Präambel VO (EU) 2019/455

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern(1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2018/825 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018(2) (im Folgenden „Grundverordnung” ), insbesondere auf Artikel 14 Absatz 5a,

nach Unterrichtung der Mitgliedstaaten,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Am 13. August 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission (im Folgenden „Kommission” ) im Amtsblatt der Europäischen Union(3) eine Bekanntmachung (im Folgenden „Einleitungsbekanntmachung” ) über die Einleitung eines Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika in die Union; das Verfahren wurde auf einen Antrag hin eingeleitet, der am 29. Juni 2018 von Fertilizers Europe (im Folgenden „Antragsteller” ) im Namen von Herstellern gestellt wurde, auf die mehr als 25 % der gesamten Unionsproduktion von Harnstoff und Ammoniumnitratlösungen entfallen.
1.
ZOLLAMTLICH ZU ERFASSENDE WARE
(2)
Bei der zollamtlich zu erfassenden Ware (im Folgenden „betroffene Ware” ) handelt es sich um Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat (Ammonsalpeter) in wässriger oder ammoniakalischer Lösung (im Folgenden „H+AN” ), die derzeit unter dem KN-Code 31028000 eingereiht werden.
2.
GRÜNDE FÜR DIE ZOLLAMTLICHE ERFASSUNG
(3)
Nach Artikel 14 Absatz 5a der Grundverordnung muss die Kommission die Zollbehörden anweisen, geeignete Schritte zu unternehmen, um Einfuhren während des Zeitraums vor der Unterrichtung gemäß Artikel 19a zollamtlich zu erfassen, sodass in der Folge Maßnahmen gegenüber diesen Einfuhren vom Zeitpunkt dieser zollamtlichen Erfassung an eingeführt werden können, es sei denn, ihr liegen hinreichende Nachweise dafür vor, dass die Anforderungen entweder gemäß Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe c oder Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe d nicht erfüllt sind.
(4)
Die Kommission prüfte, ob die Einführer nach dem Ausmaß des Dumpings und der mutmaßlichen oder festgestellten Schädigung von dem Dumping Kenntnis hatten oder hätten haben müssen. Sie prüfte auch, ob ein weiterer erheblicher Anstieg der Einfuhren verzeichnet wurde, der in Anbetracht der Zeitspanne und des Volumens und sonstiger Umstände die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben hätte.
(5)
Die Kommission prüfte daher die ihr vorliegenden Beweise im Hinblick auf Artikel 10 Absatz 4 der Grundverordnung. Bei dieser Analyse stützte sich die Kommission auf die ihr zur Verfügung stehenden statistischen Daten über Einfuhren, die unter dem KN-Code 31028000 eingereiht sind.
(6)
Am 30. Januar 2019 forderte die Kommission außerdem interessierte Parteien auf, zu ihren vorläufigen Feststellungen hinsichtlich der Einfuhrtrends nach Einleitung der Untersuchung Stellung zu nehmen, und diese Stellungnahmen wurden auch in ihre Analyse einbezogen.
2.1.
Kenntnis der Einführer von dem Dumping, dem Ausmaß des Dumpings und der mutmaßlichen Schädigung
(7)
Der Kommission liegen ausreichende Beweise dafür vor, dass die Einfuhren der betroffenen Ware mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika gedumpt sind.
(8)
In der am 13. August 2018 veröffentlichten Einleitungsbekanntmachung für dieses Verfahren wurde hervorgehoben, dass die ermittelten Dumpingspannen für alle Länder erheblich sind. Insgesamt und angesichts der Höhe der mutmaßlichen Dumpingspannen von 43 % bis 83 % wird durch die Beweise in dem Antrag in diesem Stadium hinreichend belegt, dass die ausführenden Hersteller Dumping praktizieren.
(9)
