ANHANG III VO (EU) 2014/1322

Regelungen zu Typgenehmigungsverfahren einschließlich der Anforderungen für virtuelle Prüfungen

1.
Typgenehmigungsverfahren

Nach Eingang eines Antrags auf Fahrzeug-Typgenehmigung hat die Genehmigungsbehörde
1.1.
nachzuprüfen, ob alle für die Fahrzeug-Typgenehmigung anwendbaren EU-Typgenehmigungsbogen und -Prüfberichte, die nach der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 sowie nach den gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakten ausgestellt wurden, den jeweiligen Fahrzeugtyp erfassen und den vorgeschriebenen Anforderungen entsprechen;
1.2.
sich hinsichtlich der eingereichten Unterlagen zu vergewissern, dass die im Fahrzeug-Beschreibungsbogen aufgeführten Fahrzeugmerkmale und -daten ebenfalls in den Beschreibungsunterlagen und in den EU-Typgenehmigungsbögen enthalten sind, welche nach der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 und den gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakten ausgestellt wurden;
1.3.
an einer ausgewählten Stichprobe von Fahrzeugen des zu genehmigenden Typs Kontrollen von Fahrzeugteilen und -systemen durchzuführen oder durchführen zu lassen, um die Übereinstimmung des Fahrzeugs (der Fahrzeuge) mit den maßgeblichen Angaben in den Beschreibungsunterlagen zu der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 und den gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakten nachzuprüfen;
1.4.
falls erforderlich Überprüfungen des Anbaus bzw. Einbaus selbständiger technischer Einheiten durchzuführen oder durchführen zu lassen;
1.5.
die notwendigen Prüfungen zu den in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 genannten Punkten soweit zutreffend durchzuführen oder durchführen zu lassen;

2.
Kombination technischer Spezifikationen

Die Anzahl der zu bereitzustellenden Fahrzeuge ist so zu bemessen, dass eine angemessene Überprüfung der verschiedenen zu genehmigenden Kombinationen hinsichtlich der nachfolgenden Kriterien ermöglicht wird:
2.1.
Antriebseinheit,
2.2.
Kraftübertragung,
2.3.
Antriebsachsen (Anzahl, Lage, gegenseitige Verbindung),
2.4.
gelenkte Achsen (Zahl und Anordnung),
2.5.
Bremsanlage und gebremste Achsen (Anzahl),
2.6.
Überrollschutzstruktur,
2.7.
Schutz vor gefährlichen Stoffen.

3.
Besondere Bestimmungen

Sind keine Typgenehmigungsbogen oder Prüfberichte in Bezug auf die Themen, die unter die Verordnung (EU) Nr. 167/2013 oder die gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte fallen, vorhanden, muss die Genehmigungsbehörde:
3.1.
für die Prüfungen und Kontrollen sorgen, die in der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 sowie in den gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakten vorgeschrieben sind;
3.2.
überprüfen, ob das Fahrzeug mit den Merkmalen in der Fahrzeug-Beschreibungsmappe übereinstimmt und ob es die technischen Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 sowie der gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakte erfüllt;
3.3.
gegebenenfalls Überprüfungen des Anbaus bzw. Einbaus von Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten durchführen oder durchführen lassen.

4.
Verfahren für die Mehrstufen-EU-Typgenehmigung

4.1.
Allgemeines

4.1.1.
Zu einem reibungslosen Ablauf des EU-Mehrstufen-Typgenehmigungsverfahrens ist ein gemeinsames Vorgehen aller beteiligten Hersteller erforderlich. Zu diesem Zweck stellen die Typgenehmigungsbehörden vor der Erteilung der Genehmigung für die erste oder eine nachfolgende Stufe sicher, dass die beteiligten Hersteller geeignete Vereinbarungen hinsichtlich der Weitergabe und des gegenseitigen Austauschs von Unterlagen und Informationen getroffen haben, damit der vervollständigte Fahrzeugtyp die technischen Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 sowie der gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakte erfüllt. Die genannten Informationen umfassen Einzelheiten über einschlägige Genehmigungen für Systeme, Bauteile und selbständige technische Einheiten sowie über Fahrzeugteile, die Bestandteile des unvollständigen Fahrzeugs sind, jedoch noch nicht genehmigt wurden.
4.1.2.
EU-Typgenehmigungen nach Nummer 4 werden gemäß dem jeweiligen Fertigungsstand des Fahrzeugtyps erteilt und schließen alle Genehmigungen ein, die auf früheren Fertigungsstufen erteilt wurden.
4.1.3.
Jeder Hersteller trägt in einem EU-Mehrstufen-Typgenehmigungsverfahren die Verantwortung für die Genehmigung und die Übereinstimmung der Produktion aller von ihm hergestellten oder einer früheren Fertigungsstufe von ihm hinzugefügten Systeme, Bauteile oder selbständigen technischen Einheiten. Er trägt keine Verantwortung für in einer früheren Stufe bereits genehmigte Gegenstände, außer wenn wesentliche Teile durch ihn so verändert werden, dass die zuvor erteilte Genehmigung ungültig wird.

