Artikel 34 VO (EU) 2017/1939
Verweisung und Übertragung von Verfahren an bzw. auf die nationalen Behörden
(1) Stellt sich bei einem von der EUStA durchgeführten Ermittlungsverfahren heraus, dass der den Ermittlungen zugrunde liegende Sachverhalt keine Straftat darstellt, für die sie gemäß den Artikeln 22 und 23zuständig ist, so beschließt die zuständige Ständige Kammer, das Verfahren unverzüglich an die zuständigen nationalen Behörden zu verweisen.
(2) Stellt sich bei einem von der EUStA durchgeführten Ermittlungsverfahren heraus, dass die spezifischen Bedingungen für die Ausübung ihrer Zuständigkeit nach Artikel 25 Absätze 2 und 3 nicht mehr erfüllt sind, so beschließt die zuständige Ständige Kammer, das Verfahren unverzüglich und vor Erhebung der Anklage bei den nationalen Gerichten an die zuständigen nationalen Behörden zu verweisen.
(3) Ist das Kollegium in Bezug auf Straftaten, die einen Schaden von weniger als 100000 EUR zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union verursacht haben bzw. verursachen könnten, der Auffassung, dass im Hinblick auf die Schwere der Straftat oder die Komplexität des Verfahrens im Einzelfall keine Ermittlung oder Strafverfolgung auf Unionsebene erforderlich ist und eine Verweisung im Interesse der Effizienz der Ermittlungen oder der Strafverfolgung besser wäre, so erlässt es gemäß Artikel 9 Absatz 2 allgemeine Leitlinien, die es den Ständigen Kammern gestatten, ein Verfahren an die zuständigen nationalen Behörden zu verweisen.
Diese Leitlinien sollen es den Ständigen Kammern ferner gestatten, ein Verfahren an die zuständigen nationalen Behörden zu verweisen, wenn die EUStA ihre Zuständigkeit im Hinblick auf Straftaten im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 Buchstaben a und b der Richtlinie (EU) 2017/1371 ausübt und der entstandene oder voraussichtliche Schaden zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union den Schaden, der einem anderen Opfer entstanden ist oder entstehen könnte, nicht übersteigt.
Um eine kohärente Anwendung der Leitlinien zu gewährleisten, erstattet jede Ständige Kammer dem Kollegium jährlich über die Anwendung der Leitlinien Bericht.
Solche Verweisungen gelten auch für untrennbar verbundene Straftaten, die gemäß Artikel 22 Absatz 3 in die Zuständigkeit der EUStA fallen.
(4) Die Ständige Kammer unterrichtet den Europäischen Generalstaatsanwalt über jeden Beschluss, ein Verfahren nach Maßgabe von Absatz 3 an die nationalen Behörden zu verweisen. Innerhalb von drei Tagen nach Erhalt dieser Information kann der Europäische Generalstaatsanwalt die Ständige Kammer ersuchen, ihren Beschluss zu überprüfen, sofern er der Auffassung ist, dass dies im Interesse der Gewährleistung einer kohärenten Verweisungspraxis der EUStA erforderlich ist. Ist der Europäische Generalstaatsanwalt Mitglied der jeweiligen Ständigen Kammer, so übt einer der Stellvertreter des Europäischen Generalstaatsanwalts das Recht auf Ersuchen um diese Überprüfung aus.
(5) Stimmen die zuständigen nationalen Behörden nicht innerhalb einer Frist von höchstens 30 Tagen der Übernahme des Verfahrens nach den Absätzen 2 und 3 zu, so bleibt die EUStA zuständig für die Strafverfolgung in dem Verfahren oder dessen Einstellung gemäß den Vorschriften dieser Verordnung.
(6) Erwägt die EUStA eine Einstellung gemäß Artikel 39 Absatz 3, so verweist die Ständige Kammer das Verfahren unverzüglich an die nationale Behörde, wenn diese darum ersucht.
(7) Wenn die nationale Behörde im Anschluss an eine Verweisung gemäß den Absätzen 1, 2 oder 3 des vorliegenden Artikels und gemäß Artikel 25 Absatz 3 die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens beschließt, gibt die EUStA die Akte an diese nationale Behörde ab, sieht von weiteren Ermittlungs- oder Strafverfolgungsmaßnahmen ab und beendet das Verfahren.
(8) Wenn eine Akte gemäß den Absätzen 1, 2 oder 3 des vorliegenden Artikels und gemäß Artikel 25 Absatz 3 abgegeben wird, setzt die EUStA die einschlägigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie gegebenenfalls im Einklang mit dem nationalen Recht Verdächtige oder Beschuldigte und die Opfer der Straftat von der Übergabe in Kenntnis.
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