Präambel VO (EU) 2011/513

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der am 25. Februar 2009 veröffentlichte Schlussbericht einer Gruppe hochrangiger Experten unter dem Vorsitz von Jacques de Larosière im Auftrag der Kommission kam zu dem Schluss, dass der Aufsichtsrahmen für den Finanzsektor in der Europäischen Union gestärkt werden müsse, um das Risiko und den Schweregrad künftiger Finanzkrisen zu vermindern. In dem Bericht wurden weitreichende Reformen der Aufsichtsstruktur empfohlen. Die Gruppe von Experten kam außerdem zu dem Schluss, dass ein Europäisches System für die Finanzaufsicht (ESFS) geschaffen werden sollte, das sich aus drei Europäischen Aufsichtsbehörden zusammensetzt, und zwar aus einer Behörde für den Bankensektor, einer Behörde für den Sektor der Versicherungen und der betrieblichen Altersversorgung sowie einer Behörde für den Wertpapiersektor, und empfahl, dass ein Europäischer Ausschuss für Systemrisiken eingesetzt werden sollte.
(2)
In ihrer Mitteilung vom 4. März 2009 mit dem Titel „Impulse für den Aufschwung in Europa” schlug die Kommission die Vorlage von Entwürfen für Rechtsvorschriften zur Schaffung des ESFS vor, und in ihrer Mitteilung vom 27. Mai 2009 mit dem Titel „Europäische Finanzaufsicht” führte die Kommission die mögliche Struktur eines neuen Aufsichtsrahmens weiter aus, wobei sie die Besonderheit der Beaufsichtigung von Ratingagenturen hervorhob.
(3)
In seinen Schlussfolgerungen vom 19. Juni 2009 empfahl der Europäische Rat die Einrichtung des ESFS, in dem die nationalen Finanzaufsichtsbehörden im Netzverbund mit den drei neuen Europäischen Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten. Mit dem ESFS sollten die Qualität und Kohärenz der nationalen Aufsicht verstärkt, die Beaufsichtigung grenzübergreifend tätiger Gruppen durch die Einsetzung von Aufsichtskollegien verbessert und ein einheitliches europäisches Regelwerk eingeführt werden, das für alle Finanzmarktteilnehmer im Binnenmarkt gilt. Der Europäische Rat betonte, dass die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde auch über Aufsichtsbefugnisse über Ratingagenturen verfügen sollte. Darüber hinaus sollte die Kommission weiterhin befugt sein, die Verträge durchzusetzen, insbesondere Titel VII Kapitel I des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) im Hinblick auf die gemeinsamen Wettbewerbsregeln gemäß den Bestimmungen, die zu ihrer Umsetzung angenommen wurden.
(4)
Mit der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) wurde die Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (ESMA) errichtet.
(5)
Der Zuständigkeitsbereich der ESMA sollte klar festgelegt werden, so dass die Finanzmarktteilnehmer die für die Tätigkeit der Ratingagenturen zuständige Behörde ermitteln können. Der ESMA sollten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) allgemeine Befugnisse auf dem Gebiet der Registrierung und laufenden Beaufsichtigung registrierter Ratingagenturen übertragen werden.
(6)
Die ESMA sollte die ausschließliche Zuständigkeit für die Registrierung und Beaufsichtigung von Ratingagenturen in der Union besitzen. Delegiert die ESMA spezifische Aufgaben an die zuständigen Behörden, so sollte sie weiterhin die rechtliche Verantwortung tragen. Leitende und weitere Mitarbeiter der zuständigen nationalen Behörden sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 in den Entscheidungsprozess innerhalb der ESMA einbezogen werden und den Gremien der ESMA, wie etwa dem Rat der Aufseher oder den internen Gremien der ESMA, als Mitglieder angehören. Die ESMA sollte die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen über den Informationsaustausch mit den Aufsichtsbehörden von Drittländern haben. Soweit die zuständigen Behörden am Entscheidungsprozess innerhalb der ESMA teilnehmen oder wenn sie Aufgaben im Namen der ESMA ausführen, sollten sie von diesen Kooperationsvereinbarungen erfasst werden.
(7)
