Artikel 145 VO (EU) 2013/1303

Verfahren

(1) Bevor die Kommission eine finanzielle Berichtigung beschließt, eröffnet sie das Verfahren, indem sie den Mitgliedstaat über ihre vorläufigen Schlussfolgerungen in Kenntnis setzt und ihn auffordert, sich binnen zwei Monaten zu äußern.

(2) Wenn die Kommission eine extrapolierte oder pauschale finanzielle Berichtigung vorschlägt, erhält der Mitgliedstaat Gelegenheit, durch eine Prüfung der betreffenden Unterlagen nachzuweisen, dass der tatsächliche Umfang der Unregelmäßigkeit geringer war als von der Kommission veranschlagt. In Abstimmung mit der Kommission kann der Mitgliedstaat den Umfang dieser Prüfung auf einen angemessenen Anteil oder eine Stichprobe in den betreffenden Unterlagen begrenzen. Außer in hinreichend begründeten Fällen wird für diese Prüfung eine Frist von bis zu zwei weiteren Monaten ab dem Ende der in Absatz 1 genannten Zweimonatsfrist eingeräumt.

(3) Die Kommission berücksichtigt sämtliches Beweismaterial, das der Mitgliedstaat ihr innerhalb der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen vorlegt.

(4) Erhebt der Mitgliedstaat Einwände gegen die vorläufigen Schlussfolgerungen der Kommission, so wird er von der Kommission zu einer Anhörung eingeladen, damit gewährleistet ist, dass der Kommission alle Informationen und Anmerkungen vorliegen, auf deren Grundlage sie Schlussfolgerungen bezüglich der Vornahme der finanziellen Berichtigung treffen kann.

(5) Im Falle einer Einigung kann der Mitgliedstaat unbeschadet des Absatzes 7 dieses Artikels die betreffenden Fonds oder den EMFF gemäß Artikel 143 Absatz 3 wieder einsetzen.

(6) Zur Vornahme der finanziellen Berichtigung erlässt die Kommission mittels Durchführungsrechtsakten einen Beschluss, und zwar binnen sechs Monaten nach dem Datum der Anhörung oder nach Eingang der zusätzlichen Informationen, falls der Mitgliedstaat sich während der Anhörung dazu bereit erklärt hatte, solche vorzulegen. Die Kommission berücksichtigt alle Informationen und Anmerkungen, die ihr im Zuge des Verfahrens übermittelt wurden. Findet keine Anhörung statt, so beginnt die Sechsmonatsfrist zwei Monate nach dem Datum des hierzu von der Kommission versandten Einladungsschreibens.

(7) Deckt die Kommission in Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten nach Artikel 75 oder der Europäische Rechnungshof Unregelmäßigkeiten auf, die gravierende Mängel in der effektiven Funktionsweise der Verwaltungs- und Kontrollsysteme erkennen lassen, wird die sich daraus ergebende finanzielle Berichtigung durch eine entsprechende Kürzung der Unterstützung aus den Fonds oder dem EMFF für das operationelle Programm vorgenommen.

Der erste Unterabsatz gilt nicht im Falle eines gravierenden Mangels bei der wirksamen Funktionsweise eines Verwaltungs- und Kontrollsystems, der vor dem Datum der Aufdeckung durch die Kommission oder den Europäischen Rechnungshof:

a)
in der Zulässigkeitserklärung, dem jährlichen Kontrollbericht oder dem Bestätigungsvermerk, die der Kommission in Übereinstimmung mit Artikel 63 Absätze 5, 6 und 7 der Haushaltsordnung vorgelegt wurden, oder in anderen der Kommission vorgelegten Prüfberichten der Prüfbehörden festgestellt wurde und gegen den angemessene Maßnahmen ergriffen wurden oder
b)
gegen den der Mitgliedstaat eine geeigneten Abhilfemaßnahmen ergriffen hat.

Grundlage für die Bewertung der gravierenden Mängel bei der Funktionsweise der Verwaltungs- und Kontrollsysteme sind das geltende Recht zum Zeitpunkt der Vorlage der relevanten Verwaltungserklärungen, jährlichen Kontrollberichte und Bestätigungsvermerke.

Bei der Entscheidung über eine finanzielle Berichtigung hat die Kommission auf Folgendes zu achten:

a)
Sie wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, indem sie Art und Schweregrad des gravierenden Mangels bei der Funktionsweise des Verwaltungs- und Kontrollsystems und seine finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Union berücksichtigt.
b)
Für die Vornahme einer pauschalen oder extrapolierten Korrektur berücksichtigt sie weder mit Unregelmäßigkeiten behaftete Ausgaben, die bereits von dem Mitgliedstaat entdeckt worden sind und für die Anpassungen am Rechnungsabschluss gemäß Artikel 139 Absatz 10 vorgenommen wurden, noch Ausgaben, die einer laufenden Bewertung ihrer Recht- und Ordnungsmäßigkeit nach Artikel 137 Absatz 2 unterliegen.
c)
Sie berücksichtigt die von dem Mitgliedstaat an den Ausgaben vorgenommenen pauschalen oder extrapolierten Korrekturen aufgrund anderer gravierender Mängel, die der Mitgliedstaat bei der Bestimmung des Restrisikos für den Haushalt der Union entdeckt hat.

(8) In den fondsspezifischen Regelungen für den EMFF können weitere Verfahrensregelungen für finanzielle Berichtigungen gemäß Artikel 144 Absatz 7 festgehalten werden.

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