Artikel 3 VO (EU) 2012/528
Begriffsbestimmungen
(1) Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
- a)
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„Biozidprodukt”
- —
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jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch in der Form, in der er/es zum Verwender gelangt, und der/das aus einem oder mehreren Wirkstoffen besteht, diese enthält oder erzeugt, der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen;
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jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch, der/das aus Stoffen oder Gemischen erzeugt wird, die selbst nicht unter den ersten Gedankenstrich fallen und der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen.
Eine behandelte Ware mit einer primären Biozidfunktion gilt als Biozidprodukt.
- b)
- „Mikroorganismus” eine zelluläre oder nichtzelluläre mikrobiologische Einheit einschließlich niederer Pilze, Viren, Bakterien, Hefen, Schimmelpilze, Algen, Protozoen und mikroskopisch sichtbarer parasitärer Helminthen, die zur Vermehrung oder zur Weitergabe von genetischem Material fähig sind;
- c)
- „Wirkstoff” einen Stoff oder einen Mikroorganismus, der eine Wirkung auf oder gegen Schadorganismen entfaltet;
- d)
- „alter Wirkstoff” einen Stoff, der am 14. Mai 2000 als Wirkstoff eines Biozidprodukts für andere Zwecke als die wissenschaftliche oder die produkt- und verfahrensorientierte Forschung und Entwicklung im Verkehr war;
- e)
- „neuer Wirkstoff” einen Stoff, der am 14. Mai 2000 nicht als Wirkstoff eines Biozidprodukts für andere Zwecke als die wissenschaftliche oder die produkt- und verfahrensorientierte Forschung und Entwicklung im Verkehr war;
- f)
-
„bedenklicher Stoff” jeden Stoff, der kein Wirkstoff ist, der aber aufgrund seiner Beschaffenheit unmittelbar oder mit zeitlicher Verzögerung auftretende nachteilige Wirkungen auf Menschen, insbesondere gefährdete Gruppen, haben kann und in einem Biozidprodukt in hinreichender Konzentration enthalten ist oder entsteht, um das Risiko einer solchen Wirkung zu bergen.
Dabei handelt es sich normalerweise um folgende Stoffe, es sei denn, es bestehen andere Gründe für Bedenken:
- —
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einen Stoff, der als gefährlich gemäß der Richtlinie 67/548/EWG eingestuft wurde oder die Kriterien für die Einstufung als gefährlich erfüllt und der in dem Biozidprodukt in einer Konzentration vorhanden ist, aufgrund deren das Produkt als gefährlich im Sinne der Artikel 5, 6 und 7 der Richtlinie 1999/45/EG anzusehen ist, oder
- —
-
einen Stoff, der als gefährlich gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 eingestuft wurde oder die Kriterien für die Einstufung als gefährlich erfüllt und der in dem Biozidprodukt in einer Konzentration vorhanden ist, aufgrund deren das Produkt als gefährlich im Sinne der genannten Verordnung anzusehen ist;
- —
-
einen Stoff, der die folgenden Kriterien erfüllt: persistenter organischer Schadstoff (POP) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 850/2004 oder „persistent” , „bioakkumulierbar” und „toxisch” (PBT) oder „sehr persistent” und „sehr bioakkumulierbar” (vPvB) gemäß Anhang XIII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006;
- g)
- „Schadorganismus” einen Organismus, einschließlich Krankheitserreger, der für Menschen, für Tätigkeiten des Menschen oder für Produkte, die von Menschen verwendet oder hergestellt werden, oder für Tiere oder die Umwelt unerwünscht oder schädlich ist;
- h)
- „Rückstand” einen Stoff, der in oder auf Erzeugnissen pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, in Wasserressourcen, im Trinkwasser, in oder auf Lebens- und Futtermitteln oder anderweitig in der Umwelt vorhanden ist und dessen Vorhandensein von der Verwendung von Biozidprodukten herrührt, einschließlich der Metaboliten und Abbau- oder Reaktionsprodukte eines solchen Stoffes;
