Präambel VO (EU) 2017/1001

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 118 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates(2) ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden(3). Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich, diese Verordnung zu kodifizieren.
(2)
Mit der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates(4), die im Jahr 2009 als Verordnung (EG) Nr. 207/2009 kodifiziert wurde, wurde ein spezifisches Markenrechtsschutzsystem für die Union geschaffen, das parallel zu dem auf mitgliedstaatlicher Ebene verfügbaren Markenschutz gemäß den nationalen Markensystemen, die durch die Richtlinie 89/104/EWG des Rates(5) — kodifiziert als Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(6) — harmonisiert wurden, den Schutz von Marken auf Ebene der Union vorsieht.
(3)
Die harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Union und eine beständige und ausgewogene Wirtschaftsausweitung sind durch die Vollendung und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu fördern, der mit einem einzelstaatlichen Markt vergleichbare Bedingungen bietet. Um einen solchen Markt zu verwirklichen und seine Einheit zu stärken, sollten nicht nur die Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr beseitigt und ein System des unverfälschten Wettbewerbs errichtet, sondern auch rechtliche Bedingungen geschaffen werden, die es den Unternehmen ermöglichen, ihre Tätigkeiten in den Bereichen der Herstellung und der Verteilung von Waren und des Dienstleistungsverkehrs an die Dimensionen eines gemeinsamen Marktes anzupassen. Eine der besonders geeigneten rechtlichen Möglichkeiten, über die die Unternehmen zu diesem Zweck verfügen sollten, ist die Verwendung von Marken, mit denen sie ihre Waren oder Dienstleistungen in der gesamten Union ohne Rücksicht auf Grenzen kennzeichnen können.
(4)
Für die Verwirklichung der oben erwähnten Ziele der Union ist ein Markensystem der Union erforderlich, das den Unternehmen ermöglicht, in einem einzigen Verfahren Unionsmarken zu erwerben, die einen einheitlichen Schutz genießen und im gesamten Gebiet der Union wirksam sind. Der hier aufgestellte Grundsatz der Einheitlichkeit der Unionsmarke sollte gelten, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.
(5)
Im Wege der Angleichung der Rechtsvorschriften kann das Hindernis der territorialen Beschränkung der Rechte, die den Markeninhabern nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zustehen, nicht beseitigt werden. Um den Unternehmen eine unbehinderte Wirtschaftstätigkeit im gesamten Binnenmarkt zu ermöglichen, sollte es möglich sein, Marken einzutragen, die einem einheitlichen, unmittelbar in allen Mitgliedstaaten geltenden Unionsrecht unterliegen.
(6)
Die seit der Einrichtung des Gemeinschaftsmarkensystems gesammelten Erfahrungen haben gezeigt, dass Unternehmen innerhalb der Union und in Drittstaaten das System angenommen haben, das eine erfolgreiche und tragfähige Ergänzung und Alternative zum Markenschutz auf mitgliedstaatlicher Ebene geworden ist.
(7)
Das Unionsmarkenrecht tritt jedoch nicht an die Stelle der Markenrechte der Mitgliedstaaten, denn es erscheint nicht gerechtfertigt, die Unternehmen zu zwingen, ihre Marken als Unionsmarken anzumelden.
(8)
Unternehmen, die keinen Markenschutz auf Unionsebene wollen oder denen ein solcher Schutz verwehrt ist, die auf nationaler Ebene jedoch problemlos Markenschutz beantragen können, benötigen weiterhin Markenschutz auf nationaler Ebene. Jede Person, die Markenschutz beantragen möchte, sollte selbst entscheiden können, ob der Markenschutz nur als nationale Marke in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder nur als Unionsmarke oder für beide Ebenen beantragt wird.
(9)
Das Recht aus der Unionsmarke sollte nur durch Eintragung erworben werden können, die insbesondere dann verweigert wird, wenn die Marke keine Unterscheidungskraft besitzt, wenn sie rechtswidrig ist oder wenn ihr ältere Rechte entgegenstehen.
(10)
