Präambel VO (EU) 2017/1946

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates(1), insbesondere auf Artikel 10a Absatz 8 Unterabsatz 3,

gestützt auf die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU(2), insbesondere auf Artikel 12 Absatz 8,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Um die zuständigen Behörden in die Lage zu versetzen, den beabsichtigten Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einer Wertpapierfirma zu beurteilen, sollte zum Zeitpunkt der ursprünglichen Anzeige dieses Erwerbs von dem interessierten Erwerber eine erschöpfende Liste mit Informationen verlangt werden. Unabhängig davon, ob es sich bei dem interessierten Erwerber um eine natürliche oder eine juristische Person handelt, sollte dieser Informationen über seine Identität und die derjenigen Personen vorlegen, die die Geschäfte des Unternehmens leiten werden, damit die für das Zielunternehmen zuständige Behörde die Reputation des interessierten Erwerbers beurteilen kann.
(2)
Informationen über die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer und über die Reputation und Erfahrung der Personen, die die Geschäfte des interessierten Erwerbers tatsächlich leiten, sind auch dann vorzulegen, wenn der interessierte Erwerber eine juristische Person ist. Auch wenn es sich bei dem interessierten Erwerber um einen Trust handelt oder er künftig eine solche Struktur aufweisen wird, benötigt die für das Zielunternehmen zuständige Behörde sowohl Informationen über die Identität der Trustees, die die Vermögenswerte des Trusts verwalten werden, als auch Informationen über die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer dieser Vermögenswerte, um die Reputation und die Erfahrung dieser Personen beurteilen zu können.
(3)
Ist der interessierte Erwerber eine natürliche Person, müssen Informationen sowohl in Bezug auf den interessierten Erwerber als auch in Bezug auf etwaige Unternehmen, die offiziell von ihm geleitet oder kontrolliert werden, eingeholt werden, damit die für das Zielunternehmen zuständige Behörde über alle für die Beurteilung der Reputation relevanten Informationen verfügt. Ist der interessierte Erwerber eine juristische Person, müssen diese Informationen in Bezug auf alle Personen, die die Geschäfte des interessierten Erwerbers tatsächlich leiten, alle von dem interessierten Erwerber kontrollierten Unternehmen und alle Anteilseigner, die einen maßgeblichen Einfluss auf den interessierten Erwerber ausüben, eingeholt werden, damit die für das Zielunternehmen zuständige Behörde über alle für die Beurteilung der Reputation relevanten Informationen verfügt.
(4)
Die für die Beurteilung der Reputation relevanten Informationen sollten detaillierte Angaben zu abgeschlossenen oder anhängigen Strafverfahren sowie zu Zivil- bzw. Verwaltungssachen umfassen. Ebenfalls vorgelegt werden sollten Informationen zu allen laufenden Untersuchungen und Verfahren, Sanktionen oder sonstigen Durchsetzungsmaßnahmen gegen den interessierten Erwerber sowie weitere für die Beurteilung der Reputation des interessierten Erwerbers als relevant angesehene Informationen, wie die Verweigerung der Registrierung oder die Entlassung aus einem Arbeitsverhältnis oder einer Vertrauensstellung.
(5)
Der interessierte Erwerber sollte Informationen darüber vorlegen, ob seine Reputation als Erwerber oder als Person, die die Geschäfte eines Kreditinstituts, eines Lebens-, Schaden- oder Rückversicherungsunternehmens,einer Wertpapierfirma oder einer anderen Einrichtung leitet, bereits von einer anderen zuständigen Behörde bzw. einer sonstigen Behörde beurteilt wurde, und wenn ja, mit welchem Ergebnis; damit soll gewährleistet werden, dass das Ergebnis der von anderen Behörden durchgeführten Untersuchungen bei der Beurteilung des interessierten Erwerbers durch die für das Zielunternehmen zuständige Behörde in angemessener Weise berücksichtigt wird.
