Präambel VO (EU) 2012/60

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern(1) ( „Grundverordnung” ), insbesondere auf Artikel 11 Absatz 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission nach Anhörung des Beratenden Ausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.
VERFAHREN
1.1.
Geltende Maßnahmen
(1)
Mit der Verordnung (EG) Nr. 172/2008(2) ( „ursprüngliche Verordnung” ) führte der Rat einen endgültigen Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Ferrosilicium mit Ursprung unter anderem in Russland ein. Bei den Maßnahmen handelt es sich um einen Wertzoll in Höhe von 17,8 % bis 22,7 %. Die Untersuchung, die zu dieser Verordnung führte, wird nachstehend „Ausgangsuntersuchung” genannt.
1.2.
Überprüfungsantrag
(2)
Am 30. November 2009 erhielt die Europäische Kommission ( „Kommission” ) einen Antrag auf eine teilweise Interimsüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung ( „Interimsüberprüfung” ). Der von einem ausführenden Hersteller in Russland, Joint Stock Company (JSC) Chelyabinsk Electrometallurgical Integrated Plant, und dem mit ihm verbundenen Unternehmen Joint Stock Company (JSC) Kuznetsk Ferroalloy Works (nachfolgend zusammen als „Antragsteller” bezeichnet) eingereichte Antrag beschränkte sich auf die Untersuchung des Dumpingtatbestands in Bezug auf den Antragsteller. Für den Antragsteller gilt ein Antidumpingzollsatz von 22,7 %, der auf der Dumpingspanne des Antragstellers beruht.
(3)
Der Antragsteller machte in seinem Antrag geltend, dass sich in seinem Fall die Umstände, auf deren Grundlage die geltenden Maßnahmen eingeführt wurden, geändert hätten und diese Änderungen dauerhafter Art seien.
(4)
Der Antragsteller legte zudem Anscheinsbeweise dafür vor, dass in seinem Fall die Aufrechterhaltung der Maßnahme in ihrer jetzigen Höhe zum Ausgleich des Dumpings nicht mehr erforderlich ist. Den Angaben im Antrag zufolge hat ein Vergleich der Inlandspreise des Antragstellers mit den Preisen seiner Ausfuhren in die Union eine Dumpingspanne ergeben, die offenbar deutlich unter dem geltenden Zollsatz liegt.
1.3.
Einleitung einer Überprüfung
(5)
Die Kommission kam nach Anhörung des Beratenden Ausschusses zu dem Schluss, dass genügend Beweise für die Einleitung einer teilweisen Interimsüberprüfung vorlagen, und beschloss, eine auf die Prüfung des Dumpingtatbestandes in Bezug auf den Antragsteller beschränkte teilweise Interimsüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung einzuleiten. Am 27. Oktober 2010 veröffentlichte die Kommission eine Einleitungsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union(3) ( „Einleitungsbekanntmachung” ) und leitete die Untersuchung ein.
1.4.
Betroffene Ware und gleichartige Ware
(6)
Bei der von der Interimsüberprüfung betroffenen Ware handelt es sich um dieselbe Ware wie in der Ausgangsuntersuchung, d. h. Ferrosilicium mit Ursprung in Russland, das derzeit unter den KN-Codes 72022100, 72022910 und 72022990 eingereiht wird.
(7)
Die in Russland hergestellte und verkaufte Ware und die in die Union ausgeführte Ware haben dieselben grundlegenden materiellen und technischen Eigenschaften und Verwendungen; daher werden sie als gleichartige Waren im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Grundverordnung angesehen.
1.5.
Betroffene Parteien
(8)
Die Kommission unterrichtete den Wirtschaftszweig der Union, den Antragsteller und die Behörden des Ausfuhrlandes offiziell über die Einleitung der Interimsüberprüfung. Die interessierten Parteien erhielten Gelegenheit, schriftlich Stellung zu nehmen und eine Anhörung zu beantragen.
(9)
Die Kommission übermittelte dem Antragsteller Fragebogen, die fristgerecht beantwortet und zurückgesandt wurden. Sie holte alle Informationen ein, die sie für die Ermittlung des Dumpings als notwendig erachtete, prüfte sie und führte Kontrollbesuche an folgenden Standorten durch:
1.6.
Untersuchungszeitraum
(10)
