Artikel 35 MiFIR (VO (EU) 2014/600)

Diskriminierungsfreier Zugang zu einer zentralen Gegenpartei

(1) Unbeschadet Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 übernimmt eine zentrale Gegenpartei das Clearen von Finanzinstrumenten auf nichtdiskriminierender und transparenter Basis, einschließlich der Anforderungen für Sicherheiten und mit dem Zugang verbundener Gebühren und unabhängig vom Handelsplatz, auf dem das Geschäft ausgeführt wird. Damit wird insbesondere sichergestellt, dass ein Handelsplatz in Bezug auf Folgendes das Recht auf nichtdiskriminierende Behandlung der auf diesem Handelsplatz gehandelten Kontrakte hat:

a)
Anforderungen für Sicherheiten und das Netting wirtschaftlich gleichwertiger Kontrakte, sofern die Glattstellung oder sonstige Aufrechnungsverfahren einer zentralen Gegenpartei aufgrund des geltenden Insolvenzrechts durch die Einbeziehung solcher Kontrakte nicht unterbrochen oder gestört, ungültig oder in Bezug auf ihre Durchsetzbarkeit beeinträchtigt werden, und
b)
das Cross-Margining mit korrelierten Kontrakten, die im Rahmen eines Risikomodells gemäß Artikel 41 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 von derselben zentralen Gegenpartei gecleart werden.

Eine zentrale Gegenpartei kann verlangen, dass der Handelsplatz den von ihr festgelegten operationellen und technischen Anforderungen, einschließlich derjenigen für das Risikomanagement, genügt. Die Anforderung nach diesem Absatz gilt nicht für Derivatkontrakte, die bereits den Zugangsverpflichtungen gemäß Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 unterliegen.

Eine zentrale Gegenpartei ist durch diesen Artikel nicht gebunden, wenn sie durch enge Beziehungen mit einem Handelsplatz verbunden ist, der eine Mitteilung nach Artikel 36 Absatz 5 übermittelt hat.

(2) Der Antrag eines Handelsplatzes auf Zugang zu einer zentralen Gegenpartei ist der zentralen Gegenpartei, der für sie zuständigen Behörde und der zuständigen Behörde des Handelsplatzes förmlich zu übermitteln. In dem Antrag ist anzugeben, zu welchen Arten von Finanzinstrumenten Zugang beantragt wird.

(3) Die zentrale Gegenpartei antwortet dem Handelsplatz schriftlich, im Falle von übertragbaren Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten binnen drei Monaten und im Falle von börsengehandelten Derivaten binnen sechs Monaten, und gestattet den Zugang unter der Voraussetzung, dass eine der zuständigen Behörden ihn nach Absatz 4 gewährt hat, oder untersagt ihn. Die zentrale Gegenpartei kann einen Antrag auf Zugang nur unter den in Absatz 6 Buchstabe a genannten Bedingungen ablehnen. Untersagt eine zentrale Gegenpartei den Zugang, muss sie dies in ihrer Antwort ausführlich begründen und die zuständige Behörde schriftlich über ihren Beschluss unterrichten. Haben der Handelsplatz und die zentrale Gegenpartei ihren Sitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten, so übermittelt die zentrale Gegenpartei die entsprechende Mitteilung und die Begründung auch an die für den Handelsplatz zuständige Behörde. Die zentrale Gegenpartei ermöglicht den Zugang drei Monate nach Übermittlung einer positiven Antwort auf den Zugangsantrag.

(4) Die für eine zentrale Gegenpartei zuständige Behörde oder die für einen Handelsplatz zuständige Behörde gewährt einem Handelsplatz den Zugang zu einer zentralen Gegenpartei nur, wenn ein solcher Zugang

a)
bei Derivaten, bei denen es sich nicht um OTC-Derivate im Sinne von Artikel 2 Nummer 7 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 handelt, keine Interoperabilitätsvereinbarung erforderlich machen würde oder
b)
weder das reibungslose und ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte, insbesondere durch Fragmentierung der Liquidität, gefährden noch Systemrisiken verstärken würde.

Unterabsatz 1 Buchstabe a steht der Gewährung des Zugangs nicht entgegen, wenn ein Antrag nach Absatz 2 Interoperabilität erforderlich macht und der Handelsplatz und alle zentralen Gegenparteien, die Vertragsparteien der vorgesehenen Interoperabilitätsvereinbarung sind, dieser Vereinbarung zugestimmt haben und die Risiken, denen die betreffende zentrale Gegenpartei aufgrund von Positionen zwischen den zentralen Gegenparteien ausgesetzt ist, von einer dritten Partei abgesichert werden.

