Artikel 379 VO (EU) 2015/35

Kriterien für die Bewertung der Gleichwertigkeit von Drittlandssystemen

Die Gleichwertigkeit des für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittland geltenden Solvabilitätssystems des betreffenden Drittlands mit den Anforderungen von Titel I Kapitel IV der Richtlinie 2009/138/EG wird anhand folgender Kriterien bewertet:

(a)
die Bewertung der Finanzlage einheimischer Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen erfolgt anhand solider wirtschaftlicher Grundsätze, und die Solvabilitätsanforderungen beruhen auf einer wirtschaftlichen Bewertung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten;
(b)
das Solvabilitätssystem des Drittlands verlangt von einheimischen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen das Halten angemessener Finanzmittel und die Erfüllung folgender Anforderungen:

i)
die betreffenden Unternehmen bilden versicherungstechnische Rückstellungen für ihre sämtlichen Versicherungs- und Rückversicherungsverpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern und Anspruchsberechtigten von Versicherungs- und Rückversicherungsverträgen,
ii)
zur Deckung der versicherungstechnischen Rückstellungen gehaltene Vermögenswerte werden im besten Interesse aller Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten und unter Berücksichtigung der offen gelegten strategischen Ziele angelegt,
iii)
die betreffenden Unternehmen tätigen Anlagen ausschließlich in Vermögenswerte und Instrumente, deren Risiken sie angemessen ermitteln, messen, überwachen, managen, steuern und melden können,
iv)
die betreffenden Unternehmen erfüllen Kapitalanforderungen in einem Umfang, der dem in Artikel 101 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegten Umfang gleichwertig ist und gewährleistet, dass im Falle signifikanter Verluste Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigte angemessen geschützt sind und fällige Zahlungen weiterhin erhalten,
v)
die betreffenden Unternehmen halten Kapital in einer bestimmten Mindesthöhe, bei deren Unterschreitung unmittelbar die höchste Stufe aufsichtsbehördlicher Maßnahmen ausgelöst wird,
vi)
die betreffenden Unternehmen erfüllen die Kapitalanforderungen nach den Ziffern iv und v mit Eigenmitteln ausreichender Qualität, die den Ausgleich signifikanter Verluste ermöglichen; die von den Aufsichtsbehörden als Eigenmittel hoher Qualität anerkannten Eigenmittel gleichen Verluste sowohl im Falle der Fortführung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens als auch im Falle einer Liquidation aus;

(c)
das Solvabilitätssystem des Drittlands umfasst risikobasierte Kapitalanforderungen zur Erfassung quantifizierbarer Risiken; signifikante, nicht quantifizierbare Risiken, die nicht durch die Kapitalanforderungen abgedeckt werden können, werden durch andere Aufsichtsmechanismen erfasst;
(d)
das Solvabilitätssystem des Drittlands gewährleistet bei Nichteinhaltung der Kapitalanforderung gemäß Buchstabe b Ziffer iv ein zeitnahes Eingreifen der Aufsichtsbehörden des Drittlandes;
(e)
das Solvabilitätssystem des Drittlands sieht vor, dass alle Personen, die für die Aufsichtsbehörden dieses Drittlands tätig sind oder waren, sowie die von diesen Behörden beauftragten Wirtschaftsprüfer und Sachverständigen dem Berufsgeheimnis unterliegen und die Anforderungen bezüglich des Berufsgeheimnisses sich auf Informationen von allen Aufsichtsbehörden erstrecken;
(f)
das Solvabilitätssystem des Drittlands sieht vor, dass unbeschadet der Fälle, die unter das Strafrecht fallen, Personen, die für die Aufsichtsbehörden des Drittlands tätig sind oder waren, vertrauliche Informationen, die sie erhalten, an keine Person oder Behörde weitergeben, es sei denn in zusammengefasster oder allgemeiner Form, so dass die einzelnen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nicht zu erkennen sind;
(g)
das Solvabilitätssystem des Drittlands sieht vor, dass im Zusammenhang mit Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, gegen die durch Gerichtsbeschluss das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Zwangsabwicklung eingeleitet worden ist, vertrauliche Informationen, die sich nicht auf Dritte beziehen, die an Versuchen zur Rettung des Versicherungs- oder des Rückversicherungsunternehmens beteiligt sind, in zivil- oder handelsgerichtlichen Verfahren weitergegeben werden können;
(h)
Aufsichtsbehörden von Drittländern, die vertrauliche Informationen von Aufsichtsbehörden erhalten, dürfen diese im Wahrnehmung ihrer Aufgaben nur für folgende Zwecke verwenden:

i)
Prüfung der Einhaltung der Bedingungen für die Aufnahme der Tätigkeit, für das Governance-System, für die Offenlegung und für die Solvabilitätsbeurteilung,
ii)
Verhängung von Sanktionen;
iii)
im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens über die Anfechtung einer Entscheidung der Aufsichtsbehörden;
iv)
in Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Solvabilitätssystem des betreffenden Drittlands;

(i)
Drittland-Aufsichtsbehörden sind befugt, von Aufsichtsbehörden erhaltene Informationen in Wahrnehmung ihrer aufsichtsrechtlichen Aufgaben oder bei der Aufdeckung und Untersuchung von Verstößen gegen das Gesellschaftsrecht mit anderen Behörden, Stellen oder Personen, die in dem betreffenden Drittland den Anforderungen des Berufsgeheimnisses unterliegen, auszutauschen; diese Informationen werden nur nach ausdrücklicher Zustimmung der mitteilenden Aufsichtsbehörde offen gelegt und gegebenenfalls nur für die Zwecke eingeholt, für die die zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilt hat.

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