Artikel 10 VO (EU) 2015/35

Bewertungsmethoden Bewertungshierarchie

1. Bei der Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten gemäß Artikel 9 Absätze 1, 2 und 3 halten Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen die in den Absätzen 2 bis 7 dargelegte Bewertungshierarchie ein und berücksichtigen dabei die Merkmale des betreffenden Vermögenswerts bzw. der betreffenden Verbindlichkeit, die ein Marktteilnehmer bei der Preisbildung für den Vermögenswert bzw. die Verbindlichkeit am Bewertungsstichtag berücksichtigen würde und die unter anderem den Zustand und Standort des Vermögenswerts/der Verbindlichkeit sowie etwaige Verkaufs- oder Nutzungsbeschränkungen einschließen.

2. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bewerten Vermögenswerte und Verbindlichkeiten prinzipiell anhand der Marktpreise, die an aktiven Märkten für identische Vermögenswerte und Verbindlichkeiten notiert sind.

3. Ist es nicht möglich, die an aktiven Märkten für identische Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten notierten Marktpreise zu verwenden, so bewerten die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten anhand der Marktpreise, die an aktiven Märkten für ähnliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten notiert sind, und tragen Unterschieden durch entsprechende Berichtigungen Rechnung. Diese Berichtigungen spiegeln die für den Vermögenswert oder die Verbindlichkeit typischen Faktoren wider, wozu alle nachstehend genannten zählen:

(a)
Zustand oder Standort des Vermögenswerts oder der Verbindlichkeit;
(b)
der Umfang, in dem sich Inputfaktoren auf Posten beziehen, die mit dem Vermögenswert oder der Verbindlichkeit vergleichbar sind, und
(c)
das Volumen oder Niveau der Aktivitäten in den Märkten, in denen die Inputfaktoren beobachtet werden.

4. Wenn Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen notierte Marktpreise verwenden, stützen sie sich dabei auf die Kriterien für aktive Märkte, die in den von der Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 übernommenen Internationalen Rechnungslegungsstandards definiert sind.

5. Sind die in Absatz 4 genannten Kriterien nicht erfüllt, greifen die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen auf alternative Bewertungsmethoden zurück, sofern in diesem Kapitel nichts anderes vorgesehen ist.

6. Wenn Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen alternative Bewertungsmethoden verwenden, stützen sie sich dabei so wenig wie möglich auf unternehmensspezifische Inputfaktoren und weitestmöglich auf relevante Marktdaten, einschließlich folgender:

(a)
Preisnotierungen für identische oder ähnliche Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten auf Märkten, die nicht aktiv sind;
(b)
andere Inputfaktoren als Marktpreisnotierungen, die für den Vermögenswert oder die Verbindlichkeit beobachtet werden können, einschließlich Zinssätzen und -kurven, die für gemeinhin notierte Spannen beobachtbar sind, impliziter Volatilitäten und Kredit-Spreads;
(c)
marktgestützte Inputfaktoren, die möglicherweise nicht direkt beobachtbar sind, aber auf beobachtbaren Marktdaten beruhen oder von diesen untermauert werden.

All diese marktgestützten Inputfaktoren werden um die in Absatz 3 genannten Faktoren berichtigt.

Sind keine relevanten beobachtbaren Inputfaktoren verfügbar — was auch für Fälle gilt, in denen bei dem Vermögenswert oder der Verbindlichkeit am Bewertungsstichtag wenig oder gar keine Marktaktivität besteht –, so verwenden die Unternehmen nicht beobachtbare Inputfaktoren, die die Annahmen widerspiegeln, auf die sich Marktteilnehmer bei der Preisbildung für den Vermögenswert oder die Verbindlichkeit stützen würden, was auch Annahmen über Risiken einschließt. Werden nicht beobachtbare Inputfaktoren verwendet, passen die Unternehmen ihre eigenen Daten an, wenn bei vertretbarem Aufwand verfügbare Informationen darauf hindeuten, dass andere Marktteilnehmer andere Daten verwenden würden, oder wenn das Unternehmen eine Besonderheit besitzt, über die andere Marktteilnehmer nicht auf dem Laufenden sind.

Wenn die Unternehmen die in diesem Absatz erwähnten Annahmen über Risiken bewerten, berücksichtigen sie dabei das Risiko, das mit der zur Bemessung des beizulegenden Zeitwerts verwendeten speziellen Bewertungstechnik einhergeht, sowie das Risiko, das mit den in die Bewertungstechnik einfließenden Inputfaktoren verbunden ist.

7. Bei der Anwendung alternativer Bewertungsmethoden greifen die Unternehmen auf Bewertungstechniken zurück, die mit einem oder mehreren der folgenden Ansätze in Einklang stehen:

(a)
dem marktbasierten Ansatz, bei dem Preise und andere maßgebliche Informationen genutzt werden, die durch Markttransaktionen entstehen, an denen identische oder ähnliche Vermögenswerte, Verbindlichkeiten oder Gruppen von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten beteiligt sind; zu den Bewertungstechniken, die mit dem marktbasierten Ansatz vereinbar sind, gehört die Matrix-Preisnotierung;
(b)
dem einkommensbasierten Ansatz, bei dem künftige Beträge, wie Zahlungsströme oder Aufwendungen und Erträge, in einen einzigen aktuellen Betrag umgewandelt werden; der beizulegende Zeitwert spiegelt die gegenwärtigen Markterwartungen hinsichtlich dieser künftigen Beträge wider; zu den Bewertungstechniken, die mit dem einkommensbasierten Ansatz vereinbar sind, gehören Barwerttechniken, Optionspreismodelle und die Residualwertmethode;
(c)
dem kostenbasierten oder dem auf den aktuellen Wiederbeschaffungskosten basierenden Ansatz, der den Betrag widerspiegelt, der gegenwärtig erforderlich wäre, um die Dienstleistungskapazität eines Vermögenswerts zu ersetzen; aus dem Blickwinkel eines am Markt teilnehmenden Verkäufers würde der für den Vermögenswert entgegengenommene Preis auf den Kosten basieren, die einem am Markt teilnehmenden Käufer für den Erwerb oder die Herstellung eines Ersatzvermögenswerts vergleichbarer Qualität entstünden, wobei eine Berichtigung für Veralterung vorgenommen wird.

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