Artikel 2 VO (EU) 2015/68

Begriffsbestimmungen

Im Rahmen dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 und der Anhange XII und XXXIII der delegierten Verordnung (EU) 2015/208 der Kommission(1). Darüber hinaus gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
„Bremsanlage” bezeichnet die Gesamtheit der Teile, deren Aufgabe es ist, die Geschwindigkeit eines fahrenden Fahrzeugs nach und nach zu verringern oder es zum Stillstand zu bringen oder es im Stillstand zu halten, wenn es bereits steht; die Bremsanlage besteht aus der Betätigungseinrichtung, der Übertragungseinrichtung und der eigentlichen Bremse;
2.
„Betriebsbremsanlage” bezeichnet die Bremsanlage, die dem Fahrer über die gesamte Bandbreite der Geschwindigkeiten und Beladungszustände, mit denen das Fahrzeug gemäß der Genehmigung betrieben werden darf, sowie bei beliebiger Steigung und beliebigem Gefälle die Kontrolle der Fahrzeugbewegung sowie ein sicheres, schnelles und wirksames Anhalten gestattet;
3.
„abstufbare Bremsung” bezeichnet eine Bremsung, bei der innerhalb des normalen Betätigungsbereichs der Bremsanlage, und zwar sowohl beim Anlegen als auch beim Lösen der Bremsen,

a)
der Fahrer die Bremskraft zu jedem Zeitpunkt durch Einwirkung auf die Betätigungseinrichtung erhöhen oder verringern kann,
b)
die Bremskraft im gleichen Sinne wie die Einwirkung auf die Betätigungseinrichtung wirkt (gleichförmige Wirkung),
c)
eine hinreichend feine Anpassung der Bremskraft leicht möglich ist;

4.
„Betätigungseinrichtung” bezeichnet die Einrichtung, die der Fahrer unmittelbar betätigt, um die zur Bremsung erforderliche Energie in die Übertragungseinrichtung einzuleiten oder zu steuern. Diese Energie kann die Muskelarbeit des Fahrers oder die vom Fahrer gesteuerte Energie aus einer anderen Quelle oder gegebenenfalls die Bewegungsenergie eines Anhängefahrzeugs oder eine Kombination dieser verschiedenen Energiearten sein;
5.
„Übertragungseinrichtung” bezeichnet die Gesamtheit der Bauteile, die zwischen der Betätigungseinrichtung und der eigentlichen Bremse angeordnet sind und zwischen ihnen auf mechanischem, hydraulischem, pneumatischem oder elektrischem Wege oder durch eine Kombination dieser Mittel eine funktionale Verbindung herstellen; ausgenommen sind die Steuerungsleitungen, Versorgungsleitungen sowie Zusatzleitungen zwischen Zugmaschinen und Anhängefahrzeugen; wird die Bremskraft von einer Energiequelle erzeugt oder von ihr unterstützt, die unabhängig vom Fahrer ist, ist der Energievorratsbehälter des Systems ebenfalls Teil der Übertragungseinrichtung;
6.
„Steuer-Übertragungseinrichtung” bezeichnet die Gesamtheit der Bauteile der Übertragungseinrichtung, die den Betrieb der Bremsen steuern, und der notwendigen Energievorratsbehälter;
7.
„Energie-Übertragungseinrichtung” bezeichnet die Gesamtheit der Bauteile, die die Bremsen mit der für ihre Funktion erforderlichen Energie versorgen;
8.
„Reibungsbremse” bezeichnet eine Bremse, bei der die Kräfte durch Reibung zwischen zwei sich gegeneinander bewegenden Teilen des Fahrzeugs erzeugt werden;
9.
„Fluidbremse” bezeichnet eine Bremse, bei der die Kräfte durch die Wirkung eines Fluids zwischen zwei sich gegeneinander bewegenden Teilen des Fahrzeugs erzeugt werden; das Fluid ist bei einer „hydraulischen Bremse” eine Flüssigkeit, bei einer „Druckluftbremse” Luft;
10.
„Motorbremse” bezeichnet eine Bremse, bei der die Kräfte durch eine gesteuerte Erhöhung der auf die Räder übertragenen Bremswirkung des Motors erzeugt werden;
11.
„Feststellbremsanlage” bezeichnet eine Einrichtung, die es ermöglicht, das Fahrzeug in der Steigung oder im Gefälle auch bei Abwesenheit des Fahrers im Stillstand zu halten;
12.
„durchgehende Bremsung” bezeichnet die Bremsung der eine Fahrzeugkombination bildenden Fahrzeuge durch eine Einrichtung mit folgenden Merkmalen:

a)
eine einzige Betätigungseinrichtung, die vom Fahrersitz aus mit einer einzigen Bewegung abstufbar betätigt wird,
b)
die zur Bremsung der Fahrzeuge verwendete Energie wird von ein und derselben Energiequelle geliefert,
c)
die Bremseinrichtung bewirkt die gleichzeitige oder richtig abgestimmte Bremsung der einzelnen miteinander verbundenen Fahrzeuge unabhängig von ihrer Lage zueinander;

