Artikel 378 VO (EU) 2015/35
Kriterien für die Bewertung der Gleichwertigkeit von Drittlandssystemen
Die Gleichwertigkeit des für Rückversicherungstätigkeiten von Unternehmen mit Sitz in einem Drittland geltenden Solvabilitätssystems des betreffenden Drittlands mit den Anforderungen von Titel I der Richtlinie 2009/138/EG wird anhand folgender Kriterien bewertet:
- (a)
- Die Aufsichtsbehörden des Drittlands sind durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften befugt, die Rückversicherungstätigkeiten einheimischer Versicherungsunternehmen oder Rückversicherungsunternehmen wirksam zu beaufsichtigen und erforderlichenfalls Sanktionen zu verhängen oder Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen;
- (b)
- die Aufsichtsbehörden des Drittlands verfügen über die nötigen Mittel, einschlägigen Erfahrungen, Kapazitäten, einschließlich finanzieller und personeller Mittel, und ein Mandat für einen wirksamen Schutz der Versicherungsnehmer und Begünstigten unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrem Wohnort;
- (c)
- die Aufsichtsbehörden des Drittlands tragen bei der Wahrnehmung ihrer allgemeinen Aufgaben den Auswirkungen, die ihre Entscheidungen ausgehend von den verfügbaren Informationen insbesondere in Krisensituationen auf die Stabilität der weltweiten Finanzsysteme haben können, in gebührender Weise Rechnung;
- (d)
- die Aufsichtsbehörden des Drittlands tragen möglichen prozyklischen Wirkungen ihrer Maßnahmen bei außergewöhnlicher Bewegungen auf den Finanzmärkten Rechnung;
- (e)
- die Aufnahme der Tätigkeit der Rückversicherung setzt in dem betreffenden Drittland eine vorherige Zulassung auf der Grundlage klarer, objektiver und öffentlich verfügbarer, schriftlich festgelegter Standards voraus;
- (f)
-
das Solvabilitätssystem des Drittlands verlangt von einheimischen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäfte tätigen, ein wirksames Governance-System, das ein solides und vorsichtiges Management des Geschäfts gewährleistet und folgende Elemente vorschreibt:
- i)
- eine angemessene, transparente Organisationsstruktur mit klarer Zuweisung und angemessener Trennung der Zuständigkeiten,
- ii)
- Anforderungen zur Gewährleistung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit von Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten, die den Anforderungen nach Artikel 42 der Richtlinie 2009/138/EG gleichwertig sind,
- iii)
- wirksame Verfahren zur Gewährleistung der zeitnahen Übermittlung von Informationen sowohl innerhalb des Unternehmens als auch an die zuständigen Aufsichtsbehörden,
- iv)
- Anforderungen zur Gewährleistung einer wirksamen Beaufsichtigung outgesourcter Funktionen oder Tätigkeiten;
- (g)
-
das Solvabilitätssystem des Drittlands verlangt von einheimischen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäfte tätigen, die Einrichtung eines wirksamen Risikomanagementsystems, einschließlich:
- i)
- Strategien, Verfahren und internen Berichterstattungsmechanismen, die erforderlich sind, um Risiken, denen das Unternehmen ausgesetzt ist oder ausgesetzt sein könnte, auf Einzelbasis und in aggregierter Form kontinuierlich und unter Berücksichtigung der Interdependenzen zu ermitteln, zu messen, zu überwachen, zu managen und zu melden;
- ii)
- eines wirksamen Systems der internen Kontrolle;
- (h)
- das Solvabilitätssystem des Drittlands verlangt von einheimischen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäfte tätigen, die Einrichtung und Weiterführung einer wirksamen Risikomanagementfunktion, Compliance-Funktion, internen Revisionsfunktion und versicherungsmathematischen Funktion;
- (i)
-
das Solvabilitätssystem des Drittlands verlangt von einheimischen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäfte tätigen:
- i)
- die Bereitstellung aller für Beaufsichtigungszwecke erforderlichen Informationen an die Aufsichtsbehörden von Drittländern;
- ii)
- mindestens einmal im Jahr die Veröffentlichung eines Berichts über Solvabilität und Finanzlage, der dem Bericht gemäß Artikel 51 der Richtlinie 2009/138/EG gleichwertig ist;
- (j)
- das Solvabilitätssystem des Drittlands sieht vor, dass vorgeschlagene Änderungen der Unternehmenspolitik oder der Führung einheimischer Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäfte tätigen, oder Änderungen der qualifizierten Beteiligungen an solchen Unternehmen mit einer weiterhin soliden und vorsichtigen Führung dieser Unternehmen vereinbar sind;
- (k)
- die Bewertung der Finanzlage einheimischer Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäfte tätigen, erfolgt anhand solider wirtschaftlicher Grundsätze, und die Solvabilitätsanforderungen beruhen auf einer wirtschaftlichen Bewertung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten;
- (l)
-
