Anlage C VO (EU) 2019/773

Sicherheitsrelevante Kommunikationsmethodik

C1.
Mündliche Kommunikation

1.
Anwendungsbereich und Zweck

In dieser Anlage werden Regeln für die sicherheitsrelevante Kommunikation zwischen dem Zugpersonal, in erster Linie dem Triebfahrzeugführer, und dem Fahrdienstleiter festgelegt und insbesondere die Struktur, Methodik und Inhalte dieser Kommunikation definiert. Die sicherheitsrelevante Kommunikation hat Vorrang vor jeder anderen Kommunikation.

2.
Sicherheitsrelevante Kommunikation

2.1.
Kommunikationsstruktur

Die Übermittlung sicherheitsrelevanter Meldungen erfolgt knapp und eindeutig und — soweit möglich — ohne Verwendung von Abkürzungen. Um sicherzustellen, dass die Meldung verstanden wird und die notwendigen Maßnahmen getroffen werden können, muss der Meldende zumindest Folgendes mitteilen:

seine genaue Position,

welche Tätigkeit gerade ausgeführt wird und welche Handlung erforderlich ist.

Triebfahrzeugführer identifizieren sich mit der Zugnummer und der Position. Fahrdienstleiter identifizieren sich mit dem Zuständigkeitsbereich oder dem Standort des Stellwerks.

2.2.
Kommunikationsmethodik

Der Meldende muss

sich vergewissern, dass die Meldung empfangen und gegebenenfalls wiederholt wird. Da mit Notrufen dringende betriebliche Anweisungen übermittelt werden, die unmittelbar die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs betreffen, kann auf das Wiederholen solcher Meldungen verzichtet werden;

nötigenfalls etwaige Fehler in der Meldung berichtigen;

nötigenfalls angeben, auf welche Weise er erreicht werden kann.

Bei der Kommunikation zwischen Fahrdienstleiter und Triebfahrzeugführer sind die Fahrdienstleiter dafür verantwortlich sicherzustellen, dass sie mit dem Triebfahrzeugführer innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs kommunizieren. Dies ist bei sich überschneidenden Kommunikationszellen von besonderer Bedeutung. Dieser Grundsatz gilt auch bei Wiederaufnahme einer unterbrochenen Kommunikation.

2.3.
Kommunikationsinhalte

Zur Identifizierung der jeweiligen Beteiligten werden die folgenden Meldungen verwendet:

Vom Fahrdienstleiter:

Zug … [Zugnummer] Hier ist … [Bereich/Standort des Stellwerks]

Vom Triebfahrzeugführer:

Hier ist Zug … [Zugnummer] an … [Position]

Folgende Begriffe werden im Kommunikationsverfahren von allen Beteiligten verwendet:
SituationBegriffe
Mitteilung, dass die Meldung beendet ist und der andere Gesprächspartner die Möglichkeit zum Sprechen hat „Kommen”
Bestätigung, dass die Meldung empfangen wurde „Meldung empfangen”
Aufforderung zum Wiederholen einer Meldung, wenn diese schlecht empfangen oder nicht verstanden wurde „Bitte wiederholen”
Bestätigung, dass eine wiederholte Meldung genau mit der gesendeten Meldung übereinstimmt „Richtig”
Mitteilung, dass eine wiederholte Meldung nicht mit der gesendeten Meldung übereinstimmt „Falsch (+ ich wiederhole)”
Aufforderung zum Warten bei einer vorübergehenden Unterbrechung ohne Abbruch der Verbindung „Bitte warten”
Mitteilung, dass die Verbindung möglicherweise abgebrochen, später aber wieder aufgenommen wird „Ich rufe zurück”
Mitteilung, dass die Meldung beendet ist „Ende”
Die folgenden Standardbegriffe werden im Kommunikationsverfahren von allen Beteiligten ohne Übersetzung verwendet:
SituationStandardbegriffe
Mitteilung, dass es einen Notfall gibt „Mayday, mayday, mayday”
Dieser Begriff wird nicht übersetzt und muss nicht verwendet werden, wenn im Zug eine Notruffunktion verfügbar ist (z. B. GSM-R).

