ANHANG I VO (EU) 2012/722
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1.
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RISIKOANALYSE UND RISIKOMANAGEMENT
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1.1.
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Begründung der Verwendung von tierischen Geweben oder Folgeerzeugnissen
Der Hersteller muss anhand seiner Gesamtstrategie für die Risikoanalyse und das Risikomanagement begründen, warum er für ein bestimmtes Medizinprodukt entschieden hat, Gewebe oder Folgeerzeugnisse tierischen Ursprungs im Sinne von Artikel 1 (unter Angabe von Tier- und Gewebearten sowie der Herkunft) zu verwenden, und berücksichtigt dabei den klinischen Nutzen, das etwaige Restrisiko und geeignete Alternativen (wie mit geringerem Risiko behaftete Gewebe oder synthetische Alternativen).- 1.2.
- Risikobewertungsverfahren
Zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für Patienten und Anwender muss der Hersteller von Produkten, für die Gewebe oder Folgeerzeugnisse tierischen Ursprungs nach Nummer 1.1 verwendet werden, eine geeignete und gut dokumentierte Strategie für die Risikoanalyse und das Risikomanagement anwenden, um alle wichtigen Aspekte im Zusammenhang mit TSE-Agenzien zu behandeln. Er muss die Gefährdung ermitteln und die mit diesen Geweben oder Folgeerzeugnissen verbundenen Risiken bewerten sowie eine Dokumentation über Maßnahmen zur Minimierung des Übertragungsrisikos und zum Nachweis der Annehmbarkeit des Restrisikos von Produkten erstellen, für die derartige Gewebe oder Folgeerzeugnisse verwendet werden; dabei berücksichtigt er den Verwendungszweck und den Nutzen des Produkts. Die Sicherheit eines Produkts bezogen auf sein Potenzial zur Übertragung infektiöser TSE-Agenzien hängt von den unter den Nummern 1.2.1 bis 1.2.8 beschriebenen Faktoren ab, die der Hersteller analysieren, bewerten und unter Kontrolle haben muss. Die Kombination dieser Maßnahmen bestimmt die Sicherheit des Produkts. Folgende Hauptschritte muss der Hersteller mindestens einhalten:- a)
- Auswahl von Ausgangsmaterial (Gewebe oder Folgeerzeugnisse), das im Hinblick auf eine mögliche Kontamination mit infektiösen TSE-Agenzien (siehe 1.2.1, 1.2.2, 1.2.3 und 1.2.4) als geeignet betrachtet wird, wobei im Weiteren der Gewinnung, der Behandlung, dem Transport, der Lagerung und der Weiterverarbeitung Rechnung zu tragen sind;
- b)
- Anwendung von Herstellungsverfahren, die infektiöse TSE-Agenzien aus überwachtem Ausgangsgewebe oder Folgeerzeugnissen beseitigen oder inaktivieren (siehe 1.2.5);
- c)
- Betrieb eines Systems zur Erfassung und Bewertung von Daten über die Herstellung und die Phase nach der Herstellung in Bezug auf Änderungen, die die Bewertung der Eignung der unter den Buchstaben a und b genannten Schritte beeinträchtigen könnten.
- 1.2.1.
- Tiere, von denen das Material stammt
Das TSE-Risiko steht im Zusammenhang mit der Spezies und der Rasse des Tieres sowie der Art des Ausgangsgewebes. Da sich die TSE-Infektiosität über eine Inkubationszeit von mehreren Jahren akkumuliert, wird die Verwendung von Material junger, gesunder Tiere als Faktor zur Risikoreduzierung betrachtet. Risikotiere wie Falltiere, notgeschlachtete Tiere und Tiere unter TSE-Verdacht sind als Materialspender auszuschließen.- 1.2.2.
- Geografische Herkunft
Bei der Bewertung des Risikos des Ursprungslandes ist der Entscheidung 2007/453/EG der Kommission vom 29. Juni 2007 zur Festlegung des BSE-Status von Mitgliedstaaten, Drittländern oder Gebieten davon nach ihrem BSE-Risiko(1) Rechnung zu tragen.- 1.2.3.
- Art des verwendeten Ausgangsgewebes
Der Hersteller muss die Klassifizierung der Risiken berücksichtigen, die mit den unterschiedlichen Arten von Ausgangsgewebe einhergehen, wie sie in der geänderten Fassung der „WHO Guidelines on Tissue Infectivity Distribution in Transmissible Spongiform Encephalopathies (2006)” (WHO-Leitlinien über die Verteilung der Gewebeinfektiosität bei transmissiblen spongiformen Enzephalopathien) dargelegt ist. Das tierische Gewebe muss so ausgewählt werden, dass die Rückverfolgbarkeit und die Unversehrtheit des Ausgangsgewebes gewährleistet ist. Die Tiere sind gegebenenfalls einer tierärztlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung zu unterziehen. Darüber hinaus findet die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 Anwendung. Unbeschadet der Bestimmung des nachfolgenden Absatzes ist nur Material der Kategorie 3 im Sinne von Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 zu verwenden. Der Hersteller darf keine Gewebe oder Folgeerzeugnisse tierischen Ursprungs verwenden, die als potenziell hoch TSE-infektiös eingestuft sind, es sei denn, die Verwendung derartigen Materials ist unter außergewöhnlichen Umständen erforderlich, und zwar bei erheblichem Nutzen für den Patienten und Fehlen eines alternativen Ausgangsgewebes. In Bezug auf Rinder, Schafe und Ziegen ist das in Anhang V der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 aufgeführte spezifizierte Risikomaterial (SRM) als potenziell hoch TSE-infektiös einzustufen.- 1.2.4.