4.2.
Verfahren

Die Genehmigungsbehörde hat:
4.2.1.
nachzuprüfen, ob alle für die Fahrzeug-Typgenehmigung anwendbaren EU-Typgenehmigungsbögen und -Prüfberichte, die nach der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 sowie nach den gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakten ausgestellt wurden, den jeweiligen Fahrzeugtyp auf dem entsprechenden Fertigungsstand erfassen und den vorgeschriebenen Anforderungen entsprechen;
4.2.2.
sich zu vergewissern, dass alle dem Fertigungsstand des Fahrzeugs entsprechenden Angaben in der Beschreibungsmappe enthalten sind;
4.2.3.
sich hinsichtlich der eingereichten Unterlagen zu vergewissern, dass die im Fahrzeug-Beschreibungsbogen aufgeführten Fahrzeugmerkmale und -daten ebenfalls in den Beschreibungsunterlagen und in den EU-Typgenehmigungsbögen nach der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 und den gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakten enthalten sind; zu bestätigen, falls bei einem vervollständigten Fahrzeug ein in der Beschreibungsmappe aufgeführtes Merkmal in keiner der Beschreibungsunterlagen angegeben ist, dass das jeweilige Teil oder Merkmal mit den Angaben in der Beschreibungsmappe übereinstimmt;
4.2.4.
an einer ausgewählten Stichprobe von Fahrzeugen des zu genehmigenden Typs Kontrollen von Fahrzeugteilen und -systemen durchzuführen oder durchführen zu lassen, um die Übereinstimmung des Fahrzeugs (der Fahrzeuge) mit den maßgeblichen Angaben in den Beschreibungsunterlagen zu der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 und den gemäß der genannten Verordnung erlassenen delegierten und Durchführungsrechtsakten nachzuprüfen;
4.2.5.
falls erforderlich Überprüfungen des Anbaus bzw. Einbaus selbständiger technischer Einheiten durchzuführen oder durchführen zu lassen.

4.3. Die Anzahl der gemäß Nummer 4.2.4 zu überprüfenden Fahrzeuge ist so zu bemessen, dass eine angemessene Begutachtung der verschiedenen für eine EU-Typgenehmigung zu prüfenden Kombinationen hinsichtlich des jeweiligen Fertigungsstands und der Kriterien unter Nummer 2 möglich ist.

5.
Bedingungen, unter denen virtuelle Prüfungen durchzuführen sind, und Anforderungen, bei denen virtuelle Prüfverfahren angewandt werden können

5.1.
Ziele und Anwendungsbereich

Nummer 5 enthält geeignete Bestimmungen über die virtuelle Prüfung gemäß Artikel 27 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 167/2013. Er gilt nicht für Artikel 27 Absatz 3 Unterabsatz 2 der genannten Verordnung.

5.2.
Liste von Anforderungen, bei denen virtuelle Prüfverfahren angewandt werden können

Tabelle 1

Liste von Anforderungen, bei denen virtuelle Prüfverfahren angewandt werden können

Nummer des delegierten RechtsaktsAnhang Nr.AnforderungenEinschränkungen/Anmerkungen
Verordnung (EU) Nr. 1322/2014IXKipp- und Rollverhalten einer seitlich umstürzenden Schmalspurzugmaschine mit einem vor dem Fahrersitz angebrachten SchutzrahmenAbschnitt B4
Verordnung (EU) Nr. 1322/2014XVAnforderungen betreffend den Betätigungsraum und den Zugang zum FahrerplatzNur die Anforderungen zu Abmessungen und Anordnung
Verordnung (EU) 2015/208VIIAnforderungen für das Sichtfeld und ScheibenwischerNur die Anforderungen zu Abmessungen, Anordnung und Sicht
Verordnung (EU) 2015/208IXAnforderungen für RückspiegelNur die Anforderungen zu Abmessungen, Anordnung und Sicht
Verordnung (EU) 2015/208XIIAnforderungen für den Anbau der Beleuchtungs- und LichtsignaleinrichtungenNur die Anforderungen zu Abmessungen, Anordnung und Sichtbarkeit unter Nummer 5 und 6 (mit Ausnahme der kolorimetrischen und fotometrischen Anforderungen)
Verordnung (EU) 2015/208XIIIAnforderungen für Insassenschutzsysteme einschließlich Innenausstattung, Kopfstützen, Sicherheitsgurte und Fahrzeugtüren

