Artikel 8 VO (EU) 2011/1173

Sanktionen bei Manipulation von Statistiken

(1) Der Rat, der auf Empfehlung der Kommission tätig wird, kann beschließen, gegen einen Mitgliedstaat, der Daten über Defizite und Schulden, die für die Anwendung der Artikel 121 oder 126 AEUV oder für die Anwendung des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit von Bedeutung sind, absichtlich oder aufgrund schwerwiegender Nachlässigkeit falsch darstellt, eine Geldbuße zu verhängen.

(2) Die Geldbußen nach Absatz 1 müssen wirksam, abschreckend und — in Bezug auf Art, Schwere und Dauer der Verfälschung der Darstellung — verhältnismäßig sein. Der Betrag der Geldbuße darf die Höhe von 0,2 % des BIP des betreffenden Mitgliedstaats nicht überschreiten.

(3) Die Kommission kann alle Untersuchungen durchführen, die zur Feststellung der Verfälschung der Darstellung nach Absatz 1 dieses Artikels erforderlich sind. Sie kann beschließen, eine Untersuchung einzuleiten, wenn sie feststellt, dass ernsthafte Hinweise auf das Vorhandensein von Umständen vorliegen, die vermuten lassen, dass eine solche Verfälschung der Darstellung vorliegt. Die Kommission untersucht die mutmaßliche Verfälschung der Darstellung und berücksichtigt dabei alle Stellungnahmen, die der betreffende Mitgliedstaat vorbringt. Die Kommission kann zur Ausführung ihrer Aufgaben den Mitgliedstaat auffordern, Informationen bereitzustellen und kann Überprüfungen vor Ort durchführen und die Konten aller staatlichen Stellen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie auf der Ebene der Sozialversicherungen einsehen. Verlangt das Recht des betreffenden Mitgliedstaats für Überprüfungen vor Ort eine vorherige gerichtliche Genehmigung, so stellt die Kommission die notwendigen Anträge.

Nach Abschluss ihrer Untersuchung und bevor sie dem Rat einen Vorschlag unterbreitet, gibt die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat die Gelegenheit, sich zum Gegenstand der Untersuchung zu äußern. Die Kommission stützt jedweden Vorschlag an den Rat ausschließlich auf Fakten, zu denen der betreffende Mitgliedstaat Gelegenheit hatte, sich zu äußern.

Die Kommission wahrt die Verteidigungsrechte des betreffenden Mitgliedstaats während der Untersuchungen in vollem Umfang.

(4) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 11 delegierte Rechtsakte in Bezug auf das Folgende zu erlassen:

a)
ausführliche Kriterien zur Festlegung des Betrags der in Absatz 1 genannten Geldbuße;
b)
ausführliche Bestimmungen über das Verfahren für die Untersuchungen nach Absatz 3, die damit verbundenen Maßnahmen und die Berichterstattung zu den Untersuchungen;
c)
ausführliche Verfahrensregeln zur Gewährleistung der Verteidigungsrechte, des Zugangs zu den Unterlagen, der rechtlichen Vertretung, der Vertraulichkeit und Vorschriften zum zeitlichen Ablauf und der Beitreibung der in Absatz 1 genannten Geldbußen.

(5) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die unbeschränkte Befugnis zur Überprüfung der Beschlüsse des Rates, mit denen Geldbußen gemäß Absatz 1 verhängt werden. Er kann die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.