Artikel 15 VO (EU) 2013/1380

Pflicht zur Anlandung

(1) Alle beim Fischfang in Unionsgewässern oder von Fischereifahrzeuge der Union außerhalb der Unionsgewässer in nicht unter die Hoheit oder Gerichtsbarkeit von Drittländern fallenden Gewässern in den nachstehend aufgeführten Fischereien und geografischen Gebieten getätigten Fänge von Arten, für die Fangbeschränkungen gelten, und im Mittelmeer zusätzlich Fänge von Arten, für die Mindestgrößen gemäß Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 gelten, werden, wenn sie nicht als Lebendköder verwendet werden, ab den nachstehenden Zeitpunkten an Bord geholt und behalten, aufgezeichnet und angelandet und gegebenenfalls auf die Quoten angerechnet:

a)
spätestens ab dem 1. Januar 2015:

Fischerei auf kleine pelagische Arten (d.h. Fischerei auf Makrele, Hering, Stöcker, Blauen Wittling, Eberfisch, Sardelle, Goldlachs, Sardine, Sprotte);

Fischerei auf große pelagische Arten (d.h. Fischerei auf Roten Thun, Schwertfisch, Weißen Thun, Großaugenthun, blauen und weißen Marlin);

Industriefischerei (d.h. Fischerei auf Lodde, Sandaal und Stintdorsch);

Fischerei auf Lachs in der Ostsee;

b)
spätestens ab dem 1. Januar 2015: in den Unionsgewässern der Ostsee für die Arten, die die Fischereien definieren, und spätestens ab dem 1. Januar 2017 für alle anderen Arten in Fischereien auf andere als die unter Buchstabe a erfassten Arten, für die Fangbeschränkungen gelten;
c)
spätestens ab dem 1. Januar 2016 für die Arten, die die Fischereien definieren, und spätestens ab dem 1. Januar 2019 für alle anderen Arten in folgenden Gewässern:

i)
Nordsee

Fischerei auf Kabeljau, Schellfisch, Wittling und Seelachs;

Fischerei auf Kaisergranat;

Fischerei auf Seezunge und Scholle;

Fischerei auf Seehecht;

Fischerei auf Tiefseegarnele;

ii)
Nordwestliche Gewässer

Fischerei auf Kabeljau, Schellfisch, Wittling und Seelachs;

Fischerei auf Kaisergranat;

Fischerei auf Seezunge und Scholle;

Fischerei auf Seehecht;

iii)
Südwestliche Gewässer

Fischerei auf Kaisergranat;

Fischerei auf Seezunge und Scholle;

Fischerei auf Seehecht;

iv)
andere Fischereien auf Arten, für die Fangbeschränkungen gelten;

d)
spätestens ab dem 1. Januar 2017 für die Arten, die die Fischereien definieren, und spätestens ab 1. Januar 2019 für alle anderen Arten in nicht unter Absatz 1 Buchstabe a fallenden Fischereien im Mittelmeer, im Schwarzen Meer und in allen anderen Unionsgewässern und in nicht unter die Hoheit oder Gerichtsbarkeit von Drittländern fallenden Nicht-Unionsgewässern.

(2) Absatz 1 lässt internationale Verpflichtungen der Union unberührt. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 46 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um solche internationalen Verpflichtungen im Unionsrecht umzusetzen; hierzu gehören insbesondere auch Ausnahmen von der Pflicht zur Anlandung gemäß diesem Artikel.

(3) Stimmen alle Mitgliedstaaten mit einem direkten Bewirtschaftungsinteresse an einer bestimmten Art darin überein, dass die Pflicht zur Anlandung für andere als in Absatz 1 genannte Arten gelten sollte, so können sie eine gemeinsame Empfehlung zum Zwecke der Ausweitung der Anwendung dieser Pflicht zur Anlandung auf diese anderen Arten unterbreiten. Für diesen Zweck ist Artikel 18 Absätze 1 bis 6 sinngemäß anzuwenden. Wird eine solche gemeinsame Empfehlung vorgelegt, so wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 46 delegierte Rechtsakte mit solchen Maßnahmen zu erlassen.

