Artikel 32 VO (EU) 2019/1896

Schwachstellenbeurteilung

(1) Die Agentur legt durch Beschluss des Verwaltungsrats auf der Grundlage eines in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Kommission ausgearbeiteten Vorschlags des Exekutivdirektors ein gemeinsames Schwachstellenbeurteilungsmodell fest. Es umfasst die objektiven Kriterien, anhand derer die Agentur die Schwachstellenbeurteilungen erstellt, die Häufigkeit solcher Bewertungen, die Art der Durchführung nachfolgender Schwachstellenbeurteilungen und die Modalitäten für ein wirksames Monitoringsystem für die Umsetzung der Empfehlungen des Exekutivdirektors nach Absatz 7.

(2) Die Agentur überwacht und bewertet, ob die technische Ausrüstung, die Systeme, die Kapazitäten, die Ressourcen und die Infrastruktur sowie auch angemessen ausgebildetes und geschultes Personal aus den Mitgliedstaaten verfügbar sind, die für die Grenzkontrollen gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a erforderlich sind. In diesem Zusammenhang bewertet die Agentur die in Artikel 9 Absatz 4 genannten nationalen Kapazitätenentwicklungspläne in Bezug auf die Kapazitäten für die Durchführung von Grenzkontrollen, wobei die Tatsache berücksichtigt wird, dass einige nationale Kapazitäten möglicherweise teilweise zu anderen Zwecken als der Grenzkontrolle genutzt werden. Im Hinblick auf die zukünftige Planung führt die Agentur als vorbeugende Maßnahme Überwachung und Bewertung auf der Grundlage der gemäß Artikel 29 Absatz 2 erstellten Risikoanalysen durch. Die Agentur führt eine derartige Überwachung und Bewertung mindestens einmal jährlich durch, sofern der Exekutivdirektor auf der Grundlage einer Risikoanalyse oder einer früheren Schwachstellenbeurteilung keinen anderweitigen Beschluss fasst. In jedem Fall wird jeder Mitgliedstaat mindestens alle drei Jahre einer Überwachung und Bewertung unterzogen.

(3) Unbeschadet des Artikels 9 übermitteln die Mitgliedstaaten auf Ersuchen der Agentur Informationen über die technische Ausrüstung, das Personal und, soweit möglich, die Finanzmittel, die auf nationaler Ebene für die Durchführung von Grenzkontrollen zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten übermitteln auf Ersuchen der Agentur auch Informationen über ihre Notfallpläne für die Grenzverwaltung.

(4) Die Schwachstellenbeurteilung soll es der Agentur ermöglichen: die Kapazitäten und die Bereitschaft der Mitgliedstaaten zur Bewältigung gegenwärtiger und künftiger Herausforderungen an den Außengrenzen zu beurteilen; mögliche unmittelbare Folgen an den Außengrenzen und anschließende Folgen für das Funktionieren des Schengen-Raums insbesondere für jene Mitgliedstaaten festzustellen, die besonderen und unverhältnismäßig großen Herausforderungen ausgesetzt sind; die Kapazitäten der Mitgliedstaaten zur Beteiligung an der ständigen Reserve und am Pool für technische Ausrüstung, einschließlich des Ausrüstungspools für Soforteinsätze, zu beurteilen; und die Aufnahmekapazität der Mitgliedstaaten im Hinblick auf europäische Unterstützung durch die Europäische Grenz- und Küstenwache nach Artikel 9 Absatz 3 zu beurteilen. Diese Bewertung erfolgt unbeschadet des Schengen-Evaluierungsmechanismus.

(5) Bei der Schwachstellenbeurteilung bewertet die Agentur unter qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten die Kapazitäten der Mitgliedstaaten zur Durchführung aller Aufgaben der Grenzverwaltung, einschließlich deren Kapazität, die potenzielle Ankunft einer großen Zahl von Personen auf ihrem Gebiet zu bewältigen.

