Artikel 19 VO (EU) 2012/978
(1) Die Präferenzregelungen nach Artikel 1 Absatz 2 können aus folgenden Gründen für alle oder bestimmte Waren mit Ursprung in einem begünstigten Land vorübergehend zurückgenommen werden:
- a)
- bei schwerwiegenden und systematischen Verstößen gegen Grundsätze, die in den Übereinkommen des Anhangs VIII Teil A niedergelegt sind;
- b)
- bei der Ausfuhr von Waren, die in Strafvollzugsanstalten hergestellt wurden;
- c)
- bei schwerwiegenden Mängeln der Zollkontrollen bei der Ausfuhr oder Durchfuhr von Drogen (illegale Erzeugnisse oder Ausgangsstoffe) oder bei Nichteinhaltung der internationalen Übereinkommen über Terrorismusbekämpfung und Geldwäsche;
- d)
- bei schwerwiegenden und systematischen unlauteren Handelspraktiken (einschließlich solcher Handelspraktiken, die die Lieferung von Rohstoffen beeinträchtigen), die negative Auswirkungen auf den betreffenden Wirtschaftszweig der Union haben und gegen die das begünstigte Land nicht vorgeht. Bei denjenigen unlauteren Handelspraktiken, die im Rahmen der WTO-Übereinkommen verboten oder anfechtbar sind, wird über die Anwendung dieses Artikels auf der Grundlage einer vorherigen diesbezüglichen Feststellung des zuständigen WTO-Gremiums entschieden;
- e)
- bei schwerwiegenden und systematischen Verstößen gegen die erklärten Ziele regionaler Fischereiorganisationen oder internationaler Übereinkommen im Zusammenhang mit dem Schutz und der Bewirtschaftung von Fischereibeständen, bei denen die Union Vertragspartei ist.
(2) Bei Waren, die nach den Verordnungen (EG) Nr. 597/2009 des Rates vom 11. Juni 2009 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (kodifizierte Fassung)(1) oder Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern(2) Antidumping- oder Ausgleichsmaßnahmen unterliegen, werden die in dieser Verordnung vorgesehenen Präferenzregelungen nicht aus den Gründen nach Absatz 1 Buchstabe d zurückgenommen, die diese Maßnahmen rechtfertigen.
(3) Liegen nach Auffassung der Kommission genügend Gründe vor, die eine vorübergehende Rücknahme der im Rahmen einer der Präferenzregelungen nach Artikel 1 Absatz 2 vorgesehenen Zollpräferenzen nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels rechtfertigen, erlässt sie nach dem in Artikel 39 Absatz 2 vorgesehenen Beratungsverfahren einen Durchführungsrechtsakt zur Einleitung eines Verfahrens zur vorübergehenden Rücknahme. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über diesen Durchführungsrechtsakt.
(4) Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung der Einleitung eines Verfahrens zur vorübergehenden Rücknahme und unterrichtet das begünstigte Land hierüber. Die Bekanntmachung enthält:
- a)
- ausreichende Gründe für den Durchführungsrechtsakt zur Einleitung eines Verfahrens zur vorübergehenden Rücknahme nach Absatz 3 und
- b)
- eine Erklärung der Kommission, dass sie die Lage in dem betreffenden begünstigten Land nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung sechs Monate lang überwachen und beurteilen wird.
(5) Die Kommission bietet dem betreffenden begünstigten Land während der Überwachungs- und Beurteilungsphase uneingeschränkt Gelegenheit zur Zusammenarbeit.
(6) Die Kommission holt alle gegebenenfalls für erforderlich erachteten Informationen ein, unter anderem auch die verfügbaren Bewertungen, Erläuterungen, Beschlüsse, Empfehlungen und Schlussfolgerungen der einschlägigen Aufsichtsgremien. In ihren Schlussfolgerungen beurteilt die Kommission alle sachdienlichen Informationen.
(7) Die Kommission legt dem betreffenden begünstigten Land innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der in Absatz 4 Buchstabe b festgesetzten Frist einen Bericht über ihre Feststellungen und Schlussfolgerungen vor. Das begünstigte Land ist berechtigt, zu dem Bericht Stellung zu nehmen. Die Frist für die Stellungnahme beträgt höchstens einen Monat.
(8) Binnen sechs Monaten nach Ablauf der in Absatz 4 Buchstabe b festgesetzten Frist beschließt die Kommission,
- a)
- das Verfahren zur vorübergehenden Rücknahme einzustellen oder
- b)
- die im Rahmen der Präferenzregelungen nach Artikel 1 Absatz 2 vorgesehenen Zollpräferenzen vorübergehend zurückzunehmen.
(9) Ist nach Auffassung der Kommission eine vorübergehende Rücknahme aufgrund der Feststellungen nicht gerechtfertigt, so erlässt sie nach dem Beratungsverfahren des Artikels 39 Absatz 2 einen Durchführungsrechtsakt zur Einstellung des Verfahrens zur vorübergehenden Rücknahme.
(10) Vertritt die Kommission die Auffassung, dass aufgrund der Feststellungen eine vorübergehende Rücknahme aus den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Gründen gerechtfertigt ist, so ist sie befugt, delegierte Rechtsakte nach Artikel 36 zur Änderung der Anhänge II, III oder IV, je nach Einschlägigkeit, zu erlassen, um die Zollpräferenzen im Rahmen der Präferenzregelungen nach Artikel 1 Absatz 2 vorübergehend zurückzunehmen.
(11) In den in Absatz 9 und Absatz 10 genannten Fällen wird der erlassene Rechtsakt unter anderem auf der Grundlage der eingereichten Angaben erlassen.
(12) Beschließt die Kommission eine vorübergehende Rücknahme, so wird der entsprechende delegierte Rechtsakt sechs Monate nach seinem Erlass wirksam.
(13) Entfallen die Gründe, die eine vorübergehende Rücknahme rechtfertigen, noch bevor der delegierte Rechtsakt nach Absatz 10 des vorliegenden Artikels wirksam wird, ist die Kommission befugt, den erlassenen Rechtsakt zur vorübergehenden Rücknahme der Zollpräferenzen nach dem Dringlichkeitsverfahren des Artikels 37 aufzuheben.
(14) Die Kommission ist befugt, delegierte Rechtakte nach Artikel 36 zu erlassen, um Regeln für das Verfahren zur vorübergehenden Rücknahme aller Regelungen aufzustellen, insbesondere in Bezug auf Fristen, Rechte der Parteien, Vertraulichkeit und Überprüfung.
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 93.
- (2)
ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 51.
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