Artikel 260 VO (EU) 2015/35
Risikomanagementbereiche
1. Zu den in Artikel 44 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Bereichen zählen alle folgenden:
- (a)
-
Risikoübernahme und Rückstellungsbildung:
- i)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen zur Bewertung und Handhabung des Risikos eines Verlustes oder einer nachteiligen Veränderung des Wertes von Versicherungs- oder Rückversicherungsverbindlichkeiten, das sich aus unangemessenen Annahmen in Bezug auf Bepreisung und Rückstellungsbildung aufgrund von internen oder externen Faktoren, einschließlich Nachhaltigkeitsrisiken, ergibt;
- ii)
- Hinlänglichkeit und Qualität der relevanten Daten, die im Zuge der Risikoübernahme und Rückstellungsbildung gemäß Artikel 19 zu berücksichtigen sind, und Erfüllung der für Hinlänglichkeit und Qualität geltenden Standards;
- iii)
- Angemessenheit der Schadensregulierungsverfahren, unter anderem des Umfangs, in dem sie den gesamten Zyklus der Schadensregulierung abdecken;
- (b)
-
Aktiv-Passiv-Management:
- i)
- strukturelle Inkongruenz zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, insbesondere Inkongruenz von deren Laufzeiten;
- ii)
- etwaige Abhängigkeiten zwischen den Risiken unterschiedlicher Klassen von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten;
- iii)
- etwaige Abhängigkeiten zwischen den Risiken unterschiedlicher Versicherungs- oder Rückversicherungsverpflichtungen;
- iv)
- etwaige außerbilanzielle Risikopositionen des Unternehmens;
- v)
- Auswirkungen einschlägiger Risikominderungstechniken auf das Aktiv-Passiv-Management;
- (c)
-
Anlagerisikomanagement:
- i)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass die Anlagen des Unternehmens mit dem in Artikel 132 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegten Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht in Einklang stehen;
- ii)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass die Anlagen des Unternehmens der Art seines Geschäfts, seinen genehmigten Risikotoleranzschwellen, seiner Solvabilität und seiner langfristigen Risikoexponierung Rechnung tragen;
- iii)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen vorgenommene eigene interne Bewertung des Kreditrisikos von Gegenparteien bei Anlagegeschäften, auch in Fällen, in denen es sich bei den Gegenparteien um Zentralstaaten handelt;
- iv)
- sofern das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen Derivate oder andere Finanzinstrumente mit ähnlichen Merkmalen oder ähnlichen Auswirkungen verwendet, Ziele und Strategie, die der Verwendung solcher Instrumente zugrunde liegen, und Angaben dazu, auf welche Weise sie zur Erleichterung einer effizienten Portfolioverwaltung oder zur Verringerung von Risiken beitragen, sowie Verfahren zur Bewertung der mit solchen Instrumenten verbundenen Risiken und der auf sie anzuwendenden Risikomanagementgrundsätze;
- v)
- soweit zur Gewährleistung eines wirksamen Risikomanagements angezeigt, interne quantitative Beschränkungen für Vermögenswerte und Riskoexponierungen, einschließlich außerbilanzieller Positionen;
- vi)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Nachhaltigkeitsrisiken im Zusammenhang mit dem Anlageportfolio angemessen erkannt, bewertet und gemanagt werden.