Die Untersuchung betraf den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2010 ( „Untersuchungszeitraum der Überprüfung” oder „UZÜ” ).
2.
DAUERHAFTE VERÄNDERUNG DER UMSTÄNDE
2.1.
Vorbemerkungen
(11)
An erster Stelle wird daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung der EU-Gerichte(4) die Organe bei ihrer Prüfung der Notwendigkeit einer Beibehaltung der bestehenden Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung über ein weites Ermessen verfügen, wozu auch die Befugnis gehört, die voraussichtliche Entwicklung der Preise der betroffenen Ausführer zu beurteilen. Die Institutionen müssen die Argumente des Antragstellers, mit denen er begründet, warum sich die Umstände dauerhaft verändert haben und somit eine Verringerung oder sogar die Aufhebung des Zolls gerechtfertigt ist, in diesem Kontext prüfen.
(12)
Der Antragsteller brachte vor, es könne vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Veränderung der Umstände dauerhafter Natur sei; die Maßnahmen sollten in seinem Fall daher gesenkt oder sogar vollständig aufgehoben werden, da in absehbarer Zeit ein Wiederauftreten gedumpter Einfuhren generell bzw. auf einem Niveau, das mit dem in der Ausgangsuntersuchung festgestellten Niveau vergleichbar ist, unwahrscheinlich sei.
2.2.
In Bezug auf die Frage, ob der Antragsteller während des UZÜ auf dem EU-Markt weiterhin Dumping betreibt (5)
(13)
Bevor auf die verschiedenen Argumente des Antragstellers zur (angeblich) dauerhaften Natur der (angeblich) veränderten Umstände eingegangen wird, ist es sinnvoll, zuerst die Erwägungen der Institutionen zu der Frage, ob der Antragsteller während des UZÜ möglicherweise weiterhin auf dem EU-Markt Dumping betrieben hat, darzulegen.
2.2.1.
Normalwert
(14)
Zur Bestimmung des Normalwerts wurde zunächst geprüft, ob die gesamten von dem Unternehmen getätigten Inlandsverkäufe der gleichartigen Ware an unabhängige Abnehmer gemessen an seinen gesamten Ausfuhrverkäufen in die Union repräsentativ waren. Von einer solchen Repräsentativität wird nach Artikel 2 Absatz 2 der Grundverordnung ausgegangen, wenn die insgesamt auf dem Inlandsmarkt verkaufte Menge mindestens 5 % der gesamten in die Union verkauften Menge der betroffenen Ware ausmacht. Es wurde festgestellt, dass die vom Unternehmen getätigten Gesamtverkäufe der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt repräsentativ waren.
(15)
Anschließend wurde für die einzelnen Warentypen, die das Unternehmen auf seinem Inlandsmarkt verkaufte und die mit dem zur Ausfuhr in die Union verkauften Typ direkt vergleichbar waren, geprüft, ob die Inlandsverkäufe ausreichend repräsentativ im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der Grundverordnung waren. Die Inlandsverkäufe eines Warentyps wurden als hinreichend repräsentativ betrachtet, wenn die im UZÜ an unabhängige Abnehmer auf dem Inlandsmarkt verkaufte Gesamtmenge dieses Warentyps mindestens 5 % der insgesamt zur Ausfuhr in die Union verkauften Menge des vergleichbaren Warentyps entsprach.
(16)
Ferner wurde geprüft, ob die Inlandsverkäufe der einzelnen Warentypen als Geschäfte im normalen Handelsverkehr im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 der Grundverordnung angesehen werden konnten. Hierfür wurde für jeden ausgeführten Typ der betroffenen Ware der Anteil der gewinnbringenden Verkäufe an unabhängige Abnehmer auf dem Inlandsmarkt in jedem der Zeiträume ermittelt.
(17)
Für diejenigen Warentypen, bei denen mehr als 80 % der auf dem Inlandsmarkt abgesetzten Menge über den Stückkosten verkauft wurden und bei denen der gewogene durchschnittliche Verkaufspreis mindestens den Produktionsstückkosten entsprach, wurde der Normalwert je Warentyp als gewogener Durchschnitt der tatsächlichen Preise aller Inlandsverkäufe dieses Warentyps ermittelt, unabhängig davon, ob diese Verkäufe gewinnbringend waren oder nicht.
(18)
