Präambel VO (EU) 2014/932
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007(1), insbesondere auf Artikel 219 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 228,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Am 7. August verhängte die russische Regierung ein Verbot der Einfuhr bestimmter Erzeugnisse aus der Union nach Russland, das auch für Obst und Gemüse gilt. Dieses Verbot hat zu einem ernsthaften Risiko von Marktstörungen aufgrund erheblicher Preiseinbrüche geführt, da ein wichtiger Exportmarkt plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht.
- (2)
- Die Gefahr von Marktstörungen besteht vor allem im Sektor Obst und Gemüse, wo große Mengen verderblicher Erzeugnisse in dieser Zeit des Jahres geerntet werden.
- (3)
- Auf dem Markt ist somit eine Situation entstanden, für die die im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 verfügbaren normalen Maßnahmen offenbar nicht ausreichen.
- (4)
- Damit sich die derzeitige Marktlage nicht zu einer ernsteren oder längeren Marktstörung entwickelt, sind dringend befristete Sonderstützungsmaßnahmen für Erzeuger von verderblichem Obst und Gemüse erforderlich, die vom plötzlichen Verlust des Exportmarktes in dieser Phase der Ernte am stärksten getroffen wurden. Die befristeten Sonderstützungsmaßnahmen sollten den Zeitraum vom 18. August bis zum 30. November 2014 abdecken und in Form einer finanziellen Unterstützung der Union für Tomaten/Paradeiser, Karotten, Kohl, Gemüsepaprika, Blumenkohl/Karfiol und Romanesco, Gurken und Cornichons, Pilze, Äpfel, Birnen, Pflaumen, Beerenobst, frische Tafeltrauben und Kiwifrüchte durchgeführt werden.
- (5)
- Auf der Grundlage der geschätzten Mengen, die von dem Verbot betroffen sind, sollte die finanzielle Unterstützung der Union bis zu einem Höchstbetrag von 125 Mio. EUR gewährt werden. Dieser Höchstgesamtbetrag sollte in zwei Teilbeträge aufgeteilt werden, von denen einer für Äpfel und Birnen und der andere für alle übrigen unter die Stützungsmaßnahmen fallenden Erzeugnisse bereitgestellt wird. Bei dieser Mittelzuweisung sollte eine ungleiche Verteilung zwischen den verschiedenen Erzeugnissen vermieden und den unterschiedlichen Erntezeiten der vom russischen Einfuhrverbot betroffenen Erzeugnisse sowie ihrem mengenmäßigen Anteil Rechnung getragen werden.
- (6)
- Bei einem Überangebot an Obst und Gemüse wegen vorübergehender und unvorhersehbarer Umstände sind Marktrücknahme, Nichternten und Ernte vor der Reifung wirksame Krisenmanagementmaßnahmen.
- (7)
- Zur Minderung der Folgen eines Preiseinbruchs sollte die Vorschrift, nach der unterstützte Marktrücknahmen auf 5 % der Menge der vermarkteten Erzeugung beschränkt sind, vorübergehend aufgehoben werden. Die finanzielle Unterstützung der Union sollte daher auch dann gewährt werden, wenn die Rücknahmen die Obergrenze von 5 % übersteigen.
- (8)
- Die finanzielle Unterstützung für Marktrücknahmen sollte auf der Grundlage der in Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission(2) für Marktrücknahmen zur kostenlosen Verteilung bzw. für andere Bestimmungszwecke genannten Beträge gewährt werden, sofern in der vorliegenden Verordnung kein Betrag festgesetzt ist. Für Erzeugnisse, für die in Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 kein Betrag aufgeführt ist, sollten in der vorliegenden Verordnung Höchstbeträge festgesetzt werden.
- (9)
- Da sich die in Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 für Tomaten/Paradeiser festgesetzten Beträge auf das Wirtschaftsjahr für Tomaten/Paradeiser zur Verarbeitung bzw. für Tomaten/Paradeiser zum Direktverzehr beziehen, sollte präzisiert werden, dass der in der vorliegenden Verordnung genannte Höchstbetrag für Tomaten/Paradeiser zum Direktverzehr für die Zwecke der vorliegenden Verordnung dem für den Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Mai geltenden Betrag entspricht.
- (10)
- Um angesichts der außerordentlichen Marktstörungen sicherzustellen, dass alle Obst- und Gemüseerzeuger von der Union unterstützt werden, sollte die finanzielle Unterstützung der Union für Marktrücknahmen auf Obst- und Gemüseerzeuger ausgeweitet werden, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind.