Die Transparenz der Informationen, die der Emittent eines Finanzinstruments, für das ein Rating abgegeben wird, der Ratingagentur gewährt, könnte einen großen potenziellen zusätzlichen Nutzen für das Funktionieren des Binnenmarkts und den Anlegerschutz bieten. Deshalb sollte geprüft werden, wie man die Transparenz der Informationen, die den Ratings aller Finanzinstrumente zugrunde liegen, am besten ausweitet. Erstens würde die Offenlegung dieser Informationen gegenüber anderen registrierten oder zertifizierten Ratingagenturen wahrscheinlich den Wettbewerb zwischen den Ratingagenturen stärken, da dies insbesondere zu einer steigenden Anzahl unbeauftragter Ratings führen würde. Die Abgabe solcher unbeauftragter Ratings sollte die Verwendung von mehr als einem Rating pro Finanzinstrument fördern. Dies wird wahrscheinlich auch mögliche Interessenkonflikte, insbesondere aufgrund des „Modells des zahlenden Emittenten” , vermeiden helfen und dürfte die Qualität der Ratings erhöhen. Zweitens könnte die Offenlegung dieser Informationen gegenüber dem gesamten Markt auch die Fähigkeit der Anleger erhöhen, ihre eigenen Risikoanalysen anzustellen, indem sie ihre gebotene Sorgfalt auf diese zusätzlichen Informationen stützen. Eine solche Offenlegung könnte dazu führen, dass man sich weniger auf die von Ratingagenturen abgegebenen Ratings verlässt. Um diese grundlegenden Ziele zu erreichen, sollte die Kommission diese Fragen noch eingehender analysieren, indem sie den geeigneten Umfang dieser Verpflichtung zur Offenlegung unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf lokale Verbriefungsmärkte, des weiteren Dialogs mit interessierten Kreisen, der Überwachung der Entwicklungen des Marktes und der Regulierung sowie der Erfahrung anderer Länder weiter prüft. Die Kommission sollte unter Berücksichtigung dieser Bewertung geeignete Gesetzgebungsvorschläge vorlegen. Die Bewertung durch die Kommission und deren Vorschläge sollten die Festlegung neuer Transparenzpflichten in einer Weise ermöglichen, die am besten dazu geeignet ist, das Interesse der Öffentlichkeit zu befriedigen, und die am besten mit dem Anlegerschutz vereinbar ist.
(8)
Da Ratings in der gesamten Union genutzt werden, ist die herkömmliche Unterscheidung zwischen der zuständigen Herkunftslandbehörde und den anderen zuständigen Behörden sowie der Rückgriff auf die aufsichtliche Koordinierung durch Kollegien im Hinblick auf die Beaufsichtigung der Ratingagenturen nicht die zweckmäßigste Struktur. Nach der Errichtung der ESMA ist eine solche Struktur nicht länger erforderlich. Der Registrierungsprozess sollte folglich gestrafft und die Fristen entsprechend angepasst werden.
(9)
Die ESMA sollte für die Registrierung und laufende Beaufsichtigung der Ratingagenturen zuständig sein, nicht aber für die Überwachung der Nutzer von Ratings. Die zuständigen Behörden, die nach den einschlägigen sektoralen Rechtsvorschriften für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten, Wertpapierfirmen, Lebens- und Nichtlebensversicherungsunternehmen, Rückversicherungsunternehmen, Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung und alternativen Investmentfonds benannt wurden, sollten also weiterhin für die Überwachung der Verwendung der Ratings durch diese Finanzinstitute und Einrichtungen zuständig sein, die auf nationaler Ebene im Zusammenhang mit und für die Zwecke der Anwendung anderer Finanzdienstleistungsrichtlinien beaufsichtigt werden, sowie für die Überwachung der Verwendung von Ratings in Prospekten.
(10)
Es bedarf eines wirksamen Instruments, um harmonisierte technische Regulierungsstandards festzulegen, die die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 in der alltäglichen Praxis erleichtern sollen, und um sicherzustellen, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen und der angemessene Schutz von Anlegern und Verbrauchern in der gesamten Union gewährleistet sind. Es ist wirksam und angemessen, die ESMA, eine Einrichtung mit hochspezialisiertem Sachverstand, mit der Ausarbeitung von Entwürfen technischer Regulierungsstandards zu betrauen.
(11)
Im Bereich der Ratingagenturen sollte die ESMA der Kommission Entwürfe technischer Regulierungsstandards für die Angaben, die Ratingagenturen in ihrem Antrag auf Registrierung machen müssen, für die Informationen, die Ratingagenturen für den Antrag auf Zertifizierung und für eine Bewertung ihrer systemischen Bedeutung für die Finanzstabilität bzw. Integrität der Finanzmärkte vorlegen müssen, für die Präsentation der Angaben, einschließlich Struktur, Format, Methode und Berichterstattungszeitraum, die Ratingagenturen für die Bewertung, ob die Ratingmethoden die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 erfüllen, offenzulegen haben, sowie für Inhalt und Format der periodischen Übermittlung von Ratingdaten, zu der die Ratingagenturen für die Zwecke der laufenden Beaufsichtigung durch die ESMA aufzufordern sind, unterbreiten. Die Kommission sollte diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 billigen, um ihnen verbindliche Rechtswirkung zu verleihen. Bei der Erstellung ihrer Entwürfe technischer Regulierungsstandards sollte die ESMA die bereits vom Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden aufgestellten Leitlinien berücksichtigen und sie, wenn dies zweckmäßig und erforderlich ist, im Hinblick auf den Inhalt der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 aktualisieren.