(6)
Zur Beurteilung der finanziellen Solidität des interessierten Erwerbers sollten ihn betreffende Finanzinformationen vorgelegt werden.
(7)
Damit die für das Zielunternehmen zuständige Behörde beurteilen kann, ob die finanzielle Solidität des interessierten Erwerbers durch einen potenziellen Interessenkonflikt beeinträchtigt wird, sollten Informationen über etwaige finanzielle und nichtfinanzielle Interessen oder Beziehungen des interessierten Erwerbers an/zu Anteilseignern oder Mitgliedern des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung des Zielunternehmens, den zur Ausübung von Stimmrechten im Zielunternehmen berechtigten Personen, dem Zielunternehmen selbst oder dessen Gruppe vorgelegt werden.
(8)
Ist der interessierte Erwerber eine juristische Person, so benötigt die für das Zielunternehmen zuständige Behörde für eine umfassende Beurteilung des beabsichtigten Erwerbs bestimmte zusätzliche Informationen, u. a. Informationen über die Anteile, die vor und nach dem beabsichtigten Erwerb gehalten wurden bzw. gehalten werden sollen, da die einschlägigen rechtlichen Strukturen und die Gruppenstrukturen in derartigen Fällen mitunter komplex sein und eine eingehende Prüfung in Bezug auf die Reputation, enge Verbindungen, ein möglicherweise mit anderen Parteien abgestimmtes Handeln und die Fähigkeit der für das Zielunternehmen zuständigen Behörde, die wirksame Aufsicht über das Zielunternehmen fortzusetzen, erfordern können.
(9)
Ist der interessierte Erwerber ein in einem Drittland ansässiges Unternehmen oder gehört er einer außerhalb der Union ansässigen Gruppe an, sollten zusätzliche Informationen vorgelegt werden, damit die für das Zielunternehmen zuständige Behörde beurteilen kann, ob der Rechtsrahmen des Drittlandes die wirksame Aufsicht über das Zielunternehmen beeinträchtigt, und damit sie auch die Reputation des interessierten Erwerbers in dem jeweiligen Drittland prüfen kann.
(10)
Ist der interessierte Erwerber ein staatlicher Investitionsfonds, sollte er Informationen vorlegen, die eine Beurteilung der Kontrolleure des Fonds und seiner Anlagestrategie ermöglichen. Die für das Zielunternehmen zuständige Behörde benötigt diese Informationen sowohl für die Beurteilung der Reputation als auch für die Beurteilung eventueller Auswirkungen auf die wirksame Aufsicht über das Zielunternehmen.
(11)
Es sollten spezifische Informationen angefordert werden, auf deren Grundlage festgestellt werden kann, ob der beabsichtigte Erwerb die Fähigkeit der zuständigen Behörde zur wirksamen Beaufsichtigung des Zielunternehmens beeinträchtigen wird. Ferner sollte anhand dieser Informationen geprüft werden können, ob die engen Beziehungen des interessierten Erwerbers sich auf die Fähigkeit des Zielunternehmens auswirken werden, seiner Aufsichtsbehörde weiterhin rechtzeitig präzise Informationen vorzulegen. Bei juristischen Personen muss auch die Auswirkung des beabsichtigten Erwerbs auf die konsolidierte Beaufsichtigung des Zielunternehmens und der Gruppe, der es nach dem Erwerb angehören würde, beurteilt werden.
(12)
Der interessierte Erwerber sollte Informationen über die Finanzierung des beabsichtigten Erwerbs, u. a. Informationen über alle Finanzierungsarten und -quellen, vorlegen und die Herkunft aller Mittel und Vermögenswerte nachweisen können, damit die für das Zielunternehmen zuständige Behörde beurteilen kann, ob die Gefahr von Geldwäsche besteht.
(13)