2.4.
Glossar der Eisenbahnbegriffe

Soweit erforderlich, erstellt das Eisenbahnverkehrsunternehmen ein Glossar mit Eisenbahnbegriffen für jedes Streckennetz, auf dem seine Züge verkehren. Dabei verwendet es die gängigen Begriffe in der vom Eisenbahnverkehrsunternehmen gewählten Sprache und in den Betriebssprachen der Infrastrukturbetreiber, auf deren Infrastruktur die Züge des Eisenbahnverkehrsunternehmens verkehren, auf der Grundlage der vom jeweiligen Infrastrukturbetreiber verwendeten Begriffe.

3.
Kommunikationsregeln

Damit sicherheitsrelevante Meldungen unabhängig vom verwendeten Kommunikationsmittel richtig verstanden werden, sind folgende Regeln anzuwenden:

3.1.
Internationales Phonetisches Alphabet

Verwendung des Internationalen Phonetischen Alphabets:

zur Bezeichnung der Buchstaben des Alphabets,

zum Buchstabieren von Wörtern oder Ortsnamen, die schwer auszusprechen sind oder falsch verstanden werden können,

zur Bezeichnung von Signalen oder Weichen.

A
Alpha
B
Bravo
C
Charlie
D
Delta
E
Echo
F
Foxtrot
G
Golf
H
Hotel
I
India
J
Juliet
K
Kilo
L
Lima
M
Mike
N
November
O
Oscar
P
Papa
Q
Quebec
R
Romeo
S
Sierra
T
Tango
U
Uniform
V
Victor
W
Whisky
X
X-ray
Y
Yankee
Z
Zulu

3.2.
Zahlen

Zahlen sind als eine Folge der einzelnen Ziffern auszusprechen:

    0 = Null

    1 = Eins

    2 = Zwo (Zwei)

    3 = Drei

    4 = Vier

    5 = Fünf

    6 = Sechs

    7 = Sieben

    8 = Acht

    9 = Neun

C2.
Europäische Befehle

1.
Einleitung

In den folgenden Fällen verwenden Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnverkehrsunternehmen im Kommunikationsverfahren europäische Befehle:
1.
Genehmigung zur Vorbeifahrt am EOA
2.
Genehmigung zum Weiterfahren nach Trip
3.
Verpflichtung zum Verbleiben im Stillstand
4.
Widerruf eines Befehls
5.
Verpflichtung zum Fahren mit Geschwindigkeitsbeschränkung
6.
Verpflichtung zum Fahren auf Sicht
7.
Genehmigung zum Starten nach Vorbereiten einer Fahrt
8.
Genehmigung zum Befahren eines oder mehrerer defekter Bahnübergänge
9.
Verpflichtung zum Fahren mit eingeschränkter Fahrstromversorgung
10.–20.
RESERVIERT
Die Nummern 1 bis 20 sind für europäische Befehle reserviert. Die Verwendung der europäischen Befehle Nummer 1–4 und 7 ist gemäß den Vorschriften in Anlage A für ETCS verbindlich vorgeschrieben. Muss der Fahrdienstleiter einen Befehl erteilen, für den ein europäischer Befehl vorhanden ist, so muss er diesen europäischen Befehl verwenden. Erfordert ein Befehl in Bezug auf ein Klasse-B-System mehr Informationen als in europäischen Befehlen enthalten sind, kann stattdessen ein nationaler Befehl verwendet werden. In diesem Fall kann der Infrastrukturbetreiber solche Anforderungen in seinen nationalen Befehlen festlegen. Falls eine nummerische Bezeichnung verwendet wird, beginnen die vom einzelnen Infrastrukturbetreiber erstellten nationalen Befehle ab Nummer 21. Die nationalen Befehle müssen zumindest den gleichen Inhalt eines entsprechenden europäischen Befehls haben.

2.
Inhalt

Ein Befehl muss mindestens folgende Angaben enthalten:

Ort, an dem der Befehl erteilt wurde (Standort des Fahrdienstleiters),

Datum der Erteilung des Befehls (gilt nicht für mündliche Befehle),

Zug/Rangierabteilung, auf den/die sich der Befehl bezieht,

deutliche, genaue und unmissverständliche Anweisungen,

eindeutige Kennung, die vom Fahrdienstleiter vergeben wird.

Zusätzlich kann ein Befehl je nach den Umständen auch folgende Angaben enthalten:

Uhrzeit der Erteilung,

Position des Zuges/der Rangierabteilung und Standort, auf den er sich bezieht,

Identität des Triebfahrzeugführers,

Identität des Anweisenden,

Bestätigung (Unterschrift oder elektronische Bestätigung), dass der Befehl empfangen wurde.

