Artikel 7 VO (EU) 2016/1036
Vorläufige Maßnahmen
(1) Vorläufige Zölle können auferlegt werden, wenn
- a)
- ein Verfahren nach Artikel 5 eingeleitet wurde,
- b)
- eine entsprechende Bekanntmachung veröffentlicht wurde und die interessierten Parteien nach Artikel 5 Absatz 10 eine ausreichende Gelegenheit erhielten, Informationen vorzulegen und Stellungnahmen abzugeben,
- c)
- wenn vorläufig festgestellt wurde, dass Dumping vorliegt und ein Wirtschaftszweig der Union dadurch geschädigt wird, und
- d)
- wenn im Interesse der Union ein Eingreifen zur Verhinderung dieser Schädigung erforderlich ist.
Die vorläufigen Zölle werden frühestens 60 Tage, im Normalfall spätestens sieben Monate, in jedem Fall jedoch spätestens acht Monate nach der Einleitung des Verfahrens eingeführt.
Im Anschluss an die Unterrichtung der interessierten Parteien nach Artikel 19a wird drei Wochen lang auf die Erhebung vorläufiger Zölle verzichtet (Vorunterrichtungszeitraum). Die Unterrichtung greift einem etwaigen späteren entsprechenden Beschluss der Kommission nicht vor.
Die Kommission überprüft bis zum 9. Juni 2020, ob es während des Vorunterrichtungszeitraums zu einem erheblichen Anstieg der Einfuhren gekommen ist, und, sollte dies der Fall sein, ob der Wirtschaftszweig der Union trotz der Maßnahmen, die die Kommission aufgrund von Artikel 14 Absatz 5a und Artikel 9 Absatz 4 gegebenenfalls ergriffen hat, durch diesen Anstieg zusätzlich geschädigt wurde. Hierbei stützt sich die Kommission insbesondere auf die Daten, die nach Artikel 14 Absatz 6 erhoben werden, sowie auf alle ihr zur Verfügung stehenden einschlägigen Informationen. Die Kommission erlässt gemäß Artikel 23a einen delegierten Rechtsakt, durch den der Vorunterrichtungszeitraum auf zwei Wochen verkürzt wird, wenn es zu einem erheblichen Anstieg der Einfuhren gekommen ist, durch den ein Wirtschaftszweig der Union zusätzlich geschädigt wurde, beziehungsweise auf vier Wochen verlängert wird, wenn dies nicht der Fall war.
Gleichzeitig mit der Unterrichtung der interessierten Parteien nach Artikel 19a teilt die Kommission auf ihrer Website öffentlich mit, dass sie beabsichtigt, vorläufige Zölle einzuführen; diese Mitteilung enthält Informationen über die eventuellen Zollsätze.
(2) Der Betrag des vorläufigen Zolls darf die vorläufig ermittelte Dumpingspanne nicht übersteigen; er sollte jedoch niedriger sein als die Dumpingspanne, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union zu beseitigen.
(2a) Bei der Prüfung, ob ein unter der Dumpingspanne liegender Zoll ausreicht, um die Schädigung zu beseitigen, berücksichtigt die Kommission, ob es Verzerrungen des Rohstoffangebots bei der betroffenen Ware gibt.
Im Sinne dieses Absatzes sind Verzerrungen des Rohstoffangebots die folgenden Maßnahmen: Doppelpreissysteme, Ausfuhrsteuern, Ausfuhrergänzungsabgaben, Ausfuhrquoten, Ausfuhrverbote, Finanzabgaben auf Ausfuhren, Lizenzanforderungen, Mindestausfuhrpreise, die Minderung oder Aufhebung der Mehrwertsteuererstattung, Einschränkungen an der Zollabfertigungsstelle für Ausführer, Verzeichnisse qualifizierter Ausführer, die Pflicht, den heimischen Markt mit einem bestimmten Anteil der Produktion zu beliefern (Domestic Market Obligation), unternehmensgebundene Schürfrechte, wenn der Preis eines Rohstoffs deutlich unter dem Preis auf repräsentativen internationalen Märkten liegt.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 23a delegierte Rechtsakte zur Änderung dieser Verordnung durch Hinzufügung weiterer Verzerrungen des Rohstoffangebots zu der in Unterabsatz 2 des vorliegenden Absatzes genannten Liste zu erlassen, falls in dem „Inventory on export restrictions on industrial raw material” der OECD (Verzeichnis von Ausfuhrbeschränkungen für industriell genutzte Rohstoffe) oder jedweder anderen Datenbank der OECD, die dieses Verzeichnis ersetzt, andere Arten von Maßnahmen aufgeführt werden.
