Präambel VO (EU) 2019/2176

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Im Einklang mit Artikel 20 der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) haben das Europäische Parlament und der Rat auf der Grundlage des Berichts der Kommission vom 8. August 2014 an das Europäische Parlament und den Rat über die Aufgaben und Organisation des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken die Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 überprüft, um zu entscheiden, ob Aufgaben und Organisation des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) überprüft werden müssen. Die Modalitäten für die Benennung des Vorsitzenden des ESRB wurden ebenfalls überprüft.
(2)
In der Auswirkungsanalyse der Kommission zu ihrem Vorschlag für diese Verordnung wird festgestellt, dass der ESRB im Allgemeinen zwar gut funktioniert, in Bezug auf bestimmte Punkte allerdings Verbesserungen erforderlich sind.
(3)
Die jüngsten institutionellen Änderungen im Zusammenhang mit der Bankenunion in Verbindung mit den Bestrebungen zur Schaffung einer Kapitalmarktunion sowie der technologische Wandel haben die Rahmenbedingungen, unter denen der ESRB tätig ist, tatsächlich verändert. Der ESRB sollte einen Beitrag zur Abwendung bzw. Eindämmung von Systemrisiken für die Finanzstabilität in der Union und dadurch auch zur Verwirklichung der Binnenmarktziele leisten. Die Makroaufsicht der Union ist integraler Bestandteil des Europäischen Finanzaufsichtssystems. Institutionelle Regelungen, durch die Mikro- und Makrorisiken wirksam ermittelt und angegangen werden, können sicherstellen, dass alle Akteure ausreichend Vertrauen haben, um Finanzgeschäfte auszuüben, insbesondere grenzübergreifende Geschäfte. Durch Förderung zeitnaher und kohärenter politischer Reaktionen in den Mitgliedstaaten auf ermittelte Systemrisiken sollte der ESRB dazu beitragen, divergierende Ansätze zu verhindern und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern.
(4)
Die breit gefächerte Mitgliedschaft des Verwaltungsrats des ESRB (im Folgenden „Verwaltungsrat” ) ist ein großer Vorteil. Allerdings spiegeln sich die jüngsten Entwicklungen in der Finanzaufsichtsstruktur der Union, insbesondere die Einrichtung einer Bankenunion, nicht in der Zusammensetzung des Verwaltungsrats wider. Aus diesem Grund sollten der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Vorsitzende des durch die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) eingerichteten Einheitlichen Abwicklungsausschusses Mitglieder des Verwaltungsrats ohne Stimmrecht werden. Entsprechende Anpassungen sollten auch im Beratenden Fachausschuss des ESRB (im Folgenden „Beratender Fachausschuss” ) vorgenommen werden.
(5)
Der Präsident der EZB hatte den Vorsitz des ESRB gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 ab dessen Einrichtung bis zum 15. Dezember 2015 inne und führt ihn seither vorläufig weiter. In diesem Zeitraum hat der Präsident der EZB dem ESRB Autorität und Glaubwürdigkeit verliehen und gewährleistet, dass er sich erfolgreich auf die Sachkenntnis der EZB im Bereich der Finanzstabilität stützen und verlassen kann. Daher ist es angemessen, dass der Präsident der EZB den Vorsitz des ESRB dauerhaft führt.
(6)
Der ESRB ist für die Makroaufsicht über das Finanzsystem in der Union zuständig und leistet einen Beitrag zur Abwendung bzw. Eindämmung von Systemrisiken in der Union insgesamt oder Teilen der Union, einschließlich der Ermittlung und Erörterung von Risiken für die Finanzstabilität ungeachtet ihres Ursprungs. Die monetären Rahmenbedingungen können Auswirkungen auf die Finanzstabilität haben und es fällt unter das Mandat des ESRB für die Makroaufsicht, diese Auswirkungen — unter uneingeschränkter Achtung der Unabhängigkeit der Zentralbanken — zu erörtern. Ferner ist der ESRB zuständig für die Überwachung und Bewertung von Risiken für die Finanzstabilität, die aus Entwicklungen erwachsen, die sich auf sektoraler Ebene oder auf der Ebene des gesamten Finanzsystems auswirken können, einschließlich Risiken und Schwachstellen aufgrund des technologischen Wandels oder aufgrund ökologischer oder gesellschaftlicher Faktoren. Auch sollte der ESRB Entwicklungen außerhalb des Bankensektors analysieren, einschließlich jene, die zur Vollendung der Kapitalmarktunion führen.
(7)
Es liegt in der gemeinsamen Verantwortung der Mitglieder des Verwaltungsrats, den Auftrag, die Ziele und die Aufgaben des ESRB zu erfüllen. Darüber hinaus liegt es in der Verantwortung aller Mitglieder, die Agenda und das Arbeitsprogramm des ESRB mitzugestalten und aktiv zu seiner regulären Arbeit beizutragen; dazu gehört auch, dass sie den anderen Mitgliedern des Verwaltungsrats einschlägige Themen zur Kenntnis bringen.
(8)
Um die Sichtbarkeit des ESRB zu stärken, sollte sein Vorsitzender dem ersten stellvertretenden Vorsitzenden oder — falls dieser nicht verfügbar ist und sofern angezeigt — dem zweiten stellvertretenden Vorsitzenden oder dem Leiter des Sekretariats des ESRB Aufgaben, etwa im Zusammenhang mit der externen Vertretung des ESRB, übertragen können. Die übertragenen Aufgaben sollten sich nicht auf die Teilnahme an öffentlichen Anhörungen und an nicht öffentlichen Aussprachen im Europäischen Parlament erstrecken.
(9)