Ein Zeichen sollte in jeder geeigneten Form unter Verwendung allgemein zugänglicher Technologie dargestellt werden dürfen und damit nicht notwendigerweise mit grafischen Mitteln, soweit die Darstellung eindeutig, präzise, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist.
(11)
Zweck des durch die eingetragene Unionsmarke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; dieser Schutz sollte im Falle der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den Waren oder Dienstleistungen absolut sein. Der Schutz sollte sich ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marke sowie Waren und Dienstleistungen erstrecken. Der Begriff der Ähnlichkeit sollte im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr ausgelegt werden. Die Verwechslungsgefahr sollte die spezifische Voraussetzung für den Schutz darstellen; ob sie vorliegt, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen.
(12)
Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und der vollständigen Übereinstimmung mit dem Prioritätsgrundsatz, dem zufolge eine eingetragene ältere Marke Vorrang vor einer später eingetragenen Marke genießt, muss vorgesehen werden, dass die Durchsetzung von Rechten aus einer Unionsmarke die Rechte, die Inhaber vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Unionsmarke erworben haben, nicht beeinträchtigt. Dies steht in Einklang mit Artikel 16 Absatz 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15. April 1994.
(13)
Benutzt ein Unternehmen dasselbe oder ein ähnliches Zeichen als Handelsnamen, sodass eine Verbindung zwischen dem Unternehmen mit dieser Firmenbezeichnung und den Waren oder Dienstleistungen dieses Unternehmens hergestellt wird, so kann es hinsichtlich der kommerziellen Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu Verwechslungen kommen. Die Verletzung einer Unionsmarke sollte demnach auch die Benutzung des Zeichens als Handelsnamen oder als ähnliche Benennung umfassen, solange die Benutzung der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dient.
(14)
Um Rechtssicherheit und volle Übereinstimmung mit den spezifischen Unionsvorschriften zu gewährleisten, sollte der Inhaber einer Unionsmarke einem Dritten die Benutzung eines Zeichens in der vergleichenden Werbung untersagen können, wenn diese vergleichende Werbung gegen die Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(7) verstößt.
(15)
Um den Markenschutz sicherzustellen und wirksam gegen Produktpiraterie vorzugehen, und im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Union gemäß dem Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO), insbesondere Artikel V des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) über die Freiheit der Durchfuhr sowie, bezüglich Generika der auf der WTO-Ministerkonferenz in Doha am 14. November 2001 angenommenen „Erklärung über das TRIPS-Abkommen und die öffentliche Gesundheit” , sollte der Inhaber einer Unionsmarke Dritten verbieten können, im geschäftlichen Verkehr Waren in die Union zu verbringen, ohne diese in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, wenn die Waren aus Drittstaaten stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen Unionsmarke identisch oder im Wesentlichen identisch ist.
(16)
Hierzu sollte es für Inhaber von Unionsmarken erlaubt sein, die Einfuhr rechtsverletzender Waren und ihre Überführung in alle zollrechtlichen Situationen, einschließlich Durchfuhr, Umladung, Lagerung, Freizonen, vorübergehender Verwahrung, aktiver Veredelung oder vorübergehender Verwendung, zu verhindern, und zwar auch dann, wenn diese Waren nicht dazu bestimmt sind, in der Union in Verkehr gebracht zu werden. Bei der Durchführung der Zollkontrollen sollten die Zollbehörden die in der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) vorgesehenen Befugnisse und Verfahren, auch auf Ersuchen der Rechteinhaber, wahrnehmen. Insbesondere sollten die Zollbehörden die einschlägigen Kontrollen anhand von Kriterien der Risikoanalyse durchführen.
(17)