Ein zur Niederschrift erteilter Befehl kann nur durch einen europäischen Befehl Nr. 4 widerrufen werden, in dem ausdrücklich auf die eindeutige Kennung des zu widerrufenden Befehls Bezug genommen wird. Abweichend davon kann ein europäischer Befehl 3 auch durch einen europäischen Befehl 1, 2 oder 7 widerrufen werden, ohne dass ein eigener europäischer Befehl 4 erforderlich ist.

3.
Übermittlung des Befehls

Ein Befehl enthält Informationen, die digital, mündlich, schriftlich auf Papier oder als mündliche Anweisung zur Niederschrift durch den Triebfahrzeugführer oder auf anderen sicheren Kommunikationswegen mit dem gleichen Informationsgehalt übermittelt werden. Grundsätzlich muss sich der Zug im Stillstand befinden, wenn ein Befehl vom Triebfahrzeugführer niederzuschreiben ist. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen kann mit dem betreffenden Infrastrukturbetreiber eine gemeinsame Risikobewertung vornehmen, in der gegebenenfalls bestimmt wird, unter welchen Bedingungen es sicher ist, von diesem Grundsatz abzuweichen. Ein Befehl ist so nahe wie möglich an den Ort, an dem er auszuführen ist, zu übermitteln. Ein Befehl hat Vorrang vor der entsprechenden streckenseitigen Signalisierung und/oder der Triebfahrzeugführer/Maschine-Schnittstelle (DMI). Ist eine zulässige Geschwindigkeit oder eine Entlassungsgeschwindigkeit niedriger als die im Befehl vorgegebene Höchstgeschwindigkeit, so gilt die jeweils niedrigste Geschwindigkeit. Ein Befehl darf vom Fahrdienstleiter erst erteilt werden, nachdem er die Zugnummer und nötigenfalls die Position des Zuges/der Rangierabteilung festgestellt hat. Vor der Ausführung des Befehls muss sich der Triebfahrzeugführer vergewissern, dass sich dieser Befehl auf seinen Zug/seine Rangierabteilung und seine aktuelle Position/den angegebenen Standort bezieht.

4.
Kenntnisnahme von dem Befehl

Das Eisenbahnverkehrsunternehmen legt ein Verfahren fest, um sicherzustellen, dass der Triebfahrzeugführer einen Befehl zur Kenntnis genommen hat, bevor der Zug den Ort erreicht, an dem der Befehl zu befolgen ist. Muss der Befehl nicht unmittelbar nach seiner Übermittlung ausgeführt werden, soll der Triebfahrzeugführer die Möglichkeit haben, den Befehl abzurufen.

5.
Überwachung der Befolgung der Befehle

Im Rahmen der Einhaltung der Verordnung (EU) 2018/762 und der Richtlinie (EU) 2016/798 überwachen die Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnverkehrsunternehmen die Verfahren zur Übermittlung und Ausführung der Befehle.

6.
Europäische Befehle

Jedes Kästchen, jedes Informationsfeld und jede Option für Angaben in einem Feld eines europäischen Befehls erhält eine eigene alphabetische oder numerische Kennung. Nummerierte Kennungen, die in mehreren europäischen Befehlen vorkommen, erhalten eine Kennung, die mit „x” beginnt und nicht mit der Nummer des europäischen Befehls. Dieses „x” kann nur dann durch die Nummer des europäischen Befehls ersetzt werden, wenn dieser Befehl digital übermittelt wird. Der Inhalt und die Kennungen sind verbindlich, und die alphabetische und numerische Reihenfolge der Kennungen muss eingehalten werden; das Format selbst ist nicht verbindlich. Wird ein bestimmtes Kästchen, ein bestimmtes Feld oder eine bestimmte Option für Angaben in einem Feld in einem Mitgliedstaat oder im Netz eines Infrastrukturbetreibers nicht verwendet, muss dieses Kästchen, dieses Feld bzw. diese Option für Angaben in einem Feld in dem europäischen Befehl auch nicht angezeigt werden. Es darf kein Kästchen, kein Feld bzw. keine Option für Angaben in einem Feld hinzugefügt werden. Der Anwendungsbereich jedes einzelnen Felds darf nicht über den Anwendungsbereich des europäischen Befehls hinausgehen, zu dem es gehört. Der Infrastrukturbetreiber und das Eisenbahnverkehrsunternehmen können Hinweise für das Ausfüllen und das richtige Verständnis der Formulare der europäischen Befehle hinzufügen, unter der Bedingung, dass diese Hinweise nicht Teil des Kommunikationsverfahrens sind.