- i)
- „Bereitstellung auf dem Markt” jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Biozidprodukts oder einer behandelten Ware zum Vertrieb oder zur Verwendung im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit;
- j)
- „Inverkehrbringen” die erste Bereitstellung eines Biozidprodukts oder einer behandelten Ware auf dem Markt;
- k)
- „Verwendung” alle mit einem Biozidprodukt durchgeführten Maßnahmen, einschließlich Lagerung, Handhabung, Mischung und Anwendung, außer Maßnahmen, die zur Ausfuhr des Biozidprodukts oder der behandelten Ware aus der Union stattfinden;
- l)
- „behandelte Waren” alle Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse, die mit einem oder mehreren Biozidprodukten behandelt wurden oder die ein oder mehrere Biozidprodukte absichtlich enthalten;
- m)
- „nationale Zulassung” einen Verwaltungsakt, mit dem die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats das Bereitstellen auf dem Markt und die Verwendung eines Biozidprodukts oder einer Biozidproduktfamilie in dessen Hoheitsgebiet oder einem Teil desselben zulässt;
- n)
- „Unionszulassung” einen Verwaltungsakt, mit dem die Kommission das Bereitstellen auf dem Markt und die Verwendung eines Biozidprodukts oder einer Biozidproduktfamilie im Unionsgebiet oder in einem Teil desselben zulässt;
- o)
- „Zulassung” eine nationale Zulassung, eine Unionszulassung oder eine Zulassung gemäß Artikel 26;
- p)
- „Zulassungsinhaber” die in der Union niedergelassene Person, die für das Inverkehrbringen eines Biozidprodukts in einem bestimmten Mitgliedstaat oder in der Union verantwortlich und in der Zulassung genannt ist.;
- q)
- „Produktart” eine der in Anhang V aufgeführten Produktarten;
- r)
- „einziges Biozidprodukt” ein Biozidprodukt ohne absichtliche Abweichung beim Prozentanteil der enthaltenen Wirkstoffe oder nicht wirksamen Stoffe;
- s)
-
„Biozidproduktfamilie” eine Gruppe von Biozidprodukten
- i)
- für den gleichen Verwendungszweck,
- ii)
- mit denselben Wirkstoffen,
- iii)
- von ähnlicher Zusammensetzung mit spezifizierten Abweichungen und
- iv)
- mit ähnlichen Risikopotenzialen und von ähnlich starker Wirksamkeit;
- t)
- „Zugangsbescheinigung” ein vom Dateneigner oder seinem Stellvertreter unterzeichnetes Originaldokument, in dem festgestellt wird, dass die betreffenden Daten von zuständigen Behörden, der Agentur oder der Kommission zum Zwecke dieser Verordnung zum Vorteil einer dritten Partei verwendet werden dürfen;
- u)
- „Lebensmittel” und „Futtermittel” Lebensmittel gemäß der Definition in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und Futtermittel gemäß der Definition in Artikel 3 Nummer 4 der genannten Verordnung;
- v)
- „Verarbeitungshilfsstoffe” alle Stoffe im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 oder des Artikels 2 Absatz 2 Buchstabe h der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003;
- w)
- „technische Äquivalenz” die Ähnlichkeit in Bezug auf die chemische Zusammensetzung und das Gefahrenprofil eines Stoffs, der entweder aus einer anderen Quelle als der Referenzquelle oder der, nach einer Veränderung des Produktionsverfahrens und/oder des Produktionsortes, aus der Referenzquelle, stammt, im Vergleich zu dem Stoff aus der Referenzquelle, für den die ursprüngliche Risikobewertung durchgeführt wurde, wie in Artikel 54 festgelegt;
- x)
- „Agentur” die durch die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 errichtete Europäische Agentur für chemische Stoffe;
- y)
- „Werbung” ein Mittel zur Förderung des Verkaufs oder der Verwendung von Biozidprodukten durch gedruckte, elektronische oder andere Medien;
- z)
-
„Nanomaterial” einen natürlichen oder hergestellten Wirkstoff oder nicht wirksamen Stoff, der Partikel in ungebundenem Zustand, als Aggregat oder als Agglomerat enthält und bei dem mindestens 50 % der Partikel in der Anzahlgrößenverteilung ein oder mehrere Außenmaße im Bereich von 1 nm bis 100 nm haben.