das Solvabilitätssystem des Drittlands verlangt von einheimischen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäfte tätigen, das Halten angemessener Finanzmittel und die Erfüllung folgender Anforderungen:
- i)
- die betreffenden Unternehmen bilden versicherungstechnische Rückstellungen für ihre sämtlichen Rückversicherungsverpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern und Anspruchsberechtigten von Rückversicherungsverträgen,
- ii)
- zur Deckung der versicherungstechnischen Rückstellungen gehaltene Vermögenswerte werden im besten Interesse aller Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten und unter Berücksichtigung der offen gelegten strategischen Ziele angelegt,
- iii)
- die betreffenden Unternehmen tätigen Anlagen ausschließlich in Vermögenswerte und Instrumente, deren Risiken sie angemessen ermitteln, messen, überwachen, managen, steuern und melden können,
- iv)
- die betreffenden Unternehmen erfüllen Kapitalanforderungen in einem Umfang, der dem in Artikel 101 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Umfang gleichwertig ist und gewährleistet, dass im Falle signifikanter Verluste Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigte angemessen geschützt sind und fällige Zahlungen weiterhin erhalten,
- v)
- die betreffenden Unternehmen halten Kapital in einer bestimmten Mindesthöhe, bei deren Unterschreitung unmittelbar die höchste Stufe aufsichtsbehördlicher Maßnahmen ausgelöst wird,
- vi)
- die betreffenden Unternehmen erfüllen die Kapitalanforderungen nach den Ziffern iv und v mit Eigenmitteln ausreichender Qualität, die den Ausgleich signifikanter Verluste ermöglichen; die von den Aufsichtsbehörden als Eigenmittel hoher Qualität anerkannten Eigenmittel gleichen Verluste sowohl im Falle der Fortführung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens als auch im Falle einer Liquidation aus;
- (m)
- das Solvabilitätssystem des Drittlands umfasst risikobasierte Kapitalanforderungen zur Erfassung quantifizierbarer Risiken; signifikante, nicht quantifizierbare Risiken, die nicht durch die Kapitalanforderungen abgedeckt werden können, werden durch andere Aufsichtsmechanismen erfasst;
- (n)
- das Solvabilitätssystem des Drittlands gewährleistet bei Nichteinhaltung der Kapitalanforderung nach Buchstabe l Ziffer iv ein zeitnahes Eingreifen der Aufsichtsbehörden des Drittlandes;
- (o)
- das Solvabilitätssystem des Drittlands sieht vor, dass alle Personen, die für die Aufsichtsbehörden dieses Drittlands tätig sind oder waren, sowie die von diesen Behörden beauftragten Wirtschaftsprüfer und Sachverständigen dem Berufsgeheimnis unterliegen und die Anforderungen bezüglich des Berufsgeheimnisses sich auf Informationen von allen Aufsichtsbehörden erstrecken;
- (p)
- das Solvabilitätssystem des Drittlands sieht vor, dass unbeschadet der Fälle, die unter das Strafrecht fallen, Personen, die für die Aufsichtsbehörden des Drittlands tätig sind oder waren, vertrauliche Informationen, die sie erhalten, an keine Person oder Behörde weitergeben, es sei denn in zusammengefasster oder allgemeiner Form, so dass die einzelnen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nicht zu erkennen sind;
- (q)
- das Solvabilitätssystem des Drittlands sieht vor, dass im Zusammenhang mit Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, gegen die durch Gerichtsbeschluss das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Zwangsabwicklung eingeleitet worden ist, vertrauliche Informationen, die sich nicht auf Dritte beziehen, die an Versuchen zur Rettung des Unternehmens beteiligt sind, in zivil- oder handelsgerichtlichen Verfahren weitergegeben werden können;
- (r)
-
Aufsichtsbehörden von Drittländern, die vertrauliche Informationen von Aufsichtsbehörden erhalten, dürfen diese im Wahrnehmung ihrer Aufgaben nur für folgende Zwecke verwenden:
- i)
- Prüfung der Einhaltung der Bedingungen für die Aufnahme der Tätigkeit der Rückversicherung, für das Governance-System, für die Offenlegung und für die Solvabilitätsbeurteilung,
- ii)
- Verhängung von Sanktionen,
- iii)
- im Rahmen von Verwaltungsverfahren zur Anfechtung von Entscheidungen der Aufsichtsbehörden,
- iv)
- in Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Solvabilitätssystem des betreffenden Drittlands;
- (s)
- Drittland-Aufsichtsbehörden sind befugt, von Aufsichtsbehörden erhaltene Informationen in Wahrnehmung ihrer aufsichtsrechtlichen Aufgaben oder bei der Aufdeckung und Untersuchung von Verstößen gegen das Gesellschaftsrecht mit anderen Behörden, Stellen oder Personen, die in dem betreffenden Drittland den Anforderungen des Berufsgeheimnisses unterliegen, auszutauschen; diese Informationen werden nur nach ausdrücklicher Zustimmung der mitteilenden Aufsichtsbehörde offen gelegt und gegebenenfalls nur für die Zwecke eingeholt, für die die zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilt hat.
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