Artikel 37a VO (EU) 2018/1862

Ausschreibungsziele und -bedingungen

(1) Die Mitgliedstaaten können Informationsausschreibungen zu Drittstaatsangehörigen im Interesse der Union (im Folgenden „Informationsausschreibungen” ) gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe t der Verordnung (EU) 2016/794 auf Vorschlag von Europol zur Eingabe einer Informationsausschreibung auf der Grundlage von Informationen, die sie von Behörden von Drittstaaten oder internationalen Organisationen erhalten haben, in das SIS eingeben. Europol benachrichtigt ihren Datenschutzbeauftragten, wenn sie einen derartigen Vorschlag unterbreitet.

(2) Informationsausschreibungen werden in das SIS eingegeben, um Endnutzer, die eine Abfrage im SIS durchführen, über die mutmaßliche Beteiligung der Drittstaatsangehörigen an terroristischen Straftaten oder an sonstigen schweren Straftaten, wie in Anhang I der Verordnung (EU) 2016/794 aufgeführt, zu unterrichten, damit sie die in Artikel 37b der vorliegenden Verordnung aufgeführten Informationen erhalten.

(3) Europol schlägt nur in den folgenden Fällen vor, dass Informationsausschreibungen in das SIS eingegeben werden, sofern sie sich vergewissert hat, dass die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind:

a)
Es besteht ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass eine Person eine Straftat nach Absatz 2 plant oder begeht;
b)
die Gesamtbeurteilung einer Person, insbesondere aufgrund der bisher von ihr begangenen Straftaten, lässt erwarten, dass sie möglicherweise eine Straftat nach Absatz 2 begehen wird.

(4) Europol schlägt erst dann vor, dass Informationsausschreibungen in das SIS eingegeben werden, wenn sie festgestellt hat, dass die Informationsausschreibung erforderlich und gerechtfertigt ist, wobei sicherzustellen ist, dass die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)
Bei einer Analyse der gemäß Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/794 bereitgestellten Informationen wurde die Zuverlässigkeit der Quelle sowie die Richtigkeit der Informationen über die betroffene Person bestätigt, wodurch Europol — falls erforderlich, nachdem ein weiterer Informationsaustausch mit dem Datenlieferanten nach Artikel 25 der Verordnung (EU) 2016/794 stattgefunden hat — feststellen konnte, dass zumindest einer der in Absatz 3 aufgeführten Fälle vorliegt;
b)
bei einer gemäß Artikel 48 der vorliegenden Verordnung durchgeführten Abfrage im SIS hat sich herausgestellt, dass keine Ausschreibung zu der betroffenen Person gespeichert ist.

(5) Europol stellt den Mitgliedstaaten die bei Europol über den speziellen Fall vorliegenden Informationen und die Ergebnisse der Bewertung gemäß den Absätzen 3 und 4 zur Verfügung und schlägt vor, dass ein oder mehrere Mitgliedstaaten eine Informationsausschreibung in das SIS eingeben.

Verfügt Europol über relevante ergänzende oder geänderte Daten im Zusammenhang mit ihrem Vorschlag zur Eingabe einer Informationsausschreibung oder hat Europol Anhaltspunkte dafür, dass die in ihrem Vorschlag zur Eingabe einer Informationsausschreibung enthaltenen Daten sachlich falsch sind oder unrechtmäßig gespeichert wurden, so unterrichtet sie unverzüglich die Mitgliedstaaten.

(6) Der Vorschlag Europols zur Eingabe von Informationsausschreibungen unterliegt der Überprüfung und Analyse durch den Mitgliedstaat, dem Europol die Eingabe dieser Ausschreibungen vorgeschlagen hat. Diese Informationsausschreibungen werden nach Ermessen dieses Mitgliedstaats in das SIS eingegeben.

(7) Werden nach diesem Artikel Informationsausschreibungen in das SIS eingegeben, so unterrichtet der ausschreibende Mitgliedstaat im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen die anderen Mitgliedstaaten und Europol über diese Eingabe.

(8) Wenn Mitgliedstaaten beschließen, die von Europol vorgeschlagene Informationsausschreibung nicht einzugeben, und sofern die entsprechenden Bedingungen erfüllt sind, können sie die Eingabe einer anderen Art von Ausschreibung zu derselben Person beschließen.

(9) Die Mitgliedstaaten unterrichten die anderen Mitgliedstaaten und Europol innerhalb von 12 Monaten, nachdem Europol die Eingabe einer Informationsausschreibung vorgeschlagen hat, über das Ergebnis der Überprüfung und Analyse der Daten im Vorschlag von Europol gemäß Absatz 6 sowie darüber, ob die Daten in das SIS eingegeben wurden.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 richten die Mitgliedstaaten einen Mechanismus für die regelmäßige Berichterstattung ein.

(10) Verfügt Europol über relevante ergänzende oder geänderte Daten zu einer Informationsausschreibung, so übermittelt Europol diese Daten unverzüglich im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen dem ausschreibenden Mitgliedstaat, damit dieser die betreffende Ausschreibung vervollständigen, ändern oder löschen kann.

(11) Hat Europol Anhaltspunkte dafür, dass gemäß Absatz 1 in das SIS eingegebene Daten sachlich falsch oder unrechtmäßig gespeichert worden sind, so setzt Europol den ausschreibenden Mitgliedstaat so rasch wie möglich, spätestens aber zwei Arbeitstage, nachdem Europol diese Anhaltspunkte bekannt geworden sind, im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen davon in Kenntnis. Der ausschreibende Mitgliedstaat prüft die Informationen und berichtigt oder löscht erforderlichenfalls die Daten unverzüglich.

(12) Besteht ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die in Artikel 38 Absatz 2 Buchstaben a, b, c, e, g, h, j und k genannten Sachen oder die benutzten bargeldlosen Zahlungsmittel mit einer Person verbunden sind, die Gegenstand einer Informationsausschreibung gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels ist, so können Ausschreibungen zu diesen Sachen eingegeben werden, um die Person ausfindig zu machen. In solchen Fällen werden die Informationsausschreibung und die Sachfahndungsausschreibung im Einklang mit Artikel 63 miteinander verknüpft.

(13) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Vorkehrungen für die Eingabe, Aktualisierung und Löschung von Informationsausschreibungen im SIS gemäß dieser Verordnung.

(14) Europol führt Aufzeichnungen über Europols Vorschläge zur Eingabe von Informationsausschreibungen in das SIS gemäß diesem Artikel und legt den Mitgliedstaaten alle sechs Monate Berichte über die in das SIS eingegebenen Informationsausschreibungen und über die Fälle, in denen Mitgliedstaaten die Informationsausschreibungen nicht eingegeben haben, vor.

(15) Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung und Weiterentwicklung der notwendigen Vorschriften für die Eingabe, Aktualisierung, Löschung und Abfrage der Daten gemäß Absatz 11 dieses Artikels. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 76 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

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