Artikel 275 VO (EU) 2015/35

1. Bei der Festlegung und Anwendung der Vergütungsleitlinien gemäß Artikel 258 Absatz 1 Buchstabe l befolgen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen alle folgenden Grundsätze:

(a)
Die Vergütungsleitlinien und -praktiken werden im Einklang mit der Geschäfts- und Risikomanagementstrategie des Unternehmens, seinem Risikoprofil, seinen Zielen, seinen Risikomanagementpraktiken sowie den langfristigen Interessen und der langfristigen Leistung des Unternehmens als Ganzes geschaffen, umgesetzt und dauerhaft gewährleistet und sehen Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten vor.
(b)
Die Vergütungsleitlinien fördern ein solides und wirksames Risikomanagement und ermutigen nicht zur Übernahme von Risiken, die die Risikotoleranzschwellen des Unternehmens übersteigen.
(c)
Die Vergütungsleitlinien gelten für das Unternehmen als Ganzes und sehen spezifische Vereinbarungen vor, die den Aufgaben und der Leistung des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans, der Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselfunktionen innehaben, sowie anderer Mitarbeiterkategorien, deren Tätigkeiten das Risikoprofil des Unternehmens maßgeblich beeinflussen, Rechnung tragen.
(d)
Das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan des Unternehmens, das die allgemeinen Grundsätze der Vergütungsleitlinien für diejenigen Mitarbeiterkategorien festlegt, deren Tätigkeiten das Risikoprofil des Unternehmens maßgeblich beeinflussen, ist für die Überwachung der Umsetzung der Vergütungsleitlinien verantwortlich.
(e)
Es bedarf einer klaren, transparenten und wirksamen Governance in Bezug auf die Vergütung, einschließlich einer Überwachung der Vergütungsleitlinien.
(f)
Soweit es aufgrund der Bedeutung des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens hinsichtlich Größe und interner Organisation angezeigt erscheint, wird ein unabhängiger Vergütungsausschuss eingesetzt, der dem Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan regelmäßig Unterstützung bei der Überwachung der Vergütungsleitlinien und -praktiken sowie ihrer Umsetzung und Funktionsweise leistet.
(g)
Die Vergütungsleitlinien werden allen Personalangehörigen des Unternehmens offengelegt.

2. Die spezifischen Vereinbarungen gemäß Absatz 1c Buchstabe c entsprechen folgenden Grundsätzen:

(a)
Sehen Vergütungssysteme sowohl feste als auch variable Vergütungsbestandteile vor, müssen diese in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, so dass der feste bzw. garantierte Bestandteil einen ausreichend hohen Anteil der Gesamtvergütung ausmacht und auf diese Weise vermieden wird, dass Mitarbeiter zu sehr auf die variablen Vergütungsbestandteile angewiesen sind, und es dem Unternehmen ermöglicht wird, eine völlig flexible Bonuspolitik anzuwenden, einschließlich der Möglichkeit, überhaupt keine variablen Vergütungsbestandteile zu zahlen.
(b)
Ist eine variable Vergütung leistungsbezogen, so basiert der Gesamtbetrag der variablen Vergütung auf einer Kombination aus der Bewertung der Leistungen des Einzelnen sowie des betreffenden Geschäftsbereichs einerseits und dem Gesamtergebnis des Unternehmens oder der Gruppe, der das Unternehmen angehört, andererseits.
(c)
Die Zahlung eines wesentlichen Teils des variablen Vergütungsbestandteils — unabhängig von der Form, in der dieser zu zahlen ist — muss eine flexible, aufgeschobene Komponente enthalten, die der Art und dem Zeithorizont der Geschäftstätigkeiten des Unternehmens Rechnung trägt; der Zeitaufschub muss mindestens drei Jahre betragen, und der Zeitraum muss ordnungsgemäß auf die Art des Geschäfts, die Risiken und die Tätigkeiten der betreffenden Mitarbeiter abgestimmt sein.
(d)
Bei der Bewertung der Leistung des Einzelnen sind sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Kriterien heranzuziehen.
(e)
Bei der Messung der Leistung, die die Grundlage der variablen Vergütung bildet, ist — unter Berücksichtigung des Risikoprofils des Unternehmens und der Kapitalkosten — eine Abwärtskorrektur für Exponierungen gegenüber aktuellen und künftigen Risiken vorzusehen.
(f)
Abfindungszahlungen müssen der während des gesamten Tätigkeitszeitraums erbrachten Leistung entsprechen und so ausgestaltet sein, dass Versagen nicht belohnt wird.
(g)
Die den Vergütungsleitlinien unterliegenden Personen verpflichten sich, keine persönlichen Hedging-Strategien zu verfolgen und nicht auf vergütungs- und haftungsbezogene Versicherungen zurückzugreifen, die die in ihren Vergütungsregelungen verankerten Risikoanpassungseffekte unterlaufen würden.
(h)
Der variable Teil der Vergütung der in den Funktionen gemäß den Artikeln 269 bis 272 tätigen Mitarbeiter ist unabhängig von der Leistung der ihrer Kontrolle unterstehenden operativen Einheiten und Bereiche.

3. Die Vergütungsleitlinien sind so ausgestaltet, dass der internen Organisation des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens sowie Art, Umfang und Komplexität der seinen Geschäftstätigkeiten inhärenten Risiken Rechnung getragen wird.

4. Die Vergütungsleitlinien enthalten Angaben dazu, wie der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in das Risikomanagementsystem Rechnung getragen wird.

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