ANHANG XVI VO (EU) 2014/44

Anforderungen hinsichtlich der Ständer

1.
Allgemeine Anforderungen

1.1. „Fahrzeugtyp hinsichtlich der Ständer” bezeichnet eine Klasse von Fahrzeugen, die sich in wesentlichen Punkten wie der Fahrzeugmasse, Verteilung der Masse zwischen den Achsen, Reifengröße und Radabmessungen sowie Konstruktionsmerkmale und Material der Fahrzeugständer nicht unterscheiden

1.2. Fahrzeuge der Klassen L1e und L3e müssen mit mindestens einem Ständer ausgerüstet sein.
1.2.1.
Jeder am Fahrzeug befestigte Ständer muss das Fahrzeug in die Lage versetzen, die Leistungsanforderungen gemäß Nummer 2. bis 2.5.2. erfüllen, ohne dass es von einer Person oder durch sonstige externen Mittel gehalten oder gestützt wird.
1.2.2.
Doppelrad-Fahrzeuge müssen nicht mit einem Ständer ausgerüstet sein, sofern sie die Leistungsanforderungen gemäß Nummern 3. bis 3.2.5 und 3.4. bis 3.4.3.4 erfüllen.
1.2.3.
Seitenständer, die an Fahrzeuge der Klasse L1e mit einer Masse in betriebsbereitem Zustand von weniger als 35 kg angebracht sind, sind von den Anforderungen gemäß Nummer 2.3.3 bis 2.3.4. und 2.5.2 ausgenommen.

1.3. Fahrzeuge der Klasse L4e sind unter nachfolgend genannten Bedingungen mit mindestens einem Ständer auszurüsten:
1.3.1.
Kann der Beiwagen vom Kraftrad getrennt werden, so dass das Kraftrad ohne ihn benutzt werden kann, muss das Kraftrad selbst die Anforderungen für Krafträder ohne Beiwagen in den Nummern 1.2 bis 1.2.2 erfüllen.

2.
Besondere Anforderungen

2.1. Bei einem Ständer kann es sich um einen Seiten- oder um einen Mittelständer handeln.

2.2. Wird der Ständer unter bzw. an den unteren Bereich des Fahrzeugs geschwenkt, muss das freie Ende in Richtung der Rückseite des Fahrzeugs in die Nichtgebrauchsstellung eingeklappt werden.

2.3.
Besondere Anforderungen an Seitenständer

2.3.1.
Ein Seitenständer muss in der Lage sein, das Fahrzeug so abzustützen, dass die Querstabilität gewährleistet ist, unabhängig davon, ob das Fahrzeug auf einer horizontalen Aufstellfläche oder auf einer Neigung abgestellt ist. Darüber hinaus muss er verhindern, dass das abgestellte Fahrzeug stärker geneigt wird bzw. allzu leicht so in eine aufrechte Position gebracht werden kann, dass seine Stabilität verringert wird und es kippen oder umfallen kann.
2.3.2.
Ein Seitenständer muss in der Lage sein, das Fahrzeug so abzustützen, dass die Querstabilität auch beim Abstellen des Fahrzeugs an einer Neigung in vollem Umfang gewährleistet ist. Die Übereinstimmung mit dieser Anforderung wird im Einklang mit den Verfahren und Leistungsanforderungen gemäß Nummer 3. bis 3.2.5. und 3.4. bis 3.4.3.4 geprüft.
2.3.3.
Ein Seitenständer muss in der Lage sein, unter den nachfolgend aufgeführten Bedingungen automatisch in die Nichtgebrauchsstellung eingeklappt zu werden:

sobald das Fahrzeug in seine normale (aufrechte) Fahrtstellung gebracht wird oder

sobald das Fahrzeug vom Fahrer absichtlich in seiner normalen aufrechten Fahrtstellung nach vorne geschoben wird.

