Präambel VO (EU) 2018/1254

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung(1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 schreibt vor, dass Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung einer Zulassung bedürfen, und regelt die Voraussetzungen und Verfahren für die Erteilung oder Verweigerung einer solchen Zulassung. Artikel 10 der genannten Verordnung sieht für Zusatzstoffe, die gemäß der Richtlinie 70/524/EWG des Rates(2) zugelassen wurden, eine Neubewertung vor.
(2)
Riboflavin (Vitamin B2) wurde durch die Richtlinie 70/524/EWG in der Funktionsgruppe Vitamine, Provitamine und chemisch definierte Stoffe mit ähnlicher Wirkung unbefristet als Futtermittelzusatzstoff für alle Tierarten zugelassen. In der Folge wurde dieses Produkt gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 als bereits bestehendes Produkt in das Register der Futtermittelzusatzstoffe eingetragen.
(3)
Im Einklang mit Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 in Verbindung mit deren Artikel 7 wurde ein Antrag auf Zulassung von Riboflavin mit einer Reinheit von mindestens 80 %, das aus dem genetisch veränderten Stamm Bacillus subtilis KCCM-10445 hergestellt wird, als Zusatzstoff in Futtermitteln für alle Tierarten gestellt. Der Antragsteller beantragte die Aufnahme dieses Zusatzstoffs in die Kategorie „ernährungsphysiologische Zusatzstoffe” . Dem Antrag waren die nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen beigefügt.
(4)
Der Antragsteller hat im Jahr 2010 im Einklang mit Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 und mit Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 378/2005 der Kommission(3) Proben des Futtermittelzusatzstoffs in einer Form, in der der Futtermittelzusatzstoff in Verkehr gebracht werden sollte, an das Referenzlabor gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 (im Folgenden das „Referenzlabor” ) übersandt. Im Jahr 2013 übersandte der Antragsteller gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 378/2005 dem Referenzlabor neue Proben zur Ersetzung abgelaufener Proben.
(5)
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde” ) kam in ihrem Gutachten vom 4. Dezember 2013(4) zu dem Schluss' dass unter Berücksichtigung der vom Antragsteller bereitgestellten Informationen weder der Produktionsstamm noch seine rekombinante DNA (im Folgenden „rDNA” ) im Enderzeugnis nachgewiesen wurde und dass das Enderzeugnis daher keine Sicherheitsbedenken im Hinblick auf die genetische Veränderung des Produktionsstamms aufwirft. Ferner wurde der Schluss gezogen, dass sich der Zusatzstoff nicht schädlich auf die Gesundheit von Tier und Mensch oder auf die Umwelt auswirkt.
(6)
Das Referenzlabor hat die Kommission jedoch darüber informiert, dass im Rahmen einer von einer nationalen zuständigen Behörde durchgeführten amtlichen Kontrolle von einem für amtliche Kontrollen benannten nationalen Labor lebensfähige Zellen und rDNA des Produktionsstamms in einigen Referenzproben des Zusatzstoffs nachgewiesen wurden. Diese Referenzproben bestanden aus einem ersten Probensatz, der dem Referenzlabor im Jahr 2010 zusammen mit dem Zulassungsantrag übersandt wurde, und einem neuen Probensatz, der dem Referenzlabor im Jahr 2013 übersandt wurde. Der Nachweis wurde unter Verwendung einer Analysemethode auf Basis einer Polymerase-Kettenreaktion (im Folgenden „PCR” ) erbracht, die von einem nationalen Labor für amtliche Kontrollen im Einklang mit Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) entwickelt worden war.
(7)
Die Kommission und das Referenzlabor haben den Antragsteller über diese Feststellungen informiert und gaben ihm Gelegenheit, eine geeignete Analysemethode sowohl für den Nachweis von rDNA als auch von lebensfähigen Zellen des Produktionsstamms bereitzustellen, um weitere Analysen verschiedener Proben des Zusatzstoffs vornehmen zu können. Zu diesem Zweck beauftragte der Antragsteller mehrere sowohl in China als auch in einem Mitgliedstaat niedergelassene Labors, neue Analysen der Proben durchzuführen. Bei diesen Analysen wurden weder rDNA noch lebensfähige Zellen des spezifischen Produktionsstamms nachgewiesen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die vom Antragsteller durchgeführten neuen Analysen nicht die 2010 an das Referenzlabor übermittelten Proben betrafen.
(8)
Parallel dazu wurden im Auftrag der Kommission und des Referenzlabors weitere Analysen der Proben des Zusatzstoffs von einem nationalen Labor für amtliche Kontrollen durchgeführt. Auf der Grundlage dieser Analysen wurde der Schluss gezogen, dass in den Proben des Jahres 2010 lebensfähige Zellen des Produktionsstamms bzw. in den Proben der Jahre 2010 und 2013 rDNA des Produktionsstamms vorhanden waren. Dieses Labor übermittelte Proben zur weiteren Analyse an ein anderes nationales Labor für amtliche Kontrollen, das das Vorhandensein von rDNA des Produktionsstamms in den Proben von 2010 und 2013 bestätigte. Diese Ergebnisse wurden durch Verwendung einer PCR-Analysemethode erlangt, die von einem nationalen Labor für amtliche Kontrollen im Einklang mit Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 entwickelt worden war.
(9)
Zur Klärung der abweichenden Ergebnisse wurde 2015 zwischen der Kommission und dem Referenzlabor einerseits und dem Antragsteller andererseits vereinbart, dass jede Seite ein unabhängiges, für eine PCR-Methode akkreditiertes Labor mit der Durchführung weiterer Analysen des Zusatzstoffs beauftragt. Zu diesem Zweck sollten die Stichproben von 2010 und 2013 verwendet werden, und der Antragsteller wurde aufgefordert, unter anderem Stichproben in der Form vorzulegen, in der der Zusatzstoff zu diesem Zeitpunkt in Verkehr gebracht wurde. Es wurde vereinbart, dass sowohl die vom Antragsteller als auch die von den nationalen Laboren für amtliche Kontrollen angewandten Analysemethoden ausgetauscht und verwendet werden.
(10)
Der Antragsteller weigerte sich dann jedoch, die in den Jahren 2010 und 2013 übermittelten Proben untersuchen zu lassen und Proben des 2015 in Verkehr gebrachten Zusatzstoffs bereitzustellen. Der Antragsteller lehnte eine weitere Zusammenarbeit mit der Kommission und dem Referenzlabor ab, solange für den Nachweis von rDNA in Riboflavin keine einheitliche Analyse-Norm nach dem Unionsrecht festgelegt worden sei.