- Kontrollen bei Schlachtung und Verarbeitung zur Verhinderung einer Kreuzkontamination
Der Hersteller hat sicherzustellen, dass das Risiko einer Kreuzkontamination während der Schlachtung, der Gewinnung, der Verarbeitung, der Behandlung, der Lagerung und des Transports minimiert wird.- 1.2.5.
- Inaktivierung oder Beseitigung infektiöser TSE-Agenzien
- 1.2.5.1.
- Für Produkte, die Inaktivierungs- oder Eliminierungsverfahren nicht ohne unannehmbare Beschädigung standhalten können, verlässt sich der Hersteller vornehmlich auf die Herkunftskontrolle.
- 1.2.5.2.
- Macht der Hersteller in Bezug auf andere Produkte geltend, dass infektiöse TSE-Agenzien durch die Herstellungsprozesse beseitigt oder inaktiviert werden, so muss dies auf geeignete Weise belegt werden.
Entsprechende aus der Auswertung sachdienlicher Literatur gewonnene Informationen können zur Begründung der Berufung auf Inaktivierungs- und Eliminierungsfaktoren verwendet werden, sofern die in der Literatur beschriebenen spezifischen Verfahren mit denen vergleichbar sind, die für das jeweilige Produkt verwendet werden. Eine solche Recherche und Analyse erstreckt sich auch auf die verfügbaren wissenschaftlichen Stellungnahmen, die gegebenenfalls von europäischen oder internationalen wissenschaftlichen Ausschüssen oder Einrichtungen abgegeben wurden. Diese Stellungnahmen sind bei divergierenden Meinungen als Referenz heranzuziehen.
Ergibt die Literaturrecherche keine Belege, so muss der Hersteller je nach Bedarf eine spezifische wissenschaftliche Inaktivierungs- oder Eliminierungsstudie durchführen, bei der Folgendes zu berücksichtigen ist:
- a)
- die ermittelte Gefährdung, die mit dem Gewebe verbunden ist;
- b)
- die Bezeichnung der relevanten Agenzien, die als Modelle dienen;
- c)
- die Begründung für die Wahl bestimmter Kombinationen von Agenzien, die als Modelle dienen;
- d)
- die Bezeichnung der Verfahrensstufe oder -phase, in der die infektiösen TSE-Agenzien eliminiert oder inaktiviert werden;
- e)
- die Dokumentation der Parameter für jede Studie zur Validierung der Inaktivierung oder Eliminierung von TSE;
- f)
- die Berechnung der Reduktionsfaktoren.
Der Hersteller muss anhand von auf geeignete Weise dokumentierten Verfahren sicherstellen, dass die validierten Verfahrensparameter bei der Routineherstellung auch angewendet werden.
In einem Abschlussbericht sind die Parameter für die Herstellung sowie die für die Effektivität des Inaktivierungs- oder Eliminierungsverfahrens maßgeblichen Grenzen festzulegen.
- 1.2.6.
- Zur Herstellung einer Einheit eines Medizinprodukts erforderliche Mengen von Gewebe oder Folgeerzeugnissen tierischen Ursprungs
Der Hersteller muss bewerten, wie viel Rohgewebe oder Folgeerzeugnisse tierischen Ursprungs für die Herstellung einer Einheit eines Medizinproduktes erforderlich sind. Er muss beurteilen, ob das Herstellungsverfahren möglicherweise zu einer Konzentration der infektiösen TSE-Agenzien im tierischen Ausgangsgewebe oder in den Folgeerzeugnissen führt.- 1.2.7.
- Gewebe oder Folgeerzeugnisse tierischen Ursprungs, die mit Patienten und Anwendern in Kontakt kommen
Der Hersteller muss Folgendes prüfen:- a)
- die Höchstmenge der Gewebe oder Folgeerzeugnisse tierischen Ursprungs, die bei Verwendung eines einzelnen Medizinprodukts mit dem Patienten oder Anwender in Kontakt kommen;
- b)
- das Ausmaß des Kontakts: die Fläche, die Art (z. B. Haut, Schleimhaut, Gehirn usw.) und den Zustand (z. B. gesund oder geschädigt);
- c)
- die Art der Gewebe oder Folgeerzeugnisse, die mit Patienten oder Anwendern in Kontakt kommen;
- d)
- die Dauer des vorgesehenen Körperkontakts (einschließlich Bioresorptionswirkung) und
- e)
- die Zahl der Medizinprodukte, die in einem bestimmten Verfahren bzw. möglichenfalls im Laufe der Lebenszeit eines Patienten oder Anwenders verwendet werden könnten.