Einerseits muss eine wirksame Durchsetzung der Markenrechte gewährleistet werden, und andererseits muss vermieden werden, dass der freie Handel mit rechtmäßigen Waren behindert wird; damit dies miteinander in Einklang gebracht werden kann, sollte der Anspruch des Inhabers einer Unionsmarke erlöschen, wenn im Zuge des Verfahrens, das vor dem für eine Sachentscheidung über eine Verletzung der Unionsmarke zuständigen Unionsmarkengericht eingeleitet wurde, der Anmelder oder der Besitzer der Waren in der Lage ist nachzuweisen, dass der Inhaber der Unionsmarke nicht berechtigt ist, das Inverkehrbringen der Waren im Endbestimmungsland zu untersagen.
(18)
Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 sieht vor, dass ein Rechteinhaber dann für Schäden gegenüber dem Besitzer der Waren haftbar gemacht werden kann, wenn unter anderem in der Folge festgestellt wird, dass die betreffenden Waren kein Recht des geistigen Eigentums verletzen.
(19)
Geeignete Maßnahmen sollten ergriffen werden, um eine reibungslose Durchfuhr von Generika sicherzustellen. In Bezug auf Internationale Freinamen (INN) als weltweit anerkannte allgemeine Bezeichnungen für Wirkstoffe in pharmazeutischen Zubereitungen muss unbedingt den bestehenden Einschränkungen in Bezug auf die Wirkung von Markenrechten der Europäischen Union Rechnung getragen werden. Daher sollte der Inhaber einer Unionsmarke nicht berechtigt sein, einem Dritten aufgrund von Ähnlichkeiten zwischen dem INN des in dem Arzneimittel enthaltenen Wirkstoffs und der Marke zu untersagen, Waren in die Union zu verbringen, ohne die Waren dort in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen.
(20)
Damit die Inhaber von Unionsmarken wirksam gegen Nachahmungen vorgehen können, sollten sie das Anbringen einer rechtsverletzenden Marke auf Waren sowie bestimmte Vorbereitungshandlungen, die vor dem Anbringen ausgeführt werden, untersagen können.
(21)
Die ausschließlichen Rechte aus einer Unionsmarke sollten deren Inhaber nicht zum Verbot der Benutzung von Zeichen oder Angaben durch Dritte berechtigen, die rechtmäßig und damit im Einklang mit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel benutzt werden. Um für Handelsnamen und Unionsmarken bei Konflikten gleiche Bedingungen sicherzustellen, sollte die Benutzung von Handelsnamen vor dem Hintergrund, dass diesen regelmäßig unbeschränkter Schutz vor jüngeren Marken eingeräumt wird, nur die Verwendung des Personennamens des Dritten einschließen. Des Weiteren sollte die Verwendung von deskriptiven oder nicht unterscheidungskräftigen Zeichen oder Angaben allgemein gestattet sein. Auch sollte der Inhaber nicht berechtigt sein, die rechtmäßige und redliche Benutzung der Unionsmarke zum Zwecke der Identifizierung der Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers oder des Verweises darauf zu untersagen. Eine Benutzung einer Marke durch Dritte mit dem Ziel, die Verbraucher auf den Wiederverkauf von Originalwaren aufmerksam zu machen, die ursprünglich vom Inhaber der Unionsmarke selbst oder mit dessen Einverständnis in der Union verkauft wurden, sollte als rechtmäßig betrachtet werden, solange die Benutzung gleichzeitig den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Eine Benutzung einer Marke durch Dritte zu künstlerischen Zwecken sollte als rechtmäßig betrachtet werden, sofern sie gleichzeitig den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Außerdem sollte die vorliegende Verordnung so angewendet werden, dass den Grundrechten und Grundfreiheiten, insbesondere dem Recht auf freie Meinungsäußerung, in vollem Umfang Rechnung getragen wird.
(22)
Aus dem Grundsatz des freien Warenverkehrs folgt, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, dass der Inhaber der Unionsmarke einem Dritten die Benutzung der Marke für Waren, die im Europäischen Wirtschaftsraum unter der Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind, nicht untersagen kann, außer wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt.
(23)
