Artikel 4 VO (EU) 2019/6

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.
„Tierarzneimittel” alle Stoffe oder Stoffzusammenstellungen, die mindestens eine der nachstehenden Voraussetzungen erfüllen:

a)
Ihnen werden Eigenschaften zur Behandlung oder zur Verhütung von Tierkrankheiten zugeschrieben;
b)
sie sind dazu bestimmt, im oder am tierischen Körper angewendet oder einem Tier verabreicht zu werden, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen;
c)
sie sind dazu bestimmt, bei Tieren zum Zweck einer medizinischen Diagnose verwendet zu werden;
d)
sie sind zur Euthanasie von Tieren bestimmt;

2.
„Stoffe” alle Stoffe folgenden Ursprungs:

a)
menschlichen Ursprungs;
b)
tierischen Ursprungs;
c)
pflanzlichen Ursprungs;
d)
chemischen Ursprungs;

3.
„Wirkstoff” jeder Stoff oder ein Gemisch von Stoffen, der dazu bestimmt ist, bei der Herstellung eines Tierarzneimittels verwendet zu werden und der bzw. das im Falle der Verwendung bei der Herstellung dieses Arzneimittels zu einem seiner wirksamen Bestandteile wird;
4.
„Hilfsstoff” jeder Bestandteil eines Tierarzneimittels mit Ausnahme von Wirkstoffen oder Verpackungsmaterial;
5.
„immunologische Tierarzneimittel” Tierarzneimittel, die dazu bestimmt sind, Tieren verabreicht zu werden, um eine aktive oder passive Immunität zu erzeugen oder um den Immunitätszustand zu diagnostizieren;
6.
„biologische Tierarzneimittel” Tierarzneimittel, bei denen ein Wirkstoff ein biologischer Stoff ist;
7.
„biologische Stoffe” Stoffe, die von einer biologischen Quelle produziert oder aus ihr extrahiert werden und bei denen die Bestimmung ihrer Merkmale und Qualität eine Kombination physikalisch-chemisch-biologischer Tests sowie Kenntnisse des Produktionsprozesses und seiner Kontrolle erfordert;
8.
„Referenztierarzneimittel” ein Tierarzneimittel, das gemäß den in Artikel 5 Absatz 1 genannten Artikeln 44, 47, 49, 52, 53 oder 54 auf Antrag nach Artikel 8 zugelassen ist;
9.
„generisches Tierarzneimittel” ein Tierarzneimittel, das die gleiche qualitative und quantitative Zusammensetzung aus Wirkstoffen und die gleiche Darreichungsform wie das Referenztierarzneimittel aufweist und dessen Bioäquivalenz mit dem Referenztierarzneimittel nachgewiesen wurde;
10.
„homöopathische Tierarzneimittel” Tierarzneimittel, die nach einem — im Europäischen Arzneibuch oder, falls dort nicht enthalten, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Arzneibüchern der Mitgliedstaaten beschriebenen — homöopathischen Zubereitungsverfahren aus homöopathischen Ursubstanzen hergestellt worden sind;
11.
„antimikrobielle Resistenz” die Fähigkeit eines Mikroorganismus, in einer Konzentration eines antimikrobiellen Stoffes zu überleben oder zu wachsen, die üblicherweise ausreicht, Mikroorganismen derselben Art zu hemmen oder abzutöten;
12.
„antimikrobielle Wirkstoffe” jeder zur Therapie oder Abwehr von Infektionen oder Infektionskrankheiten eingesetzte Stoff mit unmittelbarer Wirkung auf Mikroorganismen, einschließlich Antibiotika, Virostatika, Antimykotika und Antiprotozoika;
13.
„Antiparasitikum” ein Stoff, der Parasiten abtötet oder ihre Entwicklung unterbricht und zur Behandlung oder Verhütung einer durch Parasiten verursachten oder übertragenen Infektion, eines entsprechenden Befalls oder einer entsprechenden Krankheit verwendet wird, einschließlich Stoffe mit repellierender Wirkung;
14.
„Antibiotikum” jeder Stoff mit unmittelbarer Wirkung auf Bakterien, der zur Therapie oder Abwehr von Infektionen oder Infektionskrankheiten eingesetzt wird;
15.
„Metaphylaxe” die Verabreichung eines Arzneimittels an eine Gruppe von Tieren nach einer Diagnose einer klinischen Erkrankung bei einem Teil der Gruppe mit dem Ziel, die klinisch erkrankten Tiere zu behandeln und die Ausbreitung der Erkrankung auf die Tiere einzudämmen, die in engem Kontakt stehen und gefährdet sind und die möglicherweise bereits subklinisch infiziert sind;
16.
„Prophylaxe” die Verabreichung eines Arzneimittels an ein Tier oder eine Gruppe von Tieren, bevor klinische Anzeichen einer Erkrankung auftreten, um eine Erkrankung oder Infektion zu verhindern;
17.
„klinische Prüfung” eine Studie, die dazu bestimmt ist, unter Feldbedingungen die Sicherheit oder Wirksamkeit eines Tierarzneimittels unter normalen Bedingungen der Tierhaltung oder im Rahmen einer normalen tierärztlichen Praxis zum Zweck der Erlangung einer Zulassung oder die Änderung einer solchen Zulassung zu untersuchen;
18.
„vorklinische Studie” eine Studie, auf die die Definition einer klinischen Prüfung nicht zutrifft und die dazu bestimmt ist, die Sicherheit oder Wirksamkeit eines Tierarzneimittels für die Erlangung einer Zulassung oder die Änderung einer solchen Zulassung zu untersuchen;
19.
„Nutzen-Risiko-Bilanz” eine Bewertung der positiven Wirkung des Tierarzneimittels im Verhältnis zu folgenden Risiken in Zusammenhang mit der Anwendung des Produkts:

a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Tierarzneimittels für die Gesundheit von Mensch oder Tier,
b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt,
c)
jedes Risiko im Zusammenhang mit einer Resistenzentwicklung;