- (11)
- Um die kostenlose Verteilung von aus dem Markt genommenem Obst und Gemüse an Einrichtungen wie Wohlfahrtsverbände und Schulen und andere von den Mitgliedstaaten genehmigte gleichwertige Bestimmungszwecke zu fördern, sollten die in Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 oder in Anhang I der vorliegenden Verordnung festgesetzten Höchstbeträge zu 100 % auch für Erzeuger gelten, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind. Bei Rücknahmen für andere Bestimmungszwecke als die kostenlose Verteilung sollten diese Erzeuger 50 % der festgesetzten Höchstbeträge erhalten. In diesem Zusammenhang sollten Erzeuger, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind, die gleichen oder ähnliche Bedingungen erfüllen wie die Erzeugerorganisationen. Daher sollten sie ebenso wie anerkannte Erzeugerorganisationen den einschlägigen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 unterliegen.
- (12)
- Erzeugerorganisationen sind die Hauptakteure des Sektors Obst und Gemüse und sind am besten in der Lage zu gewährleisten, dass die finanzielle Unterstützung der Union für Marktrücknahmen auch Erzeugern gezahlt wird, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind. Sie sollten sicherstellen, dass diese Unterstützung Erzeugern, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind, nach Abschluss eines Vertrags gezahlt wird. Da der Organisationsgrad der Angebotsseite auf dem Obst- und Gemüsemarkt nicht in allen Mitgliedstaaten gleich ist, sollte es der zuständigen Behörde des jeweiligen Mitgliedstaats erlaubt sein, die Unterstützung direkt an die Erzeuger zu zahlen, wenn dies gerechtfertigt ist.
- (13)
- Zur Minderung der Folgen von Preiseinbrüchen sollte die finanzielle Unterstützung der Union auch für das Nichternten und die Ernte vor der Reifung gewährt werden.
- (14)
- Die Mitgliedstaaten sollten die Beträge der Unterstützung für das Nichternten und die Ernte vor der Reifung je Hektar so festsetzen, dass sie 90 % der Höchstbeträge für Marktrücknahmen für andere Bestimmungszwecke als die kostenlose Verteilung, die in Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 bzw. — bei Erzeugnissen, für die in dem genannten Anhang keine Beträge genannt sind — in der vorliegenden Verordnung festgesetzt sind, nicht überschreiten. Bei Tomaten/Paradeisern für den Direktverzehr sollte der von den Mitgliedstaaten zu berücksichtigende Betrag dem in Anhang XI der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 für den Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Mai festgesetzten Betrag entsprechen. Das Nichternten sollte auch dann unterstützt werden, wenn die gewerbliche Erzeugung bereits während des normalen Anbauzyklus auf der betreffenden Fläche stattgefunden hat.
- (15)
- Erzeugerorganisationen bündeln das Angebot und können bei größeren Mengen mit unmittelbaren Auswirkungen auf den Markt rascher reagieren als Erzeuger, die nicht Mitglied einer solchen Organisation sind. Um die Durchführung der in dieser Verordnung vorgesehenen Sonderstützungsmaßnahmen effizienter zu gestalten und die Stabilisierung der Märkte zu beschleunigen, sollte daher für Erzeuger, die Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind, die finanzielle Unterstützung der Union für Marktrücknahmen mit anderen Bestimmungszwecken als der kostenlosen Verteilung sowie für das Nichternten und die Ernte vor der Reifung auf 75 % der jeweiligen Beträge angehoben werden, die für die Unterstützung für Marktrücknahmen mit anderen Bestimmungszwecken festgesetzt sind.
- (16)
- Wie bei Marktrücknahmen sollte die finanzielle Unterstützung der Union auch für das Nichternten und die Ernte vor der Reifung auf Erzeuger ausgeweitet werden, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind. Die finanzielle Unterstützung sollte sich auf 50 % der für Erzeugerorganisationen festgesetzten Unterstützungshöchstbeträge belaufen.
- (17)
- Angesichts der großen Zahl von Erzeugern, die nicht Mitglied einer Erzeugerorganisation sind, und des Bedarfs an Kontrollen, die zuverlässig, aber auch durchführbar sind, sollte Erzeugern, die nicht Mitglied einer Erzeugerorganisation sind, für die Ernte vor der Reifung von Obst und Gemüse, dessen normale Ernte bereits begonnen hat, sowie für Maßnahmen des Nichterntens, wenn die gewerbliche Erzeugung bereits während des normalen Anbauzyklus auf der betreffenden Fläche stattgefunden hat, keine finanzielle Unterstützung der Union gewährt werden. In diesem Zusammenhang sollten Erzeuger, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind, ebenso wie anerkannte Erzeugerorganisationen den einschlägigen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 unterliegen.