- (d)
-
Liquiditätsrisikomanagement:
- i)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen zur Berücksichtigung sowohl kurzfristiger als auch langfristiger Liquiditätsrisiken;
- ii)
- Angemessenheit der Zusammensetzung der Vermögenswerte hinsichtlich Art, Laufzeit und Liquidität mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen des Unternehmens bei Fälligkeit;
- iii)
- Plan zur Handhabung von Änderungen bei den erwarteten ein- und ausgehenden Zahlungsströmen;
- (e)
- Konzentrationsrisikomanagement: vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen, die darauf abzielen, relevante Quellen von Konzentrationsrisiken zu identifizieren und sicherzustellen, dass sich Risikokonzentrationen innerhalb festgelegter Grenzen bewegen, sowie Maßnahmen zur Analyse möglicher Gefahren einer Ansteckung zwischen konzentrierten Risiken;
- (f)
- Management des operationellen Risikos: vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen, durch die eine Zuweisung klarer Zuständigkeiten für die regelmäßige Ermittlung, Dokumentation und Überwachung relevanter Exponierungen gegenüber operationellen Risiken erfolgt;
- (g)
-
Rückversicherung und andere Techniken zur Minderung von Versicherungsrisiken:
- i)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen, um die Auswahl geeigneter Rückversicherungen und anderer Risikominderungstechniken sicherzustellen;
- ii)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu treffende Maßnahmen, die darauf abzielen, zu bewerten, welche Arten von Risikominderungstechniken angesichts der Art der angenommenen Risiken geeignet sind und inwieweit das Unternehmen in der Lage ist, die mit diesen Techniken verbundenen Risiken zu managen und zu steuern;
- iii)
- vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen vorgenommene eigene Bewertung des mit den Risikominderungstechniken verbundenen Kreditrisikos.
- (h)
-
Latente Steuern:
- i)
- Maßnahmen im Zusammenhang mit den Methoden und Annahmen, die das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zum Nachweis der Höhe und der Einforderbarkeit der Verlustausgleichsfähigkeit latenter Steuern ausgewählt hat;
- ii)
- Einbindung der relevanten Schlüsselfunktionen in die Auswahl und Bewertung von Methoden und Annahmen zum Nachweis der Höhe und der Einforderbarkeit der Verlustausgleichsfähigkeit latenter Steuern, in die Art und Weise, wie das Ergebnis dieser Bewertung dem Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan übermittelt wird, einschließlich der Bewertung der Annahmen, die zur Prognose künftiger steuerpflichtiger Gewinne für die Zwecke der Artikel 15 und 207 zugrunde gelegt werden, und Erläuterung etwaiger Bedenken hinsichtlich dieser Annahmen, die in jedem Fall entweder von der versicherungsmathematischen Funktion oder der Risikomanagementfunktion übernommen wird;
- iii)
- Risiken, denen das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen unter Berücksichtigung möglicher, durch seine Geschäftsstrategie oder das wirtschaftliche und finanzielle Umfeld bedingter künftiger Änderungen seines Risikoprofils ausgesetzt ist oder ausgesetzt sein könnte, einschließlich operationeller Risiken und potenzieller Veränderungen bei der Verlustausgleichsfähigkeit latenter Steuern. Hierbei ist zu beurteilen, in welchem Umfang sich Solvabilität und Finanzlage insgesamt auf latente Steuern stützen und ob dies mit der Risikomanagementstrategie vereinbar ist.
1a. Die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen beziehen Nachhaltigkeitsrisiken in die in Absatz 1 Buchstaben a und c genannten Bereiche und gegebenenfalls die anderen in Absatz 1 genannten Bereiche ein.
2. Der erwartete Gewinn aus künftigen Prämien entspricht der Differenz zwischen den versicherungstechnischen Rückstellungen ohne Risikomarge, berechnet gemäß Artikel 77 der Richtlinie, und einer Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen ohne Risikomarge unter der Annahme, dass die für die Zukunft erwarteten Prämien für bestehende Versicherungs- und Rückversicherungsverträge ungeachtet der gesetzlichen oder vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmers auf Beendigung des Vertrags aus einem anderen Grund als dem Eintritt des versicherten Ereignisses nicht gezahlt werden.
3. Die Berechnung des bei künftigen Prämien einkalkulierten erwarteten Gewinns wird für die bei der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen zugrunde gelegten homogenen Risikogruppen getrennt vorgenommen, vorausgesetzt, dass die Versicherungs- und Rückversicherungsverpflichtungen in Bezug auf den bei künftigen Prämien einkalkulierten erwarteten Gewinn ebenfalls homogen sind.
4. Verlustträchtige Verträge und gewinnträchtige Verträge können nur innerhalb einer homogenen Risikogruppe gegeneinander aufgerechnet werden.
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.