Artikel 3b VO (EU) 2015/378
Kriterien für die Anwendung und Festsetzung der Höhe der Finanzkorrekturen
(1) Die Kommission wendet Finanzkorrekturen an, wenn sie eine oder mehrere vereinzelte oder systembedingte Unregelmäßigkeiten oder einen oder mehrere Mängel beim wirksamen Funktionieren des Verwaltungs- und Kontrollsystems ( „Systemmängel” ) feststellt.
Für die Zwecke dieser Verordnung ist eine Unregelmäßigkeit ein Verstoß gegen Unionsrecht oder nationales Recht oder ein Verstoß gegen nationale Vorschriften, der Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Begünstigten oder von Begünstigten ist und dadurch einen Schaden für den Gesamthaushalt der Europäischen Union bewirkt oder bewirken könnte, dass diesem eine ungerechtfertigte Ausgabe angelastet wird.
Die Höhe der Finanzkorrektur wird nach Möglichkeit im Einzelfall festgesetzt und entspricht exakt dem Betrag der dem Gesamthaushalt der Union zu Unrecht angelasteten Ausgabe.
Wenn die Kommission bei einer repräsentativen Stichprobe von Ausgaben im gesamten nationalen Programm oder in einem Teil davon Unregelmäßigkeiten feststellt, es aber nicht kosteneffizient ist, die anderen Ausgaben auf ihre Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen, kann die Korrektur durch Extrapolation der Ergebnisse der Untersuchung der Stichprobe auf die übrige Grundgesamtheit, aus der sie gezogen wurde, festgelegt werden.
Wenn die Kommission systembedingte Unregelmäßigkeiten oder Systemmängel feststellt, es aber selbst durch Extrapolation nicht möglich ist, die Korrektur genau zu quantifizieren, wird gemäß den in den Absätzen 2 und 3 dargelegten Kriterien und Richtsätzen eine pauschale Finanzkorrektur auf die Ausgaben angewendet, die für den betroffenen Teil des Systems geltend gemacht wurden.
Pauschalkorrekturen können auch bei vereinzelten Unregelmäßigkeiten angewendet werden.
(2) Die Höhe einer Pauschalkorrektur wird unter Berücksichtigung folgender Faktoren festgesetzt:
- a)
- Grad der Schwere der Unregelmäßigkeit oder des Systemmangels bezogen auf das System insgesamt oder einen Teil davon oder auf die Arten der geltend gemachten Ausgaben;
- b)
- Verlustrisiko für den Unionshaushalt infolge der Unregelmäßigkeit oder des Systemmangels;
- c)
- Betrugsanfälligkeit der Ausgaben aufgrund der Unregelmäßigkeit oder des Systemmangels;
- d)
- etwaige mildernde oder erschwerende Umstände.
(3) Die Höhe der Korrektur wird wie folgt festgesetzt:
- a)
- Wenn die Unregelmäßigkeit(en) oder der Systemmangel beziehungsweise die Systemmängel so grundlegend, häufig oder weitverbreitet ist beziehungsweise sind, dass dies einem vollständigen Versagen des Systems gleichkommt, das die Recht- und Ordnungsmäßigkeit aller betroffenen Ausgaben gefährdet, wird ein Pauschalsatz von 100 % angewendet;
- b)
- wenn die Unregelmäßigkeit(en) oder der Systemmangel beziehungsweise die Systemmängel so häufig und weitverbreitet ist beziehungsweise sind, dass dies einem sehr schwerwiegenden Versagen des Systems gleichkommt, das die Recht- und Ordnungsmäßigkeit eines sehr großen Teils der betroffenen Ausgaben gefährdet, wird ein Pauschalsatz von 25 % angewendet;
- c)
- wenn die Unregelmäßigkeit(en) oder der Systemmangel beziehungsweise die Systemmängel darauf zurückzuführen ist beziehungsweise sind, dass das System nur teilweise oder so schlecht oder selten funktioniert, dass die Recht- und Ordnungsmäßigkeit eines großen Teils der betroffenen Ausgaben gefährdet ist, wird ein Pauschalsatz von 10 % angewendet;
- d)
- wenn die Unregelmäßigkeit(en) oder der Systemmangel beziehungsweise die Systemmängel darauf zurückzuführen ist beziehungsweise sind, dass das System nicht durchgehend funktioniert, sodass die Recht- und Ordnungsmäßigkeit eines beträchtlichen Teils der betroffenen Ausgaben gefährdet ist, wird ein Pauschalsatz von 5 % angewendet.
Im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann der Satz auf 2 % herabgesetzt werden, wenn ein Korrektursatz von 5 % aufgrund der Art und der Schwere der Unregelmäßigkeit oder des Systemmangels nicht als gerechtfertigt gilt.
(4) Wenn die befugte Behörde versäumt, nach Anwendung einer Finanzkorrektur in einem Haushaltsjahr angemessene Korrekturmaßnahmen zu treffen, und dieselbe(n) Unregelmäßigkeit(en) oder derselbe Mangel beziehungsweise dieselben Mängel auch in einem der folgenden Haushaltsjahre festgestellt wird beziehungsweise werden, kann der Satz der Pauschalkorrektur aufgrund des Fortbestehens der Unregelmäßigkeit(en) oder des Mangels beziehungsweise der Mängel maximal bis zur Höhe des nächsthöheren in Absatz 3 genannten Richtsatzes heraufgesetzt werden.
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