Wenn das Volumen der gewinnbringenden Verkäufe eines Warentyps 80 % oder weniger des gesamten Verkaufsvolumens dieses Typs ausmachte oder wenn der gewogene Durchschnittspreis des betreffenden Warentyps unter den Produktionsstückkosten lag, wurde dem Normalwert der tatsächliche Inlandspreis zugrunde gelegt, der als gewogener Durchschnitt ausschließlich der gewinnbringenden Inlandsverkäufe dieses Warentyps in jedem der Zeiträume ermittelt wurde.
(19)
In den Fällen, in denen die Inlandspreise eines bestimmten vom Unternehmen verkauften Warentyps zur Ermittlung des Normalwerts nicht herangezogen werden konnten, wurde der Normalwert nach Artikel 2 Absatz 3 der Grundverordnung rechnerisch ermittelt.
(20)
Bei der Ermittlung des Normalwertes nach Artikel 2 Absatz 3 der Grundverordnung wurden die Beträge für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne gemäß dem Einleitungssatz von Artikel 2 Absatz 6 der Grundverordnung anhand der Zahlen festgesetzt, die das Unternehmen bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichnete.
2.2.2.
Ausfuhrpreis
(21)
Die Ausfuhrverkäufe des Unternehmens in die Union werden über die schweizerische Filiale des mit ihm verbundenen Unternehmens RFAI abgewickelt, die alle mit der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union verbundenen Einfuhraufgaben, d. h. die Aufgaben eines verbundenen Einführers, wahrnahm.
(22)
Daher wurde der Ausfuhrpreis nach Artikel 2 Absatz 9 der Grundverordnung anhand der Preise ermittelt, zu denen die eingeführten Waren an den ersten unabhängigen Abnehmer weiterverkauft wurden, wobei für alle zwischen der Einfuhr und dem Weiterverkauf angefallenen Kosten eine Berichtigung vorgenommen und ein angemessener Betrag für VVG-Kosten und Gewinne hinzugerechnet wurde. Da keine neuen Informationen unabhängiger Einführer über die erzielten Gewinne vorlagen, wurde dabei für den Gewinn derselbe Prozentsatz wie in der Ausgangsuntersuchung angesetzt, nämlich 6 %.
(23)
Der Antragsteller forderte, dass RFAI als Teil derselben Wirtschaftseinheit (Single Economic Entity, SEE) behandelt werden sollte, und dass folglich bei der Ermittlung des Ausfuhrpreises für die VVG-Kosten und Gewinne von RFAI keine Abzüge vorgenommen werden sollten.
(24)
Dieser Forderung kann aus folgenden Gründen nicht stattgegeben werden:
(25)
Der Antragsteller forderte ferner, dass nach Artikel 11 Absatz 10 der Grundverordnung der Antidumpingzoll bei der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises nicht abgezogen werden sollte, da sich der Zoll in den Weiterverkaufspreisen und den späteren Verkaufspreisen in der EU ordnungsgemäß niederschlägt. Im Zusammenhang mit dieser Forderung hat die Untersuchung ergeben, dass die gewogenen durchschnittlichen Weiterverkaufspreise von Ferrosilicium in der Union im Vergleich zu den Preisen in der Ausgangsuntersuchung gestiegen sind und die derzeitigen Weiterverkaufspreise um mehr als 22,7 % über den Preisen in der Ausgangsuntersuchung liegen. Daher kann der Schluss gezogen werden, dass sich der Antidumpingzoll ordnungsgemäß in den Weiterverkaufspreisen des Antragstellers niederschlägt. Dieser Forderung des Antragstellers konnte daher stattgegeben werden, und bei der rechnerischen Ermittlung der Ausfuhrpreise nach Artikel 2 Absatz 9 der Grundverordnung wurden die Antidumpingzölle nicht abgezogen.
2.2.3.
Vergleich
(26)
Der Normalwert und der Ausfuhrpreis wurden auf der Stufe ab Werk miteinander verglichen. Im Interesse eines gerechten Vergleichs zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis wurden, soweit erforderlich und gerechtfertigt, nach Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung gebührende Berichtigungen für Transport-, Versicherungs-, Endabfertigungs- und Bereitstellungskosten, Kreditkosten sowie Provisionen vorgenommen.
2.2.4.
Dumpingspanne
(27)
Nach Artikel 2 Absatz 11 der Grundverordnung wurde der gewogene durchschnittliche Normalwert je Warentyp mit dem gewogenen durchschnittlichen Ausfuhrpreis des entsprechenden Typs der betroffenen Ware verglichen. Dieser Vergleich ergab das Vorliegen von Dumping.
