Artikel 15 VO (EU) 2016/438

Sorgfalt

1. Eine Verwahrstelle erfüllt die Anforderungen gemäß Artikel 22a Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 2009/65/EG, wenn sie ein angemessenes und dokumentiertes Sorgfaltsverfahren für die Auswahl und fortlaufende Überwachung von Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a dieser Richtlinie übertragen werden sollen oder übertragen wurden, umsetzt und anwendet. Dieses Verfahren wird regelmäßig, jedoch mindestens einmal jährlich überprüft.

2. Bei der Auswahl und Bestellung von Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen werden sollen, geht eine Verwahrstelle mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vor, um sicherzustellen, dass ein angemessener Schutzstandard gegeben ist, wenn diesen Dritten Finanzinstrumente anvertraut werden. Die Verwahrstelle muss mindestens:

a)
den Rechtsrahmen, einschließlich des länderspezifischen Risikos, des Verwahrungsrisikos und der Durchsetzbarkeit des mit solchen Dritten abgeschlossenen Vertrags, bewerten. Diese Bewertung ermöglicht es der Verwahrstelle mindestens, die Auswirkungen einer potenziellen Insolvenz der Dritten auf die Vermögenswerte und Rechte des OGAW zu ermitteln;
b)
sicherstellen, dass die Bewertung der Durchsetzbarkeit der vertraglichen Bestimmungen gemäß Buchstabe a, sofern die Dritten in einem Drittland ansässig sind, auf den rechtlichen Empfehlungen einer von der Verwahrstelle oder diesen Dritten unabhängigen natürlichen oder juristischen Person basiert;
c)
bewerten, ob die Praktiken, Verfahren und internen Kontrollen der Dritten angemessen sind, sodass gewährleistet ist, dass die Vermögenswerte des OGAW einem hohen Sorgfalts- und Schutzstandard unterliegen;
d)
bewerten, ob die Finanzkraft und der Ruf der Dritten mit den übertragenen Aufgaben im Einklang stehen. Diese Bewertung basiert auf den von den potenziellen Dritten bereitgestellten Informationen sowie sonstigen Daten und Informationen;
e)
sicherstellen, dass die Dritten über die operativen und technologischen Fähigkeiten verfügen, um die übertragenen Verwahrungsfunktionen mit einem hohen Maß an Schutz und Sicherheit zu erfüllen.

2a. Ein Vertrag, durch den die Verwahrstelle einen Dritten beauftragt, Vermögenswerte ihrer OGAW-Kunden zu verwahren, enthält mindestens folgende Bestimmungen:

a)
die Zusicherung des Rechts der Verwahrstelle auf Information, Inspektion und Zugang zu den einschlägigen Aufzeichnungen und Konten für Finanzinstrumente des Dritten, der die Vermögenswerte verwahrt, damit die Verwahrstelle ihre Aufsichts- und Sorgfaltspflichten erfüllen und insbesondere die folgenden Handlungen ausführen kann:

i)
Ermittlung aller Glieder in der Verwahrungskette;
ii)
Prüfung, ob die Menge der identifizierten Finanzinstrumente, die auf den Konten für Finanzinstrumente, die in den Büchern der Verwahrstelle im Namen des OGAW oder der im Auftrag des OGAW handelnden Verwaltungsgesellschaft geführt werden, verzeichnet sind, der Menge der identifizierten Finanzinstrumente entspricht, die dieser Dritte gemäß dem Konto für Finanzinstrumente in seinen Büchern für den betreffenden OGAW verwahrt;
iii)
Prüfung, ob die Menge der identifizierten Finanzinstrumente, die auf einem Konto für Finanzinstrumente, das auf der Ebene der zentralen Verwahrstelle oder ihres Agenten im Namen des Dritten im Auftrag seiner Kunden eröffnet wurde, registriert und gehalten werden, der Menge der identifizierten Finanzinstrumente entspricht, die auf den Konten für Finanzinstrumente, die in den Büchern der Verwahrstelle im Namen jedes ihrer OGAW-Kunden oder der im Auftrag des OGAW handelnden Verwaltungsgesellschaft eröffnet wurden, verzeichnet sind;

b)
Einzelheiten der gleichwertigen Rechte und Pflichten, die im Falle einer Weiterübertragung von Verwahrungsfunktionen zwischen dem Dritten und einem anderen Dritten vereinbart wurden.