20.
„gebräuchlicher Name” der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene internationale Freiname für einen Stoff oder in Ermangelung dessen der gemeinhin verwendete Name;
21.
„Name des Tierarzneimittels” entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Markenzeichen oder dem Namen des Zulassungsinhabers;
22.
„Stärke” der Anteil an Wirkstoffen in einem Tierarzneimittel, ausgedrückt als Menge pro Dosierungs-, Volumen- oder Gewichtseinheit je nach Darreichungsform;
23.
„zuständige Behörde” eine Behörde, die von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 137 benannt wurde;
24.
„Kennzeichnung” auf der Primärverpackung oder der äußeren Umhüllung angebrachte Angaben;
25.
„Primärverpackung” das Behältnis oder jede andere Form der Verpackung, die unmittelbar mit dem Tierarzneimittel in Berührung kommt;
26.
„äußere Umhüllung” die Verpackung, die die Primärverpackung enthält;
27.
„Packungsbeilage” den Beipackzettel zum Tierarzneimittel, der Informationen enthält, um eine sichere und wirksame Verwendung zu gewährleisten;
28.
„Zugangsbescheinigung” ein vom Dateneigner oder seinem Vertreter unterzeichnetes Originaldokument, in dem festgestellt wird, dass die betreffenden Daten gegenüber den zuständigen Behörden, der mit der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 eingerichteten Europäischen Arzneimittel-Agentur (im Folgenden „Agentur” ) oder der Kommission zum Zwecke dieser Verordnung zum Vorteil des Antragstellers verwendet werden dürfen;
29.
„begrenzter Markt” einen Markt für einen der nachstehenden Arzneimitteltypen:

a)
Tierarzneimittel für die Behandlung oder Prävention von Krankheiten, die selten oder geografisch begrenzt auftreten;
b)
Tierarzneimittel für andere Tierarten als Rinder, Schafe für die Fleischerzeugung, Schweine, Hühner, Hunde und Katzen;

30.
„Pharmakovigilanz” wissenschaftliche und andere Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erkennung, Bewertung, dem Verständnis und der Verhütung mutmaßlich unerwünschter Ereignisse oder anderer Probleme im Zusammenhang mit einem Arzneimittel;
31.
„Pharmakovigilanz-Stammdokumentation” eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Tierarzneimittel anwendet;
32.
„Kontrolle” jede Tätigkeit einer zuständigen Behörde zur Überprüfung der Einhaltung dieser Verordnung;
33.
„tierärztliche Verschreibung” ein von einem Tierarzt ausgestelltes Dokument für ein Tierarzneimittel oder ein Humanarzneimittel für dessen Verwendung bei Tieren;
34.
„Wartezeit” der Zeitraum, der zwischen der letzten Verabreichung des Tierarzneimittels an ein Tier und der Erzeugung von Lebensmitteln von diesem Tier mindestens einzuhalten und unter normalen Anwendungsbedingungen erforderlich ist, um sicherzustellen, dass solche Lebensmittel keine Rückstände in einer Konzentration enthalten, die für die öffentliche Gesundheit schädlich ist;
35.
„Inverkehrbringen” die erstmalige Bereitstellung eines Tierarzneimittels auf dem gesamten Unionsmarkt oder in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, je nach Anwendbarkeit;
36.
„Großhandelsvertrieb” jede Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder der Ausfuhr von Tierarzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Tierarzneimitteln im Einzelhandel an die Öffentlichkeit;
37.
„Wassertierart” in Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) genannte Tierart;
38.
„der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere” der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 470/2009;
39.
„Änderung” eine Änderung der Bedingungen für die Zulassung eines Tierarzneimittels gemäß Artikel 36;
40.
„Werbung für Tierarzneimittel” jede Äußerung in Zusammenhang mit Tierarzneimitteln zur Förderung der Abgabe, des Vertriebs, des Verkaufs, der Verschreibung oder der Verwendung von Tierarzneimitteln, einschließlich der Abgabe von Zuwendungen und Werbegaben;
41.
„Signalmanagementprozess” ein Verfahren zur aktiven Überwachung von Pharmakovigilanz-Daten über Tierarzneimittel, mit dem Ziel, die Pharmakovigilanz-Daten zu bewerten und zu ermitteln, ob sich die Nutzen-Risiko-Bilanz von Tierarzneimitteln ändert, mit dem Ziel, Risiken für die öffentliche und die Tiergesundheit sowie auf den Umweltschutz zu entdecken;
42.
„potenziell ernsthaftes Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt” eine Situation, in der eine erheblich hohe Wahrscheinlichkeit für eine ernste Gefahr besteht, dass die Gesundheit von Mensch oder Tier oder die Umwelt durch die Verwendung eines Tierarzneimittels beeinträchtigt werden;
43.
„Tierarzneimittel für neuartige Therapien”

a)
ein Tierarzneimittel, das speziell für die Gentherapie, die regenerative Medizin, die Gewebezüchtung, die Blutprodukttherapie oder die Phagentherapie entwickelt wurde;
b)
ein Tierarzneimittel aus der Nanotechnologie oder
c)
jede andere Therapie, mit der in der Veterinärmedizin Neuland beschritten wird;

44.
„epidemiologische Einheit” eine epidemiologische Einheit im Sinne von Artikel 4 Nummer 39 der Verordnung (EU) 2016/429;

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit ( „Tiergesundheitsrecht” ) (ABl. L 84 vom 31.3.2016, S. 1).

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