(28)
Bei der Berechnung der Dumpingspanne stellten die Institutionen wie bereits in der Ausgangsuntersuchung fest, dass CHEM und KF eng miteinander verbunden sind. Wie in der Ausgangsuntersuchung wurde im Einklang mit dem bei den Institutionen üblichen Standardverfahren für den gesamten Konzern eine einzige Dumpingspanne berechnet. Bei der dazu für die endgültige Unterrichtung eingesetzten Methode wurde die Dumpingspanne für jeden ausführenden Hersteller einzeln berechnet, bevor eine gewogene durchschnittliche Dumpingspanne für den gesamten Konzern ermittelt wurde. Es wird darauf hingewiesen, dass sich diese Methode von der in der Ausgangsuntersuchung eingesetzten Methode unterschied, bei der die Berechnung der Dumpingspanne durch Zusammenfassen aller relevanten Daten über Inlandsverkäufe, Produktionskosten, Rentabilität und Verkäufe in der Union der Produktionseinheiten erfolgte. Der Antragsteller brachte vor, die Anwendung dieser Methode stünde im Widerspruch zu Artikel 11 Absatz 9 der Grundverordnung. Auch auf diese Frage wird unter Ziffer 2.3 eingegangen.
2.3.
Analyse der Reaktionen auf die endgültige Unterrichtung im Zusammenhang mit der Dumpingspanne während des UZÜ
(29)
Der Antragsteller gab mehrere Stellungnahmen zu bestimmten Aspekten der Berechnungen wie beispielsweise Produktionskosten, VVG, Gewinnspanne, Normalwert und Berichtigungen ab. Alle Stellungnahmen wurden geprüft und etwaige sachliche Fehler wurden berichtigt. Die endgültigen Feststellungen wurden entsprechend geändert.
(30)
Außerdem forderte der Antragsteller die Kommission auf, die Dumpingspanne auf der Grundlage eines von ihm selbst für die Zwecke dieser Untersuchung errechneten Cites-Wertes auszudrücken und bezog sich dazu auf Artikel 2 Absatz 9 der Grundverordnung. Die Forderung wurde damit begründet, dass der bei den Zollbehörden angemeldete Preis ein Verrechnungspreis sei, der vielleicht für Zollzwecke korrekt sei, jedoch nicht bei der Berechnung der Dumpingspannen in Antidumpingverfahren verwendet werden dürfe. Diese Forderung muss zurückgewiesen werden, da die Differenz zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert, d. h. die Dumpingspanne, auf der Grundlage ausgedrückt werden sollte, die von den Zollbehörden später auch zur Bestimmung des zu erhebenden Zolls verwendet wird. Dabei handelt es sich um den Cites-Wert, der vom Antragsteller bei den Zollbehörden angemeldet wird. Folglich wurde bei den Berechnungen dieser Wert verwendet.
(31)
Im Zusammenhang mit der Berechnung der Produktionskosten beanstandete der Antragsteller, dass die Kommission bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwertes den durchschnittlichen von einem unabhängigen Lieferanten verlangten Kaufpreis eines Hauptkostenfaktors verwendet hat statt des tatsächlich an einen verbundenen Lieferanten gezahlten Preises für den gleichen Kostenfaktor. Diese Forderung muss zurückgewiesen werden, da der vom verbundenen Lieferanten in Rechnung gestellte Preis erheblich niedriger war als der für den gleichen Rohstoff an einen unabhängigen Lieferanten gezahlte Preis. Dieser Preis kann daher nicht als Fremdvergleichspreis betrachtet werden. Der Kostenfaktor musste also berichtigt werden.
(32)
Nach der Unterrichtung machte der Antragsteller geltend, dass die Verpackungskosten beim Vergleich der Ausfuhrpreise mit den Normalwerten nicht einheitlich behandelt wurden. Diese Frage wurde geprüft und etwaige sachliche Fehler wurden berichtigt.
(33)
Der Antragsteller nahm ferner Stellung zum Ausschluss der Ausfuhrgeschäfte eines bestimmten Warentyps. Die Verkäufe dieses Warentyps in der Union machten weniger als 5 % der vom Antragsteller während des UZÜ getätigten Verkäufe der betroffenen Ware in der Union aus. Dieses Argument muss abgelehnt werden, da weder Verkäufe dieses Warentyps auf dem Inlandsmarkt getätigt noch Angaben zu den spezifischen Produktionskosten gemacht wurden. Da dieser Warentyp während des UZÜ in geringen Mengen in die EU exportiert wurde, wurde es daher als unangebracht erachtet, den Normalwert auf der Grundlage der Herstellkosten anderer Warentypen zu berechnen und dann Berichtigungen für Unterschiede zwischen den Waren vorzunehmen.