(12)
In von den technischen Regulierungsstandards nicht abgedeckten Bereichen sollte die ESMA befugt sein, unverbindliche Leitlinien zu Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 abzugeben und auf dem neuesten Stand zu halten.
(13)
Um ihre Aufgaben wirksam wahrzunehmen, sollte die ESMA durch einfaches Ersuchen oder durch Beschluss die Ratingagenturen, die an Ratingtätigkeiten beteiligten Personen, die bewerteten Unternehmen und mit diesen verbundenen Dritten sowie Dritte, an die die Ratingagenturen operative Aufgaben ausgelagert haben, und sonstige Personen, die anderweitig in einer engen und wesentlichen Beziehung oder Verbindung zu Ratingagenturen oder Ratingtätigkeiten stehen, auffordern können, ihr alle notwendigen Informationen zu übermitteln. Die letztgenannte Gruppe von Personen sollte beispielsweise Mitarbeiter einer Ratingagentur umfassen, die zwar nicht unmittelbar an den Ratingtätigkeiten beteiligt sind, aber aufgrund ihrer Aufgaben innerhalb der Ratingagentur im Besitz wichtiger Informationen über einen bestimmten Sachverhalt sein können. Zu dieser Gruppe können auch Unternehmen zählen, die Dienstleistungen für die Ratingagentur erbracht haben. Unternehmen, die die Ratings nutzen, sollten nicht zu dieser Gruppe zählen. Fordert die ESMA diese Informationen durch einfaches Ersuchen an, ist der Adressat nicht zu deren Übermittlung verpflichtet, doch dürfen die übermittelten Informationen im Falle einer freiwilligen Übermittlung nicht falsch oder irreführend sein. Diese Informationen sollten unverzüglich verfügbar gemacht werden.
(14)
Um ihre Aufsichtsbefugnisse wirksam auszuüben, sollte die ESMA Untersuchungen und Prüfungen vor Ort durchführen können.
(15)
Die zuständigen Behörden sollten alle nach der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 vorgeschriebenen Informationen übermitteln sowie die ESMA unterstützen und mit ihr zusammenarbeiten. Die ESMA und die zuständigen Behörden sollten auch eng mit den sektoralen Behörden zusammenarbeiten, die für die Beaufsichtigung der in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 genannten Unternehmen zuständig sind. Die ESMA sollte spezifische Aufsichtsaufgaben an die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats delegieren können, wie z. B. für den Fall, dass eine Aufsichtsaufgabe Kenntnisse der Bedingungen vor Ort und entsprechende Erfahrungen voraussetzt, die auf nationaler Ebene leichter verfügbar sind. Zu der Art von Aufgaben, die delegiert werden können sollten, zählt die Durchführung spezifischer Untersuchungen und Prüfungen vor Ort. Bevor die ESMA Aufgaben delegiert, sollte sie die jeweils zuständige Behörde hinsichtlich der genauen Bedingungen für die Delegation von Aufgaben konsultieren; dazu gehören der Umfang der zu delegierenden Aufgabe, der Zeitplan für die Ausführung der Aufgabe und die Übermittlung erforderlicher Informationen durch und an die ESMA. Die ESMA sollte den zuständigen Behörden für die Ausführung einer delegierten Aufgabe eine Vergütung gemäß der von der Kommission durch einen delegierten Rechtsakt erlassenen Gebührenverordnung gewähren. Die Befugnis zum Erlass von Beschlüssen über die Registrierung sollte die ESMA nicht delegieren dürfen.
(16)
Es ist erforderlich sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden die ESMA darum ersuchen können zu prüfen, ob die Bedingungen für den Widerruf der Registrierung einer Ratingagentur erfüllt sind, und sie um die Aussetzung der Verwendung der Ratings einer Ratingagentur ersuchen können, wenn bei letzterer davon ausgegangen wird, dass sie schwerwiegend und anhaltend gegen die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 verstößt. Die ESMA sollte diese Ersuchen bewerten und eventuell zweckmäßige Maßnahmen ergreifen.
(17)
Die ESMA sollte Zwangsgelder verhängen können, um die Ratingagenturen zu zwingen, einen Verstoß zu beenden, die von der ESMA angeforderten vollständigen Informationen zu übermitteln oder sich einer Untersuchung oder einer Prüfung vor Ort zu stellen.