3. Eine Verwahrstelle geht bei der periodischen Überprüfung und fortlaufenden Überwachung mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vor, um sicherzustellen, dass die Dritten weiterhin die in Absatz 2 festgelegten Kriterien und die Bedingungen gemäß Artikel 22a Absatz 3 Buchstaben a bis e der Richtlinie 2009/65/EG erfüllen, und gewährleistet mindestens, dass:

a)
die Leistung der Dritten und die Einhaltung der von der Verwahrstelle festgelegten Standards durch solche Dritte überwacht wird;
b)
die Dritten ein hohes Maß an Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bei der Erfüllung ihrer Verwahrungsaufgaben ausüben und insbesondere die Finanzinstrumente im Einklang mit den Anforderungen gemäß Artikel 16 dieser Verordnung sonderverwahren;
c)
die Verwahrungsrisiken im Zusammenhang mit der Entscheidung, die Vermögenswerte Dritten anzuvertrauen, überprüft werden und der Verwaltungs- oder Investmentgesellschaft Änderungen bei diesen Risiken unverzüglich mitgeteilt werden. Diese Bewertung basiert auf den von den Dritten bereitgestellten Informationen sowie sonstigen Daten und Informationen. Während Marktturbulenzen oder im Falle der Identifizierung eines Risikos werden die Häufigkeit und der Umfang der Überprüfung ausgedehnt;
d)
die Einhaltung des Verbots gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Richtlinie 2009/65/EG überwacht wird;
e)
die Einhaltung des Verbots gemäß Artikel 25 der Richtlinie 2009/65/EG sowie der Anforderungen gemäß Artikel 21 bis 24 der vorliegenden Verordnung überwacht wird.

4. Die Absätze 1, 2 und 3 gelten analog, wenn die Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen wurden, entschieden haben, ihre Verwahrungsfunktionen ganz oder teilweise anderen Dritten gemäß Artikel 22a Absatz 3 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2009/65/EG weiter zu übertragen.

5. Eine Verwahrstelle entwickelt Notfallpläne für jeden Markt, in dem sie Dritte, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen werden, bestellt. Ein Notfallplan sollte Angaben zu einem alternativen Anbieter enthalten, sofern vorhanden.

6. Eine Verwahrstelle ergreift Maßnahmen, einschließlich Vertragskündigung, im besten Interesse des OGAW und seiner Anleger, wenn die Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen wurden, die Anforderungen der vorliegenden Verordnung nicht mehr erfüllen.

7. Wenn die Verwahrstelle ihre Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG Dritten überträgt, stellt sie sicher, dass die Vereinbarung mit solchen Dritten unter Berücksichtigung des Erfordernisses, im besten Interesse des OGAW und seiner Anleger zu handeln, eine Klausel zur vorzeitigen Kündigung enthält, wenn im geltenden Recht und in der Rechtsprechung die Sonderverwahrung der Vermögenswerte des OGAW im Falle der Insolvenz solcher Dritten nicht mehr anerkannt wird oder die im Recht und in der Rechtsprechung festgelegten Bedingungen nicht mehr erfüllt sind.

8. Wenn die Sonderverwahrung der Vermögenswerte des OGAW im Falle der Insolvenz der Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen wurden, nicht mehr im geltenden Insolvenzrecht und in der Rechtsprechung anerkannt wird oder darin nicht mehr sichergestellt wird, dass die Vermögenswerte der OGAW-Kunden der Verwahrstelle nicht Teil des Vermögens der Dritten im Falle der Insolvenz sind und nicht für die Ausschüttung oder Realisierung zugunsten von Gläubigern solcher Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen wurden, zur Verfügung stehen, setzt die Verwahrstelle die Verwaltungs- oder Investmentgesellschaft unverzüglich hiervon in Kenntnis.

9. Bei Erhalt der Informationen gemäß Absatz 8 teilt die Verwaltungs- oder Investmentgesellschaft solche Informationen unverzüglich der zuständigen Behörde mit und zieht alle angemessenen Maßnahmen in Bezug auf die betroffenen Vermögenswerte des OGAW, einschließlich des Erfordernisses, im besten Interesse des OGAW und seiner Anleger zu handeln, in Betracht.

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