13.
„halbdurchgehende Bremsung” bezeichnet die Bremsung der eine Fahrzeugkombination bildenden Fahrzeuge durch eine Einrichtung mit folgenden Merkmalen:

a)
eine einzige Betätigungseinrichtung, die vom Fahrersitz aus mit einer einzigen Bewegung abstufbar betätigt wird,
b)
die zur Bremsung der Fahrzeuge verwendete Energie stammt aus zwei verschiedenen Energiequellen,
c)
die Bremseinrichtung bewirkt die gleichzeitige oder richtig abgestimmte Bremsung der einzelnen miteinander verbundenen Fahrzeuge unabhängig von ihrer Lage zueinander;

14.
„selbsttätige Bremsung” bezeichnet die Bremsung, bei der bei einer Trennung der Fahrzeuge einer Kombination, auch infolge Abreißens einer Verbindungseinrichtung, eine selbsttätige Bremsung des Anhängefahrzeugs oder der Anhängefahrzeuge erfolgt, ohne dass die Bremswirkung des restlichen Teils der Fahrzeugkombination aufgehoben wird;
15.
„Auflaufbremsung” bezeichnet eine Bremsung mithilfe der Kräfte, die durch das Auflaufen des Anhängefahrzeugs auf die Zugmaschine entstehen;
16.
„nicht trennbare Übertragungseinrichtung” bezeichnet eine Übertragungseinrichtung, die den Druck bzw. die Kraft oder das Drehmoment zu jedem Zeitpunkt während der Bewegung des Fahrzeugs ständig überträgt; sie liegt im Kraftübertragungsstrang zwischen dem Fahrzeugmotor und den Rädern, in der Bremsanlage zwischen der Betätigungseinrichtung und den Rädern;
17.
„beladenes Fahrzeug” bezeichnet ein Fahrzeug mit seiner technisch zulässigen Höchstmasse;
18.
„Radlast” bezeichnet eine senkrechte statische Kraft der Straßenoberfläche in der Kontaktfläche auf das Rad;
19.
„Achslast” bezeichnet die Summe der senkrechten statischen Kräfte der Straßenoberfläche in den Kontaktflächen der Räder einer Achse;
20.
„höchste statische Radlast” die statische Radlast, die mit der technisch zulässigen Höchstmasse des Fahrzeugs in beladenem Zustand erreicht wird;
21.
„höchste statische Achslast” die statische Achslast, die mit der technisch zulässigen Höchstmasse des Fahrzeugs in beladenem Zustand erreicht wird;
22.
„Anhängefahrzeug” bezeichnet einen Anhänger gemäß der Definition in Artikel 3 Absatz 9 der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 oder ein gezogenes auswechselbares Gerät gemäß der Definition in Artikel 3 Absatz 10 der genannten Verordnung;
23.
„Deichsel-Anhängefahrzeug” bezeichnet ein Anhängefahrzeug der Klasse R oder S mit mindestens zwei Achsen, davon mindestens einer gelenkten Achse, das mit einer Zugeinrichtung ausgestattet ist, welche in Bezug auf das ziehende Fahrzeug vertikal beweglich ist und keine nennenswerte statische Last auf die Zugmaschine überträgt;
24.
„Zentralachs-Anhängefahrzeug” bezeichnet ein Anhängefahrzeug der Klasse R oder S, bei dem eine oder mehrere Achsen bei gleichmäßiger Beladung des Fahrzeugs in der Nähe seines Schwerpunktes liegen, so dass auf die Zugmaschine nur eine geringe statische Last übertragen wird, welche 10 % des Wertes, der der Höchstmasse des gezogenen Fahrzeugs oder einer Last von 1000 daN entspricht, je nachdem welcher Wert niedriger ist, nicht überschreitet;
25.
„Starrdeichsel-Anhängefahrzeug” bezeichnet ein Anhängefahrzeug der Klasse R oder S, bei dem eine Achse oder Achsengruppe mit einer Deichsel ausgestattet ist, welche konstruktionsbedingt eine erhebliche statische Last auf die Zugmaschine überträgt, und auf das die Definition eines gezogenen Fahrzeugs mit Zentralachse nicht zutrifft; die bei einer Fahrzeugkombination zu verwendende Kupplung darf nicht aus einem Königszapfen und einer Sattelkupplung bestehen; geringfügige senkrechte Bewegungen bei einer Starrdeichsel sind zulässig; eine hydraulisch einstellbare Deichsel mit Gelenk gilt als Starrdeichsel;
26.