(18)
Stellt die ESMA fest, dass gegen die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 vorsätzlich oder fahrlässig verstoßen wurde, sollte sie Geldbußen gegen Ratingagenturen verhängen können. Die Geldbußen sollten gemäß der Schwere der Verstöße verhängt werden. Die Verstöße sollten in verschiedene Gruppen unterteilt werden, für die spezifische Geldbußen festgesetzt werden sollten. Zur Berechnung der Geldbußen im Zusammenhang mit einem spezifischen Verstoß sollte die ESMA ein zweistufiges Verfahren anwenden, das aus der Festlegung eines Grundbetrags und gegebenenfalls der Anpassung des Grundbetrags durch bestimmte Anpassungskoeffizienten besteht. Der Grundbetrag sollte unter Berücksichtigung des Umsatzes der betreffenden Ratingagentur festgesetzt werden, und die Anpassungen sollten dadurch erfolgen, dass der Grundbetrag durch die Anwendung der entsprechenden Koeffizienten entsprechend dieser Verordnung erhöht oder verringert wird.
(19)
Diese Verordnung legt Koeffizienten für erschwerende und mildernde Umstände fest, um der ESMA die notwendigen Hilfsmittel an die Hand zu geben, um eine Geldbuße beschließen zu können, die der Schwere eines durch die Ratingagentur begangenen Verstoßes unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen der Verstoß begangen wurde, angemessen ist.
(20)
Bevor die ESMA beschließt, Geldbußen oder Zwangsgelder zu verhängen, sollte sie den Personen, gegen die Verfahren eingeleitet worden sind, die Gelegenheit zur Anhörung geben, um deren Verteidigungsrechte zu wahren.
(21)
Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin befugt sein, die Vorschriften für die Sanktionen festzulegen und umzusetzen, die auf einen Verstoß gegen die Pflicht der Finanzinstitute und anderer Unternehmen anwendbar sind, zu Regulierungszwecken nur die von gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 registrierten Ratingagenturen abgegebenen Ratings zu verwenden.
(22)
Die vorliegende Verordnung sollte keinen Präzedenzfall für die Verhängung finanzieller und nichtfinanzieller Sanktionen durch die Europäischen Aufsichtsbehörden gegen Finanzmarktteilnehmer oder andere Unternehmen im Zusammenhang mit anderen Arten von Tätigkeiten schaffen.
(23)
Die ESMA sollte davon absehen, Geldbußen oder Zwangsgelder zu verhängen, wenn ein früherer Freispruch oder eine frühere Verurteilung aufgrund identischer Tatsachen oder im Wesentlichen gleichartiger Tatsachen als Ergebnis eines Strafverfahrens nach nationalem Recht Rechtskraft erlangt hat.
(24)
Die Beschlüsse der ESMA, mit denen Geldbußen und Zwangsgelder verhängt werden, sollten vollstreckbar sein und ihre Zwangsvollstreckung sollte nach den Vorschriften des Zivilprozessrechts des Staates erfolgen, in dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet. Die Vorschriften des Zivilprozessrechts sollten keine Strafverfahrensvorschriften umfassen, jedoch sollte es möglich sein, dass sie Verwaltungsverfahrensvorschriften einschließen.
(25)
Im Falle eines Verstoßes einer Ratingagentur gegen die Bestimmungen sollte die ESMA befugt sein, eine Reihe von Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen, wie — einschließlich, aber nicht nur — die Aufforderung an die Ratingagentur, den Verstoß zu beenden, die Verwendung der Ratings für aufsichtsrechtliche Zwecke auszusetzen, der Ratingagentur vorübergehend die Abgabe von Ratings zu untersagen und — als letztes Mittel — ihre Registrierung zu widerrufen, wenn sie schwerwiegend oder wiederholt gegen die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 verstoßen hat. Die Aufsichtsmaßnahmen sollten von der ESMA angewandt werden, wobei der Wesensart und der Schwere des Verstoßes Rechnung getragen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden sollte. Bevor die ESMA über Aufsichtsmaßnahmen beschließt, sollte sie den Personen, gegen die Verfahren eingeleitet worden sind, Gelegenheit zur Anhörung geben, um deren Verteidigungsrechte zu wahren.
(26)
Diese Verordnung berücksichtigt die Grundrechte und beachtet die Grundsätze, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und durch die Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten anerkannt werden. Sie sollte daher im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen ausgelegt und angewandt werden, einschließlich deren, die die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit in den Medien betreffen, sowie im Einklang mit dem Recht von Personen, die die Verfahrenssprache des Gerichts nicht sprechen oder nicht verstehen, auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen als Teil des allgemeinen Rechts auf ein faires Verfahren.