7.
Mitteilung eines Befehls oder einer betrieblichen Anweisung

Folgende Begriffe werden im Kommunikationsverfahren von allen Beteiligten verwendet:
SituationBegriffe
Beginn der Erteilung eines Befehls oder einer betrieblichen Anweisung „Verfahren … [Bezeichnung des Verfahrens] vorbereiten”
Bestätigung, dass ein Befehl oder eine betriebliche Anweisung erteilt werden kann „Bereit für Verfahren … [Bezeichnung des Verfahrens]”
Abbrechen eines Befehls oder einer betrieblichen Anweisung „Verfahren … [Bezeichnung des Verfahrens] abbrechen”
Wenn die Meldung anschließend wieder aufgenommen wird, muss das Verfahren von Anfang an wiederholt werden „Fehler bei der Übertragung”
Wenn der Absender einen Übertragungsfehler erkennt, muss er das Abbrechen verlangen

„Fehler (+ neues Verfahren … [Bezeichnung des Verfahrens] vorbereiten)”

oder

„Falsch (+ ich wiederhole)”

Fehler beim Wiederholen „Falsch (+ ich wiederhole)”
Nicht verstandene Meldung: Wenn einer der Beteiligten eine Meldung nicht vollständig versteht, muss die Meldung wiederholt werden „Bitte wiederholen (+ langsam sprechen)”

8.
Befehlsheft mit europäischen und nationalen Befehlen

Die Infrastrukturbetreiber erstellen das Befehlsheft mit den europäischen und den nationalen Befehlen in ihren Betriebssprachen. Alle zu verwendenden Formulare für die nationalen Befehle und die europäischen Befehle sind in Heft- oder elektronischer Form zusammenzustellen (Befehlsheft mit europäischen und nationalen Befehlen). Dieses Befehlsheft ist vom Triebfahrzeugführer und dem Personal, das die Zugfahrten zulässt, zu benutzen. Die vom Triebfahrzeugführer und dem Personal, das die Zugfahrten zulässt, verwendeten Befehlshefte müssen in der gleichen Weise strukturiert und nummeriert sein. Das Befehlsheft besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil enthält mindestens:

ein Verzeichnis der von den Infrastrukturbetreibern verwendeten europäischen Befehle,

ein Verzeichnis der nationalen Befehle und betrieblichen Anweisungen,

eine Auflistung der Situationen, in denen der jeweilige Befehl zu verwenden ist,

die Art und Weise, wie jeder Befehl erteilt wird, einschließlich der Angabe, ob er vom Triebfahrzeugführer während der Fahrt niedergeschrieben werden darf,

die Tabelle mit dem Internationalen Phonetischen Alphabet.

Der zweite Teil enthält, in den Betriebssprachen der Infrastrukturbetreiber, die Formulare für:

die europäischen Befehle,

die nationalen Befehle und betrieblichen Anweisungen.

Diese werden vom Eisenbahnverkehrsunternehmen zusammengestellt und dem Triebfahrzeugführer übergeben. Eisenbahnverkehrsunternehmen, die in den Netzen mehrerer Infrastrukturbetreiber tätig sind, müssen dem Triebfahrzeugführer Folgendes zur Verfügung stellen:

die allgemeinen Formulare der europäischen Befehle gemäß Anlage C2 Nummer 6 oder

reduzierte Formulare der europäischen Befehle, die mindestens die Felder enthalten, die von den Infrastrukturbetreibern auf deren Netzen das Eisenbahnverkehrsunternehmen tätig sein wird, verwendet werden.

9.
Glossar bahntechnischer Begriffe

Das Eisenbahnverkehrsunternehmen erstellt ein Glossar mit entsprechenden bahntechnischen Begriffen für jedes Streckennetz, auf dem seine Züge verkehren. Dabei verwendet es die Begriffe, die in der vom Eisenbahnverkehrsunternehmen gewählten Sprache und in den Betriebssprachen der Infrastrukturbetreiber, auf deren Infrastruktur seine Züge verkehren, gängig sind.

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