Artikel 30 VO (EU) 2017/1939

Ermittlungsmaßnahmen und andere Maßnahmen

(1) Zumindest in den Fällen, in denen die den Ermittlungen zugrunde liegende Straftat mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens vier Jahren bedroht ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Delegierten Europäischen Staatsanwälte befugt sind, die folgenden Ermittlungsmaßnahmen anzuordnen oder zu beantragen:

a)
Durchsuchung von Gebäuden, Grundstücken, Beförderungsmitteln, Privatwohnungen, Kleidungsstücken und sonstigen persönlichen Gegenständen oder Computersystemen sowie Durchführung von Sicherungsmaßnahmen, um die Integrität zu erhalten oder einen Beweisverlust oder eine Beweisbeeinträchtigung zu verhindern;
b)
Erwirkung der Herausgabe von relevanten Gegenständen oder Schriftstücken entweder in ihrer ursprünglichen oder in einer angegebenen anderen Form;
c)
Erwirkung der Herausgabe von gespeicherten Computerdaten, verschlüsselt oder entschlüsselt, entweder in ihrer ursprünglichen oder in einer angegebenen anderen Form, einschließlich Bankkontodaten und Verkehrsdaten mit Ausnahme von Daten, die im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften gemäß Artikel 15 Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(1) eigens aufbewahrt werden;
d)
Sicherstellung von Tatwerkzeugen oder Erträgen aus Straftaten, einschließlich Vermögenswerten, deren Einziehung durch das Prozessgericht zu erwarten ist, sofern Grund zu der Annahme besteht, dass der Eigentümer, Besitzer oder Inhaber dieser Tatwerkzeuge oder Erträge versuchen wird, die vom Gericht angeordnete Einziehung zu vereiteln;
e)
Überwachung der ein- und ausgehenden elektronischen Kommunikation des Verdächtigen oder Beschuldigten über alle von ihm genutzten elektronischen Kommunikationsmittel;
f)
Verfolgung und Ortung von Gegenständen mit technischen Mitteln, einschließlich kontrollierter Warenlieferungen.

(2) Unbeschadet des Artikels 29 können die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Ermittlungsmaßnahmen im Einklang mit dem geltenden nationalen Recht an Bedingungen geknüpft werden, sofern das nationale Recht bestimmte Beschränkungen enthält, die für bestimmte Personen- oder Berufsgruppen, die rechtlich zur Geheimhaltung verpflichtet sind, gelten.

(3) Die in Absatz 1 Buchstaben c, e und f genannten Ermittlungsmaßnahmen können nach Maßgabe des geltenden nationalen Rechts an zusätzliche Bedingungen — einschließlich Beschränkungen — geknüpft werden. Die Mitgliedstaaten können insbesondere die Anwendung des Absatzes 1 Buchstaben e und f auf bestimmte schwere Straftaten beschränken. Will ein Mitgliedstaat von dieser Beschränkung Gebrauch machen, so übermittelt er der EUStA die betreffende Liste der bestimmten schweren Straftaten gemäß Artikel 117.

(4) Die Delegierten Europäischen Staatsanwälte sind befugt, zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Maßnahmen in ihrem Mitgliedstaat andere Maßnahmen, die den Staatsanwälten nach dem nationalen Recht in vergleichbaren innerstaatlichen Fällen zur Verfügung stehen, zu beantragen oder anzuordnen.

(5) Die Delegierten Europäischen Staatsanwälte können die in den Absätzen 1 und 4 genannten Maßnahmen nur dann anordnen, wenn hinreichende Gründe zu der Annahme bestehen, dass durch die betreffende Maßnahme Informationen oder Beweismittel erlangt werden können, die für die Ermittlungen nützlich sind, und keine weniger eingreifende Maßnahme zur Verfügung steht, mit der sich dasselbe Ziel erreichen ließe. Die Verfahren und Modalitäten für die Durchführung dieser Maßnahmen richten sich nach dem geltenden nationalen Recht.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37).

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