Zur Gewährleistung von Rechtssicherheit und zum Schutz rechtmäßig erworbener Markenrechte ist es angemessen und notwendig, unbeschadet des Grundsatzes, wonach eine jüngere Marke vor einer älteren Marke zurücksteht, festzulegen, dass Inhaber von Unionsmarken nicht berechtigt sein sollten, sich der Benutzung einer jüngeren Marke zu widersetzen, wenn die jüngere Marke zu einem Zeitpunkt erworben wurde, zu dem die ältere Marke gegenüber der jüngeren Marke nicht durchgesetzt werden konnte.
(24)
Der Schutz der Unionsmarke sowie jeder eingetragenen älteren Marke, die ihr entgegensteht, ist nur insoweit berechtigt, als diese Marken tatsächlich benutzt werden.
(25)
Aus Gründen der Billigkeit und Rechtssicherheit sollte die Benutzung einer Unionsmarke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird, ausreichend sein, um die Rechte aus der Marke zu wahren, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch eingetragen ist.
(26)
Die Unionsmarke sollte als ein von dem Unternehmen, dessen Waren oder Dienstleistungen sie bezeichnet, unabhängiger Gegenstand des Vermögens behandelt werden. Sie sollte übertragen werden, an Dritte verpfändet werden oder Gegenstand von Lizenzen sein können
(27)
Das mit dieser Verordnung geschaffene Markenrecht bedarf für jede einzelne Marke des administrativen Vollzugs auf der Ebene der Union. Deshalb ist es erforderlich, unter Wahrung des bestehenden organisatorischen Aufbaus der Union und des institutionellen Gleichgewichts ein fachlich unabhängiges sowie rechtlich, organisatorisch und finanziell hinreichend selbständiges Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (im Folgenden „Amt” ) vorzusehen. Für dieses Amt ist die Form einer Einrichtung der Union mit eigener Rechtspersönlichkeit erforderlich und geeignet, welche ihre Tätigkeit gemäß den ihr in dieser Verordnung zugewiesenen Befugnissen im Rahmen des Unionsrechts und unbeschadet der von den Organen der Union wahrgenommenen Befugnisse ausübt.
(28)
Der Unionsmarkenschutz wird für spezifische Waren oder Dienstleistungen gewährt, deren Eigenschaften und Anzahl den Umfang des Schutzes bestimmen, den der Markeninhaber genießt. Daher ist es unerlässlich, in dieser Verordnung Vorschriften für die Bezeichnung und Klassifizierung von Waren und Dienstleistungen festzulegen und Rechtssicherheit und eine solide Verwaltung zu gewährleisten, indem vorgeschrieben wird, dass die Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig anzugeben sind, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den beantragten Schutzumfang bestimmen können. Die Verwendung allgemeiner Begriffe ist dahin gehend auszulegen, dass sie nur die Waren und Dienstleistungen einschließen, die eindeutig von der wörtlichen Bedeutung des Ausdrucks erfasst sind. Inhaber von Unionsmarken, die aufgrund der Praxis des Amtes vor dem 22. Juni 2012 im Zusammenhang mit einer gesamten Klasse des im Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 festgelegten Klassifikationssystems eingetragen wurden, sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Listen der Waren und Dienstleistungen anzupassen, damit sichergestellt ist, dass der Inhalt des Registers im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Erfordernissen im Hinblick auf Klarheit und Eindeutigkeit genügt.
(29)
Um unnötige Verzögerungen bei der Eintragung einer Unionsmarke zu vermeiden, empfiehlt es sich, einen Rahmen für optionale Recherchen in Bezug auf Unionsmarken und nationale Marken vorzusehen, der in Bezug auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer flexibel gestaltet werden sollte. Die optionalen Recherchen in Bezug auf Unionsmarken und nationale Marken sollten ergänzt werden, indem dem Publikum im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz der Mitgliedstaaten, einschließlich des Benelux-Amts für geistiges Eigentum, umfassende, schnelle und leistungsfähige Rechercheinstrumente kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.
(30)
