Artikel 114 VO (EU) 2019/6

Anwendung von Arzneimitteln bei der Lebensmittelgewinnung dienenden im Wasser lebenden Tierarten

(1) Abweichend von Artikel 106 Absatz 1 und für den Fall, dass es in einem Mitgliedstaat für ein Anwendungsgebiet für eine der Lebensmittelgewinnung dienende im Wasser lebende Tierart kein zugelassenes Tierarzneimittel gibt, kann der verantwortliche Tierarzt, insbesondere zur Vermeidung unzumutbarer Leiden, in direkter Eigenverantwortung das betreffende Tier mit dem folgenden Arzneimittel behandeln:

a)
mit einem gemäß dieser Verordnung im betroffenen Mitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat für die Anwendung bei derselben oder bei einer anderen der Lebensmittelgewinnung dienenden Art von Wassertieren für dasselbe Anwendungsgebiet oder für ein anderes Anwendungsgebiet zugelassenen Tierarzneimitteln,
b)
wenn kein Tierarzneimittel gemäß Buchstabe a dieses Absatzes verfügbar ist, mit einem gemäß dieser Verordnung in dem betroffenen Mitgliedstaat oder in einem anderen Mitgliedstaat für die Anwendung bei einer der Lebensmittelgewinnung dienenden landlebenden Tierart zugelassenen Tierarzneimittel, das einen in dem gemäß Absatz 3 erstellten Verzeichnis aufgeführten Wirkstoff enthält,
c)
wenn kein Tierarzneimittel gemäß Buchstabe a oder b dieses Absatzes verfügbar ist, mit einem Humanarzneimittel, das gemäß der Richtlinie 2001/83/EG oder der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen ist und das in dem gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels erstellten Verzeichnis aufgeführte Wirkstoffe enthält, oder
d)
wenn kein Arzneimittel gemäß Buchstabe a, b oder c dieses Absatzes verfügbar ist, mit einem Tierarzneimittel, das fallweise nach tierärztlicher Verschreibung zubereitet wird.

(2) Abweichend von Absatz 1 Buchstabe b und c und solange das Verzeichnis gemäß Absatz 3 noch nicht erstellt ist, kann der verantwortliche Tierarzt in direkter Eigenverantwortung und insbesondere zur Vermeidung unzumutbaren Leidens bei der Behandlung von der Lebensmittelgewinnung dienenden im Wasser lebenden Tieren eines bestimmten Bestands ausnahmsweise folgende Arzneimittel anwenden:

a)
ein gemäß dieser Verordnung im betroffenen Mitgliedstaat oder in einem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung bei einer der Lebensmittelgewinnung dienenden an Land lebenden Tierart zugelassenes Tierarzneimittel,
b)
wenn kein Tierarzneimittel gemäß Buchstabe a oder b dieses Absatzes verfügbar ist, ein Humanarzneimittel, das gemäß der Richtlinie 2001/83/EG oder der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen ist.

(3) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten innerhalb von fünf Jahren nach dem 28. Januar 2022 ein Verzeichnis von Wirkstoffen an, die in Tierarzneimitteln, welche in der Union für die Anwendung bei der Lebensmittelgewinnung dienenden an Land lebenden Tierarten zugelassen sind, angewendet werden, und von Wirkstoffen, die in Humanarzneimitteln, die in der Union gemäß Richtlinie 2001/83/EG oder Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen wurden, angewendet werden und bei der Lebensmittelgewinnung dienenden im Wasser lebenden Tierarten gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels angewendet werden können. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 145 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Beim Erlass dieser Durchführungsrechtsakte berücksichtigt die Kommission folgende Kriterien:

a)
Umweltrisiken durch die Behandlung von im Wasser lebenden Tierarten mit diesen Wirkstoffen,
b)
Auswirkungen auf die öffentliche und die Tiergesundheit, wenn die betroffenen im Wasser lebenden Tierarten nicht mit einem antimikrobiellen Arzneimittel gemäß Artikel 107 Absatz 6 behandelt werden können,
c)
Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit anderer Arzneimittel, Behandlungsverfahren oder Maßnahmen zur Verhütung oder Behandlung von Krankheiten oder bestimmten Anwendungsgebieten bei der Lebensmittelerzeugung dienenden im Wasser lebenden Tierarten.

(4) Außer für immunologische Tierarzneimittel gilt, dass der verantwortliche Tierarzt in direkter Eigenverantwortung und insbesondere zur Vermeidung unzumutbaren Leidens der Lebensmittelgewinnung dienende im Wasser lebende Tiere ausnahmsweise mit einem Tierarzneimittel behandeln kann, das in einem Drittstaat für diese Tierart und das fragliche Anwendungsgebiet zugelassen ist, wenn kein Arzneimittel gemäß Absatz 1 oder 2 zur Verfügung steht.

(5) Der Tierarzt kann das Arzneimittel persönlich verabreichen oder es gemäß einzelstaatlicher Bestimmungen von einem Dritten unter seiner Verantwortung verabreichen lassen.

(6) Pharmakologisch wirksame Stoffe, die in gemäß Absatz 1, 2 und 4 des vorliegenden Artikels angewendeten Arzneimitteln enthalten sind, müssen gemäß Verordnung (EG) Nr. 470/2009 und den auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsakten zulässig sein.

(7) Dieser Artikel gilt ebenfalls, wenn ein zugelassenes Tierarzneimittel in dem betroffenen Mitgliedstaat nicht zur Verfügung steht.

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