„Dauerbremsanlage” bezeichnet eine zusätzliche Bremsanlage, mit der eine Bremswirkung erzeugt und über eine lange Zeitdauer ohne erheblichen Abfall der Wirkung aufrechterhalten werden kann, einschließlich der Betätigungseinrichtung; sie kann aus einer einzigen Einrichtung oder einer Kombination aus mehreren Einrichtungen bestehen, von denen jede eine eigene Betätigungseinrichtung haben kann;
27.
elektronisch gesteuerte Bremsanlage (electronically controlled braking system, EBS) bezeichnet eine Bremsanlage, bei der die Steuerung als elektrisches Signal in der Steuerübertragungseinrichtung generiert und verarbeitet wird und als elektrische Ausgangssignale an Einrichtungen geht, die mithilfe gespeicherter oder erzeugter Energie Betätigungskräfte erzeugen;
28.
„automatisch gesteuerte Bremsung” bezeichnet eine Funktion in einem komplexen elektronischen Steuersystem, bei der die Betätigung der Bremsanlage oder der Bremsen an bestimmten Achsen zur Verzögerung des Fahrzeugs mit oder ohne direktes Eingreifen des Fahrers nach automatischer Auswertung der von den bordeigenen Systemen übermittelten Informationen erfolgt;
29.
„selektive Bremsung” eine Funktion in einem komplexen elektronischen Steuersystem, bei der die Betätigung der einzelnen Bremsen selbsttätig erfolgt, wobei die Verzögerung gegenüber der Veränderung des Fahrzeugverhaltens sekundär ist;
30.
„elektrische Steuerleitung” bezeichnet die elektrische Verbindung zwischen zwei Fahrzeugen, die innerhalb einer Fahrzeugkombination die Steuerung der Bremsung eines Anhängefahrzeugs gewährleistet; sie umfasst die elektrischen Leitungen und die Steckverbindung sowie die Teile für die Datenübertragung und die Stromversorgung für die Steuer-Übertragungseinrichtung des Anhängefahrzeugs;
31.
„Federspannkammer” bezeichnet den Raum, in dem die Druckveränderung, die die Federspannung bewirkt, tatsächlich erzeugt wird;
32.
„hydrostatischer Antrieb” bezeichnet eine Art des Fahrzeugantriebs, bei dem eine hydrostatische Kraftübertragung mit offenem oder geschlossenem Kreislauf, in dem als Energieüberträger ein Fluid zwischen einer oder mehreren Hydraulikpumpen und einem oder mehreren Hydraulikmotoren zirkuliert, zum Einsatz kommt;
33.
„komplexes elektronisches Fahrzeugsteuersystem” bezeichnet ein elektronisches Steuersystem mit einer Steuerungshierarchie, bei der eine gesteuerte Funktion durch eine übergeordnete elektronische Steuerfunktion oder eine Funktion eines übergeordneten elektronischen Steuersystems überschrieben werden kann;
34.
„Antiblockiervorrichtung” bezeichnet den Teil der Betriebsbremsanlage, der während der Bremsung selbsttätig an einem oder mehreren Rädern des Fahrzeuges den Schlupf in Drehrichtung des Rades regelt;
35.
„direkt geregeltes Rad” bezeichnet ein Rad, dessen Bremskraft zumindest nach den Daten geregelt wird, die von seinem eigenen Sensor geliefert werden;
36.
„Einleitungs-Hydraulikanschluss” bezeichnet eine Bremskupplung zwischen Zugmaschine und Anhängefahrzeug mit nur einer Leitung für das hydraulische Fluid;
37.
„Energiequelle” bezeichnet eine Einrichtung, welche die für die Betätigung der Bremsen erforderliche Energie liefert, entweder unmittelbar oder mittelbar durch eine Energiespeichereinrichtung;
38.
„Energiespeichereinrichtung” bezeichnet eine Einrichtung, die die von der Energiequelle gelieferte Energie für die Betätigung oder das Lösen der Bremsen speichert.

Fußnote(n):

(1)

Delegierte Verordnung (EU) 2015/208 der Kommission vom 8. Dezember 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die funktionale Sicherheit von Fahrzeugen für die Genehmigung von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen (ABl. L 42 vom 17.2.2015, S. 1).

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