Den von den Entscheidungen des Amtes in Markensachen Betroffenen ist ein rechtlicher Schutz zu gewährleisten, welcher der Eigenart des Markenrechts voll gerecht wird. Zu diesem Zweck sollte vorgesehen werden, dass die Entscheidungen der verschiedenen Entscheidungsinstanzen des Amtes mit der Beschwerde anfechtbar sind. Eine Beschwerdekammer des Amtes sollte über die Beschwerde entscheiden. Die Entscheidungen der Beschwerdekammern sollten ihrerseits mit der Klage beim Gericht anfechtbar sein; dieses kann die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern.
(31)
Um den Schutz der Unionsmarken sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten gemäß ihrer innerstaatlichen Regelung eine möglichst begrenzte Anzahl nationaler Gerichte erster und zweiter Instanz benennen, die für Fragen der Verletzung und der Gültigkeit von Unionsmarken zuständig sind.
(32)
Es ist entscheidend, dass sich Entscheidungen über die Gültigkeit und die Verletzung der Unionsmarke wirksam auf das gesamte Gebiet der Union erstrecken, da nur so widersprüchliche Entscheidungen der Gerichte und des Markenamtes und eine Beeinträchtigung des einheitlichen Charakters der Unionsmarke vermieden werden können. Die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) sollten für alle gerichtlichen Klagen im Zusammenhang mit den Unionsmarken gelten, es sei denn, dass die vorliegende Verordnung davon abweicht.
(33)
Es soll vermieden werden, dass sich in Rechtsstreitigkeiten über denselben Tatbestand zwischen denselben Parteien voneinander abweichende Gerichtsurteile aus einer Unionsmarke und aus parallelen nationalen Marken ergeben. Zu diesem Zweck soll, sofern Klagen in demselben Mitgliedstaat erhoben werden, sich nach nationalem Verfahrensrecht — das durch diese Verordnung nicht berührt wird — bestimmen, wie dies erreicht wird; hingegen erscheinen, sofern Klagen in verschiedenen Mitgliedstaaten erhoben werden, Bestimmungen angebracht, die sich an den Vorschriften über Rechtshängigkeit und damit im Zusammenhang stehenden Verfahren der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 orientieren.
(34)
Zur Förderung besser aufeinander abgestimmter Verfahren und der Entwicklung gemeinsamer Instrumente muss ein angemessener Regelungsrahmen für die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz der Mitgliedstaaten geschaffen werden, einschließlich des Benelux-Amts für geistiges Eigentum, der die zentralen Bereiche der Zusammenarbeit bestimmt und es dem Amt ermöglicht, relevante gemeinsame Projekte, die im Interesse der Union und der Mitgliedstaaten liegen, zu koordinieren und diese Projekte bis zu einem bestimmten Höchstbetrag zu finanzieren. Solche Kooperationsmaßnahmen sollten den Unternehmen zugutekommen, die die Markensysteme in Europa benutzen. Durch die Projekte, insbesondere die Datenbanken zu Recherche- und Konsultationszwecken, sollten den Nutzern des in dieser Verordnung geregelten Systems der Union zusätzliche, inklusive, effiziente und kostenfreie Instrumente an die Hand gegeben werden, die den spezifischen Erfordernissen Rechnung tragen, die sich aus der Einheitlichkeit der Unionsmarke ergeben.
(35)
Es ist wünschenswert, eine gütliche, zügige und effiziente Streitbeilegung zu erleichtern, indem das Amt mit der Einrichtung eines Mediationszentrums beauftragt wird, dessen Dienste jeder in Anspruch nehmen könnte, um eine einvernehmliche Einigung bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern herbeizuführen.
(36)
Die Einrichtung des Markensystems der Union hat zu einer Zunahme der finanziellen Belastung für die Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz und andere Behörden der Mitgliedstaaten geführt. Die zusätzlichen Kosten sind zurückzuführen auf die Bearbeitung einer höheren Zahl von Widerspruchs- und Nichtigkeitsverfahren, die Unionsmarken betreffen oder die von den Inhabern solcher Marken angestrengt wurden, auf Sensibilisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Markenrecht der Union sowie auf Tätigkeiten, mit denen die Durchsetzung der Rechte aus Unionsmarken gewährleistet werden soll. Es sollte daher sichergestellt werden, dass das Amt Teile der Kosten, die den Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Rolle bei der Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Markensystems der Union entstehen, ausgleicht. Voraussetzung für die Zahlung eines solchen Ausgleichs sollte die Vorlage einschlägiger statistischer Daten durch die Mitgliedstaaten sein. Der Umfang eines solchen Ausgleichs sollte so erfolgen, dass er nicht zu einem Haushaltsdefizit für das Amt führt.