(11)
Nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 obliegt es dem Antragsteller, angemessen und ausreichend nachzuweisen, dass der Zusatzstoff die Bedingungen für die Zulassung gemäß der genannten Verordnung, den dazugehörigen Durchführungsmaßnahmen(6) und den einschlägigen Leitlinien der Behörde(7) erfüllt, insbesondere durch die Vorlage relevanter Proben des Zusatzstoffs, aller Informationen über die genetische Veränderung des Produktionsstamms, der angewandten Methode auf Basis der Polymerase-Kettenreaktion, des Protokolls der DNA-Extraktion und anderer relevanter Daten, die es der Behörde ermöglichen, das Nichtvorhandensein von rDNA oder lebensfähigen Zellen des Produktionsstamms festzustellen.
(12)
Auf der Grundlage dieser Daten, denen zufolge lebensfähige Zellen und rDNA des Produktionsstamms in dem Zusatzstoff vorhanden sind, hat die Kommission im August 2016 die Behörde ersucht, ein neues Gutachten zur Sicherheit von Riboflavin (80 %), hergestellt aus dem genetisch veränderten Stamm Bacillus subtilis KCCM-10445, als Futtermittelzusatzstoff für alle Tierarten abzugeben.
(13)
Für die Zwecke ihrer Bewertung forderte die Behörde den Antragsteller auf, ergänzende Informationen und Daten vorzulegen, insbesondere im Zusammenhang mit der Analysemethode für den Nachweis lebensfähiger Zellen des Produktionsstamms im Zusatzstoff. Der Antragsteller übermittelte entsprechende ergänzende Informationen und Daten. Die Behörde forderte auch beim Referenzlabor weitere Informationen und Daten zu den Analysen an, die von den nationalen Laboren für amtliche Kontrollen durchgeführt worden waren; diese wurden ebenfalls zur Verfügung gestellt.
(14)
Die Behörde zog in ihrem Gutachten vom 7. März 2018(8) den Schluss, dass die neuen, von dem nationalen Labor für amtliche Kontrollen vorgelegten Daten zeigen, dass Referenzproben des Zusatzstoffs lebensfähige Zellen und/oder DNA des Produktionsstamms enthalten. Der Produktionsstamm Bacillus subtilis KCCM-10445 trägt vier Resistenzgene, von denen drei durch genetische Veränderungen eingeführt wurden. In Anbetracht des Verbreitungspotenzials von lebensfähigen Zellen und DNA eines genetisch veränderten Stamms, der Gene beinhaltet, die für die Resistenz gegenüber wichtigen beim Menschen und bei Tieren verwendeten antimikrobiellen Stoffen codieren, kam die Behörde zu dem Schluss, dass der Zusatzstoff ein Risiko für Zieltierart, Verbraucher, Anwender und Umwelt darstellt.
(15)
Dementsprechend konnte nicht nachgewiesen werden, dass Riboflavin (80 %), hergestellt aus Bacillus subtilis KCCM-10445, als Futtermittelzusatzstoff in der Funktionsgruppe Vitamine, Provitamine und chemisch definierte Stoffe mit ähnlicher Wirkung keine schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Tier und Mensch oder auf die Umwelt hat.
(16)
Gemäß Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe i der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 bedürfen Zusatzstoffe, die in den Anwendungsbereich der Unionsvorschriften für das Inverkehrbringen von Erzeugnissen fallen, die aus GVO bestehen, diese enthalten oder daraus hergestellt wurden, einer Zulassung im Einklang mit diesen Rechtsvorschriften. Eine solche Zulassung wurde für den im Zusatzstoff festgestellten genetisch veränderten Stamm Bacillus subtilis KCCM-10445 nicht erteilt.
(17)
Die Bewertung von Riboflavin (80 %), hergestellt aus dem genetisch veränderten Stamm Bacillus subtilis KCCM-10445, hat ergeben, dass die Bedingungen für die Zulassung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 daher nicht erfüllt sind.
(18)
Dementsprechend sollte die Zulassung von Riboflavin (80 %), hergestellt aus Bacillus subtilis KCCM-10445, als Futtermittelzusatzstoff in der Funktionsgruppe Vitamine, Provitamine und chemisch definierte Stoffe mit ähnlicher Wirkung verweigert werden. Wie dem Antragsteller anlässlich eines Austauschs mit der Kommission nach der Annahme des Gutachtens der Behörde vom 7. März 2018 erläutert wurde, bleibt die Möglichkeit, einen neuen Zulassungsantrag gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 zu stellen, von der Verweigerung der Zulassung des Zusatzstoffs durch die vorliegende Durchführungsverordnung unberührt.
(19)
Daher sollten der Zusatzstoff Riboflavin (80 %), hergestellt aus Bacillus subtilis KCCM-10445, sowie diesen Zusatzstoff enthaltende Futtermittel so bald wie möglich vom Markt genommen werden. Aus praktischen Gründen sollte jedoch ein begrenzter Zeitraum für die Rücknahme der vorhandenen Bestände des Zusatzstoffs Riboflavin (80 %), hergestellt aus Bacillus subtilis KCCM-10445, und diesen Stoff enthaltender Futtermittel vom Markt vorgesehen werden, damit die Unternehmer der Rücknahmepflicht ordnungsgemäß nachkommen können, wobei die legitimen Interessen berücksichtigt werden müssen, die für den zu prüfenden Sachverhalt relevant sind.
(20)
Insbesondere sollte in Anbetracht des hohen Marktanteils von Riboflavin (80 %), hergestellt aus Bacillus subtilis KCCM-10445, in der Union als Zusatzstoff in Futtermitteln jedes Risiko für die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere aufgrund einer Unterversorgung mit Riboflavin vermieden werden, indem den Unternehmern genügend Zeit zur Anpassung an die Situation gegeben wird.
(21)
Außerdem sollte berücksichtigt werden, wie viel Zeit und welche Mittel erforderlich sind, um die den Zusatzstoff Riboflavin (80 %), hergestellt aus Bacillus subtilis KCCM-10445, enthaltenden Vormischungen sowie im weiteren Verlauf der Futtermittelkette die Einzelfuttermittel und Mischfuttermittel einzuziehen und vom Markt zu nehmen, die mit diesem Zusatzstoff oder diesen Vormischungen hergestellt wurden. Derartige Sachzwänge bei der Rücknahme von Erzeugnissen vom Markt sind noch akuter bei Futtermitteln, die für nicht zur Lebensmittelgewinnung dienende Tiere bestimmt sind, da der Riboflavingehalt dieser Art von Futtermitteln in der Regel höher, die Haltbarkeit länger und die Vernichtung komplexer ist. Daher sollten entsprechende Zeiträume für die Rücknahme der betreffenden Futtermittelprodukte vom Markt vorgesehen werden.
(22)
Die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 29.