Der Antrag enthielt ferner hinreichende Beweise für eine mutmaßliche Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union, einschließlich eines Rückgangs des Marktanteils und einer negativen Entwicklung anderer wesentlicher Leistungsindikatoren des Wirtschaftszweigs der Union.
(10)
Durch die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union ist die Einleitungsbekanntmachung ein öffentliches, allen Einführern zugängliches Dokument. Zudem haben Einführer als interessierte Parteien im Rahmen der Untersuchung Zugang zur nicht vertraulichen Fassung des Antrags und zum nicht vertraulichen Dossier. Auf dieser Grundlage war die Kommission daher der Ansicht, dass die Einführer Kenntnis von den mutmaßlichen Dumpingpraktiken, dem Ausmaß des Dumpings und der mutmaßlichen Schädigung hatten oder hätten haben müssen.
(11)
Mehrere ausführende Hersteller machten geltend, dass Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe c nicht zutreffe, da kein früheres Dumping vorliege. Jedoch besagt Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe c, dass entweder schon früher Dumping vorlag oder der Einführer vom Ausmaß des Dumpings und der mutmaßlichen Schädigung Kenntnis hatte. Wie in den Erwägungsgründen 7 bis 10 erläutert, war die Kommission auf der Grundlage der Einleitungsbekanntmachung und der im Antrag enthaltenen Informationen der Ansicht, dass die Einführer Kenntnis von den mutmaßlichen Dumpingpraktiken, dem Ausmaß des Dumpings und der mutmaßlichen Schädigung hatten oder hätten haben müssen.
(12)
Aus den vorstehenden Gründen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass keine Beweise dafür vorliegen, dass die Anforderung nach Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe c der Grundverordnung nicht erfüllt war.
2.2.
Weiterer erheblicher Anstieg der Einfuhren
(13)
Auf der Grundlage der in Tabelle 1 zusammengefassten statistischen Daten stellte die Kommission fest, dass die Menge der H+AN-Einfuhren aus den betroffenen Ländern in die Union während des Zeitraums von September 2018 bis Dezember 2018, d. h. nach der Einleitung des Verfahrens, im Vergleich zum Zeitraum von September 2017 bis Dezember 2017, d. h. während desselben Vorjahreszeitraums und in einem Teil des Untersuchungszeitraums (vom 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2018), um 23 % gestiegen ist. Ferner war die durchschnittliche monatliche Menge der Einfuhren aus den betroffenen Ländern in die Union im Zeitraum von September 2018 bis Dezember 2018 um 34 % größer als die durchschnittliche monatliche Menge der Einfuhren in die Union im Untersuchungszeitraum. Angesichts dieses weiteren erheblichen Anstiegs der Einfuhren aus den betroffenen Ländern kam die Kommission daher zu dem Schluss, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt war.
2.3.
Untergrabung der Abhilfewirkung der Zollmaßnahmen
(14)
Wie in der Schlussfolgerung von Abschnitt 2.2 festgestellt, lag ein weiterer erheblicher Anstieg der Einfuhren der betroffenen Ware seit der Einleitung dieser Untersuchung vor. Diese Mengen stellen im Vergleich zu den aus den betroffenen Ländern im Untersuchungszeitraum eingeführten Mengen einen monatlichen Anstieg um mehr als 48000 t dar. Dieser Anstieg entspricht 10 % des Unionsverbrauchs im Jahr 2017.
(15)
Den in der nachstehenden Tabelle 2 zusammengefassten Einfuhrstatistiken zufolge war der Durchschnittspreis in Euro je Tonne der Einfuhren aus den betroffenen Ländern in die Union im Zeitraum von September 2018 bis Dezember 2018 19,5 % höher als der durchschnittliche Preis der Einfuhren aus diesen Ländern im Untersuchungszeitraum. Bei den Einfuhren aus den von der Untersuchung betroffenen Ländern war ein starker Anstieg der Einfuhrpreise zu beobachten.
(16)