(37)
Es wird für notwendig erachtet, dem Amt einen eigenen Haushalt zuzubilligen, um eine völlige Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu gewährleisten. Die Einnahmen des Haushalts umfassen in erster Linie das Aufkommen an Gebühren, die von den Benutzern des Systems zu zahlen sind. Das Haushaltsverfahren der Union findet jedoch auf eventuelle Zuschüsse aus dem Gesamthaushaltsplan der Union Anwendung. Außerdem ist es angezeigt, dass die Überprüfung der Kontenabschlüsse vom Rechnungshof vorgenommen wird.
(38)
Im Interesse einer wirtschaftlichen Haushaltsführung sollte es vermieden werden, dass das Amt Haushaltsüberschüsse akkumuliert. Die vom Amt vorgehaltene Finanzreserve in Höhe des Betrags zur Deckung der operativen Ausgaben während eines Jahres, die die Betriebskontinuität und die Durchführung seiner Aufgaben gewährleisten soll, sollte davon unberührt bleiben. Diese Reserve sollte nur dazu verwendet werden, die Kontinuität der Aufgaben des Amtes gemäß dieser Verordnung sicherzustellen.
(39)
Angesichts der grundlegenden Bedeutung der Höhe der an das Amt zu entrichtenden Gebühren für das Funktionieren des Markensystems der Union und für dessen ergänzende Rolle zu den nationalen Markensystemen ist es notwendig, diese Gebühren in dieser Verordnung in Form eines Anhangs direkt festzulegen. Die Höhe der Gebühren sollte so bemessen werden, dass erstens die Einnahmen hieraus grundsätzlich einen ausgeglichenen Haushalt des Amtes gewährleisten, zweitens eine harmonische Koexistenz und Komplementarität zwischen dem Markensystem der Europäischen Union und den nationalen Markensystemen gewährleistet ist, wobei auch der Umfang des von der Unionsmarke abgedeckten Marktes und die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen berücksichtigt werden, und drittens gewährleistet wird, dass die Rechte der Inhaber von Unionsmarken in den Mitgliedstaaten effizient durchgesetzt werden.
(40)
Um eine wirksame, effiziente und zügige Prüfung und Eintragung von Anmeldungen einer Unionsmarke durch das Amt mithilfe transparenter, sorgfältiger, gerechter und ausgewogener Verfahren sicherzustellen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Rechtsakte zu erlassen, in denen die Einzelheiten der Verfahren für die Einreichung und Prüfung eines Widerspruchs und der Verfahren für die Änderung einer Anmeldung festgelegt werden.
(41)
Damit sichergestellt ist, dass eine Unionsmarke wirksam und effizient durch transparente, sorgfältige, gerechte und ausgewogene Verfahren für verfallen oder nichtig erklärt werden kann, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, in denen die Verfahren bezüglich der Erklärung des Verfalls und der Nichtigkeit festgelegt werden.
(42)
Um eine wirksame, effiziente und vollständige Prüfung von Entscheidungen des Amtes durch die Beschwerdekammern im Rahmen eines transparenten, sorgfältigen, gerechten und ausgewogenen Verfahrens zu ermöglichen, das die in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze berücksichtigt, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, in denen der formale Inhalt einer Beschwerde, das Verfahren zur Einreichung und Prüfung einer Beschwerde, der formale Inhalt und die Form von Entscheidungen der Beschwerdekammer und die Erstattung der Gebühren für das Beschwerdeverfahren festgelegt werden.
(43)
