ANHANG VII VO (EU) 2016/399

Sonderbestimmungen für bestimmte Personengruppen

1.
Staatsoberhäupter

Regierungschefs und Mitglieder nationaler Regierungen mit mitreisenden Ehepartnern und die Mitglieder ihrer offiziellen Delegation sowie Monarchen und andere hochrangige Mitglieder einer königlichen Familie. Abweichend von Artikel 6 und den Artikeln 8 bis 14 unterliegen Staatsoberhäupter, Regierungschefs und Mitglieder nationaler Regierungen mit mitreisenden Ehepartnern und die Mitglieder ihrer offiziellen Delegation sowie Monarchen und andere hochrangige Mitglieder einer königlichen Familie, wenn sie von Regierungen der Mitgliedstaaten oder von internationalen Organisationen zu einem offiziellen Anlass eingeladen werden und deren Ein- und Ausreise auf diplomatischem Wege offiziell angekündigt wurde, keiner Grenzübertrittskontrolle.

2.
Piloten von Luftfahrzeugen und anderes Flugbesatzungspersonal

2.1.
Abweichend von Artikel 6 dürfen Inhaber einer Fluglizenz oder eines Besatzungsausweises (Crew Member Licence oder Certificate) nach Anlage 9 zum Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 in Ausübung ihres Berufes aufgrund dieser Papiere

a)
in einem im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gelegenen Zwischenlande- oder Zielflughafen an Bord und von Bord ihres Flugzeugs gehen;
b)
sich in das Hoheitsgebiet der Gemeinde begeben, zu der der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gelegene Zwischenlande- oder Zielflughafen gehört;
c)
sich mit jedem Beförderungsmittel zu einem im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gelegenen Flughafen begeben, um an Bord eines von diesem Flughafen abfliegenden Flugzeugs zu gehen.

In allen anderen Fällen müssen die Voraussetzungen des Artikels 6 Absatz 1 erfüllt werden.

2.2.
Für die Kontrolle des Flugpersonals gelten die Artikel 7 bis 14. Das Flugpersonal wird bei der Kontrolle nach Möglichkeit bevorzugt abgefertigt. Das bedeutet, dass die Abfertigung entweder vor derjenigen der Fluggäste oder an besonderen Kontrollstellen erfolgt. Gegenüber amtsbekanntem Flugpersonal können sich die Kontrollen abweichend von Artikel 8 auf Stichproben beschränken.

3.
Seeleute

Abweichend von den Artikeln 5 und 8 dürfen die Mitgliedstaaten erlauben, dass Seeleute mit einem gültigen Reisepapier für Seeleute, das gemäß den Übereinkommen Nr. 108 (1958) oder Nr. 185 (2003) der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Ausweise für Seeleute, dem Übereinkommen zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs (FAL-Übereinkommen) sowie den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften ausgestellt wurde, für einen Aufenthalt an Land im Hafenort oder in den angrenzenden Gemeinden in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen oder durch Rückkehr auf ihr Schiff aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ausreisen, ohne sich an einer Grenzübergangsstelle ausweisen zu müssen, sofern sie in der Musterrolle ihres Schiffes eingetragen sind, die zuvor den zuständigen Behörden zur Kontrolle vorgelegt wurde. Aufgrund einer Bewertung des Risikos für die innere Sicherheit und des Risikos der illegalen Einwanderung können Seeleute jedoch vor ihrem Landgang von den Grenzschutzbeamten einer Kontrolle nach Artikel 8 unterzogen werden.

4.
Inhaber von Diplomaten-, Amts- oder Dienstpässen und Mitglieder internationaler Organisationen

4.1.
In Anbetracht der ihnen eingeräumten besonderen Vorrechte oder Immunitäten kann Inhabern von Diplomaten-, Amts- oder Dienstpässen, die durch von den Mitgliedstaaten anerkannte Drittstaaten oder deren Regierungen ausgestellt wurden, sowie Inhabern der von internationalen Organisationen ausgestellten Dokumente nach Nummer 4.4 bei Reisen in Ausübung ihres Amtes unbeschadet der eventuell bestehenden Visumpflicht bei Grenzübergangsstellen gegenüber anderen Reisenden Vorrang eingeräumt werden.

Abweichend von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c sind die Inhaber dieser Dokumente von dem Nachweis befreit, dass sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts verfügen.

4.2.
Beruft sich eine Person an der Außengrenze auf Vorrechte, Immunitäten und Befreiungen, so kann der Grenzschutzbeamte verlangen, dass der Nachweis durch Vorlage entsprechender Urkunden, vor allem durch vom Akkreditierungsstaat ausgestellte Bescheinigungen, durch den Diplomatenpass oder auf andere Weise geführt wird. Bei Zweifeln kann der Grenzschutzbeamte in eiligen Fällen unmittelbar beim Außenministerium Auskunft einholen.
4.3.
Die akkreditierten Mitglieder der diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen sowie ihre Familienangehörigen dürfen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf Vorlage des Ausweises nach Artikel 20 Absatz 2 und des Grenzübertrittspapiers einreisen. Des Weiteren dürfen Grenzschutzbeamte abweichend von Artikel 14 Inhaber von Diplomaten-, Amts- oder Dienstpässen nicht die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verweigern, ohne zuvor mit den zuständigen nationalen Behörden Kontakt aufgenommen zu haben. Dies gilt auch, wenn die betroffenen Personen im SIS ausgeschrieben sind.
4.4.
Bei den von internationalen Organisationen ausgestellten Dokumenten gemäß Nummer 4.1 handelt es sich insbesondere um:

den Passierschein der Vereinten Nationen für das Personal der UNO sowie der UN-Organisationen auf der Grundlage der am 21. November 1947 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York verabschiedeten Konvention über Privilegien und Immunitäten der Sonderorganisationen,

den Passierschein der Europäischen Union (EU),

den Passierschein der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG),

den vom Generalsekretär des Europarates ausgestellten Ausweis,

die nach Artikel III Absatz 2 des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen ausgestellten Dokumente (Militärausweise mit beigefügten Marschbefehlen, Reisepapieren, Einzel- oder Sammelmarschbefehlen) sowie im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden ausgestellte Dokumente.