Interessierte Erwerber, die eine qualifizierte Beteiligung zwischen 20 % und 50 % am Zielunternehmen halten, sollten der für das Zielunternehmen zuständigen Behörde Informationen über die Strategie vorlegen, damit der beabsichtigte Erwerb in umfassender Weise beurteilt werden kann. Interessierte Erwerber mit einer qualifizierten Beteiligung von weniger als 20 % am Zielunternehmen, die aber auf andere Weise einen gleichwertigen Einfluss ausüben, etwa über die Beziehungen zwischen dem interessierten Erwerber und den bestehenden Anteilseignern, die Existenz von Vereinbarungen zwischen den Anteilseignern, die Verteilung der Anteile, Beteiligungen und Stimmrechte unter den Anteilseignern oder die Stellung des interessierten Erwerbers innerhalb der Gruppenstruktur des Zielunternehmens, sollten ebenfalls solche Informationen bereitstellen, damit ein hohes Maß an Einheitlichkeit bei der Beurteilung beabsichtigter Erwerbe gewährleistet ist.
(14)
Ist in Bezug auf die Kontrolle des Zielunternehmens eine Änderung geplant, so sollte der interessierte Erwerber in der Regel einen vollständigen Geschäftsplan vorlegen. Ist in Bezug auf die Kontrolle des Zielunternehmens keine Änderung geplant, reichen bestimmte Informationen über die künftige Strategie des Unternehmens und die Absichten des interessierten Erwerbers hinsichtlich des Zielunternehmens aus, um zu beurteilen, ob die finanzielle Solidität des interessierten Erwerbers durch den beabsichtigten Erwerb möglicherweise beeinträchtigt wird.
(15)
In bestimmten Fällen sollte der interessierte Erwerber nicht alle Informationen vorlegen müssen. Insbesondere wenn die für das Zielunternehmen zuständige Behörde ihn innerhalb der vorangegangenen beiden Jahre einer Beurteilung unterzogen hat oder das Zielunternehmen eine kleine Wertpapierfirma und der interessierte Erwerber ein in der Union zugelassenes und beaufsichtigtes Unternehmen ist, sollten der für das Zielunternehmen zuständigen Behörde nur bestimmte eingeschränkte Informationen vorgelegt werden müssen.
(16)
Jeder Austausch und jede Übermittlung von Informationen zwischen zuständigen Behörden, sonstigen Behörden, Stellen oder Personen sollte im Einklang mit den in der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) festgelegten Vorschriften für die Übermittlung personenbezogener Daten erfolgen.
(17)
Für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in Anwendung der vorliegenden Verordnung gilt die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(4).
(18)
Die vorliegende Verordnung stützt sich auf den Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Europäischen Kommission von der ESMA vorgelegt wurde.
(19)
Die ESMA hat zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, auf den sich diese Verordnung stützt, eine öffentliche Konsultation durchgeführt, die potenziell anfallenden Kosten und den Nutzen analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt.
(20)
Die Richtlinie 2014/65/EU trat am 2. Juli 2014 in Kraft. Artikel 12 Absatz 8 der genannten Richtlinie ersetzt Artikel 10a Absatz 8 der Richtlinie 2004/39/EG und ermächtigt die ESMA, technische Regulierungsstandards auszuarbeiten, die mit den in Artikel 10a Absatz 8 der Richtlinie 2004/39/EG vorgesehenen übereinstimmen. Auch Artikel 10b Absatz 4 und Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie 2004/39/EG stimmen inhaltlich mit Artikel 13 Absatz 4 und Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 2014/65/EU überein. Gemäß Artikel 94 Absatz 1 der Richtlinie 2014/65/EU wird die Richtlinie 2004/39/EG mit Wirkung vom 3. Januar 2018 aufgehoben. Mit der Annahme des Entwurfs technischer Standards durch die Kommission gemäß Artikel 10a Absatz 8 der Richtlinie 2004/39/EG sollte auch Artikel 12 Absatz 8 der Richtlinie 2014/65/EU als erfüllt gelten, sodass die technischen Standards nach dem 3. Januar 2018 fortgelten können, ohne dass weitere Änderungen erforderlich sind —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)

ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349.

(3)

Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).

(4)

Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).

(5)

Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.