(6) Die vorläufigen Ergebnisse der Schwachstellenbeurteilung werden den betreffenden Mitgliedstaaten vorgelegt. Die betreffenden Mitgliedstaaten können zu dieser Bewertung Stellung nehmen.

(7) Bei Bedarf gibt der Exekutivdirektor in Absprache mit dem betreffenden Mitgliedstaat eine Empfehlung mit den erforderlichen Maßnahmen ab, die der betreffende Mitgliedstaat zu ergreifen hat, und der Frist, innerhalb derer die Maßnahmen durchzuführen sind. Der Exekutivdirektor fordert die betreffenden Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Maßnahmen auf der Grundlage eines vom Mitgliedstaat in Absprache mit dem Exekutivdirektor entwickelten Aktionsplans zu ergreifen.

(8) Der Exekutivdirektor stützt sich in Bezug auf die den betreffenden Mitgliedstaaten zu empfehlenden Maßnahmen auf die Ergebnisse der Schwachstellenbeurteilung und berücksichtigt dabei die Risikoanalyse der Agentur, die Stellungnahme des betreffenden Mitgliedstaats und die Ergebnisse des Schengen-Evaluierungsmechanismus.

Die empfohlenen Maßnahmen sollen darauf ausgerichtet sein, die bei der Bewertung festgestellten Schwachstellen zu beseitigen, damit die Mitgliedstaaten besser darauf vorbereitet sind, gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen an den Außengrenzen zu begegnen, indem sie ihre Kapazitäten, ihre technische Ausrüstung, ihre Systeme, Ressourcen und Notfallpläne stärken oder verbessern. Der Exekutivdirektor kann den Mitgliedstaaten das technische Fachwissen der Agentur anbieten, um die Durchführung der empfohlenen Maßnahmen zu unterstützen.

(9) Der Exekutivdirektor überwacht die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen mittels regelmäßiger Berichte, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der in Absatz 7 genannten Aktionspläne vorlegen.

Besteht das Risiko, dass ein Mitgliedstaat eine empfohlene Maßnahme nicht innerhalb der gemäß Absatz 7 gesetzten Frist umsetzt, unterrichtet der Exekutivdirektor umgehend das Mitglied des Verwaltungsrats aus dem betreffenden Mitgliedstaat und die Kommission. Der Exekutivdirektor fragt in Absprache mit dem Mitglied des Verwaltungsrats aus dem betreffenden Mitgliedstaat bei den einschlägigen Behörden dieses Mitgliedstaats nach den Gründen für die Verzögerung und bietet Unterstützung seitens der Agentur an, um die Durchführung der empfohlenen Maßnahme zu erleichtern.

(10) Führt der Mitgliedstaat die notwendigen Maßnahmen der Empfehlung nicht innerhalb der gemäß Absatz 7 gesetzten Frist durch, befasst der Exekutivdirektor den Verwaltungsrat und benachrichtigt die Kommission. Der Verwaltungsrat erlässt auf der Grundlage eines Vorschlags des Exekutivdirektors einen Beschluss mit den notwendigen Maßnahmen, die der betreffende Mitgliedstaat zu ergreifen hat, und der Frist, innerhalb deren die Maßnahmen durchzuführen sind. Der Beschluss des Verwaltungsrats ist für den Mitgliedstaat bindend. Wenn der Mitgliedstaat die Maßnahmen nicht innerhalb der in diesem Beschluss gesetzten Frist durchführt, setzt der Verwaltungsrat den Rat und die Kommission davon in Kenntnis und es können weitere Maßnahmen nach Maßgabe des Artikels 42 getroffen werden.

(11) Die Schwachstellenbeurteilung, einschließlich einer detaillierten Beschreibung der Ergebnisse der Schwachstellenbeurteilung, der von den Mitgliedstaaten als Reaktion auf die Schwachstellenbeurteilung ergriffenen Maßnahmen und des Umsetzungsstands früherer empfohlener Maßnahmen, werden dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission regelmäßig und zumindest einmal jährlich im Einklang mit Artikel 92 übermittelt.

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