5.
Grenzarbeitnehmer

5.1.
Die Modalitäten der Kontrolle von Grenzarbeitnehmern richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Grenzübertrittskontrolle, insbesondere den Artikeln 8 und 14.
5.2.
Abweichend von Artikel 8 sind Grenzarbeitnehmer, die den Grenzschutzbeamten wohl bekannt sind, weil sie die Grenze häufig an derselben Grenzübergangsstelle überschreiten, und bei denen eine erste Kontrolle ergeben hat, dass sie weder im SIS noch in einem nationalen Fahndungssystem ausgeschrieben sind, nur stichprobenweise daraufhin zu überprüfen, ob sie ein gültiges Grenzübertrittspapier mit sich führen und die erforderlichen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Dieser Personenkreis wird von Zeit zu Zeit unangekündigt und in unregelmäßigen Abständen einer eingehenden Kontrolle unterzogen.
5.3.
Nummer 5.2 kann auf andere Kategorien regelmäßiger Grenzpendler ausgeweitet werden.

6.
Minderjährige

6.1.
Die Grenzschutzbeamten widmen Minderjährigen unabhängig davon, ob diese in Begleitung oder ohne Begleitung reisen, besondere Aufmerksamkeit. Beim Überschreiten einer Außengrenze werden Minderjährige denselben Kontrollen bei der Ein- und Ausreise gemäß dieser Verordnung wie Erwachsene unterzogen.
6.2.
Bei begleiteten Minderjährigen überprüft der Grenzschutzbeamte, ob die Begleitperson gegenüber dem Minderjährigen sorgeberechtigt oder dessen Vormund ist, insbesondere in Fällen, in denen der Minderjährige nur von einem einzigen Erwachsenen begleitet wird und der begründete Verdacht besteht, dass er dem Gewahrsam des/der Sorgeberechtigten oder des Vormunds/der Vormunde rechtswidrig entzogen wurde. In letzterem Fall stellt der Grenzschutzbeamte eingehendere Nachforschungen an, um etwaige Unstimmigkeiten oder Widersprüche bei den gemachten Angaben festzustellen.
6.3.
Bei unbegleiteten Minderjährigen vergewissern sich die Grenzschutzbeamten durch eingehende Kontrolle der Reisedokumente und Reisebelege, dass die Minderjährigen das Staatsgebiet nicht gegen den Willen des/der Sorgeberechtigten oder des Vormunds/der Vormunde verlassen.
6.4.
Die Mitgliedstaaten benennen nationale Kontaktstellen, die zu Minderjährigen konsultiert werden können, und teilen das der Kommission mit. Die Kommission stellt den Mitgliedstaaten eine Liste dieser nationalen Kontaktstellen zur Verfügung.
6.5.
Bei Zweifeln über die unter den Nummern 6.1, 6.2 und 6.3 genannten Umstände können Grenzschutzbeamte die Liste der nationalen Kontaktstellen zu Minderjährigen konsultieren.
6.6.
Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Grenzschutzbeamten, die biometrische Daten von Kindern verifizieren oder zur Identifizierung eines Kindes verwenden, speziell geschult sind, um das auf kinderfreundliche und kindgerechte Weise und unter uneingeschränkter Achtung des Kindeswohls und der im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes verankerten Garantien zu tun. Wird ein Kind von einem Elternteil oder einem Vormund begleitet, so begleitet diese Person das Kind, wenn die biometrischen Daten verifiziert oder zur Identifizierung verwendet werden. Es wird kein Zwang ausgeübt. Die Mitgliedstaaten sorgen erforderlichenfalls dafür, dass die Infrastruktur an Grenzübergangsstellen für die Verwendung biometrischer Daten von Kindern ausgelegt ist.

7.
Rettungsdienste, Polizei, Feuerwehr und Grenzschutzbeamte

Die Regeln für die Ein- und Ausreise von Angehörigen der Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr in Notlagen sowie von Grenzschutzbeamten, die die Grenze in Ausübung ihrer dienstlichen Aufgaben überschreiten, sind in innerstaatlichen Vorschriften niederzulegen. Die Mitgliedstaaten können bilaterale Abkommen mit Drittländern über die Ein- und Ausreise dieser Personengruppen schließen. Diese Regeln und bilateralen Abkommen können von den Artikeln 5, 6 und 8 abweichen.

8.
Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen

Abweichend von den Artikeln 5 und 8 werden Arbeitnehmer, die regelmäßig ohne Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Drittstaats auf dem See- oder Luftweg in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zurückkehren, keinen systematischen Kontrollen unterzogen. Bei der Bestimmung der Häufigkeit der vorzunehmenden Kontrollen wird jedoch das Risiko der illegalen Einwanderung berücksichtigt, insbesondere wenn sich die Offshore-Anlage in unmittelbarer Nähe der Küste eines Drittstaats befindet.

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