- 1.2.8.
- Art der Verabreichung
Bei der Risikobewertung muss der Hersteller die in der Produktinformation angegebene Art der Verabreichung berücksichtigen.- 1.3.
- Überprüfung der Risikobewertung
Der Hersteller muss ein systematisches Verfahren zur Überprüfung der Informationen ausarbeiten und aufrechterhalten, die sich im Anschluss an die Herstellung des Medizinprodukts oder ähnlicher Produkte ergeben. Diese Informationen sind in Bezug auf ihre etwaige Bedeutung für die Sicherheit zu bewerten, insbesondere in folgenden Fällen:- a)
- Es wird eine bislang unbekannte Gefährdung festgestellt;
- b)
- das von einer Gefährdung ausgehende geschätzte Risiko hat sich geändert oder ist nicht mehr annehmbar;
- c)
- die ursprüngliche Bewertung ist aus anderen Gründen ungültig geworden.
- 2.
- BEWERTUNG DURCH DIE BENANNTEN STELLEN
Für die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Medizinprodukte muss der Hersteller den benannten Stellen im Sinne von Artikel 4 alle sachdienlichen Informationen vorlegen, damit diese eine Bewertung seiner Strategie für die Risikoanalyse und das Risikomanagement gemäß Artikel 5 Absatz 2 vornehmen können.- 2.1.
- Unterrichtung der benannten Stelle über Änderungen oder neue Informationen
Der benannten Stelle sind alle Änderungen in den Verfahren zur Herkunft, Gewinnung, Behandlung, Verarbeitung und Inaktivierung bzw. Eliminierung und alle vom Hersteller zusammengetragenen neuen Informationen über das TSE-Risiko zu melden, die für das Medizinprodukt von Bedeutung sind und das Ergebnis der Risikobewertung durch den Hersteller beeinflussen könnten; die benannte Stelle hat diese gegebenenfalls vor ihrer Umsetzung zu genehmigen.- 2.2.
- Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Zertifikaten
Bei ihrer Entscheidung über die Verlängerung der Gültigkeitsdauer einer EG-Auslegungsprüfbescheinigung oder einer EG-Baumusterprüfbescheinigung um höchstens fünf weitere Jahre gemäß Artikel 9 Absatz 8 der Richtlinie 90/385/EWG bzw. Artikel 11 Absatz 11 der Richtlinie 93/42/EWG prüft die benannte Stelle für die Zwecke der vorliegenden Verordnung mindestens Folgendes:- a)
- eine aktualisierte Begründung für die Verwendung von Gewebe oder Folgeerzeugnissen tierischen Ursprungs einschließlich eines Vergleichs mit mit geringerem Risiko behaftetem Gewebe oder synthetischen Alternativen;
- b)
- eine aktualisierte Risikoanalyse;
- c)
- eine aktualisierte klinische Bewertung;
- d)
- aktualisierte Prüfdaten und/oder Begründungen, beispielsweise in Bezug auf die aktuellen harmonisierten Normen;
- e)
- alle Änderungen, die seit Ausstellung des ursprünglichen Zertifikats (oder der letzten Verlängerung seiner Gültigkeitsdauer) vorgenommen wurden und das TSE-Risiko beeinflussen könnten;
- f)
- den Nachweis, dass die Auslegungsdokumentation in Bezug auf das TSE-Risiko weiterhin dem Stand der Wissenschaft entspricht.
- 2.3.
- Zunahme des TSE-Gesamtrisikos
Stellt eine benannte Stelle anhand der gemäß den Nummern 2.1 bzw. 2.2 vorgelegten Informationen fest, dass das von einem Medizinprodukt ausgehende TSE-Gesamtrisiko zugenommen hat, geht die benannte Stelle nach dem in Artikel 5 beschriebenen Verfahren vor.- 3.
- STRIKTE VERFAHREN FÜR TALGDERIVATE GEMÄSS ARTIKEL 1 ABSATZ 4 DIESER VERORDNUNG
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Umesterung oder Hydrolyse unter Druck bei einer Mindesttemperatur von 200 °C und einer Prozessdauer von mindestens 20 Minuten (Herstellung von Glycerol, Fettsäuren und Fettsäureestern)
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Verseifung mit NaOH 12 M (Herstellung von Glycerol und Seife)
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Batch-Verfahren: bei einer Mindesttemperatur von 95 °C und einer Prozessdauer von mindestens 3 Stunden
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Kontinuierliches Verfahren: unter Druck bei einer Mindesttemperatur von 140 °C und einer Prozessdauer von mindestens 8 Minuten oder vergleichbares Verfahren
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Destillation bei 200 °C.
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 172 vom 30.6.2007, S. 84.
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