2.3.4.
Die Anforderungen gemäß Nummer 2.3.3. gelten nicht, wenn das Fahrzeug so konstruiert ist, dass es nicht fortbewegt werden kann, wenn sich der Seitenständer in der Gebrauchsstellung befindet.
2.3.5.
Ein Seitenständer muss so konstruiert und gebaut sein, dass er nicht automatisch zurückgeklappt wird, wenn das Fahrzeug geneigt wird, um das freie Ende des Seitenständers in Kontakt mit der Aufstellfläche zu bringen.
2.3.5.1.
Abweichend von den Bestimmungen der Nummern 1.2.1 und 2.3.5 darf ein Seitenständer, der an einem Fahrzeug der Klasse L3e-A1E, L3e-A2E, L3e-A3E, L3e-A1T, L3e-A2T oder L3e-A3T befestigt ist, automatisch zurückklappen, wenn der Seitenständer nicht von einer Person gehalten oder abgestützt wird.
2.3.6.
Ein Seitenständer muss so konstruiert und gebaut sein, dass er nicht automatisch zurückgeklappt wird, wenn der Neigungswinkel unter folgenden Bedingungen unerwartet oder unabsichtlich (z. B. wenn das Fahrzeug von einem Dritten leicht gestoßen wird oder wenn ein Windstoß beim Vorbeifahren eines größeren Fahrzeugs entsteht) geändert wird:

wenn das Fahrzeug unbeaufsichtigt geparkt wird und

wenn sich der Seitenständer sich in der Gebrauchsstellung befindet.

Die Übereinstimmung mit dieser Anforderung wird im Einklang mit dem Verfahren gemäß der Nummer 3.3, 3.3.1 und 3.3.2 überprüft.

2.4.
Besondere Anforderungen an Mittelständer

2.4.1.
Ein Mittelständer muss in der Lage sein, das Fahrzeug so abzustützen, dass die Querstabilität gewährleistet ist, unabhängig davon, ob ein Rad oder beide Räder Kontakt mit der Fahrbahn hat und ob das Fahrzeug auf einer horizontalen Aufstellfläche oder auf einer Neigung abgestellt ist.
2.4.2.
Ein Mittelständer muss in der Lage sein, das Fahrzeug so abzustützen, dass die Querstabilität auch beim Abstellen des Fahrzeugs an einer Neigung in vollem Umfang gewährleistet ist. Die Übereinstimmung mit dieser Anforderung wird im Einklang mit den Verfahren und Leistungsanforderungen gemäß Nummer 3. bis 3.2.5. und 3.4. bis 3.4.3.4 geprüft.
2.4.3.
Ein Mittelständer muss in der Lage sein, automatisch in die Nichtgebrauchsstellung eingeklappt und von der Aufstellfläche abgehoben zu werden, wenn das Fahrzeug absichtlich nach vorne bewegt wird.
2.4.4.
Die Anforderungen gemäß Nummer 2.4.3. gelten nicht, wenn das Fahrzeug so konstruiert ist, dass es nicht nach vorne bewegt werden kann, wenn sich der Mittelständer in der Gebrauchsstellung befindet.

2.5.
Ständerrückhaltevorrichtungen

2.5.1.
Die Ständer müssen mit Ständerrückhaltevorrichtungen ausgerüstet sein, mit deren Hilfe sie in der Nichtgebrauchsstellung gehalten werden.
2.5.2.
Eine Rückhaltevorrichtung besteht aus folgenden Elementen:

aus zwei unabhängigen Vorrichtungen, z. B. zwei einzelnen Federn oder einer Feder und einer Rückhaltevorrichtung, oder

aus einer einzelnen Vorrichtung, die in der Lage ist, ohne Fehlfunktion mindestens 10000 normale Beanspruchungszyklen bei Fahrzeugen mit zwei Ständern bzw. 15000 normale Beanspruchungszyklen bei Fahrzeugen mit einem Ständer standzuhalten.

3.
Prüfverfahren

3.1.
Spezifikationen der Prüfoberfläche

3.1.1. Für die Durchführung der Prüfungen ist eine Prüfplattform zu verwenden. Diese muss so konstruiert sein, dass sie die Quer- und die Längsneigung simulieren kann.

3.1.2. Die Prüfplattform muss flach und rechteckig sein und ihre Abmessungen müssen dafür geeignet sein, eine Aufstellfläche für das Fahrzeug in geparkter Position zu bieten und gleichzeitig die Quer- und Längsneigung zu simulieren. Im Verlauf der Prüfungen darf die Plattform keine bemerkbaren Verbiegungen oder Deformationen aufweisen.

3.1.3. Die Oberfläche der Prüfplattform muss sauber und trocken sein und ausreichende Rauheit und Reibungsparameter aufweisen, die ein Abgleiten der Fahrzeugreifen im Verlauf der Prüfungen verhindern.

3.2.
Vorbereitung des Fahrzeugs (gilt für alle Prüfungen)

3.2.1. Die Masse des Fahrzeugs ist auf die vom Hersteller angegebene Masse im betriebsbereiten Zustand ohne den Fahrer, aber zusätzlich der Masse eventueller Antriebsbatterien einzustellen.

