Artikel 28 VO (EU) 2019/627

Praktische Modalitäten der Fleischuntersuchung bei frei lebendem Wild

1. Der amtliche Tierarzt überprüft, ob mit dem nicht enthäuteten frei lebenden Großwild, das aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zum Wildbearbeitungsbetrieb verbracht wird, eine Gesundheitsbescheinigung nach dem Muster im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 636/2014 oder die Erklärung(en) gemäß Anhang III Abschnitt IV Kapitel II Nummer 8 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 mitgeführt wird beziehungsweise werden. Der amtliche Tierarzt berücksichtigt den Inhalt dieser Bescheinigung oder Erklärung(en).

2. Bei der Fleischuntersuchung führt der amtliche Tierarzt folgende Maßnahmen durch:

a)
Besichtigung des Tierkörpers, seiner Leibeshöhlen und gegebenenfalls seiner Organe zur

i)
Feststellung etwaiger, nicht von der Jagd herrührender Anomalien; dabei kann sich die Diagnose auf Angaben der kundigen Person zum Verhalten des Tieres vor dem Erlegen stützen;
ii)
Kontrolle, dass der Tod des Tieres nicht durch andere Gründe als durch Erlegen verursacht wurde;

b)
Untersuchung auf organoleptische Anomalien;
c)
sofern erforderlich Durchtasten und Anschneiden der Organe;
d)
besteht ein begründeter Verdacht auf Rückstände oder Kontaminanten, Untersuchung auf nicht von der Jagd herrührende Rückstände, auch auf Umweltschadstoffe, durch Probenahme; wird wegen eines solchen begründeten Verdachts eine umfassendere Untersuchung durchgeführt, so stellt der amtliche Tierarzt die Beurteilung aller anderen frei lebenden Wildtiere einer gemeinsamen Strecke oder von Teilen dieser Tiere, bei denen angenommen wird, dass sie dieselben Anomalien aufweisen, so lange zurück, bis die umfassendere Untersuchung abgeschlossen ist;
e)
Untersuchung auf Merkmale, die darauf hinweisen, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich ist, insbesondere

i)
vom Jäger mitgeteilte abnorme Verhaltensweisen und Störungen des Allgemeinzustandes des lebenden Tieres;
ii)
generalisierte Tumore oder Abszesse, wenn sie in verschiedenen inneren Organen oder in der Muskulatur vorkommen;
iii)
Arthritis, Orchitis, pathologische Veränderungen der Leber oder der Milz, Darm- oder Nabelentzündungen;
iv)
nicht von der Jagd herrührende Fremdkörper in Leibeshöhlen, im Magen, Darm oder Harn, sofern Brust- oder Bauchfell verfärbt sind (falls derartige Eingeweide vorhanden sind);
v)
Parasitenbefall;
vi)
übermäßige Gasbildung im Magen-Darm-Trakt mit Verfärbung der inneren Organe (falls derartige Eingeweide vorhanden sind);
vii)
erhebliche Anomalien der Muskulatur oder der Organe hinsichtlich Farbe, Konsistenz oder Geruch;
viii)
alte, offene Knochenbrüche;
ix)
Auszehrung (Kachexie) und/oder generalisierte oder lokalisierte Ödeme;
x)
frische Verklebungen oder Verwachsungen mit Brust- oder Bauchfell;
xi)
sonstige augenfällige und großflächige Veränderungen wie beispielsweise Verwesung.

3. Auf Verlangen des amtlichen Tierarztes werden Wirbelsäule und Kopf längs gespaltet.

4. Bei frei lebendem Kleinwild, das nicht unmittelbar nach dem Erlegen ausgeweidet wurde, führt der amtliche Tierarzt die Fleischuntersuchung an einer repräsentativen Stichprobe von Tieren derselben Strecke durch. Ergibt die Untersuchung eine auf den Menschen übertragbare Krankheit oder eines der in Absatz 2 Buchstabe e aufgeführten Merkmale, so führt der amtliche Tierarzt weitere Untersuchungen anhand der gesamten Partie durch, um festzustellen, ob die Schlachtkörper für genussuntauglich erklärt oder einzeln untersucht werden müssen.

5. Der amtliche Tierarzt kann an den betreffenden Tierkörperteilen die für eine endgültige Diagnose notwendigen weiteren Schnitte und Untersuchungen vornehmen. Reichen die in Absatz 2 aufgeführten praktischen Modalitäten für eine Beurteilung nicht aus, so werden zusätzliche Laboruntersuchungen durchgeführt.

6. Zusätzlich zu dem in Artikel 45 genannten Fleisch wird Fleisch für genussuntauglich erklärt, das bei der Fleischuntersuchung eines der in Absatz 2 Buchstabe e aufgeführten Merkmale aufweist.

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