Artikel 11 MiFIR (VO (EU) 2014/600)
Spätere Veröffentlichung in Bezug auf Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte oder Emissionszertifikate
(1) Marktbetreiber und Wertpapierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, können die Veröffentlichung der Einzelheiten der Geschäfte, die in Bezug auf Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte oder Emissionszertifikate, die an einem Handelsplatz gehandelt werden, einschließlich des Preises und des Volumens, gemäß diesem Artikel aufschieben.
Marktbetreiber und Wertpapierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, müssen die Marktteilnehmer sowie die Öffentlichkeit deutlich auf die Regelungen für eine spätere Veröffentlichung hinweisen. Die ESMA überwacht die Anwendung dieser Regelungen und legt der Kommission alle zwei Jahre einen Bericht über ihre Anwendung in der Praxis vor.
(1a) Die Regelungen für die spätere Veröffentlichung in Bezug auf Schuldverschreibungen oder Kategorien von Schuldverschreibungen werden in fünf Kategorien unterteilt:
- a)
- Kategorie 1: Geschäfte mittleren Volumens mit einem Finanzinstrument, für das ein liquider Markt besteht;
- b)
- Kategorie 2: Geschäfte mittleren Volumens mit einem Finanzinstrument, für das kein liquider Markt besteht;
- c)
- Kategorie 3: Geschäfte großen Volumens mit einem Finanzinstrument, für das ein liquider Markt besteht;
- d)
- Kategorie 4: Geschäfte großen Volumens mit einem Finanzinstrument, für das kein liquider Markt besteht;
- e)
-
Kategorie 5: Geschäfte sehr großen Volumens.
Nach Ablauf des Aufschubzeitraums sind sämtliche Einzelheiten zu den einzelnen Geschäften zu veröffentlichen.
(1b) Die Regelungen für eine spätere Veröffentlichung in Bezug auf strukturierte Finanzprodukte oder Emissionszertifikate oder Kategorien davon, die an einem Handelsplatz gehandelt werden, werden gemäß den in Absatz 4 Buchstabe g genannten technischen Regulierungsstandards organisiert.
Nach Ablauf des Aufschubzeitraums sind sämtliche Einzelheiten zu den einzelnen Geschäften zu veröffentlichen.
(2) Eine zuständige Behörde, die einen oder mehrere Handelsplätze beaufsichtigt, an dem bzw. denen eine Kategorie von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten oder Derivaten gehandelt wird, kann die Pflichten gemäß Artikel 10 vorübergehend aussetzen, wenn die Liquidität dieser Kategorie von Finanzinstrumenten unter den nach der Methodik gemäß Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe a ermittelten Schwellenwert fällt. Dieser Schwellenwert wird auf der Grundlage objektiver Kriterien, die für den Markt für das betreffende Finanzinstrument typisch sind, festgelegt.
Eine solche vorübergehende Aussetzung ist auf der Website der jeweils zuständigen Behörde zu veröffentlichen und der ESMA mitzuteilen. Die ESMA veröffentlicht diese vorübergehende Aussetzung auf ihrer Website.
Die ESMA kann in einem Notfall, etwa bei erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Liquidität einer in der Union gehandelten Kategorie von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten oder Emissionszertifikaten, die maximale Aufschubfrist, die im Einklang mit den gemäß Absatz 4 Buchstaben f und g erlassenen technischen Regulierungsstandards festgelegt wurde, verlängern. Bevor die ESMA über eine solche Verlängerung entscheidet, konsultiert sie jede zuständige Behörde, die für die Beaufsichtigung eines oder mehrerer Handelsplätze zuständig ist, an dem bzw. denen diese Kategorie von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten oder Emissionszertifikaten gehandelt wird. Eine solche Verlängerung wird auf der Website der ESMA veröffentlicht.
Die vorübergehende Aussetzung nach Unterabsatz 1 oder die Verlängerung nach Unterabsatz 3 gilt zunächst für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten ab dem Tag ihrer Veröffentlichung auf der Website der jeweils zuständigen Behörde bzw. der ESMA. Eine solche Aussetzung oder Verlängerung kann um jeweils höchstens weitere drei Monate verlängert werden, sofern die Gründe für die vorübergehende Aussetzung oder Verlängerung weiterhin gegeben sind.
Vor einer Aussetzung oder einer Verlängerung der vorübergehenden Aussetzung unterrichtet die jeweils zuständige Behörde die ESMA über ihre Absicht und begründet diese. Die ESMA gibt so bald wie möglich eine Stellungnahme an die zuständige Behörde zu der Frage ab, ob die Aussetzung oder die Verlängerung der vorübergehenden Aussetzung gemäß den Unterabsätzen 1 und 4 ihrer Ansicht nach gerechtfertigt ist.
(3) Zusätzlich zu der späteren Veröffentlichung gemäß Absatz 1 kann die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats in Bezug auf von diesem Mitgliedstaat begebene öffentliche Schuldtitel oder Kategorien davon Folgendes gestatten:
- a)
- die Nichtveröffentlichung des Volumens eines einzelnen Geschäfts für einen verlängerten Zeitraum von nicht mehr als sechs Monaten, oder
- b)
- die Veröffentlichung der Einzelheiten zu mehreren Geschäften in aggregierter Form für einen verlängerten Zeitraum von nicht mehr als sechs Monaten.
In Bezug auf Geschäfte mit nicht von einem Mitgliedstaat begebenen öffentlichen Schuldtiteln werden Entscheidungen gemäß Unterabsatz 1 von der ESMA getroffen.