Teil 2

Nur die Anforderungen zu den Abmessungen einschließlich der genauen Form und der Anordnung

Verordnung (EU) 2015/208XIVAnforderungen für die Fahrzeugaußenseite und ZubehörteileNur die Anforderungen zu den Abmessungen einschließlich der genauen Form und der Anordnung

6.
Bedingungen, unter denen virtuelle Prüfungen durchzuführen sind

6.1.
Prüfschema für virtuelle Prüfungen

Folgendes Schema ist als Grundstruktur für die Beschreibung und Durchführung virtueller Prüfungen zu verwenden:
6.1.1.
Zweck,
6.1.2.
Strukturmodell,
6.1.3.
Randbedingungen,
6.1.4.
Lastannahmen,
6.1.5.
Berechnung,
6.1.6.
Bewertung,
6.1.7.
Dokumentierung.

6.2.
Grundlagen der Computersimulation und -berechnung

6.2.1.
Mathematisches Modell

Das mathematische Modell ist vom Hersteller bereitzustellen. In Bezug auf das zu prüfende Fahrzeug, System oder Bauteil soll darin die Komplexität des Aufbaus in Beziehung zu den Anforderungen zum Ausdruck kommen. Dieselben Bedingungen gelten sinngemäß, wenn Bauteile oder technische Einheiten unabhängig vom Fahrzeug geprüft werden.

6.2.2.
Validierungsverfahren für das mathematische Modell

Das mathematische Modell ist durch Vergleich mit den tatsächlichen Prüfbedingungen zu validieren. Es ist eine physische Prüfung durchzuführen, damit die mit dem mathematischen Modell erzielten Ergebnisse mit den Ergebnissen einer physischen Prüfung verglichen werden können. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Prüfungen ist nachzuweisen. Hierfür legt der Hersteller dem technischen Dienst einen Korrelationsbericht vor, welcher die Angaben zum mathematischen Modell und zur Korrelation zwischen den mit einem solchen Modell erzielten Ergebnissen und denen der physischen Prüfung gemäß dem Prüfschema unter Nummer 6.1 enthält. Vom Hersteller oder vom technischen Dienst wird zur Bestätigung der Konformität des mathematischen Modells ein Validierungsbericht angefertigt und bei der Genehmigungsbehörde eingereicht. Jede Änderung am mathematischen Modell oder an der Software, die wahrscheinlich zur Ungültigkeit des Validierungsberichts führt, ist der Genehmigungsbehörde mitzuteilen, die die Durchführung eines erneuten Validierungsverfahrens verlangen kann. Das Validierungsverfahren ist in dem Ablaufdiagramm unter Nummer 7 Abbildung 1 dargestellt.

6.2.3.
Dokumentation

Die für die Simulation und Berechnung verwendeten Daten und Hilfswerkzeuge sind vom Hersteller zur Verfügung zu stellen, in geeigneter Weise zu dokumentieren.

6.2.4.
Werkzeuge und Unterstützung

Auf Verlangen des technischen Dienstes stellt der Hersteller die erforderlichen Werkzeuge, einschließlich geeigneter Software, bereit oder gewährt Zugang zu ihnen.

6.2.5. Zusätzlich unterstützt der Hersteller den technischen Dienst in angemessener Weise.

6.2.6. Die Bereitstellung von Zugang und Unterstützung für einen technischen Dienst entbindet diesen von keiner seiner etwaigen Verpflichtungen hinsichtlich der Fähigkeiten seines Personals, der Zahlung von Lizenzgebühren und der Wahrung der Geheimhaltung.

6.2.7.
Genehmigungsverfahren bei Einsatz virtueller Prüfungen

Für den Nachweis der Konformität mit den Anforderungen unter Nummer 5.2 Tabelle 1 sind virtuelle Prüfverfahren nur dann zulässig, wenn diese entsprechend einem nach den Anforderungen unter Nummer 6.2.2 validierten mathematischen Modell durchgeführt werden. Ob und mit welchen Beschränkungen das Modell angewendet werden kann, ist mit den technischen Diensten zu vereinbaren; die Vereinbarung ist von der Genehmigungsbehörde zu genehmigen.

6.2.8.
Prüfbericht bei Einsatz virtueller Prüfungen

Der technische Dienst legt einen Prüfbericht mit den Ergebnissen der virtuellen Prüfungen vor. Der Prüfbericht sollte mit dem Korrelationsbericht und dem Validierungsbericht übereinstimmen und muss mindestens Folgendes enthalten: den Aufbau eines virtuellen Prototyps, die Simulationseingaben und die Simulationsergebnisse bezogen auf die technischen Anforderungen.

7.
Validierungsverfahren für virtuelle Prüfungen

Abbildung 1

© Europäische Union 1998-2021

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