(2)

Richtlinie 70/524/EWG des Rates vom 23. November 1970 über Zusatzstoffe in der Tierernährung (ABl. L 270 vom 14.12.1970, S. 1).

(3)

Verordnung (EG) Nr. 378/2005 der Kommission vom 4. März 2005 mit Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Pflichten und Aufgaben des gemeinschaftlichen Referenzlaboratoriums in Bezug auf Anträge auf Zulassung von Futtermittelzusatzstoffen (ABl. L 59 vom 5.3.2005, S. 8).

(4)

EFSA Journal 2014;12(1):3531.

(5)

Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).

(6)

Verordnung (EG) Nr. 429/2008 der Kommission vom 25. April 2008 über Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Erstellung und Vorlage von Anträgen sowie der Bewertung und Zulassung von Futtermittelzusatzstoffen (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 1).

(7)

Insbesondere „Guidance for the preparation of dossiers for nutritional additives” (Leitlinien für die Vorbereitung von Dossiers für ernährungsphysiologische Zusatzstoffe) (EFSA Journal 2012;10(1):2535) und „Guidance on the risk assessment of genetically modified microorganisms and their products intended for food and feed use” (Leitlinien zur Risikobewertung genetisch veränderter Mikroorganismen und ihrer Produkte, die zur Verwendung als Lebens- und Futtermittel bestimmt sind) (EFSA Journal 2011;9(6):2193).

(8)

EFSA Journal 2018;16(3):5223.

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