Präambel VO (EU) 2011/1214

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 133,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Mit der Einführung des Euro hat die Nachfrage nach grenzüberschreitenden Straßentransporten von Bargeld erheblich zugenommen. Innerhalb des Euroraums sollten Banken, große Einzelhandelsunternehmen und sonstige professionelle Bargeldverwender mit dem Geldtransportunternehmen (Cash-in-transit-(CIT)-Unternehmen), das das beste Preis-/Leistungsverhältnis bietet, Verträge abschließen können und die Bargelddienstleistungen der nächstgelegenen Filiale der nationalen Zentralbank oder des nächstgelegenen CIT-Cash-Centers nutzen können, auch wenn diese/dieses in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist. Darüber hinaus lassen viele Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (im Folgenden „teilnehmende Mitgliedstaaten” ), ihre Banknoten und Münzen im Ausland herstellen oder haben möglicherweise die Absicht, dies in Zukunft zu tun. Es liegt im Wesen einer einheitlichen Währung, dass Bargeld zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten frei zirkulieren kann.
(2)
Aufgrund der großen Unterschiede zwischen den nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten ist es im Allgemeinen außerordentlich schwierig, Euro-Bargeld auf dem Straßenweg gewerbsmäßig zwischen teilnehmenden Mitgliedstaaten zu transportieren. Diese Situation steht im Widerspruch zu dem Grundsatz des freien Verkehrs des Euro und dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs, die zu den Grundprinzipien der Europäischen Union gehören.
(3)
Diese Verordnung ist die Antwort auf die in Artikel 38 Buchstabe b der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt(3) vorgesehene Möglichkeit, Vorschläge für harmonisierende Rechtsakte für die Beförderung von Bargeld vorzulegen.
(4)
Zur Verbesserung der Sicherheit der Geldtransporte sowohl für das beteiligte CIT-Sicherheitspersonal als auch für die Bevölkerung sollte der Einsatz eines intelligenten Banknoten-Neutralisationssystems (IBNS) gefördert und nach einer eingehenden Analyse der möglichen Auswirkungen durch die Kommission so weiterentwickelt werden können, dass unbeschadet der in dieser Verordnung festgelegten Bestimmungen über die anwendbaren Transportarten eine Harmonisierung von IBNS in den teilnehmenden Mitgliedstaaten erreicht wird.
(5)
Aufgrund der mit Bargeldtransporten verbundenen besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben des CIT-Sicherheitspersonals und der Bevölkerung sollte für den grenzüberschreitenden Euro-Bargeldtransport eine besondere Lizenz für grenzüberschreitende Geldtransporte vorgeschrieben werden. Eine solche Lizenz sollte zusätzlich zur nationalen Lizenz für Geltransporte erforderlich sein, die in den meisten teilnehmenden Mitgliedstaaten vorgeschrieben ist und deren Form durch diese Verordnung nicht harmonisiert wird. CIT-Unternehmen, die in den Mitgliedstaaten ansässig sind, die über kein spezielles Zulassungsverfahren für CIT-Unternehmen verfügen, das über ihre allgemeinen Regeln für den Sicherheits- oder Transportsektor hinausgeht, sollten nachweisen müssen, dass sie in dem Niederlassungsmitgliedstaat seit mindestens 24 Monaten regelmäßig Bargeldtransporte ohne Verstöße gegen einschlägiges nationales Recht durchgeführt haben, bevor dieser Mitgliedstaat ihnen eine Lizenz für den grenzüberschreitenden Geldtransport erteilen kann. Dieses Vorgehen würde zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten beitragen.
(6)
Um sich überschneidende Pflichten und die Einführung eines unnötig aufwändigen Verfahrens zu vermeiden, darf der Inhaber einer Lizenz für den grenzüberschreitenden Geldtransport nicht zusätzlich verpflichtet sein, eine Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs(4) zu besitzen.
(7)
Beim gewerbsmäßigen grenzüberschreitenden Straßentransport von Euro-Bargeld zwischen teilnehmenden Mitgliedstaaten sollte diese Verordnung oder das jeweilige Recht des Herkunftsmitgliedstaats, des Aufnahmemitgliedstaats und gegebenenfalls des Durchfuhrmitgliedstaats vollständig erfüllt werden.
(8)
Diese Verordnung soll ermöglichen, dass der gewerbsmäßige grenzüberschreitende Straßentransport von Euro-Bargeld zwischen teilnehmenden Mitgliedstaaten unter Bedingungen erfolgt, die die Sicherheit des Vorgangs, des beteiligten CIT-Sicherheitspersonals und der Öffentlichkeit sowie den freien Verkehr von Euromünzen gewährleisten. In Einklang mit der gängigen Marktpraxis sollte zudem Bargeld in anderen Währungen als dem Euro in begrenztem Umfang im selben CIT-Fahrzeug transportiert werden dürfen.
(9)
Angesichts der besonderen Anforderungen, die an grenzüberschreitend eingesetztes CIT-Personal gestellt werden, sollten die CIT-Mitarbeiter ein spezielles Schulungsmodul mit grenzüberschreitendem Bezug gemäß Anhang VI absolvieren. Um unnötigen Doppelaufwand zu vermeiden, sollte das Schulungsmodul mit grenzüberschreitendem Bezug keine Aspekte beinhalten, die bereits durch die für die Durchführung nationaler Geldtransporte obligatorische Schulung abgedeckt werden.
(10)
