Artikel 28 VO (EU) 2017/1939

Führung der Ermittlungen

(1) Der mit einem Verfahren betraute Delegierte Europäische Staatsanwalt kann im Einklang mit dieser Verordnung und dem nationalen Recht die Ermittlungsmaßnahmen und andere Maßnahmen entweder selbst treffen oder die zuständigen Behörden seines Mitgliedstaats dazu anweisen. Diese Behörden stellen im Einklang mit dem nationalen Recht sicher, dass alle Weisungen befolgt werden, und treffen die ihnen zugewiesenen Maßnahmen. Der betraute Delegierte Europäische Staatsanwalt unterrichtet gemäß den in der Geschäftsordnung der EUStA festgelegten Vorschriften den zuständigen Europäischen Staatsanwalt und die Ständige Kammer durch das Fallmanagementsystem von allen wesentlichen Entwicklungen des Falles.

(2) Zu jedem Zeitpunkt während des von der EUStA durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergreifen die zuständigen nationalen Behörden im Einklang mit dem nationalen Recht die Maßnahmen, die dringend erforderlich sind, um wirksame Ermittlungen sicherzustellen, auch wenn sie nicht explizit auf Weisung des betrauten Delegierten Europäischen Staatsanwalts handeln. Die nationalen Behörden setzen den betrauten Delegierten Europäischen Staatsanwalt unverzüglich von den ergriffenen Eilmaßnahmen in Kenntnis.

(3) Die zuständige Ständige Kammer kann auf Vorschlag des die Aufsicht führenden Europäischen Staatsanwalts beschließen, ein Verfahren einem anderen Delegierten Europäischen Staatsanwalt in demselben Mitgliedstaat neu zuzuweisen, wenn der betraute Delegierte Europäische Staatsanwalt:

a)
die Ermittlungen oder Strafverfolgungsmaßnahmen nicht durchführen kann oder
b)
den Weisungen der zuständigen Ständigen Kammer oder des Europäischen Staatsanwalts nicht Folge leistet.

(4) In Ausnahmefällen kann der die Aufsicht führende Europäische Staatsanwalt nach Einholen der Genehmigung der zuständigen Ständigen Kammer eine begründete Entscheidung treffen, die Ermittlungen selbst zu führen, indem er entweder selbst die Ermittlungsmaßnahmen und andere Maßnahmen trifft oder indem er die zuständigen Behörden in seinem Mitgliedstaat dazu anweist, sofern dies im Interesse der Effizienz der Ermittlungen oder Strafverfolgungsmaßnahmen aufgrund eines oder mehrerer der folgenden Kriterien unabdingbar scheint:

a)
Schwere der Straftat, insbesondere im Hinblick auf ihre möglichen Auswirkungen auf Unionsebene,
b)
wenn die Ermittlungen Beamte oder sonstige Bedienstete der Europäischen Union oder Mitglieder der Organe der Union betreffen,
c)
falls die in Absatz 3 vorgesehene Regelung zur Neuzuweisung nicht zum Erfolg führt.

Unter diesen außergewöhnlichen Umständen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Europäische Staatsanwalt befugt ist, Ermittlungsmaßnahmen und andere Maßnahmen anzuordnen oder zu beantragen, und dass er alle Befugnisse, Verantwortlichkeiten und Pflichten eines Delegierten Europäischen Staatsanwalts im Einklang mit dieser Verordnung und dem nationalen Recht hat.

Die von dem Fall betroffenen zuständigen nationalen Behörden und Delegierten Europäischen Staatsanwälte werden unverzüglich von den gemäß diesem Absatz getroffenen Entscheidungen in Kenntnis gesetzt.

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