Fullerene, Graphenflocken und einwandige Kohlenstoff-Nanoröhren mit einem oder mehreren Außenmaßen unter 1 nm sind als Nanomaterialien zu betrachten.
Für die Definition von Nanomaterialien gelten für „Partikel” , „Agglomerat” und „Aggregat” folgende Begriffsbestimmungen:
- —
-
„Partikel” ist ein sehr kleines Teilchen einer Substanz mit definierten physikalischen Grenzen;
- —
-
„Agglomerat” ist eine Ansammlung schwach gebundener Partikel oder Aggregate, in der die resultierende Oberfläche ähnlich der Summe der Oberflächen der einzelnen Bestandteile ist;
- —
-
„Aggregat” ist ein Partikel aus fest gebundenen oder verschmolzenen Partikeln;
- aa)
- „verwaltungstechnische Änderung” eine rein verwaltungstechnische Änderung einer bestehenden Zulassung, die keine Änderungen der Eigenschaften oder der Wirksamkeit des Biozidprodukts bzw. der Biozidproduktfamilie beinhaltet;
- ab)
- „geringfügige Änderung” eine Änderung einer bestehenden Zulassung, die nicht als rein verwaltungstechnische Änderung angesehen werden kann und die nur eine begrenzte Neubewertung der Eigenschaften oder der Wirksamkeit des Biozidprodukts bzw. der Biozidproduktfamilie erfordert;
- ac)
- „erhebliche Änderung” eine Änderung einer bestehenden Zulassung, die weder eine verwaltungstechnische Änderung noch eine geringfügige Änderung ist;
- ad)
- „gefährdete Gruppen” Personen, die bei der Bewertung akuter und chronischer Gesundheitsauswirkungen von Biozidprodukten besonders zu berücksichtigen sind. Dazu zählen schwangere und stillende Frauen, Kinder im Mutterleib, Säuglinge, Kinder, ältere Menschen sowie Arbeitnehmer und Anrainer, die über einen längeren Zeitraum einer hohen Exposition gegenüber Biozidprodukten ausgesetzt sind;
- ae)
- „kleine und mittlere Unternehmen” bzw. „KMU” kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen(1).
(2) Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 für folgende Begriffe:
- a)
- „Stoff” ,
- b)
- „Gemisch” ,
- c)
- „Erzeugnis” ,
- d)
- „produkt- und verfahrensorientierte Forschung und Entwicklung” ,
- e)
- „wissenschaftliche Forschung und Entwicklung” .
(3) Die Kommission kann auf Antrag eines Mitgliedstaats im Wege von Durchführungsrechtsakten entscheiden, ob ein Stoff ein Nanomaterial ist, wobei sie insbesondere die Empfehlung 2011/696/EU der Kommission vom 18. Oktober 2011 zur Definition von Nanomaterialien(2) berücksichtigt, und ob ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Produktgruppe ein Biozidprodukt, eine behandelte Ware oder keines von beiden ist. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 82 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.
(4) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 83 zur Anpassung der in Absatz 1 Buchstabe z dieses Artikels aufgeführten Begriffsbestimmung von Nanomaterialien unter Berücksichtigung der Empfehlung 2011/696/EU an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt delegierte Rechtsakte zu erlassen.
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36.
ABl. L 275 vom 20.10.2011, S. 38.
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