3.2.2. Der Reifendruck muss auf die vom Hersteller angegebenen Werte eingestellt werden.

3.2.3. Falls das Fahrzeug über ein Automatikgetriebe verfügt, ist das Getriebe auf die Parkstellung, in allen anderen Fällen auf die Leerlaufstellung einzustellen.

3.2.4. Ist das Fahrzeug mit einer Feststellbremse ausgerüstet, so muss diese angezogen sein.

3.2.5. Die Lenkeinrichtung des Fahrzeugs ist die die verriegelte Stellung zu bringen. Gibt es mehrere Stellungen, in denen die Lenkeinrichtungen verriegelt werden kann, sind für das Fahrzeug die nachfolgenden Prüfungen durchzuführen, wobei die Lenkreinrichtung in allen verfügbaren Positionen zu verriegeln ist.

3.3.
Stabilitätsprüfung eines mit einem Seitenständer ausgerüsteten Fahrzeugs auf einer horizontalen Aufstellfläche.

3.3.1. Das Fahrzeug ist auf der horizontalen Aufstellfläche geparkt, wobei sich der Seitenständer in der Gebrauchsstellung befindet.

3.3.2. Das Fahrzeug wird so manipuliert, dass der Winkel zwischen der verschobenen Längsmittelebene des Fahrzeugs (das geparkte Fahrzeug ist geneigt, so dass die Längsmittelebene verschoben und nicht mehr senkrecht ist) und der horizontalen Oberfläche jeweils um 3,0 Grad verändert wird, indem das Fahrzeug in Richtung Senkrechte geschoben und bewegt wird.

3.4.
Stabilitätsprüfung eines auf einer geneigten Fläche geparkten Fahrzeugs

3.4.1. Das Fahrzeug ist auf der horizontalen Prüfplattform geparkt.

3.4.1.1. Der Fahrzeugständer befindet sich in der Gebrauchsstellung. Ist das Fahrzeug mit mehreren Ständern ausgerüstet, so ist jeder einzelne Ständer separat zu prüfen, indem alle vorgeschriebenen Prüfungen durchgeführt werden.
3.4.1.2. Handelt es sich bei dem Fahrzeug um ein Doppelradfahrzeug ohne Ständer, so kann die Erfüllung der Anforderungen gemäß Nummer 1.2.2 dadurch demonstriert werden, dass die Prüfungen ohne den Ständer in der Gebrauchsstellung durchgeführt werden.

3.4.2. Die Prüfplattform wird verlagert oder gedreht, damit die vorgeschriebene Mindestneigung in Bezug auf die Querneigung des Fahrzeugs nach links oder nach rechts sowie auf die Längsneigung des Fahrzeugs nach vorne und nach hinten erreicht wird. Diese vier Neigungsausrichtungen sind jeweils separat vorzunehmen, wobei jedesmal von der horizontalen Stellung ausgegangen wird. Das Fahrzeug muss stabil bleiben, wenn die Prüfplattform in die geneigte Stellung gebracht wird, oder kann in Position gebracht werden, nachdem die Plattform in die geneigte Stellung gebracht worden ist.

3.4.3.

Tabelle 14-1

Neigungsanforderungen für Seiten- und Mittelständer (siehe auch Abbildungen 14-1 bis 14-3)

Neigung Seitenständer Mittelständer
Kleinkraftrad Kraftrad Kleinkraftrad Kraftrad

Querneigung

(nach links)

5 % 6 % 6 % 8 %

Querneigung

(nach rechts)

5 % 6 % 6 % 8 %

Längsneigung

(abwärts)

5 % 6 % 6 % 8 %

Längsneigung

(aufwärts)

6 % 8 % 12 % 14 %

3.4.3.1.
3.4.3.2.
3.4.3.3.
3.4.3.4. Wird ein Fahrzeug auf einer geneigten Prüfplattform von dem Mittelständer und nur einem Rad gestützt, und kann das Fahrzeug entweder durch den Kontakt des Mittelständers und des Vorderrads bzw. den Kontakt des Mittelständers und des Hinterrads mit der Prüfplattform in Position gehalten werden, sind die unter den Nummern 3.4.2 bis 3.4.3.3. beschriebenen Prüfungen nur auf die Weise durchzuführen, dass das Fahrzeug über den Mittelständer und das Hinterrad Kontakt mit der Prüfplattform hat.

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