(4) Die in Absatz 1 festgelegte Pflicht zur Anlandung gilt nicht für:

a)
Arten, die nicht befischt werden dürfen und die als solche in einem im Bereich der GFP erlassenen Rechtsakt der Union bezeichnet sind;
b)
Arten, bei denen hohe Überlebensraten wissenschaftlich nachgewiesen sind, unter Berücksichtigung der Merkmale des Fanggeräts, der Fangmethoden und des Ökosystems;
c)
Fänge, die unter die Ausnahmen wegen Geringfügigkeit fallen;
d)
Fisch, der durch Raubsäugetiere, Raubfische oder Raubvögel verursachte Beschädigungen aufweist.

(5) Die Einzelheiten der Umsetzung der Pflicht zur Anlandung gemäß Absatz 1 wird in den Mehrjahresplänen nach den Artikeln 9 und 10 und gegebenenfalls gemäß Artikel 18 im Einzelnen weiter festgelegt; dies umfasst auch Folgendes:

a)
besondere Bestimmungen in Bezug auf Fischereien oder Arten, für welche die Pflicht zur Anlandung gemäß Absatz 1 gilt, wie die technischen Maßnahmen nach Artikel 7 Absatz 2, die auf die Verbesserung der Selektivität von Fanggerät oder die Verringerung oder möglichst weitgehende Unterbindung unerwünschter Fänge gerichtet sind;
b)
nähere Beschreibung der Ausnahmen von der Pflicht zur Anlandung der in Absatz 4 Buchstabe b genannten Arten;
c)
Bestimmungen für Ausnahmen wegen Geringfügigkeit in Höhe von bis zu 5 % der jährlichen Gesamtfangmenge aller Arten, für die die Pflicht zur Anlandung gemäß Absatz 1 gilt. Ausnahmen wegen Geringfügigkeit gelten, wenn

i)
wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge Steigerungen bei der Selektivität sehr schwer zu erreichen sind oder
ii)
unverhältnismäßige Kosten beim Umgang mit unerwünschten Fängen bei den Fanggeräten vermieden werden sollen, bei denen die unerwünschten Fänge je Fanggerät nicht mehr als einen bestimmten, in einem Plan festzusetzenden Prozentsatz der jährlichen Gesamtfangmenge des betreffenden Fanggeräts ausmachen.

Fänge gemäß den Bestimmungen unter diesem Buchstaben werden nicht auf die einschlägigen Quoten angerechnet, jedoch werden alle diese Fänge uneingeschränkt registriert.

Während einer Übergangszeit von vier Jahren erhöht sich der Anteil der jährlichen Gesamtfangmenge nach diesem Buchstaben wie folgt:

i)
um zwei Prozentpunkte in den ersten beiden Jahren der Anwendung der Pflicht zur Anlandung und
ii)
um einen Prozentpunkt in den darauf folgenden beiden Jahren;

d)
Bestimmungen über die Dokumentierung der Fänge;
e)
gegebenenfalls Festlegung von Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung gemäß Absatz 10.

(6) Wird kein Mehrjahresplan oder kein Bewirtschaftungsplan gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 für die betreffende Fischerei angenommen, so wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 46 der vorliegenden Verordnung zur vorübergehenden Festlegung spezifischer Rückwurfpläne zu erlassen, die die Spezifikationen gemäß Absatz 5 Buchstaben a bis e dieses Artikels enthalten und zunächst für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren gelten, welcher um einen weiteren Zeitraum von insgesamt drei Jahren verlängert werden kann. Die Mitgliedstaaten können gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung bei der Erstellung solcher Pläne im Hinblick auf den Erlass solcher Rechtsakte oder die Vorlage eines Vorschlags gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch die Kommission zusammenarbeiten.

(7) Wurden weder im Rahmen eines gemäß Absatz 5 angenommenen Mehrjahresplans noch im Rahmen eines gemäß Absatz 6 angenommenen spezifischen Rückwurfplans Maßnahmen zur Festlegung der Ausnahme wegen Geringfügigkeit erlassen, so erlässt die Kommission delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 46, mit denen die Ausnahme wegen Geringfügigkeit gemäß Absatz 4 Buchstabe c festgelegt wird, die vorbehaltlich der in Absatz 5 Buchstabe c Ziffer i oder ii genannten Bedingungen höchstens 5 % der jährlichen Gesamtfangmenge aller Arten, auf die die Pflicht zur Anlandung gemäß Absatz 1 anwendbar ist, umfasst. Diese Ausnahme wegen Geringfügigkeit wird so festgelegt, dass sie ab dem Zeitpunkt des Beginns der Anwendung der einschlägigen Pflicht zur Anlandung anwendbar ist.