(34)
Zusätzlich und wie oben erläutert gab der Antragsteller in seiner Reaktion auf die endgültige Unterrichtung ausführliche Kommentare ab, insbesondere zu zwei wichtigen Punkten der Berechnung der Dumpingspanne, nämlich i) zur Frage, ob CHEM, KF und RFAI eine Wirtschaftseinheit bilden(6) und ii) der Berechnung einer individuellen Dumpingspanne für CHEM einerseits und KF andererseits(7).
(35)
Hinsichtlich des ersten Vorbringens und insbesondere der vom Antragsteller in seiner Reaktion auf die endgültige Unterrichtung vorgebrachten Punkte ist Folgendes anzumerken.
(36)
Der Antragsteller bekräftigte seinen Standpunkt, dass die beiden ausführenden Hersteller und der verbundene Händler RFAI letztlich im Eigentum und unter Kontrolle der gleichen Besitzer seien und dass RFAI daher keine Autonomie habe und einfach die Anweisungen der Eigentümer des Antragstellers befolge. Er stimmte zwar allen unter Erwägungsgrund 24 aufgeführten Elementen zu, lehnte jedoch die entsprechenden Schlussfolgerungen der Institutionen ab, da diese Elemente keinen Einfluss auf die Frage hätten, ob CHEM, KF und RFAI eine Wirtschaftseinheit bilden.
(37)
Die Institutionen weisen die Stellungnahmen des Antragstellers zurück. Die oben aufgeführten Kriterien liefern, vor allem in ihrer Gesamtheit gesehen, eine stichhaltige Begründung für die Zurückweisung des Vorbringens des Antragstellers. Alle unter Erwägungsgrund 24 aufgeführten Elemente deuten auf eine Konzernstruktur hin, in der alle Unternehmen über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen und in der KF und CHEM sämtliche Aufgaben eines ausführenden Herstellers (Herstellung und Ausfuhr) übernehmen, während RFAI hauptsächlich die Rolle eines verbundenen Händlers/Einführers in der EU übernimmt.
(38)
Hinsichtlich des zweiten Vorbringens ist es nicht notwendig, zu dieser Angelegenheit im Rahmen dieser Überprüfung endgültig Stellung zu nehmen. Dies ergibt sich aus zwei Gründen. Erstens hätte, selbst wenn diesem Vorbringen (zusätzlich zu den je nach Fall akzeptierten Vorbringen unter Erwägungsgrund 29) stattgegeben würde, der Antragsteller den Untersuchungsergebnissen zufolge im UZÜ immer noch Dumping auf dem EU-Markt betrieben, und zwar mit einer Dumpingspanne von etwa 13 %. Zweitens gibt es, wie nachfolgend erläutert, derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die für den UZÜ festgestellte Dumpingspanne als dauerhaft anzusehen ist.
(39)
In seiner Reaktion auf die Unterrichtung über die endgültigen Feststellungen brachte der Wirtschaftszweig der Union vor, infolge der Überprüfung sollte der Zoll auf die Waren des Antragstellers erhöht werden, da vorausgesetzt, dass alle Vorbringen des Antragstellers zurückgewiesen werden würden, die im UZÜ festgestellte Dumpingspanne höher gewesen sei als der geltende Zoll. Da es jedoch, wie unten erläutert, keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine dauerhafte Veränderung der Umstände gibt, ist eine Änderung des Zollsatzes nicht gerechtfertigt, unabhängig davon, ob es sich um eine Anhebung oder eine Senkung handelt.
2.4.
Analyse der Frage, ob eine dauerhafte Veränderung der Umstände vorliegt, die eine Senkung oder Aufhebung des Zolls rechtfertigt
(40)
Trotz der Annahme einiger Forderungen des Antragstellers, wie oben beschrieben, wurde festgestellt, dass er während des UZÜ Dumping auf dem EU-Markt betrieben hat; die Dumpingspanne betrug wenigstens 13 %. Zudem gibt es, wie nachfolgend erläutert, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die für den UZÜ festgestellte Dumpingspanne als dauerhaft anzusehen ist.
(41)