Aufgrund der besonderen Bedingungen im CIT-Sektor ist es schwierig, sichere mehrtägige Euro-Bargeldlieferungen durchzuführen. Ein für den grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Straßentransport von Euro-Bargeld eingesetztes CIT-Fahrzeug sollte daher am selben Tag in seinen Herkunftsmitgliedstaat zurückkehren.
(11)
Die Kommission sollte eine Änderung der Definition des Begriffs „tagsüber” und/oder der in dieser Verordnung vorgeschriebenen Mindestdauer der Ad-hoc-Grundausbildung vorschlagen, wenn sich die Sozialpartner auf Unionsebene einig sind, dass eine andere Definition angemessener ist.
(12)
Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 ist die Zahl der Kabotagebeförderungen, die in dem Aufnahmemitgliedstaat im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung aus einem anderen Mitgliedstaat durchgeführt werden dürfen, auf drei Beförderungen innerhalb von sieben Tagen begrenzt. Aufgrund der besonderen Merkmale des CIT-Sektors ist es jedoch gängige Praxis, dass ein CIT-Fahrzeug mitunter weitaus mehr Euro-Bargeldzustellungen/-abholungen pro Tag durchführt. Daher sollte eine Ausnahmeregelung von der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 getroffen werden, indem keine Höchstzahl für Euro-Geldzustellungen/-abholungen, die ein CIT-Fahrzeug in einem Aufnahmemitgliedstaat pro Tag durchführen darf, vorgeschrieben wird.
(13)
Die nationalen Vorschriften für das Verhalten des CIT-Sicherheitspersonals außerhalb eines CIT-Fahrzeugs und über die Sicherheit der Standorte der Euro-Bargeldzustellungen/-abholungen sollten den möglichen Einsatz von Banknotenneutralisationssystemen bei Banknotentransporten in vollgepanzerten CIT-Fahrzeugen ohne IBNS nicht abdecken.
(14)
Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen(5) regelt Entsendungsfälle, in denen ein Unternehmen grenzübergreifende Dienstleistungen in seinem Namen und unter seiner Leitung im Rahmen eines Vertrags erbringt, der zwischen dem betreffenden Unternehmen und dem Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde.
(15)
Angesichts der besonderen Art von CIT-Transportdienstleistungen muss die Richtlinie 96/71/EG auf alle grenzüberschreitenden Euro-Bargeldtransportdienstleistungen entsprechend Anwendung finden, um den betroffenen Akteuren Rechtssicherheit zu geben und zu gewährleisten, dass die Richtlinie in diesem Sektor angewendet werden kann.
(16)
Wegen der Besonderheit der betreffenden Transporttätigkeiten, von denen einige nur gelegentlich erfolgen, sollte sich die entsprechende Anwendung der Mindestschutzbestimmungen der Richtlinie 96/71/EG auf die Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 96/71/EG beschränken, wobei diese für den gesamten Arbeitstag gewährt werden sollten, um einen unnötigen Verwaltungsaufwand für die Unternehmen zu vermeiden. Gemäß der Richtlinie 96/71/EG und in den Grenzen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird der Begriff der Mindestlohnsätze durch die Rechtsvorschriften und/oder Praktiken des Mitgliedstaats bestimmt, in den der Arbeitnehmer entsandt wird. Führt ein CIT-Mitarbeiter aufgrund von Verträgen, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder der Arbeitsplanung an mehr als 100 Arbeitstagen in einem Kalenderjahr grenzüberschreitende Transporte in einem anderen Mitgliedstaat durch, so sollten die Mindestschutzbestimmungen gemäß der Richtlinie 96/71/EG für einen solchen Arbeitnehmer entsprechend Anwendung finden.
(17)
Die Anwendung der Mindestschutzbestimmungen im Aufnahmemitgliedstaat sollte der Anwendung von für die Arbeitnehmer günstigeren Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen nicht entgegenstehen, die nach den Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen im Herkunftsmitgliedstaat des Arbeitnehmers bestehen.
(18)
Für die Festlegung der entsprechenden Mindestschutzbestimmungen sollten die Bestimmungen von Artikel 4 der Richtlinie 96/71/EG über die Zusammenarbeit im Informationsbereich entsprechend Anwendung finden. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten auf Amtshilfe und Informationsaustausch im Sinne der Richtlinie 96/71/EG zurückgreifen können.
(19)
Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden(6).
(20)
Um dem technischen Fortschritt und möglichen neuen europäischen Standards Rechnung zu tragen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Rechtsakte zur Änderung der technischen Vorschriften über Normen für IBNS, die Panzerung von CIT-Fahrzeugen, kugelsichere Westen und Waffensicherheitskassetten zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen und der Sozialpartner, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
(21)
Entsprechend dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung ihres Ziels, nämlich der Erleichterung des gewerbsmäßigen grenzüberschreitenden Straßentransports von Euro-Bargeld zwischen Mitgliedstaaten des Euroraums, erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 278 vom 15.10.2010, S. 1.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 27. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 27. Oktober 2011.

(3)

ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36.

(4)

ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72.

(5)

ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1.

(6)

ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 9.

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