen sein, wobei dem rechtlichen Status der Organisation und der Höhe der erhältlichen kommerziellen Versicherungsdeckung Rechnung zu tragen ist. Bedient sich die Flugsicherungsorganisation der Dienste einer anderen Flugsicherungsorganisation, stellt sie sicher, dass die Vereinbarungen auch die Aufteilung der Haftung untereinander regeln.

8.
QUALITÄT DER DIENSTE

8.1.
Offene und transparente Erbringung von Flugsicherungsdiensten

Die Flugsicherungsorganisationen erbringen Flugsicherungsdienste auf offene und transparente Weise. Sie veröffentlichen die Bedingungen für den Zugang zu ihren Diensten und richten ein förmliches Verfahren der regelmäßigen Konsultation der Nutzer von Flugsicherungsdiensten ein, bei dem die Nutzer entweder einzeln oder zusammen mindestens einmal jährlich konsultiert werden. Die Flugsicherungsorganisationen dürfen nach geltendem Recht der Europäischen Union keinen Nutzer und keine Klasse von Nutzern aufgrund der Nationalität oder Identität diskriminieren.

8.2.
Notfallpläne

Die Flugsicherungsorganisationen legen für alle von ihnen erbrachten Flugsicherungsdienste Notfallpläne für den Fall von Ereignissen fest, die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung oder Unterbrechung ihres Betriebs führen.

9.
BERICHTSPFLICHTEN

Die Flugsicherungsorganisationen müssen in der Lage sein, der einschlägigen zuständigen Behörde einen Jahresbericht ihrer Tätigkeiten vorzulegen. Unbeschadet Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 sind die Finanzergebnisse Gegenstand dieses Berichts, ebenso die betriebliche Leistung und sonstige wesentliche Tätigkeiten und Entwicklungen, besonders im Bereich der Sicherheit. Der Jahresbericht umfasst zumindest
a)
eine Bewertung des Leistungsniveaus der erbrachten Flugsicherungsdienste;
b)
die Leistung der Flugsicherungsorganisation im Vergleich zu den im in Nummer 2.2.1. genannten Geschäftsplan festgelegten Leistungszielen, wobei die tatsächliche Leistung anhand der im Jahresplan festgelegten Leistungskennzahlen dem Jahresplan gegenüberzustellen ist;
c)
eine Erläuterung der Abweichungen von den Zielen und die Angabe von Maßnahmen zur Schließung etwaiger Lücken während des in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 genannten Bezugszeitraums;
d)
Entwicklungen bei Betrieb und Infrastruktur;
e)
die Finanzergebnisse, sofern diese nicht gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 getrennt veröffentlicht werden;
f)
Informationen zu der förmlichen Konsultation der Nutzer ihrer Dienste;
g)
Informationen über die Personalpolitik.
Die Flugsicherungsorganisationen stellen der Kommission und auf Antrag der Agentur sowie der Öffentlichkeit den Inhalt des Jahresberichts gemäß von der zuständigen Behörde in Übereinstimmung mit nationalem Recht festgelegten Bedingungen zur Verfügung.

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