Der Antragsteller begründete sein Vorbringen, warum eine dauerhafte Veränderung der Umstände vorliege, mit folgenden Argumenten:
(42)
i)
Zunächst verwies der Antragsteller auf die Veränderungen in der Struktur der Ausfuhrverkäufe der Unternehmensgruppe, die zusammen mit der Erschließung neuer Wachstumsmärkte auf allen Ausfuhrmärkten, auch dem EU-Markt, im Vergleich zu den in der Ausgangsuntersuchung festgestellten Preisen zu höheren Ausfuhrpreisen für Ferrosilicium geführt hätten. Der Antragsteller legte jedoch keine stichhaltigen Beweise für den Zusammenhang zwischen der neuen Unternehmensstruktur, der Erschließung neuer Wachstumsmärkte und den höheren Preisen auf dem EU-Markt vor. Auch die im Rahmen der Untersuchung getroffenen Feststellungen ergaben keinen Hinweis auf einen solchen Zusammenhang. Die Ausfuhrpreise im UZÜ waren zwar im Vergleich zu den im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung festgestellten Preisen eindeutig höher, doch waren sie gleichzeitig extremen Schwankungen unterworfen. So betrug beispielsweise im UZÜ der Unterschied zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Verkaufspreis pro Tonne des am häufigsten auf dem EU-Markt verkauften Produkts über 100 %. Ähnliche Schwankungen konnten auf dem Inlandsmarkt beobachtet werden, doch war die Preisentwicklung auf dem EU-Markt nicht vergleichbar mit der Preisentwicklung auf dem Inlandsmarkt. Dies trifft auch auf den dem UZÜ vorausgehenden Zwölfmonatszeitraum zu, der im Rahmen einer parallel stattfindenden Erstattungsuntersuchung genau geprüft wurde. Wie es scheint, haben die Ausfuhrpreise einfach die Entwicklung der Weltmarktpreise nachvollzogen.
(43)
Nach der Unterrichtung machte der Antragsteller ähnliche Argumente geltend. Es wurden jedoch wiederum unzureichende Beweise vorgelegt. Daher wird der Schluss gezogen, dass zu diesem Zeitpunkt keine hinreichenden Beweise dafür vorliegen, dass die vom Antragsteller praktizierten höheren Ausfuhrpreise auf andere Ursachen zurückzuführen sind als auf die geltenden Marktpreise (insbesondere diejenigen des EU-Marktes) während des UZÜ. Mit anderen Worten, es liegen keine ausreichenden Beweise dafür vor, dass die vom Antragsteller an der Exportstruktur seines Unternehmens vorgenommenen Änderungen die Ursache für diese höheren Preise waren und dass daher erwartet werden kann, dass diese Preise künftig gleich hoch oder sogar noch höher sein werden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die neue Struktur den Konzern effizienter gemacht hat, bedeutet dies im Gegensatz zu den Behauptungen des Antragstellers insbesondere nicht, dass sich seine Preise für Ausfuhren in die EU künftig auf einem hohen Niveau bewegen und dass kein Dumping praktiziert wird.
(44)
ii)
Zweitens erklärte der Antragsteller, die Preise seiner Ausfuhren auf andere Märkte lägen auf dem gleichen Niveau oder sogar höher als die Preise seiner Verkäufe in die Union. Es seien erhebliche Investitionen getätigt worden, um andere Märkte besser beliefern zu können. Deshalb entstünde durch eine Senkung oder Aufhebung der Antidumpingmaßnahmen für den Antragsteller kein Anreiz zur Steigerung der Ausfuhren in die EU und/oder zur Senkung der entsprechenden Ausfuhrpreise.
(45)
Dieses Vorbringen kann jedoch nicht zu einer Aufhebung oder Senkung der geltenden Maßnahmen führen. Es wird daran erinnert, dass der Antragsteller seinen eigenen Angaben zufolge auch während des UZÜ noch Dumping betrieb. Überdies betonte der Antragsteller selbst, dass die EU weiterhin einer seiner traditionellen Märkte bleibt. Dies wird bestätigt durch die Tatsache, dass die vom Antragsteller auf dem EU-Markt abgesetzten Mengen immer noch sehr hoch sind; vergleicht man die Verkaufsmengen mit dem EU-Verbrauch im UZ der Ausgangsuntersuchung(8), so machen sie einen bedeutenden Marktanteil aus (zwischen 5 % und 20 %; genaue Zahlen dürfen aus Gründen der Vertraulichkeit nicht genannt werden).
(46)