- (18)
- Für Erzeuger, die nicht Mitglied einer Erzeugerorganisation sind, sollte die Zahlung der finanziellen Unterstützung der Union für Maßnahmen des Nichterntens und der Ernte vor der Reifung direkt von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats vorgenommen werden. Die zuständige Behörde sollte den Erzeugern die jeweiligen Beträge im Einklang mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 und den einschlägigen nationalen Vorschriften und Verfahren zahlen.
- (19)
- Um zu gewährleisten, dass die finanzielle Unterstützung der Union für die Erzeuger von Obst und Gemüse für die vorgesehenen Zwecke verwendet wird und die Mittel aus dem Unionshaushalt effizient eingesetzt werden, sollten die Mitgliedstaaten Kontrollen in angemessenem Umfang durchführen. Insbesondere sollten Dokumentenprüfungen, Nämlicheitskontrollen und physische Kontrollen sowie Vor-Ort-Kontrollen für eine angemessene Zahl von Erzeugnissen, Flächen, Erzeugerorganisationen und Erzeugern, die nicht Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind, durchgeführt werden. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Marktrücknahmen, die Ernte vor der Reifung und das Nichternten bei Tomaten/Paradeisern nur Sorten betreffen, die für den Direktverzehr bestimmt sind.
- (20)
- Im Interesse einer wirtschaftlichen Haushaltsführung muss die Einhaltung der Obergrenze für die von der Union zu finanzierenden Ausgaben kontrolliert und ein Mitteilungs- und Überwachungssystem eingerichtet werden, um eine Überschreitung des Gesamtbetrags zu verhindern. Die Mitgliedstaaten sollten die Kommission zweimal in der Woche über den Stand der von Erzeugerorganisationen und Nichtmitglieder-Erzeugern mitgeteilten Maßnahmen unterrichten. Sobald die betreffenden Beträge erreicht sind, sollte keine finanzielle Unterstützung der Union mehr gewährt werden. Überschreiten die mitgeteilten Beträge diese Beträge, sollte ein Zuteilungskoeffizient angewendet werden.
- (21)
- Damit sich die in dieser Verordnung vorgesehenen befristeten Sonderstützungsmaßnahmen unmittelbar auf den Markt auswirken und zur Stabilisierung der Preise beitragen, sollten sie mit Wirkung vom Zeitpunkt der Ankündigung dieser Maßnahmen durch die Kommission am 18. August 2014 gelten.
- (22)
- Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 913/2014 der Kommission(3) wurden befristete Sondermaßnahmen zur Unterstützung für Pfirsich- und Nektarinenerzeuger eingeführt. Angesichts des Drucks, unter den die Märkte für Pfirsiche und Nektarinen durch das von Russland angekündigte Einfuhrverbot geraten sind, sollte mit den Sondermaßnahmen in erster Linie auf die besondere Lage des Pfirsich- und des Nektarinensektors eingegangen werden. Aufgrund weiterer Entwicklungen müssen die Märkte für Pfirsische und Nektarinen nun in gleicher Weise behandelt werden wie die anderen unter die vorliegende Verordnung fallenden Erzeugnisse. Um die Wirksamkeit der Stützungsmaßnahme und ihr Potenzial zur Stabilisierung der Märkte zu steigern, sollten Marktrücknahmen für andere Bestimmungszwecke als die kostenlose Verteilung im Umfang von bis zu 10 % des Wertes der vermarkteten Erzeugung gestattet werden. Außerdem sollte der Anteil der finanziellen Unterstützung der Union für Pfirsich- und Nektarinenerzeuger, die nicht Mitglied einer Erzeugerorganisation sind, angehoben und die Verwaltung von Marktrücknahmen durch die Mitgliedstaaten ohne Mitwirken der Erzeugerorganisationen gestattet werden.
- (23)
- Die delegierte Verordnung (EU) Nr. 913/2014 sollte entsprechend geändert werden. Diese Änderungen sollten rückwirkend ab dem Geltungsbeginn der delegierten Verordnung (EU) Nr. 913/2014 gelten —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.
- (2)
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission vom 7. Juni 2011 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates für die Sektoren Obst und Gemüse und Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. L 157 vom 15.6.2011, S. 1).
- (3)
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 913/2014 der Kommission vom 21. August 2014 mit befristeten Sondermaßnahmen zur Unterstützung für Pfirsich- und Nektarinenerzeuger (ABl. L 248 vom 22.8.2014, S. 1).
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