Die ESMA veröffentlicht auf ihrer Website die Liste der gemäß Unterabsatz 1 und 2 genehmigten Aufschübe. Die ESMA überwacht die Anwendung von gemäß Unterabsatz 1 und 2 getroffenen Entscheidungen und legt der Kommission alle zwei Jahre einen Bericht über ihre Anwendung in der Praxis vor.
Nach Ablauf des Aufschubzeitraums sind sämtliche Einzelheiten zu den einzelnen Geschäften zu veröffentlichen.
(4) Die ESMA erarbeitet nach Konsultation der gemäß Artikel 22b Absatz 2 eingesetzten Sachverständigengruppe der Interessenträger Entwürfe technischer Regulierungsstandards, in denen Folgendes in einer Weise festgelegt ist, die die Veröffentlichung von nach diesem Artikel und Artikel 27g geforderten Informationen ermöglicht:
- a)
- die Einzelheiten zu Geschäften, die Wertpapierfirmen und Marktbetreiber für jede Kategorie der betreffenden Finanzinstrumente gemäß Absatz 1 dieses Artikels offenzulegen haben, einschließlich der Kennzeichen der verschiedenen Arten von gemäß Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 21 Absatz 1 veröffentlichten Geschäften, wobei zwischen Geschäften unterschieden wird, die vor allem durch mit der Bewertung von Finanzinstrumenten verbundene Faktoren charakterisiert sind, und solchen, die durch andere Faktoren bestimmt werden;
- b)
- die Frist, die als Erfüllung der Verpflichtung angesehen wird, eine Veröffentlichung so nahe an der Echtzeit vorzunehmen, wie dies technisch möglich ist, auch wenn ein Handel außerhalb der normalen Handelszeiten vorgenommen wird;
- c)
- für welche an einem Handelsplatz oder Kategorien davon gehandelten strukturierten Finanzprodukte oder Emissionszertifikate ein liquider Markt besteht;
- d)
- was einen liquiden und illiquiden Markt für Schuldverschreibungen oder Kategorien davon darstellt, ausgedrückt als Schwellenwerte, die anhand des Emissionsvolumens dieser Schuldverschreibungen bestimmt werden;
- e)
- bei einer liquiden oder illiquiden Schuldverschreibung oder einer Kategorie davon, was ein Geschäft mittleren, großen und sehr großen Volumens im Sinne von Absatz 1a dieses Artikels darstellt, auf der Grundlage einer quantitativen und qualitativen Analyse und unter Berücksichtigung der Kriterien in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 17 Buchstabe a und gegebenenfalls anderer einschlägiger Kriterien;
- f)
-
in Bezug auf Schuldverschreibungen oder deren Kategorien die Kurs- und Volumenaufschübe, die für jede der fünf in Absatz 1a genannten Kategorien gelten, wobei folgende Höchstlaufzeiten gelten:
- i)
- für Geschäfte der Kategorie 1: Aufschub der Kursveröffentlichung und Aufschub der Volumenveröffentlichung um höchstens 15 Minuten;
- ii)
- für Geschäfte der Kategorie 2: Aufschub der Kursveröffentlichung und Aufschub der Volumenveröffentlichung bis höchstens zum Ende des Handelstages;
- iii)
- für Geschäfte der Kategorie 3: Aufschub der Kursveröffentlichung bis höchstens zum Ende des ersten Handelstags nach dem Tag des Geschäftsvorgangs und Aufschub der Volumenveröffentlichung um höchstens eine Woche nach dem Tag des Geschäftsvorgangs;
- iv)
- für Geschäfte der Kategorie 4: Aufschub der Kursveröffentlichung bis höchstens zum Ende des zweiten Handelstags nach dem Tag des Geschäftsvorgangs und Aufschub der Volumenveröffentlichung um höchstens zwei Wochen nach dem Tag des Geschäftsvorgangs;
- v)
- für Geschäfte der Kategorie 5: Aufschub der Kursveröffentlichung und Aufschub der Volumenveröffentlichung bis höchstens vier Wochen nach dem Tag des Geschäftsvorgangs.
- g)
- die Regelungen für eine spätere Veröffentlichung in Bezug auf strukturierte Finanzprodukte und Emissionszertifikate oder Kategorien davon auf der Grundlage einer quantitativen und qualitativen Analyse und unter Berücksichtigung der Kriterien in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 17 Buchstabe a und gegebenenfalls anderer einschlägiger Kriterien;
- h)
- in Bezug auf öffentliche Schuldtitel oder Kategorien davon die Kriterien, die bei der Bestimmung des Umfangs oder der Art eines Geschäfts mit solchen Instrumenten, über das Entscheidungen gemäß Absatz 3 gefasst werden können, anzuwenden sind.
Für jede der in Absatz 1a genannten Kategorien aktualisiert die ESMA regelmäßig die in Unterabsatz 1 Buchstabe f dieses Absatzes genannten Entwürfe technischer Regulierungsstandards, um die geltende Aufschubfrist neu abzustimmen, um sie gegebenenfalls schrittweise zu verkürzen. Spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der verkürzten Aufschubfristen führt die ESMA eine quantitative und qualitative Analyse durch, um die Auswirkungen der Verkürzung zu bewerten. Sofern verfügbar, greift die ESMA hierfür auf die über den Bereitsteller konsolidierter Datenticker verbreiteten Nachhandelstransparenzdaten zurück. Treten nachteilige Auswirkungen auf die Finanzinstrumente auf, aktualisiert die ESMA die in Unterabsatz 1 Buchstabe f dieses Absatzes genannten Entwürfe technischer Regulierungsstandards, um die Aufschubdauer wieder auf das vorherige Niveau zu verlängern.
Die ESMA legt der Kommission die in Unterabsatz 1 genannten Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Dezember 2024 vor.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die vorliegende Verordnung durch den Erlass der in Unterabsatz 1 und 2 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu ergänzen.
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