Ist das Erfordernis einer Interoperabilitätsvereinbarung der Grund oder einer der Gründe, aus dem oder denen ein Antrag abgelehnt wird, so setzt der Handelsplatz die zentrale Gegenpartei davon in Kenntnis und informiert die ESMA darüber, welche anderen zentralen Gegenparteien Zugang zu diesem Handelsplatz haben; die ESMA veröffentlicht diese Angaben, sodass Wertpapierfirmen sich dafür entscheiden können, ihre Rechte nach Artikel 37 der Richtlinie 2014/65/EU hinsichtlich dieser anderen zentralen Gegenparteien auszuüben, um alternative Zugangsvereinbarungen zu erleichtern.

Verweigert eine zuständige Behörde den Zugang, so muss sie ihren Beschluss innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt des in Absatz 2 genannten Antrags fassen und ihn gegenüber der anderen zuständigen Behörde, der zentralen Gegenpartei und dem Handelsplatz klar begründen sowie die Nachweise beibringen, auf deren Grundlage der Beschluss gefasst wurde.

(5) Bei handelbaren Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten kann eine neu gegründete zentrale Gegenpartei, die nach Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 als CCP im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zum Clearing zugelassen wurde oder die nach Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 anerkannt wurde oder die im Rahmen eines zuvor bestehenden nationalen Zulassungssystems am 2. Juli 2014 für einen Zeitraum von weniger als drei Jahren zugelassen ist, vor dem 3. Januar 2018 bei der für sie zuständigen Behörde beantragen, von der Übergangsregelung Gebrauch zu machen. Die zuständige Behörde kann entscheiden, dass dieser Artikel in Bezug auf handelbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente für einen Übergangszeitraum bis zum 3. Juli 2020 auf die zentrale Gegenpartei keine Anwendung findet.

Wird ein solcher Übergangszeitraum genehmigt, so kann die zentrale Gegenpartei für handelbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente die Zugangsrechte nach Artikel 36 oder diesem Artikel während der Dauer der Übergangsregelung nicht in Anspruch nehmen. Die zuständige Behörde benachrichtigt die Kollegiumsmitglieder der für die zentrale Gegenpartei und die ESMA zuständigen Behörden, wenn ein Übergangszeitraum genehmigt wurde. Die ESMA veröffentlicht eine Liste der bei ihr eingegangenen Benachrichtigungen.

Ist eine zentrale Gegenpartei, für die eine Übergangsregelung nach diesem Absatz genehmigt wurde, durch enge Beziehungen mit einem oder mehreren Handelsplätzen verbunden, so können diese für handelbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente die Zugangsrechte nach Artikel 36 oder nach diesem Artikel während der Dauer der Übergangsregelung nicht in Anspruch nehmen.

Eine zentrale Gegenpartei, die während des Dreijahreszeitraums vor Inkrafttreten zugelassen ist, die jedoch durch eine Fusion oder Übernahme entstanden ist, an der mindestens eine vor diesem Zeitraum zugelassene zentrale Gegenpartei beteiligt war, darf keine Übergangsregelung nach diesem Absatz beantragen.

(6) Die ESMA erarbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards, in denen Folgendes festgelegt wird:

a)
die konkreten Bedingungen, unter denen eine zentrale Gegenpartei einen Antrag auf Zugang verweigern kann, einschließlich des voraussichtlichen Geschäftsvolumens, der Zahl und Art der Nutzer, der Regelungen für die Steuerung von operativem Risiko und operativer Komplexität sowie anderer erhebliche unangemessene Risiken schaffender Faktoren,
b)
die Bedingungen, unter denen von einer zentralen Gegenpartei Zugang gewährt wird, einschließlich Vertraulichkeit der Informationen, die für Finanzinstrumente während der Entwicklungsphase zur Verfügung gestellt werden, die nichtdiskriminierende und transparente Basis der Clearing-Gebühren, Anforderungen an die Besicherung und operationelle Anforderungen im Hinblick auf das „Einschussverfahren” (Margining),
c)
die Bedingungen, unter denen eine Zugangsgewährung das reibungslose und ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte gefährden oder Systemrisiken verstärken würde,
d)
das Mitteilungsverfahren nach Absatz 5,
e)
die Bedingungen für eine nichtdiskriminierende Behandlung der an dem betreffenden Handelsplatz gehandelten Kontrakte in Bezug auf die Anforderungen für Sicherheiten und das Netting wirtschaftlich gleichwertiger Kontrakte und das Cross-Margining mit korrelierten Kontrakten, die von derselben zentralen Gegenpartei gecleart werden.

Die ESMA legt diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 3. Juli 2015 der Kommission vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

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