Artikel 35 VO (EU) 2018/1861
Zugriff von Europol auf Daten im SIS
(1) Die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol), die durch die Verordnung (EU) 2016/794 errichtet wurde, hat, soweit dies zur Erfüllung ihres Mandats notwendig ist, das Recht, auf Daten im SIS zuzugreifen und diese abzufragen. Europol kann auch Zusatzinformationen im Einklang mit den Bestimmungen des SIRENE-Handbuchs austauschen und zusätzlich anfragen.
(2) Stellt sich bei einer Abfrage durch Europol heraus, dass eine Ausschreibung im SIS gespeichert ist, setzt Europol den ausschreibenden Mitgliedstaat im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen mithilfe der Kommunikationsinfrastruktur und gemäß den Bestimmungen des SIRENE-Handbuchs davon in Kenntnis. Bis Europol in der Lage ist, die für den Austausch von Zusatzinformationen vorgesehenen Funktionen zu verwenden, setzt es den ausschreibenden Mitgliedstaat über die in der Verordnung (EU) 2016/794 bestimmten Kanäle davon in Kenntnis.
(3) Europol kann die von den Mitgliedstaaten übermittelten Zusatzinformationen für die Zwecke ihres Abgleichs mit Europols Datenbanken und Projekten der operativen Analysen im Hinblick auf die Ermittlung etwaiger Zusammenhänge oder anderer relevanter Verbindungen sowie für die in Artikel 18 Absatz 2 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2016/794 genannten strategischen, thematischen oder operativen Analysen verarbeiten. Jegliche Verarbeitung von Zusatzinformationen durch Europol für die Zwecke dieses Artikels erfolgt im Einklang mit jener Verordnung.
(4) Die Nutzung der durch eine Abfrage im SIS oder durch die Verarbeitung von Zusatzinformationen gewonnenen Informationen durch Europol unterliegt der Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats. Gestattet der Mitgliedstaat die Nutzung derartiger Informationen, so erfolgt deren Verarbeitung durch Europol nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2016/794. Europol gibt derartige Informationen nur mit Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats und unter uneingeschränkter Wahrung der Vorschriften des Unionsrechts zum Datenschutz an Drittländer und -stellen weiter.
(5) Europol
- a)
- unterlässt es unbeschadet der Absätze 4 und 6, Teile des SIS, zu denen sie Zugang hat, oder die darin gespeicherten Daten, auf die sie Zugriff hat, mit einem von oder bei Europol betriebenen System für die Datenerhebung und -verarbeitung zu verbinden bzw. in ein solches zu übernehmen oder einen bestimmten Teil des SIS herunterzuladen oder in anderer Weise zu vervielfältigen;
- b)
- löscht ungeachtet des Artikels 31 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/794 Zusatzinformationen, die personenbezogene Daten enthalten, spätestens ein Jahr nach der Löschung der entsprechenden Ausschreibung. Abweichend hiervon darf Europol, sofern Europol in ihren Datenbanken oder Projekten für die operationelle Analyse über Informationen zu einem Fall verfügt, der mit den Zusatzinformationen in Verbindung steht, ausnahmsweise die Zusatzinformationen über diese Frist hinaus speichern, sofern dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Erforderlichenfalls unterrichtet Europol den ausschreibenden und den vollziehenden Mitgliedstaat über die weitere Speicherung derartiger Zusatzinformationen und legt eine Begründung hierfür vor;
- c)
- beschränkt den Zugriff auf die Daten im SIS, einschließlich der Zusatzinformationen, auf die eigens dazu ermächtigten Bediensteten von Europol, die diese Daten für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen;
- d)
- legt Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit, der Geheimhaltung und der Eigenkontrolle gemäß den Artikeln 10, 11 und 13 fest und wendet sie an;
- e)
- stellt sicher, dass das zur Verarbeitung von SIS-Daten ermächtigte Personal eine angemessene Schulung und Unterrichtung nach Artikel 14 Absatz 1 erhält, und
- f)
- gestattet dem Europäischen Datenschutzbeauftragten unbeschadet der Verordnung (EU) 2016/794, die Tätigkeiten Europols bei der Ausübung ihres Rechts auf Zugriff auf die Daten im SIS und deren Abfrage sowie beim Austausch und bei der Verarbeitung von Zusatzinformationen zu überwachen und zu überprüfen.
(6) Europol darf Daten aus dem SIS nur zu technischen Zwecken vervielfältigen, wenn dies zur direkten Abfrage durch die ordnungsgemäß ermächtigten Europol-Bediensteten erforderlich ist. Auf solche Vervielfältigungen findet diese Verordnung Anwendung. Die technische Kopie wird nur für die Zwecke der Speicherung von SIS-Daten verwendet, während diese Daten abgefragt werden. Sobald die Daten abgefragt wurden, werden sie gelöscht. Diese Verwendungen sind nicht als rechtswidriges Herunterladen oder Vervielfältigen von Daten im SIS anzusehen. Europol darf Ausschreibungsdaten oder ergänzende Daten, die von Mitgliedstaaten oder der CS-SIS übermittelt wurden, nicht in andere Europol-Systeme kopieren.
(7) Für die Zwecke der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, der Eigenkontrolle und der Sicherstellung der angemessenen Sicherheit und Integrität der Daten führt Europol gemäß den Bestimmungen des Artikels 12 über jeden Zugriff auf das SIS und jede Abfrage im SIS Protokolle. Diese Protokolle und Dokumentationen sind nicht als rechtswidriges Herunterladen oder Vervielfältigen eines Teils des SIS anzusehen.
(8) Die Mitgliedstaaten unterrichten Europol im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen über jeglichen Treffer zu Ausschreibungen im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten. Die Mitgliedstaaten können ausnahmsweise davon absehen, Europol zu unterrichten, wenn dies laufende Ermittlungen oder die Sicherheit einer Person gefährden oder wesentlichen Interessen der Sicherheit des ausschreibenden Mitgliedstaats zuwiderlaufen würde.
(9) Absatz 8 gilt ab dem Zeitpunkt, zu dem Europol Zusatzinformationen gemäß Absatz 1 erhalten kann.
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.