Nach der Unterrichtung bekräftigte der Antragsteller seine Feststellung, neue Marktchancen ergäben sich eher auf Märkten wie Indien, Asien und den Vereinigten Staaten als in der EU. Er legte jedoch keinerlei stichhaltige Beweise zur Bestätigung seiner Marktstrategien vor. Und da es einige Elemente gibt, die dieses Vorbringen nicht gerade unterstützen — die im UZÜ immer noch bestehende Dumpingspanne, der Mangel an Daten über andere Märkte und die Volatilität der Ausfuhrpreise auf dem internationalen Markt — muss es zurückgewiesen werden.
(47)
iii)
Drittens bleibt nach Ansicht des Antragstellers der russische Inlandsmarkt mit seiner bedeutenden Stahlproduktion einer seiner wichtigsten Märkte; die Nachfrage nach der gleichartigen Ware werde in Russland voraussichtlich steigen. Die Inlands- und Ausfuhrpreise von Ferrosilicium würden ferner viel schneller steigen als die Produktionskosten. Der Antragsteller werde seine Verkäufe auf dem Inlandsmarkt also wahrscheinlich weiter erhöhen, unter anderem auch deshalb, weil der einzige weitere Hersteller von Ferrosilicium in Russland nach einem vor kurzem erfolgten Eigentümerwechsel praktisch nur noch für den Eigenverbrauch produziere.
(48)
Selbst wenn all diese Behauptungen zutreffen sollten, bleibt immer noch die Tatsache bestehen, dass der Antragsteller während des UZÜ in erheblichem Umfang und zu schwankenden Preisen Dumping betrieb. Überdies deuten, wie oben erläutert, die vom Antragsteller im UZÜ auf dem EU-Markt abgesetzten Mengen nicht darauf hin, dass er sich von diesem Markt zurückgezogen hat oder dies in nächster Zukunft beabsichtigt.
(49)
Nach seiner Unterrichtung hob der Antragsteller in seiner Stellungnahme hervor, dass die einzige von der Kommission in der Unterrichtung angeführte Begründung, weshalb sie die Relevanz einer steigenden Nachfrage auf dem Inlandsmarkt nicht anerkenne, der Umfang der festgestellten Dumpingspanne sei. Außerdem stellte der Antragsteller fest, die Kommission habe zwar viele der zentralen Argumente im Zusammenhang mit dem russischen Markt als richtig anerkannt, jedoch nicht die angemessene Schlussfolgerung gezogen.
(50)
Diese Behauptungen müssen zurückgewiesen werden. Erstens sprechen nicht nur die Dumpingfeststellungen, sondern auch die festgestellten Volumen gegen dieses Argument. Zweitens stellen die Institutionen fest, dass die Behauptung, dass die Nachfrage nach der betroffenen Ware in Russland zunehmen werde und dass die Ausfuhrpreise des Konzerns viel schneller steigen würden als die Produktionskosten, weder von der Kommission als richtig anerkannt wurde noch durch schlüssige unabhängige Daten gestützt wird.
(51)
iv)
Viertens wies der Antragsteller darauf hin, dass seine russischen Ferrosilicium-Produktionsstätten seit Jahren voll ausgelastet seien, dass er nicht die Absicht habe, seine Gesamtproduktionskapazität für Ferrosilicium in absehbarer Zukunft zu steigern und dass sich keine Anhaltspunkte für das Gegenteil ergeben hätten.
(52)
Allerdings wurde nach der Finanzkrise von 2009 eine deutliche Zunahme der Kapazitäten festgestellt, und den Angaben des Antragstellers zufolge waren seine Kapazitäten im Vergleich zum Zeitraum vor der Finanzkrise von 2009 um 10 % bis 20 % (aus Vertraulichkeitsgründen angegebene Spanne) angestiegen.
(53)
Nach der Unterrichtung brachte der Antragsteller vor, dass ein Vergleich der Produktionskapazität nach dem UZÜ mit derjenigen im Referenzzeitraum nicht angebracht sei, da der Antragsteller die Finanzkrise von 2009 erwartet und die Produktionskapazität daher bereits reduziert habe. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden; dass die Kapazitäten um 10 % bis 20 % ausgeweitet wurden, ist gegenüber 2007 zu beobachten (und nicht gegenüber 2009, als die Kapazitäten auf einem Tiefststand waren). Außerdem kann die Finanzkrise von 2009 die Produktionskapazität des Antragstellers im Jahr 2007 nicht beeinflusst haben.
2.5.