(8) Abweichend von der in Absatz 1 vorgesehenen Pflicht, Fänge auf die einschlägigen Quoten anzurechnen, können Fänge von Arten, für die eine Pflicht zur Anlandung gilt und mit denen die Quoten für die betreffenden Bestände überschritten werden, oder Fänge von Arten, für die der Mitgliedstaat über keine Quote verfügt, bis zu einem Satz von höchstens 9 % von der Quote der Zielarten abgezogen werden. Diese Bestimmung gilt nur, wenn der Bestand der Nichtzielarten innerhalb sicherer biologischer Grenzen liegt.

(9) Auf Bestände, für die eine Pflicht zur Anlandung gilt, können die Mitgliedstaaten eine jahresübergreifende Flexibilität von bis zu 10 % ihrer zulässigen Anlandungen anwenden. Zu diesem Zweck kann ein Mitgliedstaat die Anlandung zusätzlicher Mengen des Bestands gestatten, welcher der Pflicht zur Anlandung unterliegt, sofern diese Mengen 10 % der diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Quote nicht überschreiten. Es gilt Artikel 105 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009.

(10) Um den Schutz von jungen Meerestieren zu gewährleisten, können Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung festgesetzt werden.

(11) Für die Arten, für die eine Pflicht zur Anlandung gemäß Absatz 1 gilt, wird die Verwendung von Fängen von Arten unterhalb der Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung auf andere Zwecke als den menschlichen Verzehr, einschließlich Fischmehl, Fischöl, Tierfutter, Lebensmittelzusatzstoffe, Arzneimittel und kosmetische Mittel, beschränkt.

(12) Bei den Arten, für die keine Pflicht zur Anlandung gemäß Absatz 1 gilt, dürfen die Fänge von Arten unterhalb der Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung nicht an Bord behalten werden, sondern sind unverzüglich wieder über Bord zu werfen, es sei denn, sie werden als Lebendköder verwendet.

(13) Zur Kontrolle der Einhaltung der Pflicht zur Anlandung stellen die Mitgliedstaaten eine detaillierte und genaue Dokumentierung aller Fangreisen und angemessene Kapazitäten und Mittel sicher, unter anderem Beobachter, CCTV (closed-circuit television) und andere Mittel. Dabei beachten die Mitgliedstaaten das Prinzip der Effizienz und Verhältnismäßigkeit.

(14) Bis zum 31. Mai 2016 und bis zum 31. Mai jedes Folgejahres bis einschließlich 2020 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Jahresbericht über die Durchführung der Anlandeverpflichtung vor, der sich auf die von den Mitgliedstaaten, den Beiräten und anderen relevanten Quellen an die Kommission übermittelten Informationen stützt.

Die Jahresberichte enthalten Folgendes:

die Schritte, die von den Mitgliedstaaten und den Erzeugerorganisationen eingeleitet wurden, um die Anlandeverpflichtung einzuhalten;

die Schritte, die von den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Kontrolle der Einhaltung der Anlandeverpflichtung eingeleitet wurden;

Informationen über die sozioökonomischen Auswirkungen der Anlandeverpflichtung;

Informationen über die Auswirkungen der Anlandeverpflichtung auf die Sicherheit an Bord von Fischereifahrzeugen;

Informationen über die Verwendung und die Umschlagplätze von Fängen, deren Größe unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung einer der Anlandeverpflichtung unterliegenden Art liegt;

Informationen über die Hafeninfrastrukturen und die Ausrüstung der Fischereifahrzeuge hinsichtlich der Anlandeverpflichtung;

für jede betroffene Fischerei Informationen über die Schwierigkeiten, die bei der Durchführung der Anlandeverpflichtung aufgetreten sind, und Empfehlungen zur Behebung dieser Schwierigkeiten.

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