Die Untersuchung erstreckt sich auf alle in Unterabsatz 2 des vorliegenden Absatzes aufgeführten Verzerrungen des Rohstoffangebots, für deren Vorliegen der Kommission ausreichende Beweise nach Artikel 5 zur Verfügung stehen.
Für die Zwecke dieser Verordnung müssen mindestens 17 % der Herstellungskosten der betreffenden Ware auf einen einzelnen unverarbeiteten oder verarbeiteten Rohstoff — einschließlich Energie —, bei dem eine Verzerrung festgestellt wird, entfallen. Für die Zwecke dieser Berechnung wird ein unverzerrter Preis des Rohstoffs, der sich auf repräsentativen internationalen Märkten gebildet hat, verwendet.
(2b) Kommt die Kommission auf der Grundlage aller vorgelegten Informationen eindeutig zu dem Ergebnis, dass es im Interesse der Union liegt, den Betrag der vorläufigen Zölle gemäß Absatz 2a zu bestimmen, findet Absatz 2 des vorliegenden Artikels keine Anwendung. Die Kommission bemüht sich aktiv um Informationen von den interessierten Parteien, um festlegen zu können, ob Absatz 2 oder Absatz 2a des vorliegenden Artikels Anwendung findet. In dieser Hinsicht prüft die Kommission alle sachdienlichen Informationen wie beispielsweise das Vorhandensein von Kapazitätsreserven im Ausfuhrland, den Wettbewerb um Rohstoffe und die Auswirkungen auf die Lieferketten für Unionsunternehmen. Im Falle fehlender Mitarbeit kann die Kommission zu dem Schluss kommen, dass es mit dem Interesse der Union im Einklang steht, Absatz 2a des vorliegenden Artikels anzuwenden. Bei der Prüfung des Unionsinteresses gemäß Artikel 21 wird dieser Frage besondere Beachtung geschenkt.
(2c) Wird die Schädigungsspanne auf der Grundlage eines Zielpreises berechnet, so wird die herangezogene Zielgewinnspanne unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Höhe der Rentabilität vor der Steigerung der Einfuhren aus dem Land, das Gegenstand der Untersuchung ist, der Höhe der Rentabilität, die zur Deckung sämtlicher Kosten und Investitionen, Forschung und Entwicklung (FuE) sowie Innovation erforderlich ist, und der Höhe der Rentabilität, die unter normalen Wettbewerbsbedingungen zu erwarten ist, festgelegt. Diese Gewinnspanne darf nicht niedriger als 6 % sein.
(2d) Bei der Festlegung des Zielpreises werden die tatsächlichen Herstellungskosten des Wirtschaftszweigs der Union, wie sie sich aus den multilateralen Umweltübereinkünften und den zugehörigen Protokollen, deren Vertragspartei die Union ist, oder aus den in Anhang Ia dieser Verordnung aufgeführten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ergeben, gebührend berücksichtigt. Darüber hinaus werden künftige, nicht unter Absatz 2c dieses Artikels fallende Kosten, die sich aus diesen Übereinkünften und Übereinkommen ergeben und die dem Wirtschaftszweig der Union während des Zeitraums der Anwendung der Maßnahme nach Artikel 11 Absatz 2 entstehen, berücksichtigt.
(3) Die vorläufigen Zölle sind in Form einer Sicherheitsleistung zu sichern, und die Überführung der betreffenden Waren in den freien Verkehr in der Union wird von der Leistung einer solchen Sicherheit abhängig gemacht.
(4) Die Kommission trifft vorläufige Maßnahmen gemäß dem in Artikel 15 Absatz 4 vorgesehenen Verfahren.
(5) Beantragt ein Mitgliedstaat ein umgehendes Eingreifen der Kommission und sind die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt, so beschließt die Kommission innerhalb von höchstens fünf Arbeitstagen nach Eingang des Antrags, ob ein vorläufiger Antidumpingzoll einzuführen ist.
(6) Die Geltungsdauer vorläufiger Zölle kann auf sechs Monate beschränkt und um weitere drei Monate verlängert werden oder aber neun Monate betragen. Sie darf jedoch nur verlängert werden oder neun Monate betragen, wenn die Ausführer, auf die ein erheblicher Prozentsatz des betreffenden Handels entfällt, dies beantragen oder nach Mitteilung durch die Kommission keine Einwände erheben.
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