Fazit: keine hinreichenden Beweise für eine dauerhafte Veränderung der Umstände
(54)
Die oben zusammengefasste Analyse der Behauptungen des Antragstellers ergab, dass derzeit keine hinreichenden Beweise für eine dauerhafte Veränderung der Umstände vorliegen. Die Ausfuhrpreise des Antragstellers und folglich seine Dumpingspannen werden wahrscheinlich weiterhin schwanken, insbesondere nach Maßgabe der Entwicklung der Weltmarktpreise. Die vom Antragsteller aufgezeigten veränderten Umstände können nicht als Beleg dafür angesehen werden, dass das Preisbildungsverhalten des Antragstellers im UZÜ von dauerhafter Natur ist. Daher wird der Schluss gezogen, dass es voreilig und daher nicht gerechtfertigt wäre, zu diesem Zeitpunkt den Zollsatz zu senken.
3.
VERPFLICHTUNGEN
(55)
Der Antragsteller bot zusammen mit dem mit ihm verbundenen Einführer eine Preisverpflichtung nach Artikel 8 Absatz 1 der Grundverordnung an.
(56)
Die Untersuchung bestätigte, dass der Preis der Ware sehr stark schwankt. Wie bereits unter Erwägungsgrund 42 erwähnt, wurde festgestellt, dass die Preise des Antragstellers in der Union im UZÜ erheblich schwankten. Die Ware ist folglich für eine feste Preisverpflichtung nicht geeignet. Zwar wurde vom Ausführer ein Indexierungsmechanismus vorgeschlagen, doch war es nicht möglich, eine Korrelation zwischen den Preisschwankungen der fertigen Ware und der vorgeschlagenen Indexierungsgrundlage herzustellen, insbesondere, da diese mit der fertigen Ware zusammenhing und sich auf Preise bezog, die durch gedumpte Einfuhren beeinflusst waren. Die vorgeschlagene Indexierung wurde daher als nicht angemessen befunden.
(57)
In Bezug auf die unternehmensspezifischen Risiken wurde festgestellt, dass angesichts der Komplexität der Unternehmensstruktur das Risiko von Ausgleichsgeschäften sehr hoch ist: Andere Waren als die betroffene Ware könnten über einen Händler außerhalb der EU an eine andere verbundene Geschäftsstelle in einem Drittland verkauft und anschließend wieder in die EU verkauft werden.
(58)
Da die Ware in unterschiedlichen Qualitäten existiert und größtenteils als lose Ware eingeführt wird, wäre es für die Zollbehörden nicht möglich, ohne Einzelanalysen bei jeder Transaktion die chemische Spezifikation der jeweiligen Ware (für die potenziell unterschiedliche Mindesteinfuhrpreise gelten könnten) zu bestimmen, was die Überwachung sehr aufwendig, wenn nicht undurchführbar machen würde.
(59)
Das Verpflichtungsangebot wurde daher abgelehnt.
4.
EINSTELLUNG DER ÜBERPRÜFUNG
(60)
Angesichts der Feststellungen zum Dumping und des fehlenden Nachweises der dauerhaften Veränderung der Umstände wird der Schluss gezogen, dass für JSC Chelyabinsk Electrometallurgical Integrated Plant und sein verbundenes Unternehmen JSC Kuznetsk Ferroalloy Works weiterhin der in der ursprünglichen Verordnung festgelegte Zollsatz von 22,7 % gelten sollte —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 51.

(2)

ABl. L 55 vom 28.2.2008, S. 6.

(3)

ABl. C 290 vom 27.10.2010, S. 15.

(4)

Siehe insbesondere [2009] Slg. II S. 4133. Rechtssache T-143/06 MTZ Polyfilms Ltd/Rat der Europäischen Union.

(5)

Wie unten erläutert, wurden Normalwert und Ausfuhrpreis zuerst für CHEM und KF getrennt berechnet und verglichen. Aus Gründen der Klarheit wurde in diesem Teil statt des Begriffs „Antragsteller” teilweise der Begriff „Unternehmen” verwendet, da sich „Antragsteller” , wie oben dargelegt, auf CHEM und KF zusammen bezieht.

(6)

Siehe Randnummer 23.

(7)

Siehe Randnummer 27.

(8)

Die Institutionen verwenden statt der Daten über den EU-Verbrauch während des UZÜ die Daten über den EU-Verbrauch im UZ der Ausgangsuntersuchung. Grund dafür ist, dass die Institutionen, da sich diese Überprüfung auf die Untersuchung des Dumpingtatbestands beschränkt und keine Schädigungsaspekte einbezieht, nicht über geprüfte Daten über den EU-Verbrauch während des UZÜ verfügen.

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