Eine Reihe ausführender Hersteller und Einführer brachten vor, dass der erhebliche Preisanstieg der Einfuhren aus den betroffenen Ländern zur Folge gehabt habe, dass diese Einfuhren keine negativen Auswirkungen auf die Preise auf dem Markt hätten. Diese ausführenden Hersteller wiesen ferner darauf hin, dass es keine Aufstockung von Lagerbeständen seit der Einleitung der Untersuchung gebe. Daher werde die Abhilfewirkung des endgültigen Antidumpingzolls, sofern er angewandt würde, nicht ernsthaft untergraben.
(17)
Der Antragsteller legte jedoch ausreichende Beweise dafür vor, dass der Preisanstieg im Vergleich zum Anstieg der Kosten (insbesondere Gas im Sommer und Herbst 2018) moderat ausfiel. Auch wenn keine schlüssigen Beweise für eine Aufstockung von Lagerbeständen seit der Einleitung der Untersuchung vorliegen, legte der Antragsteller weitere Beweise dafür vor, dass der starke Anstieg der Einfuhrmengen seit der Einleitung der Untersuchung die Schädigung der Unionshersteller (einschließlich der nach dem Untersuchungszeitraum gestiegenen Verluste) noch weiter verschärft habe.
(18)
Aus den vorstehenden Gründen stellte die Kommission fest, dass die im Dossier enthaltenen Beweise nicht die Schlussfolgerung zulassen, dass die Anforderung nicht erfüllt war.
2.4.
Schlussfolgerung
(19)
Aus den vorstehenden Gründen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass keine schlüssigen Beweise dafür vorliegen, dass die zollamtliche Erfassung der Einfuhren der betroffenen Ware während des Vorunterrichtungszeitraums in diesem Fall nicht gerechtfertigt ist. Seit der Veröffentlichung der Einleitungsbekanntmachung, als die ausführenden Hersteller von dem mutmaßlichen Dumping und der mutmaßlichen Schädigung Kenntnis hatten oder hätten haben müssen, sind die Einfuhren der betroffenen Ware weiter in einer Weise angestiegen, die die Abhilfewirkung der Antidumpingzölle auch während des Vorunterrichtungszeitraums ernsthaft untergraben könnte.
(20)
Die Feststellungen bleiben auch auf der Grundlage der neuesten, der Kommission zur Verfügung stehenden statistischen Daten unverändert.
(21)
Daher muss die Kommission gemäß Artikel 14 Absatz 5a der Antidumpinggrundverordnung Einfuhren der betroffenen Ware während des Vorunterrichtungszeitraums zollamtlich erfassen.
3.
ZOLLAMTLICHE ERFASSUNG
(22)
Gemäß Artikel 14 Absatz 5a der Antidumpinggrundverordnung sind Einfuhren der betroffenen Ware während des Vorunterrichtungszeitraums nach Artikel 19a der Antidumpinggrundverordnung zollamtlich zu erfassen, es sei denn, es liegen ausreichende Beweise dafür vor, dass die Anforderungen des Artikels 10 Absatz 4 Buchstaben c und d nicht erfüllt sind.
(23)
Eine künftige Zollschuld ergäbe sich aus den endgültigen Feststellungen dieser Antidumpinguntersuchung.
(24)
Nach den Angaben im Antrag auf Einleitung der Untersuchung betragen die Dumpingspannen bei der betroffenen Ware schätzungsweise 43 % bis 83 % und die durchschnittliche Schadensbeseitigungsschwelle 13 %. Der Betrag der jeweils möglichen zukünftigen Zollschuld wird auf die Höhe geschätzt, wie sie anhand der Angaben im Antrag genannt wurde, nämlich auf 13 % bis 83 % als Anteil des CIF-Einfuhrwertes der betroffenen Ware.
4.
VERARBEITUNG PERSONENBEZOGENER DATEN
(25)
Alle im Rahmen dieser zollamtlichen Erfassung erhobenen personenbezogenen Daten werden nach der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) verarbeitet —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21.

(2)

ABl. L 143 vom 7.6.2018, S. 1.

(3)

ABl. C 284 vom 13.8.2018, S. 9.

(4)

Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

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