Um den Mitgliedstaaten Flexibilität hinsichtlich der Auswahl des stimmberechtigten Mitglieds des Verwaltungsrats zu ermöglichen, sollten sie als ihren stimmberechtigten Vertreter entweder den Präsidenten der nationalen Zentralbank oder einen hochrangigen Vertreter einer benannten Behörde gemäß der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(6) oder der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) auswählen können, falls die betreffende benannte Behörde in ihrem Zuständigkeitsbereich die führende Rolle bei der Finanzstabilität innehat. Diese Flexibilität bei der Auswahl des stimmberechtigten Mitglieds des Verwaltungsrats gilt nicht für Mitgliedstaaten, bei deren nationaler Zentralbank es sich um eine benannte Behörde gemäß der Richtlinie 2013/36/EU oder der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 handelt. Um politische Einflussnahme zu vermeiden, sollte kein Mitglied des Verwaltungsrats eine Funktion in der Zentralregierung eines Mitgliedstaats innehaben.
(10)
Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 wurde der erste stellvertretende Vorsitzende des ESRB bisher von und aus dem Kreis der Mitglieder des Erweiterten Rates der EZB gewählt, wobei dem Erfordernis einer ausgewogenen Vertretung der Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit sowie der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und derjenigen, deren Währung nicht der Euro ist, Rechnung getragen wurde. Nach der Einrichtung der Bankenunion ist es angemessen, den Verweis auf Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und diejenigen, deren Währung nicht der Euro ist, durch einen Verweis auf die teilnehmenden Mitgliedstaaten im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates(8) und diejenigen, die dies nicht sind, zu ersetzen. Der erste stellvertretende Vorsitzende sollte von und aus dem Kreis der nationalen stimmberechtigten Mitglieder des Verwaltungsrats gewählt werden, was die größere Flexibilität bei der Mitgliedschaft im Verwaltungsrat widerspiegelt.
(11)
Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1096/2010 des Rates(9) wird der Leiter des Sekretariats des ESRB in Abstimmung mit dem Verwaltungsrat von der EZB bestellt. Um das Profil des Leiters des Sekretariats des ESRB zu schärfen, sollte der Verwaltungsrat in einem offenen und transparenten Verfahren bewerten, ob die Kandidaten auf der Auswahlliste für die Stelle des Leiters des Sekretariats des ESRB über die erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen zur Verwaltung des Sekretariats des ESRB verfügen. Die EZB sollte in Erwägung ziehen, das Auswahlverfahren systematisch für externe Kandidaten zu öffnen. Der Verwaltungsrat sollte das Europäische Parlament und den Rat über das Bewertungsverfahren unterrichten. Ferner sollten die Aufgaben des Leiters des Sekretariats des ESRB genauer festgelegt werden.
(12)
Da die Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 in das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum aufgenommen wurde, sollte Artikel 9 Absatz 5 jener Verordnung geändert werden.
(13)
Zur Verringerung der Kosten und Verbesserung der Effizienz der Verfahren sollte die Zahl der Vertreter der Kommission im Beratenden Fachausschuss von bisher zwei auf einen Vertreter verringert werden.
(14)
Die EZB sollte in Bezug auf die Aufgaben, die ihr gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 übertragen wurden, als mögliche Adressatin der Warnungen und Empfehlungen des ESRB hinzugefügt werden. Die gemäß der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(10) von den Mitgliedstaaten benannten Abwicklungsbehörden und der Einheitliche Abwicklungsausschuss sollten ebenfalls als mögliche Adressaten hinzugefügt werden.
(15)
Die Mitglieder des ESRB von nationalen Zentralbanken, nationalen Aufsichtsbehörden und mit der Durchführung makroprudenzieller Politik betrauten nationalen Behörden sollten die Informationen, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten vom ESRB im Zusammenhang mit dessen Aufgaben erhalten haben, unter anderem für die Ausübung ihrer gesetzlichen Aufgaben nutzen können.
(16)
Der ESRB sollte den Informationsaustausch zwischen den nationalen Behörden oder Einrichtungen, die für die Stabilität des Finanzsystems zuständig sind, und den Einrichtungen der Union im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Abwendung von Systemrisiken im gesamten Finanzsystem der Union erleichtern.
(17)
Um die Qualität und Relevanz der Stellungnahmen, Empfehlungen, Warnungen und Beschlüsse des ESRB zu gewährleisten, wird von dem Beratenden Fachausschuss und dem Beratenden Wissenschaftlichen Ausschusses erwartet, — soweit angezeigt — frühzeitig offene und transparente Anhörungen von Interessenträger durchführen, die möglichst umfassend sein müssen, um einen inklusiven Ansatz unter Einbeziehung aller betroffenen Parteien sicherzustellen.
(18)
Bei der Überprüfung der Aufgaben und der Organisation des ESRB sollte die Kommission insbesondere mögliche alternative institutionelle Modelle in Betracht ziehen. Sie sollte ferner prüfen, ob das Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten, bei denen es sich um teilnehmende Mitgliedstaaten im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 handelt, und denjenigen, die dies nicht sind, in der Organisation des ESRB weiterhin angemessen ist.
(19)
Die Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 120 vom 6.4.2018, S. 2.

(2)

ABl. C 227 vom 28.6.2018, S. 63.

(3)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 16. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 2. Dezember 2019.

(4)

Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1).

(5)

Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1).

(6)

Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(7)

Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(8)

Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).

(9)

Verordnung (EU) Nr. 1096/2010 des Rates vom 17. November 2010 zur Betrauung der Europäischen Zentralbank mit besonderen Aufgaben bezüglich der Arbeitsweise des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 162).

(10)

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

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