(27)
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es zweckmäßig, klare Übergangsmaßnahmen für die Übermittlung von Unterlagen und Arbeitsdokumenten der zuständigen Behörden an die ESMA festzulegen.
(28)
Die von der zuständigen Behörde bewilligte Registrierung einer Ratingagentur sollte nach der Übertragung der Aufsichtsbefugnisse von den zuständigen Behörden auf die ESMA in der gesamten Union gültig bleiben.
(29)
Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 290 AEUV zu erlassen, um die Kriterien weiter zu präzisieren oder zu ändern, die bei der Bewertung der Gleichwertigkeit des Regelungs- und Kontrollrahmens eines Drittlandes zugrunde gelegt werden, um den Entwicklungen auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen, eine Gebührenverordnung sowie detaillierte Vorschriften über Geldbußen und Zwangsgelder anzunehmen und die Anhänge der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 zu ändern. Es ist von besonderer Wichtigkeit, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt.
(30)
Die Kommission sollte bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte eine frühzeitige und kontinuierliche Übermittlung von Informationen einschlägiger Dokumente an das Europäische Parlament und den Rat sicherstellen.
(31)
Das Europäische Parlament und der Rat sollten gegen einen delegierten Rechtsakt innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Datum der Übermittlung Einwände erheben können. Bei wesentlichen Bedenken sollte es möglich sein, diese Frist auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates um drei Monate zu verlängern. Das Europäische Parlament und der Rat sollten den anderen Organen auch mitteilen können, dass sie nicht die Absicht haben, Einwände zu erheben. Diese frühzeitige Billigung delegierter Rechtsakte ist besonders dann angezeigt, wenn Fristen eingehalten werden müssen, was beispielsweise dann der Fall ist, wenn der Basisrechtsakt Zeitpläne für den Erlass delegierter Rechtsakte durch die Kommission vorsieht.
(32)
In der Erklärung zu Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die der Schlussakte der Regierungskonferenz, auf der der Vertrag von Lissabon angenommen wurde, beigefügt ist, hat die Konferenz zur Kenntnis genommen, dass die Kommission beabsichtigt, bei der Ausarbeitung ihrer Entwürfe für delegierte Rechtsakte im Bereich der Finanzdienstleistungen nach ihrer üblichen Vorgehensweise weiterhin von den Mitgliedstaaten benannte Experten zu konsultieren.
(33)
Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr(6) gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Zwecke der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009.
(34)
Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr(7) gilt in vollem Umfang für die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Zwecke der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009.
(35)
Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Schaffung eines effizienten und wirksamen Aufsichtsrahmens für Ratingagenturen durch die Betrauung einer einzigen Aufsichtsbehörde mit der Beaufsichtigung von Ratingtätigkeiten in der Union und somit der Schaffung eines einzigen Ansprechpartners für Ratingagenturen und der Gewährleistung einer konsistenten Anwendung der Vorschriften für Ratingagenturen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen der unionsweiten Struktur und Auswirkungen der zu beaufsichtigenden Ratingtätigkeiten besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union gemäß dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(36)
Die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 337 vom 14.12.2010, S. 1.

(2)

ABl. C 54 vom 19.2.2011, S. 37.

(3)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2010 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 11. April 2011.

(4)

ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84.

(5)

ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1.

(6)

ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

(7)

ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

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