Um ein reibungsloses, wirksames und effizientes Funktionieren des Markensystems der Union sicherzustellen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, in denen die Anforderungen an die Einzelheiten mündlicher Verhandlungen und die Modalitäten der Beweisaufnahme, die Modalitäten der Zustellung, die Kommunikationsmittel und die von den Verfahrensbeteiligten zu verwendenden Formblätter, Regeln für die Berechnung und Dauer der Fristen, die Verfahren für den Widerruf einer Entscheidung oder für die Löschung einer Eintragung im Register, die Modalitäten für die Wiederaufnahme von Verfahren und die Einzelheiten im Zusammenhang mit der Vertretung vor dem Amt festgelegt werden.
(44)
Um eine wirksame und effiziente Organisation der Beschwerdekammern sicherzustellen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, in denen die Einzelheiten der Organisation der Beschwerdekammern festgelegt werden.
(45)
Um die wirksame und effiziente Registrierung internationaler Marken in vollständiger Übereinstimmung mit den Regeln des Protokolls zu dem am 27. Juni 1989 in Madrid unterzeichneten Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (im Folgenden „Madrider Protokoll” ) über die internationale Registrierung von Marken zu gewährleisten, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, in denen die Einzelheiten der Verfahren zur Einreichung und Prüfung eines Widerspruchs, einschließlich der erforderlichen Mitteilungen an die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), und die Einzelheiten des Verfahrens für internationale Registrierungen, die sich auf eine Basisanmeldung oder eine Basiseintragung einer Kollektiv-, Gewährleistungs- oder Garantiemarke stützen, festgelegt werden.
(46)
Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, und dass diese Konsultationen mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(10) niedergelegt wurden. Um insbesondere eine gleichberechtigte Beteiligung an der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte zu gewährleisten, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(47)
Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse im Hinblick auf die Festlegung von Einzelheiten in Bezug auf Anmeldungen, Anträge, Bescheinigungen, Inanspruchnahmen, Vorschriften, Mitteilungen und sonstige Unterlagen im Rahmen der durch diese Verordnung festgelegten einschlägigen Verfahrensanforderungen sowie im Hinblick auf die Höchstsätze der für die Durchführung der Verfahren notwendigen Kosten und der tatsächlich entstandenen Kosten, die Einzelheiten in Bezug auf Veröffentlichungen im Blatt für Unionsmarken und im Amtsblatt des Amtes, die Modalitäten des Informationsaustauschs zwischen dem Amt und den nationalen Behörden, detaillierte Regelungen in Bezug auf Übersetzungen von Begleitunterlagen in schriftlichen Verfahren, die genauen Arten von Entscheidungen, die durch ein einzelnes Mitglied der Widerspruchs- oder der Nichtigkeitsabteilung zu treffen sind, Einzelheiten in Bezug auf die Mitteilungspflicht gemäß dem Madrider Protokoll und detaillierte Anforderungen in Bezug auf Anträge auf territoriale Ausdehnung des Schutzes im Anschluss an die internationale Registrierung übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(11) ausgeübt werden.
(48)
Da die Ziele dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 27. April 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 22. Mai 2017.

(2)

Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. L 78, 24.3.2009, S. 1).

(3)

Siehe Anhang II.

(4)

Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 11 vom 14.1.1994, S. 1).

(5)

Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 40 vom 11.2.1989, S. 1).

(6)

Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) (Text von Bedeutung für den EWR) (ABl. L 299 vom 8.11.2008, S. 25).

(7)

Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21).

(8)

Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates (ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 15).

(9)

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).

(10)

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(11)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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